Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3

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Titel: Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3
Untertitel: erschienen in der Reihe: Gemein-Nachrichten der Herrnhuter Brüdergemeine
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Herausgeber: Herrnhuter Brüdergemeine
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Erscheinungsdatum: 1774
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Erscheinungsort: Herrnhut
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[1]
No I.)
Beylage zur 4tn Woche 1774
enthaltend folgende
Auszüge aus eingelaufenen Nachrichten

I.) Auszug aus dem Berichte der lettischen Diaspora, vom Jan. bis Ende Juny 1773

Das vorige Jahr hatten die Arbeiter in ihren Versamlungen sünderhaft beschloßen u. das neue selig angefangen. D. 1tn Jan. früh stellten sich dann unserm lieben HErrn die Chöre zur Absolution u. segnen dar. Bey allen wurde über ihre neue Jahres-Loosung geredet. Von den ledigen Brüdern u. Knaben heißt es: Die Sünderthränen über manches schmerzliche, das im vorigen Jahr in diesen Chören vorgekommen, floßen häufig bey dieser Rede u. endigten sich mit Lob u. Danck, des geduldigen, langmüthigen u. mitleidigen Hohen priesters, der selbst gut weiß, wie zu muthe sey dem Krancken. Von den ledigen Schwestern heißt es: Wir nahmen die Loosung aus dem Munde unsers lieben Heilandes an, u. es war uns dabey, als wenn uns die Gnadensonne zum neuen Jahr bestrahlte u. wir faßten Muth, uns mit allem Elend Ihm zu überlaßen [2] ganz u. gar. – Nachmittags waren zuerst die Versamlungen für die Unaufgenommenen, in welchen sie erinnert wurden, daß abermal ein Jahr verfloßen wäre, in welchem der Heiland Seinen Zweck noch nicht mit ihnen erreicht habe, sie möchten Ihm also von diesem Tage an, ihre Herzen nicht länger vorenthalten, sondern lieber heute völlig hingeben. Die Beschreibungen dieses Tages stimmen in ihren Berichten alle darinn überein, daß sie einen ganz besondern Gnaden-Besuch des lieben Heilands genoßen haben, der viel seliger gefühlt worden, als sie vermögend wären Worte davon zu machen. D. 3tn gieng die ledige Schwester Gibbaias Thrine selig heim. Sie war die mehreste Zeit ihres Sterbens-Lebens kranck u. verlor vor 3 Jahren ihr Gesicht, besuchte aber dem ohngeachtet die Gemein u. Chor-Gelegenheiten. Man konte in Wahrheit von ihr sagen, daß sie keine Freude in u. an der Welt hatte. Sie wurde von dem geschloßenen Häuflein unterhalten, u. von ihrem Chor mit der nöthigen Kleidung versorgt. Ihr Herz hieng veste am lieben Heiland u. Er stillte heute ihre Sehnsucht bey Ihm zu seyn.

Die Brüder Wäiblinger u. Hagen reisten nach Lenzenhof ab. Ersterer als Hofmeister des [3] jungen Barons u. lezterer als Haushofmeister. Beyde waren danckbar für das, was sie bey ihrem Aufenthalt in Orellen genoßen. D. 5tn wurde den Claßen unserer lettischen Eheleute in Pohdin eine übersezte Rede gelesen. Ein gleiches geschahe bey den Wollmarischen Eheleuten, die in Gaides versamlet waren durch Bruder Skester Peter, welcher schreibt: Wir schämten uns, legten die Hand auf den Mund und sagten zum Heiland: Ists möglich Sünder so zu lieben, die dir gemacht so viel Betrüben? D. 6/17[WS 1] früh waren in Kryppen, die Knaben zur Feyer ihres Chorfestes beysammen. Nachmittag waren Fremdenstunden. Von den Gesellschaften die heute gehalten wurden, heißt es im Bericht von Benza: heute hörten wir, was der liebe Heiland seit dem neuen Jahr bis hieher an den armen Herzen gethan hat. Ach wir sind nicht vermögend Ihm genugsam zu dancken, für alle Gnade, die Er uns seit der Zeit hat widerfahren laßen u. wir konten im Abendsegen mit Beystimmung unserer Herzen singen: Du uns so nahes Wesen, mehr als man sagen kan, du bist bey uns gewesen, ich bet in Demuth an! Im Bericht von Pohdin heißt es: Die Noth [4] u. die Schwierigkeiten, welche die Brüder unter den Heiden finden, mahlten wir uns heute recht lebendig vor u. wir empfahlen die armen Heiden so wol, als die Zeugen die der liebe Heiland unter sie gestellt hat, dem durchstochenen Herzen Jesu u. baten Ihn, Geist u. Feuer auf ihr Zeugniß zu legen, damit noch viel tausend Heiden zum Lohn seiner Schmerzens möchten gesamlet werden. D. 15tn reisten Geschwister Peter Hessens nach dem Dörptischen ab. Der Schlitten schmiß durch die Unerfahrenheit des Kutschers 3 mal um u. zwar einmal in einen Graben, der liebe Heiland bewahrte sie aber vor Schaden. D. 27tn wurde in der Versamlung der Unaufgenommenen u. Fremden aus der Epistel an die Galater im 5tn Capitel vom 16tn Vers bis zu Ende gelesen. Das waren heilsame Erinnerungen an unser Volck heist es im Bericht von Pohdin. Der Heilige Geist gab den Worten Kraft u. ein jeder sahe wer er ohne Gnade u. ohne den Heiland wäre. Die Wercke des Fleisches sind so offenbar, wie die Wercke des Geistes. Wer nun die Gnade im Blut Jesu geschenckt bekommen hat, der danckt dem lieben Heiland dafür u. wird recht gestärckt u. erquickt bey dergleichen Lectionen, wie die heutige war u. [5] wem das fehlt, dem sagt sein eigen Gewißen mehr als wir ihm sagen dürfen u. der Heilige Geist gibt nicht zu, daß sich jemand bey einer solchen Beschreibung des natürlichen u. begnadigten Menschen betrüge. Dem geschloßenen Häuflein wurden Reden gehalten. Bruder Kegala Peter sagte in der Versamlung in Lohdes unter andern: Die Liebe des Heilands ist gegen uns so weit gegangen, daß sie nicht weiter hätte gehen können, Sein ganzes Leben war ein Leiden, was kostete ihn nicht die Buße für unsere Sünden? Was stand Er am Oelberge aus u. wie war Ihm zu muthe am Creuz da Er schrie: Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlaßen? Das hat Er alles gethan, um uns die Seligkeit zu erwerben u. wie lange ist Er uns nachgegangen, bis Er uns Gnade widerfahren laßen konte u. uns hernach auf Seinen Tod miteinander verbunden hat; Er hat uns auch die tägliche Unterredungsstunde mit Ihm deswegen gegeben, damit wir täglich bekanter mit Ihm werden sollen u. täglich inne werden, wie wir mit Ihm stehen u. damit wir, wenn wir finden, es fehlt bey uns, gleich wieder Gnade u. Absolution erbitten von [6] Ihm. wie Er gegen Petrum u. die Maria Magdalena gesinnt war, da sie gesündiget hatten, so erfahren wir Ihn auch noch u. wir wollen nun auch in den Gesellschaften miteinander darüber reden, was Er an einem jeden in diesem ersten Monate, dieses Jahres Gutes gethan hat. Hierauf wurden die Gesellschaften gehalten, u. es fanden sich Gottlob viele die einen seligen Monat gehabt u. manche Besuche vom lieben Heiland genoßen haben, die andern aber beklagten die verlornen Stunden. D. 1tn Febr. früh um 7 Uhr gieng die Schwester Powalckin selig heim. D. 2tn früh waren die Wittwer u. Wittwen zur Feyer ihres Chorfestes an 4 Orten beysamen. In Pohdin waren 9 Wittwer u. 72 Wittwen. Es heißt von daher: Dieses Chor genoß einen gnädigen Besuch vom lieben Heiland. Von daher heißt es den Wollmarischen Wollmarischen Wittwen schreibt Bruder Skester Peter: Es wurden so viel Sünder- u. Liebesthränen vergoßen, von unsern mehrentheils alten u. armen Wittwen, daß man sahe u. fühlte, wie herzlich wohl ihnen war in der Nähe des Martermannes. D. 3tn früh waren die Versamlungen der Kinder. [7] In der in Lohdes waren sie etwas unruhig; als nun Bruder Kegala Peter in die Versamlung kam fragte er einige Kinder: wie geht es euch? Sie antworteten, es geht uns allen recht wohl. Bruder Peter sagte weiter, das muß ich näher untersuchen u. fragte die übrigen Kinder: Ist das wahr was diese gesagt haben? Sie antworteten: Nein; sie sind unruhig u. leichtsinnig gewesen. Bruder Peter sagte weiter: was sollen wir nun mit denen machen, die die Unwahrheit geredet haben? Dergleichen Kinder gehören nicht in die Kinder-Versamlungen. Die Schuldigen fiengen an zu weinen u. baten die übrigen um Vergebung. D. 17tn waren in Lohdes die Kinder von 3 geschloßenen Häuflein beysammen u. Bruder Kegala Peter hielt ihnen eine Rede in welcher er ihnen den Anfang der Fasten-Zeit bekannt machte u. sie erinnerte die Marter-Jesu ihre Weide seyn zu laßen. Er machte ihnen dabey des Heilands zärtliches u. mit Liebe erfültes Herz dergestalt vor, daß viele Augen dabey naß wurden. D. 24tn wur wurde den Eheleuten eine Chor Rede des lieben Bruder Johannes über den Vers gelesen: [8] Hängt doch der ganze Ehestand an Jesu Marter-Gängen. Nachmittag wurde in der Versamlung der Unaufgenommenen u. Fremden, die 2te Lection von der Leidens-Geschichte unsers Herrn verlesen, u. die Marter Jesu bewieß ihre Gottes-Kraft. D. 3tn Merz grüßte Bruder Benze Laur das versamlete Chor der Mädgen in Pohdin von dem am 22tn Febr. selig heim gegangenen Mädgen Bullas Anna. Sie war noch nicht in das geschloßene Häuflein aufgenommen in den lezten Tagen ihrer Kranckheit aber, äußerte es sich, was ihr Herz für einen seligen Genuß an den blutigen Wunden Jesu hatte, u. ihr Mund bezeigte mit vielen Liebesthränen was ihr Herz genoß, bis sie selig verschied. Nach denen Gesellschaften wurde ihnen die Chorrede gelesen: Ich will nach dem Jehovah sehen, stehst du da? ich dencke ja! welche auch in die Paßions-Zeit sich gut schickte u. ihnen den Marter Mann in Seiner ganzen Leidens Schöne vormahlte. In den Versamlungen der Unaufgenommenen u. Fremden, welchen aber auch zugleich die Glieder des geschloßenen Häufleins immer mit beywohnen wurde die 3te Lection der Leidens Geschichte [9] Jesu mit untermengten Choralen gelesen. Es heißt davon im Bericht von Pohdin: Ach wie beschämt stunden wir da, bey den Worten: der größte unter euch soll aller Diener seyn; u. bey der Vermeßenheit Petri mit seinem Herrn in den Tod zu gehen, sahen wir ein Bild, wie weit es mit uns armen Menschen gehet, wenn wir nicht wißen, wer wir sind u. unsern Kräften etwas zu trauen. D. 7tn machte Bruder Peter Hesse dem geschloßenen Häuflein die von der Unitäts-Aeltesten-Conferenz für die lettischen Geschwister gezogene Loosung bekannt: Wir sollen nicht gefallen an uns selber haben, denn auch Christus nicht Gefallen an Sich selber hatte. Jesu eynu hilf mir dazu! Er erinnerte zugleich, daß ein jedes diese Loosung, die wir als eine Ermahnung aus dem Munde des Heilands selbst anzusehen hätten, vor dem Heiland überdencken, sich dabey untersuchen u. wahrnehmen möchte, was Er ihm durch den Heiligen Geist dabey sagen wolte. Wir hätten wol zu nichts weniger Ursach, als Gefallen an uns selber zu haben, indeß seyn wir zu allem aufgelegt wenn unsere Herzen vom Heiland abgewendet wären. D. 8tn [10] als am 4tel jährigen Bußtage waren die lettischen Versamlungen an ihren gewöhnlichen Orten. Es wurde die 4te u. 5te Lection der Passions-Geschichte gelesen u. die geschloßenen Häuflein hatten die Liturgie zum Haupt voll Blut u. Wunden. Wir hatten einen ausgezeichneten Gnadentag heißt es im Berichte von Pohdin, dafür sey unserm gecreuzigten Gott u. Martermann ewig Lob u. Danck gebracht, von uns seinen armen Sündern, die nun so selig genießen, was Er uns so sauer erworben hat. D. 10tn früh waren die Versamlungen der Kinder u. nach der Rede wurden diejenigen von den Kindern abgesondert, welche zu den Knaben u. heranwachsenden Mädgen solten gethan werden. Nachmittag war die Lection der Paßions Geschichte mit einem besondern Gnaden-Gefühl begleitet. Sodann wurde den geschloßenen Häuflein eine Rede gelesen über die Worte: Der Märtyrer für uns. Denn was Er ausgestanden das hat verdienet meine Seel. Die Lection aus der Passions-Geschichte hatte schon selige Wirckung auf die Herzen gehabt u. diese Rede machte nun die application auf jedes [11] armes Herz ins besondere u. die dabey zu fühlende innige Nähe des Martermans machte ihnen durch gängig diesen Tag zu einem besondern Festtage der Marter-Gottes u. versüßte ihnen ihre schwere Sclaverey. Es heist davon in einem Berichte: Wenn es auch manchmal den ganzen Tag so geht, daß man vor Arbeit auf nichts, als was man vor sich hat, dencken kan, so bleibt uns doch unsere Unterredungs Stunde mit dem Marter-Mann übrig u. wenn wir auch diese manchmal nicht halten können, so ist der Trost unsere Zusammenkunft, in der unser lieber Heiland in unserer Mitte wandelt u. in Seiner Tods-Gestalt, jedem selbst vor das Herz tritt. Ach du selige Marter Gottes, wie viel tausend u. aber tausend hast du schon zum Leben gebracht u. wie viel kalte Herzen hast du mit Liebe entzündet, dir sey ewig dafür Danck gebracht. D. 11tn gieng die Wittwe Jeschka Anna selig heim. Sie war schon vor der großen Erweckungs-Zeit 1742 verheyrathet worden u. als die Versamlungen der Brüder sich anfingen, besuchte sie dieselben gleich, u. das Zeugniß von der Marter Jesu war ihr sehr angenehm. Sie wurde nach u. nach mit den Geschwistern bekannt, fand Gelegenheit [12] über ihr ganzes Herz auszureden, lernte sich als eine arme verdamte u. verlorne Sünderinn kennen u. ihre Noth trieb sie zum Heiland. Sie wurde bald in das geschlossene Häuflein aufgenommen, da sie einen Bund mit dem Heiland machte, ewiglich Seine zu seyn. Bey Einrichtung des Stunden Gebets bekam sie auch eine Stunde, welche ihr im Umgang mit dem Heiland viel austrug. Als 1743 die Versamlungen verboten wurden, ließ sie sich nicht abschrecken, sondern ihr Herz hieng vest am Heiland u. sie gieng ihren Gang als eine begnadigte arme Sünderinn fort. Nach einigen Jahren aber, da zugleich die Zeit herbey kam, daß sie ihre Kinder wolte versorgt wißen, verlor sich bey ihr allmählich das Gefühl. Da nun ihre Tochter, die nicht zu den Geschwistern gehört, verlobt war, u. sie ihre Braut-Kleider nach der Welt weise verfertigen half, traf es sich, daß ein Bruder zu ihr kam, als sie eben damit beschäftiget war. Derselbe sagte zu ihr: ich verstehe es nicht, wie eine Schwester sich so tief mit den Weltsachen einlaßen u. so nahen Antheil daran nehmen kan. Das waren nun wol wenig Worte, aber was ihr der Heilige [13] Geist bey der Gelegenheit gesagt, gieng desto tiefer. Sie hatte keine Ruhe im Herzen, trente sich von den Geschwistern u. blieb über ein halbes Jahr ganz weg. Allein der liebe Heiland der sie ein mal beym Herzen gefaßt hatte, gieng ihr treulich nach u. sie wußte nicht, wo sie vor Unruhe bleiben solte. Da traf es sich denn ein mal, daß sie eine von ihren ehemaligen Gesellschafts Schwestern nicht weit von ihrem Gesinde vorbey gehen sahe, derselben lief sie nach u. entdeckte ihr unter vielen bittern Thränen ihres Herzens-Zustand u. unter diesem Reden wurde ihr zum ersten mal wieder wohl u. sie sahe wieder den Mann mit 5 Wunden roth, den sie verloren hatte. Ihre sünderhafte Freude darüber war unaussprechlich. Nun fieng sie wieder an, die Versamlungen der Geschwister zu besuchen u. lebte ganz von neuem auf. Nachher starb ihr Mann u. diese Noth trieb sie auch näher zum Heiland, sie wurde dann absolvirt u. wieder zu dem geschloßenen Häuflein hinzugethan, sie wurde hierauf so vergnügt, einfältig u. kindlich im Umgang mit dem Heiland daß sie ihren Mittschwestern zur Erbauung war. Auch wurde [14] ihr die Pflege des Wittwen-Chors im Marzenschen u. Schmiltenschen an vertraut, welches Amt sie treulich im Innern u. Aeußern besorgte, so daß sie auch ihren lezten Bissen mit den Nothleidenden theilte. Vor 2 Jahr trat ihr ältester Sohn in die Ehe u. ihm wurde die Wirthschaft aufgetragen, dadurch bekam sie wol ruhigere Zeiten von außen; hatte aber desto mehr Schmerz zu empfinden, wenn sie sahe, wie alles so unordentlich im Gesinde zugieng. Die Gelegenheit zu ihrer Auflösung war die Auszehrung. Sie brachte noch ein Vierteljahr die Zeit im stillen Umgang mit dem Schmerzens Mann zu, bat allen ihren Gesinde Leuten ab, wo sie was versehen hätte u. erblaßte an bemeldtem Tage in Jesu Arm u. Schoos in einem Hohen Alter. D. 23 wurde das Fest vom 25tn Merz gefeyert. In Kryphen hatten die Knaben ihre Versamlungen zu welchen 22 aus den Kindern hinzu gethan wurden. Das Chor der Mädgen, welche ihre Versamlungen in Pohdin hatten, wurde mit 20 vermehrt. Nachmittag wurde in der Versamlung der Unaufgenommenen u. Fremden über den Vers geredet, Der Schöpfer aller Creatur, nimt an [15] sich unsere Natur. Bruder Pohdin Maoz sagte unter andern: Ach wie würden die Liebes-Danck- u. Freudenthränen einander ablösen wenn wir wahrhaftig die Sache fühlten, daß unser Gott u. Schöpfer ein armer Mensch geworden ist, wie wir u. uns als unser Mittmensch u. Bruder die Seligkeit erweinnt u. erbüßet hat, wer würde sich von uns sündigen Creaturen unterstanden haben zu Gott zu nahen, wenn Er Sich nicht zu uns herunter gelaßen u. Sich zu uns genahet hätte u. s. w. D. 24tn waren die Kinder an ihren gewöhnlichen Orten versammelt, das Fest der Menschwerdung unsres Herrn zu feyern. Nachmittag wurde in der Lection der Leidens-Geschichte Jesu fortgefahren, auch wurde der Anfang der Marter Woche bekant gemacht u. alle ermahnt in dem seligen Gefühl das der Heiland in dieser Fasten Zeit geschenckt, auch diese Woche mit Ihm in Seine Leidens Liturgien zu ziehen. D. 28tn hatten die Geschwister so wol in Pohdin als in Benza in der Wendischen Kirche ein seliges Abendmahl darauf hatten sie eine Liturgie u. Anbeten. Nachmittag wurde [16] in der Lection der Leidens-Geschichte fort gefahren u. eine Rede des seligen Jüngers[WS 2] verlesen. Dann war eine Liturgie. Unter dem Vers: Deine rothgefärbte Wunden p. fielen sie auf die Knie u. danckten dem lieben Heiland mit tausend Thränen, für Seine Seelen Schmerzen u. Marter bis in Tod u. beschloßen damit diesen Gnaden Tag, den alle Berichte nicht genug beschreiben konten. So begiengen sie auch den Charfreitag u. großen Sabbath in seliger Betrachtung deßen, was unser lieber HErr zu unserm ewigen Heil gethan u. gelitten hat. Zu Pohdin waren am Charfreitag d. 29tn die Arbeiter des Araischen Häufleins beysammen u. sie wurden, nachdem mit allen war gesprochen worden in Gegenwart der kleinen Conferenz absolvirt wobey alles in Thränen zerfloß. Das Oster Fest d. 31tn wurde von dem Häuflein seliglich begangen. Bruder Benza Jacob hielt eine Rede an die ledigen Brüder u. Knaben in Kryhpen u. sagte: Die selige Marterwoche ist nun zu Ende, aber wir sehen auch heute den Heiland nach Seiner Auferstehung mit dem Zeichen Seiner empfangenen Wunden an Händen u. Füßen u. in Seiner [17] heiligen Seite, das soll uns einen ewigen Eindruck geben, wie viel es ihn gekostet, daß Er uns erlöset hat u. einen ewigen Abscheu gegen unsre Sünden erregen, um deren Willen Er Sein heiliges Blut vergoßen hat u. das büßen muste, was wir verschuldet haben. Wie billig wäre es nun, sich Ihm gleich ganz hinzugeben u. was für ein gräulicher Gedancke ist es, sich Ihm vorenthalten, oder gar die Sünden, die Ihm das Leiden verursacht haben, noch lieb behalten? Hierauf wurde noch den Aufgenommenen eine Chorrede verlesen, Es heißt in ihrem Berichte: Diese gesalbte Rede bestätigte nicht nur, was wir in der vorigen gehört hatten; sondern brachte uns auch ins Andencken, was für Schmerzen einer oder der andere verursachet, der sich von der Sünde betrügen läßt, so daß sie sich selber darüber hätten anspeyen mögen, dahingegen die Weide in der Marter Jesu, Leib u. Seel erquickt u. der Friede Gottes Herzen u. Sinnen bewahret, daß sie bleiben in Christo Jesu. Darnach giengen sie hinaus auf das Feld, schloßen einen Creis u. sangen noch einige Verse.

