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Geschwister, wie nun der arme Mensch schon in lezten Zügen unter mir lag, war mir es auf einmal, als wenn mich jemand beym rechten Arm hielte, u. die Worte: die Rache ist mein, fuhren wie ein Blitz in mein finsteres Herz; sogleich ließ ich los, sahe mich um, aber sahe niemand. Der arme Mensch erholte sich wieder, stund auf, fiel mir um den Hals, weinte u. bat um Vergebung. Ich weinte mit, u. weil ich mich so sehr verblutet, so eilte er mit mir zum Verbinden. Wie ich nun dem Feldscheer in die Hände kam, der alle Wunden zusammen nähen mußte, sagte mir jedermann das Leben ab; aber der Heyland hat es ganz anders gemacht. In 4 Wochen war ich schon wieder curirt. Nach diesem kamen wir in Verhör u. Kriegs-Recht; mich sezten sie ab, u. der arme Mensch mußte entsezliche Spießruthen laufen. Von der Zeit an hatte ich keine Ruhe mehr. Oftmals hat mich der Heyland in meinem Herzen überzeugen wollen, daß Er für mich gestorben u. all Sein Blut für mich vergoßen hätte. Aber ich konte es unmöglich glauben, ja

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: Gemein-Nachrichten 1765,1.. , Herrnhut 1765, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GN.A.109_Gemein-Nachrichten_1765,1.pdf/56&oldid=- (Version vom 19.11.2023)