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gegenüber untadelig. Joh. 7, 3 ff. Die Blutsverwandtschaft ist aber für ihn nicht die höchste noch entscheidende: „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?“ „Wer den Willen thut meines Vaters im Himmel, derselbige ist mein Bruder, Schwester und Mutter.“ Matth. 12, 48 und 50; cf. Luk. 2, 49; Joh. 2, 4. – Die Ehe war nicht für ihn da; er führte ein jungfräuliches Leben. Er heiligt den ehelosen Stand und damit ja freilich auch den ehelichen Stand. Sein Verhältnis zum anderen Geschlecht ist von untadelhafter Zartheit und Reinheit. Für die Ehe konnte er kein Vorbild geben. Er sollte einen Samen nicht aus Fleisch und Blut haben, sondern sollte sich durch geistliche Geburt fortpflanzen. Anderenteils fehlt es auch nicht an vorbildlichen Bedeutungen für das eheliche Leben. Sein Verhältnis zu seiner Kirche, seiner sündigen, aber von ihm erlösten Braut, ist der Urtypus der Stellung, welche der Mann gegenüber dem Weibe einzunehmen hat. So ist er auch für diese Seite des menschlichen Lebens ein Vorbild. Joh. 3, 29; Eph. 5, 23–32; Matth. 9, 15.

 Im Verhältnis zu Kindern ist er nicht gestanden, aber er hat, wenn Kinder zu ihm gebracht wurden, sie mit herzgewinnender Freundlichkeit empfangen, sie auf seine Arme genommen, gesegnet, geherzt und diese Unmündigen für berechtigt und berufen erklärt zur Aufnahme in sein Reich. Damit hat er auch alle geistliche Fürsorge, die von der Taufe an den Kindern gewidmet wird, ins Leben gerufen, Joh. 21, 15.

 Unter seinen Jüngern steht er ganz wie der Hausvater, so daß auch alle Familienverhältnisse durch ihn geheiligt sind; vgl. die Speisung der fünftausend; das letzte Passahmahl.

 Auch das Verhältnis der Freundschaft ist ihm nicht fremd. Mit Johannes verbindet ihn eine besondere Zuneigung, Joh. 13, 23–25; 15, 13–15.

 Der Obrigkeit gegenüber ist er trotz der Hoheit seiner Person und seiner Bestimmung dennoch ein gehorsamer Unterthan; er ist ja ein geistlich Reich aufzurichten gekommen und mischt sich deswegen in weltliche Händel nicht. Er ermahnt nicht nur Matth. 22 zum Gehorsam auch gegen den römischen Zwingherrn, den Kaiser; er ordnet sich thatsächlich der obrigkeitlichen Gewalt unter und erkennt dieselbe in ihrer göttlichen Berechtigung auch da an, wo sie ihre Machtbefugnis mißbraucht. „Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre,“ Joh. 19, 11, sagt er zu Pilatus; aber er steht ihm Rede und erkennt seine ihm von oben gegebene Macht an.