[18] Es waren dieses mal mit den Knaben 320 beysammen. In der Liturgie mit dem Ambrosianischen Lobgesang, bey den Worten: Laß uns im Himmel haben Theil mit den Heilgen am ewgen Heil, erbaten sich die Häuflein die ewige Gemeinschaft mit den seit verwichenen Ostern heimgegangenen 11 Personen. D. 7tn Aprill hörte man in den Gesellschaften von allen Seiten danckbare Ausdrücke über den bisherigen seligen Genuß der Marter Jesu. Von der Versamlung in Lohdes erzehlte ein verehlichter Bruder, der eine Zeit lang ausgeschloßen gewesen, aber am Charfreitag wieder absolvirt u. angenommen worden ist, wie gesegnet ihm die Zucht vor sein Herz gewesen. Die Gelegenheit habe er vorher nur aus Gewohnheit besucht u. sey so trocken hinausgegangen wie er hineingegangen, nun fühle er neues Leben u. es sey ihm gegenwärtig, als könne er ohne die Gemeinschaft nicht mehr leben. Von der Kaukershofischen Versamlung schreibt Bruder Skester Peter: Das Wehen wies zu Emaus war, war auch unter uns heute zu fühlen u. [19] ob wir gleich den Martermann nicht in unserer Mitte sahen, so war Er uns doch unaussprechlich nahe u. blies uns mit Seinem Lebens-Othem an, das auch unsere arme Herzen entzündet u. unsere Augen mit Liebesthränen angefült hat. D. 14tn wurde den ledigen Brüdern in Kryhpen nochmals die Chorrede unsers lieben Bruder Josephs gelesen, über die Worte: So ist nun nichts verdamliches an denen die in Christo Jesu sind p. Es heißt davon in ihrem Bericht: Diese gesalbte Rede hatten wir wol schon gehört, allein desto schmackhafter u. nießbarer war sie uns, da wir sie das erste mal nicht ganz aus kosten konten. D. 28tn May begiengen die ledigen Schwestern die Nachfeyer ihres Chorfestes im Segen, 18 Mädgen wurden zu dem Chor hinzu gethan. Von den Gesellschaften an diesem Tage heißt es in dem Bericht von Benza: Wir müßen dem lieben Heiland zum Preise nachsagen, daß diesesmal wenige waren, welche die Zeit mit Klagen zubrachten; sondern die mehresten bezeugten, daß sie in ihrer Unterredungs Stunde manche selige Besuche vom lieben [20] genoßen hätten. Die Wollmarischen geschloßenen Häuflein hatten heute die Nachfeyer des Gedencktages ihrer Verbindung, welcher am 19tn Aprill war. Bruder Skester Peter schreibt davon: Ach du allerliebster, barmherziger u. von Herzen gnädiger Heiland, wie liebreich hast du uns heute angeblickt, uns durch Deinen Heiligen Geist gezeiget, wo wir gefehlet, daß wir statt der Worte, nur die Thränen unserer Augen konten reden laßen. Du vergibest Missethat Uebertretung u. Sünde u. kanst unsere Wunden in einem Augenblicke heilen. Dir trauen wir also zu, was wir dir nicht versprechen können, nemlich daß die erste Liebe wieder unter uns auf kommen möge. Dir sey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit Amen! Im Berichte der Wollmarischen Versammlung in Brehmda heißt es: Das war wieder ein Menschensohnstag, wie die Tage der ersten Erweckung. Der liebe Heiland erneuerte heute den Bund, den Er damals mit uns machte, u. was ein jedes armes Herz dabey genoß, das geht über alle Worte. D. 5tn May frühe waren [21] die Kinder Versamlungen. In der zu Lohdes stelte Bruder Lecka Antsch den Kindern vor, wie glücklich sie wären, daß sie schon [in?] ihrer Jugend die schönen Verse zu genießen bekämen, welche ihre Eltern so viele Jahre ohne Gefühl u. ohne sie zu verstehen gesungen hätten. Nachmittag wurde aus Petri am 2tn Vers 11tn bis zu Ende gelesen. Diese Lection heist es im Berichte von Pohdin, wurde wol in der Versamlung der Unaufgenomenen gelesen; allein alle, Aufgenomene sowol als Arbeiter, fanden darinn was für sie gehörte u. manche mußten sich noch schämen für den Unaufgenommenen, die viel begieriger sind, als jene u. gar selten eine Gelegenheit versäumen. Denen geschloßenen Häuflein wurden Singstunden gehalten, davon es heißt in gedachtem Bericht: Unser Innerstes freute sich Gottes unsers Heilandes u. von außen hatten wir einen schönen Frühlings Tag. Wir hielten zum ersten mal unsere Gesellschaften im Busch welche mit vieler Munterkeit des Herzens begleitet waren. Viele freuten sich auf die Zeit, da sie nicht [22] mehr nöthig haben, Winckel zu suchen um mit dem lieben Heiland alleine zu gehen. u. zu reden u. die Wächter bey den Pferden die ganze Nacht; die Hüter des andern Viehes aber, den ganzen Tag im Umgang mit dem Heiland verbringen u. sich mit Ihm die Stunden verkürzen können. Denen geschloßenen Häuflein

In Benza kamen ein paar Eheleute zum ersten mal in die Fremdenstunde u. auf Befragen, was der Zweck ihres Besuchs wäre, antworteten sie aus dem innern Triebe des Herzens: Der so verachteten Lehre vom Creuz anzuhängen u. sie zu genießen d. 8tn Abends erinnerten sich die Arbeiter Versamlungen, so wie am 9tn die geschloßenen Häuflein der Himmelfarth unsers lieben Herrn. In Benza wohnten verschiedene Deutsche den Fest Gelegenheiten mit bey. Auch fand sich eine ledige Lettin zum ersten mal mit ein.

