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Am 5ten reisten wir, auf schriftliches Ersuchen nach Hannerau, wo wir die Herrschaft nebst 4 ihrer Töchter u. einen Sohn an den Masern kranck antrafen. Die eine Fräulein von 13 Jahren, die ein gefühliges Herz von Jesu Marter hat, u. immer ganz besonders liebhabend u. zuthulich ist gegen uns gewesen, fanden wir schon 9 Tage sprachlos liegend, aber noch bey völligem Verstande u. Gehör. Ich that einige Fragen an sie, den Umgang ihres Herzens mit dem Heiland u. ihr Verlangen, bey Ihm daheime zu seyn, betreffend, welche sie mir mit Mienen u. andern Zeichen lieblich beantwortete. Beym Abschied segnete ich sie in der Stille zu ihrem Heimgang ein, u. sie ist drauf am 11tn selig verschieden. Die älteste Fräulein, die bisher die Krancken so treulich gepflegt hatte, fing nun auch an sich zu beklagen. Sie erzehlte uns, sie hätte sichs vom Heiland ausgebeten, sie mit der Kranckheit so lange zu verschonen, bis ihre 2 jüngern Schwestern sich e wieder etwas erholt hätten. Und als dieses geschehen, sagte sie: nun will ich auch gern die Masern haben, da der liebe Heiland mir meine Bitte gewährt hat; u. sollte es ihm gefallen, mich bey dieser Gelegenheit zu sich zu nehmen, so gehe ich als eine recht arme Sünderin aufs Verdienst Seiner Marter u. Todes gerne zu Ihm. Es ist in der Welt nichts, das mich

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: Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3. , Herrnhut 1774, Seite 179. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GN.A.171_Gemein-Nachrichten_1774,3.pdf/183&oldid=- (Version vom 26.2.2024)