In den Gesellschaften am 12tn bezeugten viele, wie manchen gnädigen Besuch vom lieben Heiland sie in u. außer ihren Unterredungsstunden gehabt hätten. Die Arbeiter bezeugten insonderheit, [23] wie sehr ihnen die Arbeit an den Seelen durch die Lectionen aus der Bibel erleichtert würde, da sie diejenigen, die gegen den Sinn Christi gehandelt hätten, nur an das gelesene erinnern dürften. D. 18tn Abends erinnerte Bruder Benza Laur in der Arbeiter Versamlung in Pohdin: Das Amt des Heiligen Geistes uns die Wunden Jesu zu verklären, sey ihnen bekannt, wie oft aber nicht darauf gemerckt, ja wie oft Er gar betrübt werde, das werde einem jeden sein eigen Herz sagen, sie wolten sich des wegen alle von Ihm absolviren laßen. Dieses erbaten sie sich darauf in einem Gebet auf den Knien. Eben diese Fest-Materie wurde von dem geschlossenen Häuflein am Pfingsttag d. 19tn seliglich betrachtet. Es heißt von diesem Feste überhaupt im Berichte von Benza: Dieses Fest wurde mit vieler Gnade u. seligem Gefühl gefeyert u. zeichnete sich besonders dadurch aus, daß der Heilige Geist viele vor uns verborgene Sachen ans Tages Licht brachte u. zugleich wurde [24] manches Krancke u. Schwache wieder aufgerichtet. Unserm lieben Herrn der es uns mit Blut erworben, sey Lob, Preis u. Ehre u. dem Heiligen Geiste dafür innig Danck gesagt, daß Er Sich unaufhörlich mit uns mühet. D. 26tn sagte ein verehlichter Bruder in der Gesellschaft: Ich hatte vom 2tn auf den 3tn Feyertag eine so selige Nacht, daß ich nicht wußte, wie mir geschahe, gerne hätte ich die Minute Heim gehen u. meinen blutigen Heiland umfangen mögen.

Ein lediger Bruder äußerte sich nach dem Pfingst Fest so: Mein Wunsch ist nur, ach bleib mir immer so, so genüget mir.

Vom 2tn Juny schreiben die Arbeiter der ledigen Brüder: In der Chor Conferenz dachten wir über die mancherley Gebrechen im Chore, suchten die Schuld nicht so wol bey den Brüdern, als bey uns selbst u. weinten vor dem lieben Heiland, über unsere Ungeschicklichkeit. In der Versamlung in Lohdes sagte Bruder Kegala Peter: Wir leben wol jezt in der Arbeits-Zeit [25] da wir mit den äußern Verrichtungen sehr beschäftiget seyn; allein es bleibt uns doch dazu immer Zeit übrig, unsere Unterredungsstunden mit dem lieben Heiland zu halten, wo nicht anders, doch unter u. bey der Arbeit u. da haben wir die Erlaubniß, nicht nur unserthalben u. wegen der uns am nächsten liegenden Hausgenoßen u. Geschwister, mit dem Heiland zu reden; sondern wir können Ihm die ganze Welt empfehlen zum Lohne seiner Schmerzen. Denn das ist der Character eines begnadigten Herzens, daß es sich nicht damit begnügen kan, daß es allein für sich aus Gnaden selig ist, sondern wünscht, daß noch viel tausend mal tausend der Seligkeit möchten theilhaftig werden, die ihnen der liebe Heiland mit Seinem Blute erworben hat.

D. 6tn wurden Conferenzen wegen der Pflege der Kinder gehalten. D. 9tn sagte Bruder Benza Jehcob[WS 3] zu den Kindern in Benza: Lieben Kinder! Das Kinderherz habt ihr nicht von euch selbst, sondern ihr habt es erst in der Taufe erhalten, da eure Herzen mit dem [26] Blut u. Waßer, das aus dem Herzen Jesu, bey der Eröfnung Seiner Heiligen Seite gefloßen ist, sind besprengt u. von allen Sünden gewaschen worden. Dieses Blut erhält euch nun das Kinderherz u. wenn ihr es verloren habt, so müßt ihr es da wieder suchen wo ihr es zum ersten mal bekommen habt. D. 16tn sagte Bruder Benza Jehcob in der Versamlung in Benza: Die wahre Herzens Bekehrung geschiehet durch Jesu Leiden. Unter dem Blick auf unsern gecreuzigten Heiland, werden wir wie neu geboren u. die Früchte der neuen Geburt, zeigen sich dann auch, nemlich die Feindschaft gegen die Sünde u. gegen alles, was dem lieben Heiland zuwieder ist. D. 24tn als am Johannes Tage waren früh die Versamlungen der Kinder. Bruder Kegala Peter sagte zu denen, die in Lohdes versamlet waren, unter andern:

Das Heutige Fest ist ein Lehrfest für die Kinder, weil die Geschichte deßelben sehr lehrreich für sie ist. Der kleine Johannes lehret sie, daß auch [27] so kleine Kinder mit dem Heiland umgehen können. Der kleine Johannes sahe den Heiland nicht, fühlte aber Seine liebe Nähe so kräftig, daß er vor Freuden hüpfte. So können auch unsere Kinder wenn sie Ihn gleich nicht sehen Ihn dennoch nahe fühlen u. sich Seiner von ganzem Herzen freuen. Der liebe Heiland hat auch die Kinder so lieb gehabt, daß Er ihnen gleich Raum verschafte, wenn die großen Leute sie hindern wolten, zu Ihm zu kommen. So macht Er es auch noch diese Stunde, Er räumt ihnen die Hinderniße aus dem Wege. Dieses u. noch tausend Wohlthaten habt ihr von Ihm zu genießen. Aber über alles gehet dasjenige, was euer Versel sagt: Du hast mich in der Heiligen Taufe zum Kindelein geweyht. Das Blut u. das Waßer das aus Seiner Heiligen Seite am Creuze floß, hat euch begoßen, das erhält euch nun das Leben u. s. w. Darauf fiel er mit den Kindern auf die Knie, empfahl sie der Liebe des Heilands u. der [28] Pflege des Heiligen Geistes. Die Kinder hatten eine außerordentliche Gnaden u. Segens Stunde. D. 30tn sagte Bruder Kegala Peter in der Versamlung in Lohdes: Der Umgang mit dem lieben Heiland hat auf alle unsere Arbeit einen seligen Einfluß, unser Pflügen, unser Säen, unser Heu machen, unser Einerndten, kurz alles gehet gut u. leicht vonstatten, wenn es im Umgang u. in der Nähe des Heilands verrichtet wird. In den Gesellschaften wurde mit Vergnügen gehört, was der liebe Heiland in diesen schweren Arbeits-Monaten an den Herzen gethan hat. Die Gnade, heißt es im Bericht von Benza, ist nicht nur an den Herzen kräftig gewesen, die mit Ihm bekannt sind; sondern wir haben auch die Freude zu sehen, wie manche von den besuchenden Fremden kräftig angefaßt worden sind. Wir beschloßen also heißt es ferner in gedachtem Berichte diesen Monat u. dieses 1te halbe Jahr bey allen unsern unzehlichen Mängeln u. Gebrechen, die wir je länger je mehr inne werden, dennoch mit herzlichem Lob u. Danck gegen Den, der niemanden, der zu Ihm komt, leer von sich läßet. – – Ihm sey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

[29]

II.) Auszug aus dem Diario der Geschwister zu Nain in Labrador vom Anfang Nov. 1772 bis zum 29tn Sept 1773

Mit dem wahren Gefühl unsers ungeschickt seyns zu dem, was wir unserm lieben HErrn seyn solten; aber mit inniger Sehnsucht unsers Herzens, Ihm immer mehr zur Freude zu werden, u. mit gläubiger Hofnung sezen wir auch dieses Jahr unser Diarium fort. Zuvörderst grüßen wir dich liebe Gemeine mit danckbarem Herzen für dein treues Theilnehmen in Gebet u. Handreichung u. können mit kindlich gebeugtem Herzen mit Paulo sagen: Wir wißen, daß es uns gelinget zur Seligkeit durch euer Gebet u. durch Handreichung des Geistes Jesu Christi. Gewiß alle unsere lieben Brüder u. Schwestern, werden mit uns unsern HErrn loben u. Ihm dancken für Seine an uns im vergangenen Jahr erwiesene Gnade u. treue Bewahrung von Innen u. außen. In den ersten Tagen des Nov. 1772 waren wir sehr beschäftiget, damit das Schiff welches von England hier war, bald möglichst wieder zurück kehren könne. Der Capitain Mugford wünschte dieses selbst gar sehr, theils aus [30] Furcht vor den in dieser Jahres-Zeit einfallenden Stürmen, theils auch weil er besorgte, das Schiff möchte bey längerem Aufenthalt ein frieren. In Ansehung des lezteren aber glauben wir, so viel man den Erzehlungen der Eskimos u. unserer ein jährigen Bemerckung trauen kan, versichern zu können, daß es hier nicht eher als zu Anfang oder in der Mitte des Dec. ganz ein friert. Nach der Ankunft des Schiffes hatten sich nicht nur diejenigen Eskimos die es zuerst angetroffen, sondern auch andere auf die Nachricht davon, bald bey uns eingefunden. Es wurde ihnen aber gesagt, daß wir so lange das Schiff hier läge nicht Zeit hätten Besuch von ihnen in unserm Hause an zu nehmen, weil wir unsern Geschwistern in Osten unsere Gedancken schreiben müsten, wenn sie aber etwas zu verhandeln hätten, so würde Bruder Theobald zu ihnen kommen. Sie haben sich in der Absicht so wol auf geführt, daß man sich darüber gefreuet hat. D. 5tn Nov. früh da unser lieber Captain Mugford ans Land kam u. bey einem Zelt vorbey gieng, hörte er, daß ein Eskimo [31] eine lange Zeit in einem besondern Ton redete u. da er hinein sah, fand er, daß es der so genannte Capitain Kettornak wäre. Er kam darnach zu uns u. sagte uns: Er glaube daß der Kettornek zaubere. Wir hatten nicht gehört, daß derselbe je dergleichen getrieben hatte. Bruder Jens Haven gieng daher mit gedachtem Capitain zu gedachtem Zelt u. fand den Kettornak noch murmelnd, derselbe that nemlich über des Manuina kränckliche Schwester nach ihrer Art Wünsche, denn zaubern kan man dieses eigentlich nicht nennen, weil es, wie wir erfahren haben alle Manns u. Weibsleute ohne Unterschied thun u. sie außer dem, ihre besondere Angekoks u. Illiseetsoks haben. Lezteres sind Zauberinnen. Von einer solchen Illiseetsok will ich bey der Gelegenheit einen Umstand anführen, der vorigen Sommer ehe die Eskimos auf die Renthier Jagd giengen, vor kam, u. in unserm vorigen Bericht, nicht ist erwehnt worden. Diese Zauberinn war die Frau des Milliks des Bruders des Pattigo die etwa 30 Jahr alt seyn mag u. nicht von dem Tümsten ihres Volcks ist. Man [32] erzehlte von ihr, daß sie von ihrem Torgnak in das innere des Landes entzückt gewesen sey u. daselbst unzehliche Renthiere gesehen habe. Als die Eskimos darauf auf die Renthierjagd giengen, sollen sie auch gar viele angetroffen haben wie wol nur wenige davon bekommen. Capitain Mugford ließ dem Capitain Kettornak durch Bruder Jens Haven sagen: Jezt kan ich dich nicht mehr für einen Capitain erkennen weil ich u. andere Capitains nie Angekoksiren oder sonst etwas dergleichen thun, der arme Kettornek wurde hierüber so bestürzt, daß sich seine Farbe veränderte u. er ließ unserm Capitain wieder sagen, er wolle es nicht mehr thun, der selbe möchte ihn nur ferner für einen Capitain erkennen. Capitain Mugfurd ließ ihm antworten: Dieses Jahr kanst du kein Capitain seyn, wenn ich künftiges Jahr wieder komme u. nichts übels von dir höre, so will ich dich wieder als Capitain ansehen. Bey der Gelegenheit wurde in Gegenwart des Capitains, den hier befindlichen Eskimos von Bruder Jens Haven, die uns dieses Jahr zu gesendete [33] Proclamation des Herrn Gouverneurs Schuldams: daß die Eskimos nicht nach Süden fahren solten, erklärt u. bekannt gemacht. D. 6tn früh machten sich die Eskimos fertig von hier nach ihren Winter Pläzen abzufahren. Sie wurden nochmals erinnert u. gebeten, ja nicht zu vergeßen was sie in diesem Sommer von ihrem Schöpfer u. Erlöser gehört hatten; sondern fleißig daran zu gedencken, daß Er aus Liebe zu uns gefallenen sündigen Menschen in die Welt gekommen u. ein Mensch wie wir u. sie geworden sey, viele Schmerzen u. den Tod am Creuz erlitten, ja alle Sein Blut vergoßen habe, um uns Gnade u. Seligkeit zu erwerben, die wir jezt durch gläubiges Annehmen Seines Verdienstes genießen könten, die wir ihnen aus eigner Erfahrung bezeigten, welches auch die einzige Absicht sey, aus der wir in dieses Land gekommen. Verschiedene von ihnen fuhren auf die benachbarten Inseln u. wir freuen uns, daß wir doch einige in der Nähe behalten so daß man sie, wenn es die Kälte zuläßt besuchen u. auch an ihren Wohnpläzen ein Zeugniß vom Heiland ablegen [34] kan. Das heilige Abendmahl welches 8 Tage wegen Ankunft des Schiffes ausgesezt worden war, genoßen wir d. 7tn mit unsern lieben Brüdern John Hill u. Wolfus aufs seligste, zum neuen Segen u. Stärkung für unsere Herzen u. hoffentlich auch zum bleibenden Eindruck für unsern lieben Capitain Mugford, der dabey auf sein Verlangen zusahe. D. 8tn früh nach 9 Uhr segelte das Schiff mit unsern guten Wünschen von uns ab. Bruder Stephan Jensen nebst 4 ledigen Brüdern begleiteten daßelbe mit unserm Boote um ihn bis vor die Insel hinaus als Lootse zu dienen. Die Brüder Brasen u. Joseph Neißer giengen mit dem Schiff bis an die Norder Hucke unsers Landes, wo sie nach herzlichem Abschied ans Land giengen u. nebst Geschwister Schneiders, Havens mit ihrem Söhnlein u. Bruder Wolfus die zu Lande dahin gegangen waren, sich über die glückliche Abfahrt des Schiffes freuten. Die Brüder Drachard u. Theobald u. die Schwester Brasin waren zu Hause bey einem Eskimo nebst seiner Frau die Vormittag zum Besuch gekommen waren. Er kam im [35] Kajak u. hatte seine Frau hinten auf dem selben auf dem Bauch liegend hergebracht. Ihre Winter Wohnung haben sie etwa 4 Stunden südwärts von hier auf Satorsoak. Es war der junge Angekok Keminguse. Er u. eine von Mikaks Schwestern nebst ihrem Manne haben vor einiger Zeit zu verstehen gegeben, daß wenn wir es ihnen nur heißen wolten sie nicht un geneigt wären, den Winter bey uns zu wohnen. Es ist den Eskimos überhaubt bey Gelegenheit von den Brüdern, die mit ihnen reden können gesagt worden, daß es ihnen sehr lieb wäre, wenn einige von ihnen, wenn es auch ohne Zahl wäre /: ohne Zahl sagt man bey ihnen wenn es über 6 ist :/ bey uns wohnen wolten. Jedoch müßten sie gar nicht erwarten, viel weniger drauf rechnen, Lebens Mittel von uns zu erhalten, weil wir von Osten nur so viel bekommen, als für uns nöthig wäre, dagegen könten sie fast immer wenn die Kälte nicht zu gros sey, auch im Winter auf dem Eise Seehunde fangen, wenn sie fleißig seyn wolten. Oberwehnte Eskimos fuhren Nachmittags wieder ab. D. 10tn [36] kamen unsere Brüder mit dem Boot zurück. Sie konten uns nicht genug erzehlen, wie gut es der HErr mit Wind u. Wetter gefügt hatte. Da sie d. 8tn gleich Nachmittags in den geraden Auslauf zur See, mit dem Schiff gekommen waren, musten sie wegen Windstille u. widrigen Stroms den Ancker fallen laßen u. lagen daselbst bis den andern Morgen einige Stunden vor Sonnen Aufgang, da sie sehr guten Wind bekamen u. weil es Sternhelle war, gleich unter Segel gingen. Unsere Brüder begleiteten sie noch weiter in die Inseln hinaus, hattens aber ziemlich schwer mit dem Boote, gegen den Wind zu rücke zu kommen. Sie kamen doch glücklich auf einer Insel an, wo sie Zelt machten. Um 10 Uhr Vormittags sahen sie noch von der höchsten Spitze der Insel das Schiff in großer Entfernung u. verloren es bald aus den Augen. Sie musten den Tag u. die Nacht auf der Insel wegen widrigen Windes bleiben u. kamen erst heute glücklich bey uns an. Wir waren alle danckbar u. froh u. haben zu unserer Beugung u. Beschämung Gottes Wunder Hand in [37] dem glücklichen Gange des Schiffes in diesem, wie im vorigen Jahre gesehen. Wie wol es im Sept schien als wolte der Winter mit Macht herein brechen, so haben wir doch seit dem sehr schönes Wetter gehabt u. aller Schnee ist so weg geschmolzen daß es wie im Sommer aus sahe. Diesen Abend aber u. d. 11tn den ganzen Tag hatten wir starcken Ostwind mit Regen u. Schnee u. dazwischen Hagel, welches hier etwas seltenes ist. Die Nacht drauf war ein heftiger Sturm. D. 12tn da es wieder schön Wetter war fuhren einige Brüder mit dem Boot in die Norder Bucht hinter Nains Berg, um das Gras, welches am 9tn u. 10tn von den zu Hause gebliebenen Brüdern geschnitten worden, für unsere Schaafe u. einige Ziege abzuholen. Wir sind für die selben unsern Geschwistern sehr danckbar u. hoffen, daß sie unserer Haushaltung nüzlich seyn werden, wenn wir sie nur im Sommer vor den Hunden der Eskimo schüzen können, welche gleichsam zahme Wölfe sind u. kein Thier verschonen, das sie erreichen können. [38] Der Ziegenbock den wir im vorigen Jahr übrig behielten wurde einmal als er uns unwissend zu freßen aus gieng sogleich von den Hunden der Eskimos u. ein andermal von unsern eigenen Hunden, da er mit ihnen freßen wolte, so übel mitgenommen daß wir ihn schlachten musten. Wir haben an einigen entfernten Orten Pläze gefunden wo gut Gras wächset so daß wir sie künftig des Winters durch bringen werden. Sie freßen auch Spruce eine Art Tannen Reisig, woraus wir unser Bier brauen. Auch haben uns Bruder Hill u. der Capitain ein gut Theil der über gebliebenen Heringe, die sie zum Fischfang auf den Bancks brauchen, zurück gelaßen, welche wir auch zu Fütterung der Schaafe zu brauchen hoffen, wofür wir, so wie für alle über sandte Lebens-Mittel u. besonders auch für die Geschencke einiger Geschwister von Herzen danckbar sind. D. 13tn empfahlen wir uns mit der ganzen Brüder Kirche unserm theuren HErrn u. Aeltesten u. verbanden uns beym Kelche zu neuer Diener-Treue. Wir erquickten uns in [39] diesen Tagen besonders an den übersandten deutschen u. englischen Loosungen u. an den Gemein-Nachrichten, die uns eine wahre Weide fürs Herze sind u. uns zu Herzlichem Danck gegen unsern lieben HErrn u. unsere lieben Geschwister reizen. In der Beter Versamlung am 14tn bekante sich unser lieber HErr auf das innigste zu uns. Sonst wurde diese Woche bey hohem Waßer, mit dem Boot, Brennholz unter dem Sophienberg gegen uns über abgeholt. Bey zu nehmender Kälte in den folgenden Tagen, fieng der Strand an sich mit Eis zu belegen. Sonst aber fror es noch nicht zu. Da das Waßer noch offen war, u. die Witterung es zuließ, brachten wir die Fuchsfallen mit dem Boot nach der Süder u. Norder Bucht. Wir haben auch in dieser Zeit, da das Land fast mit Schnee bedeckt ist, bey 30 Ripper bekommen wofür wir sehr dankbar sind, denn es ist das einzige frische, das wir den Winter über erhalten. Das Häusgen welches wir im vorigen Sommer gebaut haben, dienet unter andern unserm Bruder Wolfus zu seinem Böttger Handwerck [40] worauf er sich bis her eingerichtet hat. D. 3tn Dec. war unser Haven u. die ganze Bucht bey einer Kälte von 10 Grad unter 0 oder 42 unter dem Eispunct ganz zu gefroren. Sie gieng aber Tags darauf da es gelinder wurde, wiederum auf. In der Beter-Versamlung d. 5tn baten wir Gott den Heiligen Geist, daß Er das seligmachende Wort, welches die Eskimos von uns gehört haben, auch in dieser Zeit, da wir sie u. sie uns nicht besuchen können, selber in ihren Herzen u. Gedancken erinnerlich machen wolle. Wir wünschen u. freuen uns im Geist nach Seinem gnädigen Willen, bald die erste um Gnade in Jesu Blut weinende Seele, von dieser armen u. noch im finstern tappenden Nation zu sehen. Da jezt das Land völlig mit Schnee bedeckt ist, so machten wir diese Woche den Anfang wie voriges Jahr 3 mal in der Woche zu den Fuchsfallen zu gehen, es fror auch bald das Wasser dergestalt zu, daß wir auf dem Eise hin kommen konten u. d. 21tn wurde der erste Fuchs von Silberfarbe nach Hause gebracht. Auch haben wir vom 18tn Nov. bis zum 23tn Dec. 127 Ripper [41] u. 2 weiße Haasen bekommen. D. 24tn freuten wir uns bey einem Liebesmahl der Geburt unsers HErrn u. Heilandes, brachten Ihm unsere Herzen zum Opfer dar u. fleheten ihn an, daß Er auch bald die Einwohner dieses Landes, zum Genuß, der durch Seine Menschwerdung u. Tod erworbene Segen bringen wolle. In den folgenden Tagen erbauten wir uns an verschiedenen Reden von der Fest-Materie, die wir uns lasen. D. 27tn sangen wir uns zum ersten mal den Lobgesang zum Sohne englisch. Wir werden auch künftig die Liturgien abwechselnd englisch u. Deutsch halten, wie schon mit der Litaney u. Bibel Lection geschehen ist. Zum Schluß des 1772 Jahres, hatten wir in der 10tn Stunde ein Liebesmahl lasen in der 12tn Stunde erst die Rede, die Bruder Johannes voriges Jahr bey dieser Gelegenheit gehalten hat, erinnerten uns darauf kürzlich einiger Wohlthaten, die uns unser lieber HErr im Innern u. Aeußern erzeiget hat, sangen da es 12 Uhr war, auf den Knien: Nun Dancket alle Gott p. u. lasen darauf das Gebet des Bruder Johannes, welches recht zupaßend war. [42] Wir danckten unserm lieben HErrn besonders für den monatlichen Genuß Seines Heiligen Sacraments u. daß wir unsern Gottes-Dienst in ungestörter Ruhe haben halten können, dabey verlangte uns aber gar sehr, bald wieder einige Eskimos zu sehen, da es uns bisher nicht möglich gewesen ist, zu ihnen zu kommen. Wir fanden zwar auch viel Ursache uns ins ganze u. jedes insonderheit zu schämen, aber auch dabey fühlten wir Sein viel Vergeben u. Sein gnädiges Bekentniß zu uns. Wir danckten Ihm für die Gnade, daß wir auch in diesem Jahre mit der hiesigen, Gottlob uns liebenden Nation, in gutem Verständniß gelebt haben u. müßen mit Beugung bekennen, daß das Zeugniß des Evangelii seine Kraft an den Herzen der Eskimos bewiesen, wovon wir künftig noch mehr Früchte zu sehen hoffen. Wir trauen es Ihm kindlich zu daß Er uns bald den Zweck unsers Hierseyns werde erreichen laßen. Er schencke uns nur die Gnade, in Liebe u. Einigkeit als ein Mann vor Ihm zu stehen u. Ihn kindlich anzublicken. Die treue [43] Theil nehmung unserer Geschwister im Innern u. Aeußern u. insonderheit die Fürsorge der Missions Deputation, der Societaet zur Förderung des Evangelii u. der lieben Rhederer die jährlich mit Dranwagung ihres Vermögens ein Schiff hieher schicken, reizet uns zum herzlichsten Danck. Wir hoffen auch, daß so wohl zum Handel, als zu unserm eignen Unterhalt, sich künftig immer beßere Gelegenheiten zeigen werden. Wir erinnerten uns auch mit Erkentlichkeit des treuen Schuzes den uns der HErr durch Seine Engel angedeyhen laßen, bey unserm Bau u. beym ausfahren mit dem Boot im Herbst, da es bey den starcken Winden, die zu der selben Zeit, von dem bergigten Lande herwehen, nicht ohne Gefahr abgehet, so erinnerten wir uns auch danckbarlich, der gnädigen Bewahrung, die wir in den harten Winter-Monaten bey unsern Ausgängen auf die Jagd u. sonst erfahren haben, daselbst 2 junge starcke Eskimos, die auf ihrem Schlitten aus der Norder-Fiorte fuhren, erfroren sind, u. unzehliche Beweise Seiner Gnade u. Treue wären noch anzuführen, [44] ja wie Vieles ist uns auch davon unbekant geblieben. Dafür Ihm unendliches Lob u. Preis gebühret, dafür Ihm unendliches Lob u. Preis gebühret. Das Nainsche Gemeinlein, welches durch das Söhnlein der Geschwister Havens u. durch Bruder Wolfus vermehrt worden, besteht beym Schluß dieses Jahres aus 3 Ehepaaren 1 Wittwer 8 ledigen Brüdern u. ein Knäbgen überhaupt aus 16 Seelen.

1773 d. 5tn Jan. wurden wir durch den Anblick eines Schlittens erfreut auf welchen 3 Manns u. 2 Weibsleute von den Südwärts in den Inseln wohnenden Eskimos zum Besuch kamen. Es war uns besonders lieb, noch einige vor dem Heidenfeste zu sehen. Die Brüder Drachart, Schneider u. Jens Haven erzehlten ihnen von der Festmaterie, daß wir uns nemlich in dieser Zeit, besonders der Geburt unsers u. ihres Schöpfers freuten u. Ihm danckten, daß Er für uns Mensch geworden, unsere Sünden-Last u. Strafe auf Sich genommen, dafür gebüßet, große Schmerzen ausgestanden, Sich ans Creuz schlagen laßen u. all Sein Blut vergoßen habe, wodurch [45] wodurch Er uns nun wenn wir von Herzen an Ihn glauben, von den Sünden u. allem Bösem reinige. Sie hörten aufmercksam zu u. nachdem es ihnen d. 6tn wiederholt worden, fuhren sie nach ihrer Wohnung etwa 6 Stunden von hier zurück. Einer sagte beym Weggehen zu Bruder Jens Haven: Ich habe recht gute Worte gehört. D. 11tn besuchten uns wieder 2 Eskimos. Der eine war der junge Angekok Keminguse der in der Lehre ist u. wie der alte Angekok heißet. Dieser leihet doch seine Ohren her, etwas gutes zu hören u. scheint Neigung u. Liebe zu uns zu haben.

D. 19tn besuchten uns Pattigo u. sein Bruder Millik nebst ihren Weibern u. noch einem Manne u. Kinde, welches das eine Weib nach Art der Grönländerinnen auf dem Rücken trug. Sie wohnen auf eben der Insel, Niutak genannt, wo die ersten Besucher in diesem Jahr her waren. Sie hatten Neigung etwas vom Heiland zu hören. Millik fieng des Abends von selbst an zu sagen: Wir sind die einzigen, von dieses Landes Einwohnern, die Europäer bey sich wohnen haben u. wir sind dafür danckbar [46] weil wir hier kaufen können was wir brauchen. Bruder Jens Haven gab ihm u. den andern Eskimos die dabey waren, zur Antwort: Wenn ihr nur erst recht erkennen lerntet, warum wir eigentlich hergekommen sind, dieses ist nur eine Nebensache. Wir dienen euch zwar gerne mit dergleichen Handels Waaren, weil ihr sie nöthig habt, darum haben wir sie gekauft u. mit genommen. Aber der eigentliche Zweck, warum wir in euer kaltes u. rauhes Land gezogen sind, ist, euch mit eurem Schöpfer u. u. Erlöser bekant zu machen. Ihr wißet ja, daß alle Menschen im Herzen böse Gedancken haben, als Stehlen, Huren, Todtschlagen p. ja daß sie sich von dem bösen Geiste regieren laßen, darum hat unser Schöpfer selbst, um uns u. euch zu reinigen, von alle dem Bösen, auf die Erde kommen müßen u. Er wurde Jesus Christus genannt. Er hat Sein Blut vergoßen u. ist am Creuze gestorben, 3 Tage lag Er in einem Grabe u. weil Er Gott unser Schöpfer u. das Leben selber war, wurde Er wieder lebendig u. fuhr darnach gen Himmel. [47] Nun hat Er uns von dem in uns liegenden Bösen u. von dem bösen Geist erlöset, darum nennen wir Ihn Annaursirsok. Wer nun von dem Bösen befreyet seyn, selig u. vergnügt auf Erden leben, u. zu Ihm in den Himmel kommen will, der muß an Ihn glauben u. mit Seinem Blute gewaschen werden, u. s. w. Sie waren alle sehr aufmercksam dabey. Das war für uns ein vergnügter Abend. Wir erinnerten uns zugleich, daß heute vor 40 Jahren die ersten Boten von Herrnhuth nach Grönland gegangen, u. daß heute vermuthlich einige daselbst getauft worden sind, welches wir auch bald hier zu erleben wünschten. Vor dem Schlafen gehen sangen wir die den Eskimos bekante Verse. Es sind diesen Winter unter ihnen 5 erwachsene Mansleute u. Weibsleute aus der Zeit gegangen, welches eine Regung unter ihnen macht u. verursacht daß sie aufmercksamer sind, etwas Gutes zu hören. Es ist uns doch lieb, daß bisher keiner von ihnen, auf unserm Lande aus der Zeit gegangen ist, weil sie gemeiniglich eine Abneigung gegen den Ort bekommen, [48] wo jemand stirbt. Des Milliks Frau eine Illiseetsok oder Wahrsagerinn, hat, weil kein Angekok in dem Hause war, wo die Leute verstorben sind, ihre Kunst recht getrieben. Sie kam heute zu Bruder Drachard u. sagte: Ich bin sehr betrübt. Frage, worüber? Antwort: ich möchte wissen, ob die Verstorbenen vergnügt sind? Bruder Drachard erwiederte: Sie verlangen nicht wieder zurück. Ich wolte gern wißen sagte sie, ob ihre Seelen an einem guten Ort wären? Das weiß ich nicht, sagte Bruder Drachard, aber das weiß ich, wer mit des Heilands Blut gewaschen wird, u. alsdann aus der Zeit gehet, deßen Seele komt gewiß an einen guten Ort p. Millik sagte auch, wo ich bin oder gehe, dencke ich an die Worte, die ich hier vom Heiland gehört habe. Wir waren über diese Unterredungen mit ihnen danckbar, u. freuten uns des Heiligen Geistes Gnaden-Arbeit an ihren Herzen wahr zu nehmen. D. 20tn Vormittag fuhren sie wieder weg, d. 22tn kam ein Mann zu Fuß auf dem Eis von dem nächsten südlichsten Wohnplaze, mit seiner Frau einer Schwester der Mikak uns zu besuchen. Er ist [49] von munterer u. etwas wilder Art, er hält nicht gerne lange aus, wenn mit ihm vom lieben Heiland geredet wird. Da Bruder Drachart mit ihm u. seiner Frau vom Heiland reden wolte, sagte er: Das weiß ich, da er weiter gefragt wurde, was weißt du? laß es mich hören, so erzehlte er die Geschichte von des Heilands Leiden ganz ordentlich her. Aber erzehlst du es auch deinen Landsleuten, sagte Bruder Drachart? Er erwiederte, ich erzehle es meiner alten Mutter, u. denen, die bey mir im Hause wohnen. Er gieng d. 23tn gegen Mittag, wieder nach Hause mit seiner Frau.

Die Kälte war die vergangene Woche anhaltend streng, so daß das Quecksilber Morgens u. Abends alle mal etlich 30 bis 40 Grade [unter] 0 das ist 74 Grad unter dem Eispunct gestanden, d. 25tn hatten wir Gemeintag. Auf die strenge Kälte folgte d. 27tn ein starcker Sturm aus Norden mit Schnee der bis d. 30tn anhielt. An diesem Tage Nachmittag kamen einige Eskimos zum Besuch u. brachten wie die vorigen die hier besucht haben, ein gut [50] Theil Seehund Speck zum Verkauf. 3 von ihnen giengen noch denselben Abend zurück, weil der Eigenthümer der Schlitten u. der meisten Hunde selbst herkommen will, um Seehund Speck zu verkaufen. Da nun die Kälte etwas nachgelaßen hatte; so giengen die Brüder Schneider u. Turner mit ihnen zum Besuch nach ihrem Wohnplaz. Ein Mann mit seiner Nebenfrau welche etwa 13 Jahr alt seyn mag u. die er diesen Winter genommen, blieb bey uns über Nacht u. da d. 31tn ein heftiger Sturm mit Schnee einfiel, so giengen sie erst d. 1tn Febr. Vormittag zu Fuß nach Hause. Man wiederholte ihnen das Wort von ihrem Schöpfer u. Heiland u. sie haben es nach ihrer Art stille u. ruhig angehört. Sie sind auch mit in unsere Gelegenheiten gegangen, welches gewöhnlich alle Eskimos thun, die hieher kommen u. sie lernen immer von Zeit zu Zeit sich ordentlicher aufführen. Da die Kälte diesen Morgen wieder gestiegen war, so wünschten wir sehr unsere 2 Brüder wieder bey uns zu haben u. Abends in der 7tn Stunde [51] kamen sie mit Millik u. seiner Frau wieder bey uns an.

Von ihrem Besuch meldet Bruder Schneider folgendes: „Wir kamen Abends da es schon finster war, bey der Innuit Wohnung an, wo 2 Häuser u. in jedem Haus etwa 20 Personen waren. Ein Mann wieß uns auf seinem Wohnplaze eine Schlafstelle an. Als wir uns niedergesezt hatten, kam alles Volck, so viel nur kommen konte, um uns herum. Ich sagte ihnen den Zweck unsers Besuchs, nemlich ihnen angenehme Worte von ihrem Schöpfer u. Heiland zu sagen, der die Menschen so lieb hat, sie sagten: wir wollen gerne hören. Ich verkündigte ihnen dann den Tod des Herrn, Seine Wunden u. Sein Blut, womit Er alle Menschen erkauft hat, daß sie Sein Eigenthum seyn solten. Es hörte alles aufmercksam zu. Wir giengen noch in das andere Haus, weil es aber schon spät in der Nacht war; so hatten sich die meisten schon zur Ruhe gelegt, doch hatte ich mit einem Mann u. seinen 2 Weibern liebliche Unterredungen vom Heiland. D. 31tn hielt ich die Versamlung über die Worte: Also hat Gott [52] die Welt geliebet, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab auf daß alle die an Ihn gläuben, nicht verloren würden sondern das ewige Leben haben. Einige sagten während der Rede: Wir glauben, wir wollen Ihn lieb haben, wir wollen nicht verloren gehen u. in der Irre bleiben, sondern zum Herrn Jesu in den Himmel kommen. Hernach besuchten wir in dem andern Hause u. verkündigten ihnen Jesum den gecreuzigten, der für alle Menschen Sein Blut vergoßen hat, durch welches wir ein neues Leben ins Herz bekommen. Einige hörten aufmercksam zu. Weil sie nach ihren Familien eingetheilt waren, u. jeder seinen Stand bis an die Decke umzogen hat, so daß man, wenn man bey der einen Familie ist, die andern nicht sehen kan; so besuchten wir alle Familien, redten vom Heiland, u. sangen Verse mit ihnen. In einem Stande wo 3 Wittwen beysammen waren, deren Männer im Herbst gestorben, erzehlte uns die Eine: Daß ihr Mann Namens Anauke gesagt hätte, da er kranck gelegen: Er wolle zum Herrn [53] Jesu in den Himmel gehen, der die Menschen so lieb hätte, welches uns erfreulich zu hören war, u. so verbrachten wir diesen Tag bey ihnen vergnügt. Des Abends aber, da wir uns nieder gelegt hatten, musten wir auch erfahren, wie der Fürst der Finsterniß noch unter diesem Volck herrschte u. sein Werck unter ihnen hat. Weil diesen Tag ein gewaltiges Schneegestöber mit Sturmwind war, u. sie nicht auf den Seehundfang ausgehen konten, so kamen des Abends die Leute aus dem andern Hause in dasjenige, wo wir uns aufhielten, weil des Milliks Frau einen Torngak oder wahrsager Geist haben soll, durch welchen sie gut Wetter schaffen, die Seehunde aus der Tieffe hervorbringen u. die Gegend u. Pläze anzeigen könne, wo dieselben ihre Löcher durch das Eis haben, wo sie Luft schöpfen, ja sie soll auch die Renthiere laufen sehen u. anzeigen können, wo die meisten zu bekommen sind. Es wurden daher alle Lampen ausgelöscht u. das Haus stockfinster gemacht. Dann fieng sie an mit einem tiefen Seufzen, Aechzen u. Getöse, ihren Torngak herbey zu holen bis sie anfieng Worte auszustoßen [54] zuweilen mit einer heftigen lauten Stimme daß das Haus erschüttern möchte u. wenn sie ein wenig still war, so wurde ihr hie u. da aus dem Hause zugerufen u. sie gefragt, was der Torngak sagte, u. dann fieng sie wieder auf die obige Weise an bis es der Torngak etwa nach ihrem Sinn getroffen hatte. Dann fieng das ganze Volck an, in einem Tone zu singen, nach der heidnischen Grönländer Weise. Da der Gesang zu Ende war, fuhr der Torngak fort wie vorhin u. wurde immer dazwischen mit Gesang vom Volcke begleitet. Endlich geschah ein entsezlicher Knall, als wenn das Haus zusammenfallen solte, da sie vermuthlich mit einem Stock an ein ausgespantes Fell geschlagen. Nach diesem begab sie sich mit ihrem Torngak von der Pritsche herunter in das Haus, focht wie mit einer Peitsche herum, schlug hie u. da an, begab sich vor den Eingang des Hauses, stampfte mit den Füßen, machte einen grausamen Lerm u. brachte wunderliche Stimmen hervor, so daß hie u. da einer unter dem Volck lachte. Da rief ich unserm Hauswirth, dem Millik zu: er solte ihn heißen aufhören u. die Lampen [55] anzünden. Wenn sie keinen andern Torngak hätten als den, der tauge ganz u. gar nichts, das wäre ein böser Geist, der in der Finsterniß herrschte, denn alles lache ja nur über ihn. Er befahl auch gleich aufzuhören. Es rief aber einer aus dem Volck: so thun wir, das ist der Innuit Gewohnheit. Dann stimten sie alle zugleich noch einen kurzen Gesang an u. darauf war es zu Ende. Es hat bey einer guten Stunde lang gewährt, dann wurden die Lampen angezündet u. noch ehe das Haus ganz lichte war, so war schon alles Volck auseinander u. ein jedes lag auf seiner Schlaf-Pritsche so still als wenn nichts gewesen wäre. D. 1tn Febr. frühe, redte ich mit einem von der Nähe Jesu angethanem Herzen u. Augen voll Thränen, von dem Wahrhaftigen Lichte, das in die Welt gekommen ist, die Menschen zu erleuchten, welches der HErr Jesus selbst sey, der Sein Blut vergoßen habe, um dadurch die Menschen von dem bösen Geiste zu erlösen, damit sie zu seinem Lichte kommen das aus Seinen Wunden strahlt. Es hörte alles aufmercksam zu. Ich sagte ihnen zugleich, daß wir uns gestern Abend über ihre Aufführung [56] sehr betrübt hätten, weil wir gesehen u. gehört daß sie die Finsterniß noch mehr liebten als das Licht u. den bösen Geist der ein Herr der Finsterniß ist gehorchten u. seine Wercke thäten. Ich bat sie, daß sie sich doch von ganzem Herzen zu Jesu dem gecreuzigten bekehren u. den bösen Geist mit seinen Wercken fahren laßen möchten. Zum Schluß empfahl ich sie im Gebet dem mittleidenden u. erbarmenden Herzen Jesu. Weil nun heute gutes Wetter, obschon sehr kalt war u. ein Schlitten nach Nain gieng: so bedienten wir uns der Gelegenheit u. giengen nach Hause.“

So weit Bruder Schneider

Nun heißt es im Diario weiter: Die Eskimos mit denen unsere 2 Brüder gekommen waren, fuhren wegen eines anhaltenden heftigen Sturms nicht eher als den 4tn gegen Mittag zu Hause. Inzwischen ist ihnen das Wort von der Versöhnung durch die 3 Brüder Drachart, Jens Haven u. Schneider, mehr malen vorgetragen worden. Wir übrigen sangen Verse mit ihnen u. übten uns mit ihnen in ihrer Sprache, dabey bitten wir den Heiland unser Gedächtniß zu [57] stärcken damit wir das, was wir von ihnen u. aus den geschriebenen Büchern lernen, behalten. Die Eskimos verstehen zwar nicht alle, aber doch die meisten Worte im grönländischen Wörterbuch, daher wird es uns nicht so schwer werden, als es den ersten Brüdern in Grönland wurde. D. 6tn zu Mittag, kam ein Eskimos ganz allein bey uns an. Er hatte im Sinn, die Nacht bey uns zu bleiben, aber seine Hunde wolten ihm davon laufen, so daß er genöthigt war, wieder weg zu fahren. Er sagte: wenn ich das nicht thue, muß ich morgen selber den Schlitten nach Hause ziehen. Er hörte nicht gern vom Heiland. Bruder Drachard fragte ihn, warum er her gekommen wäre, da er ein paar Deutsche Meilen um umgefahren ist? Meine Frau, sagte er, hat ihre Nehnadel zerbrochen. Er brachte ein Stück Seehund Speck mit, wofür er 3 Nehnadeln bekam. Diesen Abend theilten wir den Bundes-Kelch unter uns zu neuer Aufmunterung zur Treue im Dienst des Herrn u. zur Liebe unter ein ander. Die Kälte war dieser Tagen sehr anhaltend starck, so daß das [58] Quecksilber d. 7tn Abends u. d. 8tn früh 74 Grad unter dem Eispunct stand. In der freyen Luft gefror der Brantewein fast wie Waßer u. rectificirter Wein-Geist wurde wie ein Oel. An lezterem Tage kam der unterm 6tn erwehnte Mann auf einige Stunden zum Besuch, mit ihm war eine von seinen 3 Frauen, sein Kind u. sein Bruder. Bruder Drachard redete mit ihnen vom Heiland, sie haben aber noch wenig Lust davon zu hören. D. 10tn gegen Abend wurde es etwas gelinder u. fieng an zu schneyen. Ein Mann nebst seiner Frau u. 2jährigem Kinde, 2 Wittwen u. 2 Knaben von Niutak kamen zum Besuch. Der eine Knabe u. die eine Wittwe wolten nach einigen Stunden wieder nach Hause fahren, kehrten aber bald wieder um, aus Furcht den Weg zu verfehlen in dem Schnee-Gestöber. Sie schliefen alle die Nacht auf unserm Säälgen. D. 11tn früh fuhren der Knabe u. die Wittwe wieder fort, um den Schlitten dem Eigenthümer zu bringen, der ihn selbst brauchen wolte. Die übrigen blieben noch hier. Die Wittwen u. der Knabe kamen auch Nachmittag unvermuthet [59] wieder zu uns, weil ihnen die Hunde meist auf dem halben Wege davon gelaufen waren, als sie die selben von dem Schlitten los gemacht hatten, um die Stricke womit sie die Schlitten ziehen, deren jeder etwa 2 bis 3 Klafter lang ist u. durch das hin u. her laufen der Hunde gar oft verfizt werden, wieder in Ordnung zu bringen. Sie brachten die Peitsche die reichlich 4 Klafter lang ist u. einen Stiel etwa von 10 Zoll hat, u. die Haupt-Stricke von dem Schlitten mit zurück. Der Mann der hier war wurde um die Hunde verlegen u. war bange einen Ausschmäler[WS 4] von dem Eigenthümer zu bekommen. Um dieses aber zu verhüten, nahm er die zurück gebrachten Stricke, wo an dem einen Ende ein beinerner Ring u. an dem andern ein Knopf ist u. hackte mit einem Beil in Gegenwart einiger Brüder den Ring in 2 Stücken u. sagte dann zu Bruder Jens Haven der auch zugegen war: Es ist kein Wunder daß die Hunde davon gegangen sind, siehe der Ring ist in Stücken, da siehest du es, jezt kanst du dem Millik sagen, wenn du ihn siehest, daß der Ring entzwey [60] war. D. 12tn Vormittag gieng der selbe Mann mit Frau u. Kind zu Fuß nach Hause, die Wittwen u. Knaben blieben noch hier. Nachmittag kam ein erwachsener Junge von Niutok bey uns an u. erzehlte: Daß die Hunde alle gestern zu Hause gekommen. Sie waren sehr verlegen, da sie sahen, daß keine Menschen mitgekommen, darum hätte er u. ein anderer Eskimos heute früh die Hunde genommen, um die Menschen u. den Schlitten zu suchen. Unterwegs trafen sie die heute früh abgegangenen an u. da sie auch den Schlitten gefunden, so fuhr sein Gefährte mit ihnen nach Hause. Er aber wolte uns besuchen, weil er so nahe war u. blieb nebst den übrigen Eskimos die Nacht bey uns. D. 13tn Vormittag giengen sie alle zu Fuß wieder von hier weg. Es ist alle Tage da sie hier waren ein paar mal über einen Spruch u. Vers geredet mit ihnen geredet worden, dabey sie nach ihrer Art recht aufmercksam waren. Wir freuen uns über der kleinsten Spur der Gnade, die man an ihnen gewahr wird u. bitten unsern lieben Herrn, Er wolle Seine Gnaden-Arbeit an ihren Herzen fortsezen. Die eine von den Wittwen [61] war die Wittwe des Anauke von welcher Bruder Schneider in dem Bericht von seinem Besuch Erwähnung gethan hat. Ihr Name ist Nariaina. Sie schien in ihrem Herzen bewegt zu seyn, wozu eben die lezten Worte ihres verstorbenen Mannes, auf seinem Todtenbette die Gelegenheit gewesen, denn als sie nach heidnischer Art weinte, schrie u. sein Weggehen beklagte u. ihn fragte: Willst du nun mich u. deine 2 Kinder verlaßen? so sagte er: sey nicht so betrübt, denn ich gehe zum Heiland. Diese lezten Worte des Anauke haben seiner Frauen das Herz so eingenommen, daß sie ernstlich bey sich angefangen hat zu dencken: Nun will ich auch meinen Torngak u. allen Heidnischen Gebräuchen absagen. Nun will ich auch anfangen an den Heiland zu glauben, wie mein Mann. Bruder Drachard schreibt: Ich habe ihren Mann bey der ersten Besuch Reise in Chateaubay kennen gelernt. Damals war er nicht angenehm anzusehen. Er hatte nur ein Auge u. sahe wie ein Räuber u. Mörder aus. Bey meiner 2tn Besuch Reise, fieng er an stille zu sizen u. zu zu hören u. da ich das 3te mal hier anlangte, kam Er zu mir auf [62] das Schiff u. wolte mehr vom Heiland hören, Darnach hat er sein Zelt auf unserm Lande aufgeschlagen, um täglich davon zu hören u. vergangenen Winter ist er etliche mal zum Besuch hier gewesen, ja er ist 2 Meilen weit her auf dem Eise gekomen, um vom Heiland zu hören. Auch hatte er vorigen Sommer in seinem Zelt etliche Wochen hier gestanden, kam auch von der Renthier-Jagd wieder hieher u. im Nov. fuhr er ganz gesund mit den übrigen Eskimos nach ihren Wohnungen. Im Dec. aber wurde er kranck, da weder die Eskimos zu uns, noch wir zu ihnen kommen konten. Da Bruder Schneider bey ihnen zum Besuch war, erzehlte ihm die Wittwe des Anauke von ihres Mannes Ende u. daßelbe sagte sie auch mir, bey ihrem jezigen 3 tägigen Aufenthalt allhier. Ich fragte sie dann: Wo denckst du, daß deines Mannes Seele hingefahren ist? Die Wittwe sagte: zum Heiland! Wolte er nicht daß Seine Seele bey dir u. deinen Kindern bleiben solte? Die Wittwe: Nein, er wolte seine Seele solte zum Heiland. – So hat dein Mann seine Seele u. sein Herz dem Heiland hingegeben? die Witwe: Ja, u. ich auch. – „Hast du auch dein Herz dem Heiland hingegeben?“ Die Wittwe sagte mit Thränen! Ja, O Jesu da [63] hast du mein Herz. – Willst du nicht mehr mit deinem alten Torngak zu thun haben? Die Wittwe: glaube mir doch, ich will nicht, ich will wie mein Mann mit dem Heiland zu thun haben. – Du u. dein Mann ihr habt täglich zu mir gesagt: ihr dächtet imer an den Heiland, ihr hättet ihn lieb, ihr glaubtet an Ihn, u. woltet Ihm euer Herz hingeben. Die Wittwe: Wir haben so geredet, aber mein Mann fieng erst in seiner Kranckheit ernstlich an, an den Heiland zu dencken, u. da er anfieng, so fieng ich auch an. – So ist es nun dein Ernst, daß du des Heilands seyn willst? – ich heuchle nicht mehr. – Gut, willst du denn nun dein Leben lang bey dem Heiland bleiben u. nie vergeßen, was du in deinem Herzen gefühlt hast, das erste mal, da Er dir rief? Die Wittwe: Das kann ich nie vergeßen. – Wenn du nun nach dieser Zeit fühlest in deinem Herzen, daß deine alte Sünde wieder komt u. daß die alten bösen Geister u. deine alten Heidnischen Gewohnheiten, sich wieder melden, willst du da darüber erschrecken, u. gleich wieder zum Heiland gehen? Sie sagte: Ja! Diese Wittwe ist die erste [64] von den Eskimos der ich abfühlen kan, daß in ihrem Herzen etwas vorgehet, ob sie aber diese ihre guten Gedancken nicht wieder verlieren werde, besonders wenn sie wieder einen Mann bekommt, das wird die Zeit lehren. Der vornehmste Angekok unter unsern Eskimos ist allein Hier in meinen Winckel zu mir gekommen u. hat mir erzehlt, daß er im Winter viele Krancke zu curiren gehabt habe. Ich fragte ihn dann: Hat der Mann Anauke dich in seiner Kranckheit zu sich geruffen? Der Angekok sagte: Nein! – Ich erzehlte ihm dann, daß ich gehört hätte: Anauke habe in seiner Kranckheit zu seiner Frau gesagt, sie solte nicht über ihn weinen, denn er gienge zum Heiland, u. fragte ihn: Hast du das auch gehört? Der Angekok: Ja, ich habe es gehört. – Da du das hörtest so hast du dich wohl darüber gefreut? – Der Angekok antwortete nicht, aber er rümpfte die Nase u. das bedeutet Nein. – Ich erzehlte ihm dann: da ich es zum ersten mal hörte, so habe ich mich erstaunlich darüber gefreut, denn so lange Innuit hier im Lande wohnen, ist es nie erhört, daß einer auf seinem Todtenbette zu [65] seinen Leuten gesagt hätte: Ihr sollt nicht über mich weinen denn ich gehe zum Heiland. Aber weißt du wer er ist, den wir Anaursirsok /:Heiland:/ nennen? Der Angekok: Nein. – Er ist der Schöpfer aller Dinge, wir nennen ihn auch Gott, Er hat Himmel u. Erde geschaffen u. auch den Geist den ihr Torngarsok nennet ja alle Geister. Er ist vom Himmel herunter gekommen u. ist ein Mensch geworden u. am Creuze gestorben um uns von unsern Sünden zu erlösen. Der Angekok: ich habe es gehört. Es kan nicht anders seyn, sagte Bruder Drachart, du mußt es gehört haben, aber sage mir doch, ob es dir nicht manchmal einfält, daß der Heiland solche große Schmerzen gelitten u. Sein Blut für dich vergoßen hat um dich von deinen Sünden zu erlösen? Denckst du nicht manchmal daran? Angekok „ich dencke gar nicht daran, außer wenn du mich darum fragst.“ So weit Bruder Drachart: Seit dem nennen die Eskimos wenn sie von Anauke reden ihn immer den, welchen der Heiland zu sich genommen hat.

Im Diario heißt es weiter: d. 18tn besuchten uns 3 Eskimos von Niutak u. fuhren Nachmittag wieder zurück. Mit ihnen giengen [66] die Brüder Rhodes u. Lister, um den andern Tag auf der Insel zu jagen. D. 16tn kamen sie unvermuthet mit einigen Eskimos wieder hieher u. brachten uns die sehr angenehme Nachricht, daß Manumina diese Nacht daselbst angekommen wäre u. den dortigen Eskimos bekannt gemacht hätte daß er zwischen den Inseln in der Gegend wo er wohnte, einen todten bartigen Wallfisch gefunden hätte. Sonst haben die 2 Brüder den Abend zuvor, mit den Eskimo in ihrer Sprache Verse gesungen. Frühe ehe der der Tag anbrach machten sich die Eskimos fertig, nach Nain abzufahren. Manumina that ein gleiches, fuhr aber zuvor nach Saitorsoak um auch seiner Frauen Brüder von dem gefundenen Schaze zu benachrichtigen. Nach einigen Stunden kam er u. zugleich noch ein anderer Schlitten von Aukpillartok bey uns an. Wir waren dem lieben Vater im Himmel von Herzen danckbar für diesen Fund u. hoften, daß er nicht nur unserer Armuth sondern auch den armen Eskimos die jezt bey der anhaltenden strengen Kälte, nichts erwerben können zu [67] ihrem Unterhalt wohl zu statten kommen möchte. Nachdem die Eskimos sich einige Meßer gekauft u. wir ihnen einige Beile geborgt hatten, so fuhren 2 Schlitten u. mit ihnen die 4 Brüder Jens Haven, Ludwig Morhard, Turner u. Lister zum Fisch u. unser Gebet begleitete sie, da bey einer solchen Arbeit leicht einige vom Hauen u. Schneiden unglücklich seyn können. Der dritte Schlitten blieb hier u. sie waren Willens, die Nacht bey uns zu schlafen. Da es aber Abends um 9 Uhr zu schneyen anfieng so beschloßen sie augenblicklich noch diese Nacht nach Aukpillartok u. früh zum Fisch zu fahren. In den folgenden Tagen war es sehr kalt, daher wir viel an unsere Brüder dachten u. sie dem Schutze des Herrn empfahlen. D. 22tn Nachmittag kam ein Eskimos mit seiner Frau von Saitorsoak bey uns an. Sie waren gestern von Tunungarsok abgefahren, wo unsere 4 Brüder sind u. brachten uns ein paar Zeilen von ihnen, darinn sie melden, daß sie, weil das Eis aufgebrochen, noch nicht zum Wallfisch kommen können, daß sie sich übrigens wohl befinden, aber viel von der Kälte u. [68] dem schlechten Wetter ausstehen um deswillen sie sich auch nicht auf den Rückweg wagen dürften. Sie baten ihnen etwas Proviand durch bemeldeten Eskimo zu schicken, derselbe machte Anfangs Schwierigkeiten, den Kasten mit Lebensmitteln mitzunehmen, unter dem Vorwand, er sey seinen Hunden zu schwer, u. wolte es lieber in einem ledernen Sack haben, vermuthlich um nach ihrer Gewohnheit beßer dazu zu kommen u. davon eßen zu können. Er ließ sich aber doch endlich da er ein Meßer zum Fracht-Lohn bekam, bereden. D. 25tn kamen unsere 4 Brüder mit einigen Eskimo auf 2 Schlitten wieder bey uns an. Wir waren froh u. danckbar dafür, weil die Kälte wieder zu nahm. Sie hatten im Gesicht u. an den Kleidern von Othem u. Brodem über 1 Zoll dick Eis an sich sizen, wovon sie auch Frostflecken im Gesicht bekommen u. Bruder Turner hatte seine Handgelencke erfroren daß auf der einen Hand eine Blase war in der Größe eines Guldenstückes u. Bruder Jens Haven hatte Seitenstechen. Wir waren bey alle dem, dem lieben Gott danckbar daß sie bey der durchdringenden [69] Kälte nicht mehr Schaden genommen. Die Eskimos machen sich aus der Kälte nichts. Nachmittag gieng der eine Schlitten wieder zurück, der andere welchen die Brüder von Manuina gemiethet hatten blieb bis den folgenden Tag hier. . . . Von der Reise der 4 Brüder gibt Bruder Jens Haven folgenden Bericht. Da wir gehört hatten daß ein todter Wallfisch nahe bey dem Confort Haven, etwa 7 Deutsche Meilen von uns nach Süden gefunden worden, u. da es bey den Innuit eingeführt ist daß ein jeder bey einer solchen Gelegenheit, sich so viel davon nehmen kan als er will, so war es uns zwar schwer, uns dazu zu entschließen, jezt in der härtesten Winters-Zeit, da wir uns kaum in unserm Hause des Nachts warm halten können, uns so weit vom Hause zu entfernen, jedoch in Betracht, daß unsere Geschwister die unsern Unterhalt verschaffen, arm sind, denen wir gern die Unkosten, so viel möglich erleichtern wollen, fanden sich die Brüder Morhard, Lister, Turner u. Jens Haven willig einen Versuch zu machen dahin zu gehen, in Hofnung daß uns der Heiland [70] auch hierinnen Seinen gnädigen Beystand schencken würde, zumal wir auch dabey Gelegenheit haben würden, seine große Liebe denen anzupreisen, die in Finsterniß sizen. Wir giengen also d. 16tn Febr. um 4 Uhr Nachmittag mit dem Segen unserer Geschwister frölich ab u. kamen abends um 10 Uhr bey dem ersten Eskimo Hause an. D. 17tn früh um 4 Uhr reisten wir weiter u. trafen um 11 Uhr in Manuminas Hause ein, welches das erste Haus war, das wir auf unserer recognoscirungs Reise 1770 gesehen haben. Das Wetter wurde so schlecht, daß wir nicht weiter gehen konten. Bruder Haven redete vieles mit den Eskimos vom Heiland u. die Brüder halfen ihm Verse singen. Bald darauf aber machten die Eskimos eine Art von Gebet zu ihrem Spiritu Familiari[WS 5] um ihr Verlangen zu bezeigen daß gut Wetter werden u. der Wallfisch nicht wegtreiben möchte. Ein Mann legte sich auf den Rücken u. einer von ihren Schießbogen wurde quer über sein Bein gelegt u. an dem lincken Bein vest gebunden. Zur Rechten saß eine Frau die den Bogen anfaßte u. das lincke Bein über das [71] rechte wiegte, dann trat jeder herzu der etwas vom wahrsagen verstand u. machte die Auslegung nach der verschiedenen Bewegung des Bogens. Zuweilen wurden sie bedencklich, ob Torngak oder Jesus die Bewegung des Bogens verursachte, wie wol jederman sahe, daß es eine alte Frau that. So unangenehm dieses zu hören war, so konte man sie doch entschuldigen, denn sie sind irre geworden u. wißen nicht an wenn sie sich halten sollen. Den Heiland kennen sie noch nicht u. können daher den Torngak nicht fahren laßen. Eine Weile darnach fragten sie Bruder Haven: Ob wir nicht darum beteten, daß gut Wetter werden u. der Wallfisch nicht wegtreiben möchte? Bruder Haven sagte: Wir beten nur, Herr sey uns gnädig u. öfne diesen armen Unwissenden die Augen, damit sie erkenen, wie nöthig es sey, daß sie mit Deinem Blute gewaschen werden. Uebrigens sind wir versichert, daß Er uns nichts als Gutes thun will, denn Er liebet uns u. s. w. Es war großer Hunger unter ihnen u. wir wurden sehr mit betteln geplagt u. da wir ganz in ihren Händen sind, gab es manche gründliche [72] Unterredung, ehe wir sie zufrieden stellen konten. Froh waren wir daß Abends ein Schlitten vom Wallfisch kam u. etwas zu eßen mitbrachte, welches jedoch von der Menge bald verzehret war. Wenn uns hier jemand von den Europäischen Geschwistern gesehen hätte, er hätte uns gewiß beklagt, ein Schweinstall in Europa ist beßer als dieses Haus. 4 Klafter lang musten wir auf allen vieren hinein kriechen, froh waren wir, wenn wir von den Hunden ungebißen davon kamen, denn bey solchem Wetter kriechen sie alle hinein u. man muß oft über sie weg, da man denn im finstern oft auf sie tritt. Man muß sich auch von ihnen das Gesicht belecken laßen u. die Hände mit ihrem Unrath beschmieren, das Haus ist so unrein u. voll Gestanck, daß gegen die grönländischen kein Vergleich ist u. doch war es uns bey dieser entsezlichen Witterung so wichtig als der schönste Pallast. D. 19tn wurde das Wetter etwas beßer u. es wurde beschloßen zum Wallfisch zu gehen. Die Eskimos baten uns zu Hause zu bleiben, weil wir es nicht aushalten würden. Wir entschloßen uns aber ihnen [73] zu folgen. Als wir aber eine Stunde weit vom Hause waren, sahen sie von einem Berge, daß das Eis an der Insel wo der Wallfisch lag, gebrochen war u. wir musten daher dem Wind u. Schnee-Gestöber entgegen umkehren. Es waren 11 Eskimos mit uns u. kein einiger von ihnen, kam ohne Frostflecken am Gesicht, Händen oder Füßen davon. Wir musten oft von Mund u. Nase, die an dem Pelz vest froren, das Eis abbrechen, um Luft zu bekommen u. die Augen mit den Fingern aufreißen, die uns zugefroren wären, waren aber übrigens vergnügt dabey u. dachten: Wenn England, Deutschland, Grönland u. Labrador wie 4 Stuben wären, da man aus einer in die andere gehen könnte, so würden unsere Geschwister die Kälte beßer beschreiben können, als wir, die wir schon ein wenig abgehärtet sind, wie wol nicht so, daß wir nichts fühlen solten. Wir stunden viel aus u. baten den Heiland uns Kräfte zu geben. Um 11 Uhr Vormittag kamen wir wieder zu unserm Hause. Die alte Attaguna die vorigen Herbst bey uns gewohnt hat, that uns viele [74] Dienste. Bald darauf kamen 3 Schlitten voll Eskimos von andern Pläzen. Die Kaltsinnigkeit, womit sie von ihren nächsten hiesigen Anverwandten behandelt wurden, reizte uns zum Danck gegen den Heiland, der uns bey diesem wilden Volck Liebe u. Achtung verschaft hat. Bruder Haven ermahnte viele, von deren Familie einige gestorben sind, und die sonst nicht haben hören wollen, sich zu besinnen, denn wenn sie den Heiland nicht kennen lernten, würden ihre Seelen nach ihrem Tode an einen finstern Ort kommen. Als hierauf viele etwas zu hören verlangten, so sangen wir einige Verse: Schau her hier steh ich armer p. Drauf sagte Bruder Jens Haven, wenn ihr mit uns sagen köntet: Hie steh ich armer p. u. wüßtet wie nöthig es euch ist, das euch der Heiland gnädig sey u. eure Herzen mit seinem Blute wasche, das Er für euch u. für mich am Creuze vergoßen hat: so wolte ich mich freuen u. anfangen, euch mein Geschwister zu nennen u. der Heiland verlangt nichts von euch, als ein Verlangen: O Hilf mir! so will Ers thun, denn Er ist allein gnädig, allein gut u. Er allein kan helfen im Himmel u. auf Erden u. s. w. [75] Des Abends fieng ein alter unnüzer Mann an zu schreyen: Der Geist bewegt mich, er will uns sagen warum das Wetter böse ist u. warum das Eis auf gebrochen ist. Etliche sagten: laß uns hören! Er schrie dann mit großer Stimme! O die Sehnen! O die Sehnen /:wir hatten denselben Tag einige Wallfisch Sehnen geflochten um sie an unsere Axt zu binden, damit uns dieselbe beym Wallfisch wenn sie Oelicht würde nicht aus der Hand führe. Er glaubte nun, es wären Renthier Sehnen, die man nach ihrem Aberglauben zu einem Wallfisch nicht bringen darf.:/ Da man ihn eines beßern belehrte, so fieng er von neuem zu heulen an: O Rottenholz u. verfaultes Holz! Der Hexenmeister hatte gesehen, daß Bruder Haven an dem Tag da wir zum Wallfisch gehen wolten, etwas Holz zum Schlitten brachte darunter einige verfaulte Stücke waren, die man ebenfalls zu einem Wallfisch nicht bringen soll, die Eskimos hatten es aber sorgfältig ausgelesen u. weggethan, Man überzeugte ihn seines Irrthums [76] jedoch verlangten sie, weil der Geist da wäre, eine weitere Erklärung von ihm. Er schrie dann zum dritten mal. O jemand von hier, soll nicht gehen, dann wurde Person vor Person durchgegangen u. endlich Haven genant. Bruder Haven stand auf, sah dem Hexenmeister steif ins Gesicht u. bat den Heiland dem bösen Mann das Maul zu stopfen. Derselbe wurde verwirrt, brumte, schäumte u. konte kein Wort mehr aussprechen. Zum Glück kamen bald 2 Leute vom Wallfisch herein u. brachten die Nachricht, daß das Eis gebrochen, der Wallfisch aber nicht weggetrieben sey. Bruder Haven befahl dem bösen Mann aufzuhören u. sich an seinen Ort zu sezen u. sagte ihm, du erzehlst nur Lügen; er war gehorsam. Man sieht gleichwol, wie gefährlich es ist in ihren Händen zu seyn, wenn sie böses thun wollen. Nachher stand ein anderer auf, der unser Freund seyn will, um dem ersten zu wiederlegen, welches keine Kunst war, da er bessere Nachricht bekommen hatte. Bruder Haven hieß ihn aber doch auch aufhören u. er [77] that es. Das Wetter war d. 20tn noch schlechter u. da sie Verlangen bezeigten vom Heiland zu hören, sangen wir etliche Verse u. dann sagte Bruder Jens Haven: Ich bin verlegen, weil ich sehen u. hören muß, daß der böse Geist euch noch bewohnt u. euch des Verstandes beraubt, er will euch eben die Ohren zu halten, daß ihr nicht hören solt, wie lieb euch der Heiland hat, damit ihr nach eurem Tode zum bösen Geist in die ewige Finsterniß kommt. Aber höret doch unsere Worte u. folget uns zum Heiland der euch liebet u. von Sünden waschen will, mit Seinem Blute, auf daß ihr ewig vergnügt mit Ihm leben u. euch freuen könt, dereinst aus dieser Welt zu Ihm abzuscheiden; denn hier wechselt immer Kummer mit Vergnügen ab u. man hat Hunger, Kälte u. dergleichen zu leiden, wer aber an Jesum gläubt, der wird dereinst bey Ihm ein ewiges Vergnügen haben u.s.w. D. 21tn war das Wetter noch schlecht; es war große Hungers Noth unter den Leuten u. wir waren nicht ohne Sorgen, daß sie uns unser Eßen mit Gewalt wegnehmen würden, weswegen wir uns entschloßen [78] nur ein mal des Tages zu eßen. Man kan sich kaum vorstellen was wir ausstunden. Wir hatten weder Tag noch Nacht Ruhe, wenn die Kälte in der Nacht etwas nachließ, so plagten uns die Läuse, wenn wir unser Eßen kochten, welches im Gang unter den Hunden geschehen mußte, so war der Rauch den das Feuer u. Schnee machte u. die Kälte dabey fast unausstehlich. Wenn wir aßen, so musten wir von den umstehenden Eskimos unangenehme Urtheile hören, ja wenn wir auf die Seite giengen, so waren wir mit einer Menge hungriger Hunde umgeben u. hatten Mühe sie mit dem Stock abzuhalten. Heute fuhren 3 Schlitten zurück, um für ihre verhungerte Familien etwas zuerwerben. Mit einem derselben schrieben wir nach Nain. Ein Schlitten fuhr nach dem Wallfisch u. brachte um 3 Uhr die angenehme Nachricht, daß das Eis u. der Fisch noch da lägen. Er brachte auch etwas Speck u. Fleisch mit, alles hüpfte vor Freuden, sie aßen sehr begierig u. dann wurde mit ihnen geredet u. gesungen. D. 22tn gieng alles zum Wallfisch, den wir nach 3 Stunden meist [79] eine Klafter tief meist im Eis u. Schnee begraben fanden. Von dem Speck der an manchen Orten 2 Fuß dick ist, war, wie sie sagten kaum der zehnte Theil abgeflenzt. Der Fisch war von mittlerer Größe über 64 Fuß lang, die Dicke konten wir nicht sehen. Der Rachen war offen, die Eskimos krochen hinein u. schnitten die Barten ab, die das Maas hatten, zu den übrigen von geringerem Werthe konten sie nicht kommen. Diese Arbeit verrichten die Eskimos mit besonderem Vergnügen. Unsere Noth hatte sich hier nicht vermindert sondern vermehrt. Wir kamen von einem schmierigen Loch zu einer kahlen Insel, wo nur Schnee u. Steine u. weder Waßer noch Holz, noch Haus war. Die Eskimos graben ein Loch in eine Schnee-Webe u. da kriechen sie hinein u. schlafen ohne Feuer u. Licht. Das erste was wir thun musten, war ein Schneehaus zu bauen u. weil wir es nicht verstanden, so nahmen wir 2 Eskimos die uns halfen die uns halfen. Sie suchten einen Haufen von dichtem u. vestem Schnee aus, zeichneten einen Ovalen Plaz in der Gestalt [80] eines Backofens von gehöriger Größe aus, schnitten dann mit ihren langen Messern viereckigte Stücken Schnee etwa 3 Fuß lang 2 breit u. 1 Dick heraus, wölbten es etwa 8 Fuß hoch u. ließen die Hinter Hälfte im Haus etwa 20 Zoll höher, welches ihre Banck u. nach dem sie Felle darauf gebreitet, ihr Bette ist, weil wir aber keine Felle mit hatten, so waren wir übel dran, statt des Fensters nehmen sie ein Stück Eis, welches sie in ein Loch sezen, daß sie in das Gewölbe machen u. das gibt Luft genug. Die Thüre versezen sie mit einem Stück Schnee. Die Frau bey deren Familie wir schliefen hatte ihre Lampen vergeßen, sie nahm aber ein Stück Wallfisch-Speck von einem Fuß ins gevierte, holte es aus u. legte Moos hinein, welches gut brante, aber einen fast unausstehlichen Rauch u. Gestanck gab. Bruder Haven hatte ein heftiges Stechen unter der lincken Brust bekommen. Die Eskimos bedauerten ihn sehr u. sagten: Das wäre die Kranckheit davon ihre Leute stürben. Das war ein schöner Text für Bruder Haven, um ihnen zu sagen, daß die, welche an den Heiland [81] glaubten vor dem Tode nicht bange wären. Manumina bot dem Bruder Haven an, in seinem Schneehause zu schlafen, wo eine Lampe u. Felle auf dem Schnee wären u. die Brüder riethen ihm, es an zu nehmen. Wir übrigen Brüder sahen einander mit Mittleiden an, ohne einander helfen zu können. Unsere Kleider waren voll von Schnee-Dampf, der unsere Leiber naß machte u. von der Kälte gefror es wieder. Wir hatten keine Gelegenheit etwas warmes zu machen u. zur Noth bekamen wir von Manuminas Weibe so viel Waßer welches sie über ihrer Lampe aus Schnee schmelzete, daß wir den größten Durst stillen konten u. dafür waren wir dem Heiland sehr danckbar, denn ihren eigenen Landsleuten haben sie es versagt, welche entweder den Schnee eßen, oder ihn in ledernen Handschuen auf dem bloßen Leibe schmelzen musten. Da sie von Manuminas Hause herfuhren, nahmen sie Waßer in einen Seehunds Darm u. banden es um den bloßen Leib, damit es nicht gefröre, u. wer von ihren guten Freunden etwas davon bekam, war gewiß froh. Bruder Haven hatte eine ernstliche Unterredung [82] mit Manumina wegen der Wallfischbeine die er hat, welche er nach Chateaubay bringen wolte, um ein neues Boot dafür zu kaufen. Des Gouverneurs Befehl wollte er nicht gehorchen. Endlich sagte Bruder Haven: Die in Norden u. Süden wohnen mögen wol ungehorsam seyn u. Gefahr laufen, wenn ihr aber, unsere Landsleute die ihr so viel vom Heiland gehört habt, ungehorsam seyd u. soltet dann umkommen, so wäre es mir nicht lieb, denn da kämmen wir nicht im Himmel zusammen. Dieses schien sein Gemüth zu durchboren u. Tags darauf sagte er zu Bruder Haven: Er solte Bruder Stephen Jensen bitten, ihm ein neues Hölzernes Boot zu bauen, welches er ihm mit Wallfischbeinen bezahlen wolte. Bruder Haven versprach es zu thun wie wol er die Schwierigkeit davon wuste, D. 23tn früh bekamen wir etwas Waßer gekocht u. konten Coffee trincken, welches uns nach der kalten Nacht wieder ein wenig aufleben machte. Dann fiengen wir an den Schnee u. Eis an einer Stelle vom Wallfisch abzuhacken u. hatten 4 Stunden zu thun, ehe wir an den Fisch kamen. Als wir darauf hörten, daß die Eskimos ihren halb verhungerten Familien [83] an ihren Wohnplazen Speck bringen wolten, so entschloßen wir uns mit dem Schlitten zurückzugehen. Wir hatten nur noch für 2 Tage Lebens Mittel u. brauchten zur Rückreise wenigstens 3 Tage. Wenn daher der Verlangte Proviand nicht käme, würden wir in traurige Umstände versezt worden seyn. Außer dem hieng die Insel wo wir waren, mit dem vesten Land nur durch eine Brücke von Eis zusammen, welche eine halbe Viertelstunde breit war, u. die der Wind leicht hätte abreißen können. Dieses alles wozu noch Bruder Havens Unpäßlichkeit kam, u. daß Bruder Turner die Handgelenke erfroren hatte bewog uns auf die Rückreise zu dencken. Wir giengen um 4 Uhr Nachmittag vom Wallfisch weg u. kamen gegen 8 Uhr in dem Hause des Manuminas an. Es that ihnen allen leyd daß wir sie verließen u. sie sagten: Eure Gegenwart ist angenehm. D. 24tn nachdem ihnen Bruder Haven die Barmherzigkeit des Heilandes angepriesen hatte, reisten wir weiter, hatten, da uns der Wind entgegen kam, viel von der Kälte zu leiden u. langten Nachmittag gegen 4 Uhr in Milliks Hause an, wo man uns [84] herzlich empfieng. Wir bekamen ein wenig Eßen gekocht, welches in den 3 lezten Tagen das einige war. Bruder Haven verkündigte den Tod des Herrn. Er kam bey einer Frau zu sizen die für eine große Wahrsagerinn gehalten wird, die aber unsere gute Freundin ist. Da sagte er unter andern: Alle Menschen müßen sterben u. nach diesem eine Wohnung haben. Es sind nur zwo Wohnungen nach diesem Leben, eine zur Lincken u. eine zur Rechten, die zur Lincken ist nichts als Finsterniß u. da wohnen alle die bösen Geister, die euch hier betrügen u. die, wie ihr wißt, nur in der Finsterniß wollen gesprochen werden. Zur Rechten aber wohnt der Schöpfer aller Dinge, den wir auch das ewige Licht nennen u. da ist Licht u. Freude ohne Ende. Wenn ihr aber den Geistern der Finsterniß folgt, so müßt ihr auch nach diesem Leben zu ihnen gehen. Sie riefen alle, wir wollen nicht zu den bösen Geistern, sondern zum Heiland laß uns von Ihm hören, da erzehlte ihnen Bruder Haven was der Heiland für sie gethan u. wie lieb Er sie habe. D. 25tn früh um 4 Uhr reisten wir von da ab, u. kamen Nachmittag um 2 Uhr [85] müde, hungrig u. kalt nach Hause. Unser leztes Brodt aßen wir zum Frühstück auf. Unsere Absicht Speck u. Wallfischbeine zu bekommen haben wir nicht erreicht aber wir haben bey dem schlechten Wetter die Eskimos hübsch beysammen gehabt u. danckten dem Heiland, daß er sie aufmercksam machte u. der Geist der mit uns war dämpfte ihren böse Geister u. hielt sie in Unterthänigkeit. Der Weg den wir gereiset sind, ist von unserm Hause Süd bey Ost. Von uns bis zu den 2 ersten Häusern in Niutak sind 5½ Stunde, von da bis Manuminaks Hause, welches nach derselben Gegend zu liegt, sind 6 u. eine halbe Stunde, daßelbe Land heißt Tunungersorsoak. Der Confort Haven ist nur eine halbe Stunde davon, von da geht es Süd Ost nach der Wallfisch Insel welches 3 starcke Stunden weit ist, u. von dieser, bis zu der Klippe wo wir auf unserer recognoscirungs Reise einliefen, die Südwestlich davor liegt, ist eine Stunde. Der Wallfisch hat etwa 7 gute deutsche Meilen von unserm Lande gelegen.

So weit Bruder Jens Haven: D. 27tn heißt es im Diario von Nain weiter, [86] hatten wir den seligsten Genuß des Heiligen Abendmahls welches wir 8 Tage zuvor wegen unserer Brüder Abwesenheit ausgesezt hatten. D. 28tn kamen 2 Eskimos mit ihren Weibern hieher u. brachten den Kasten mit Proviand den wir unsern Brüdern geschickt wieder zurück, weil sie die Brüder nicht mehr angetroffen. Der eine von den Eskimos war derselbe, der bey der Brüder Besuch gezaubert hatte. Weil er eine besondere Liebe u. Neigung zu uns bezeigte, so redete Bruder Haven mit ihm u. fragte ihn, ob er auch ein Angekok wäre? Antwort: Nein; du hast ja wollen hexen, da ich wolte wißen, ob das Eis u. der Wallfisch noch da wäre? Aber wo war dein Torngak? Sahest u. hörtest du ihn nicht? Ich sahe u. hörte ja nichts als deinen eigenen Geist u. du kanst glauben, der betrügt dich; darum rathe ich dir, laß den fahren u. lerne an Jesum Christum glauben der betrügt dich nicht, sondern hat dich u. alle Menschen sehr lieb, das kanst du daraus abnehmen, weil Er Sein Blut für dich vergoßen hat, womit Er dich von allem bösen reinigen will u. s. w. Der Eskimos sperrte sich anfänglich gar sehr, zulezt aber [87] wurde er still u. sagte: ich will den Torngak fahren laßen u. an den Heiland glauben u. so sagen sie oft, wenn sie nicht mehr hören wollen. Sie giengen darauf nach Hause. In den zween ersten Monaten dieses Jahrs, war die Kälte stärcker u. anhaltender als im vorigen Jahre. Bey der großen Kälte gefrieret des Nachts alles in den Stuben, auch zerspringen viele Fenster-Scheiben. Wenn sich die Kälte dann so mäßiget, daß das Quecksilber auf unter 0 oder 32 Grad unter dem Eispunct stehet, so ist uns, als ob ein Sommerlüftgen käme. D. 4tn Merz kam ein Schlitten mit einigen Eskimos worunter Attuguna des Manumina Schwester aus Mißverstand hergekommen war, weil wir sie hätten rufen laßen, wir hatten aber ihren Bruder Manumina gemeynt, mit dem wir wegen des Bootes, das er sich wolte bauen laßen, Abrede nehmen wolten. Wir bedeuteten sie, behielten sie aber wegen des schlechten Wetters einige Tage hier. Wir hätten sie weil sie eine Liebe zum Heiland u. zu uns bezeugt, gerne hier behalten, wenn es uns nicht an Eskimoischen Lebens Mitteln für sie fehlte. Ihre Gesellschaft fuhr d. 5tn nach Hause. D. 9tn kam Millik u. [88] nachher Manumina mit seinem Sohne Sarok u. brachten Wallbarten u. Speck zum Verkauf. Wir haben mit ihnen u. mit der Attuguna von ihrer Seelen Heil geredet. Leztere hört alle mal gern u. stille zu. Da wir aber näher untersuchten, ob sie nicht einige Verlegenheit über sich selbst hätte, fanden wir nichts dergleichen. Auf die Frage: ob sie nicht den Torngak fahren laßen u. den Heiland lieb haben wolte, sagte sie: den Torngak habe sie lieb u. den Heiland wolle sie auch lieb haben. Es wurde ihr gesagt: Du kanst nicht beyde lieben u. beyden zugleich dienen, einen must du fahren laßen. Sie erwiederte: das verstünde sie nicht. Man hatte mehr von ihr erwartet u. man sieht wie schwer es ihnen wird ihre alten eingewurzelten Gewohnheiten fahren zu laßen. Der Heiland schencke uns täglich Geduld, ihre Gnadenstunde abzuwarten. Mit Manumina redeten wir wegen des Bootes u. gaben ihm ein Stück Holz mit so viel Kerben, als er Wallbarten zur Bezahlung geben solte; Er nahm es mit, ohne sich darüber zu erklären u. fuhr d. 10tn mit den übrigen nach Hause. D. 12tn kamen wieder einige zum Besuch. [89] Vom 13tn bis 20tn wurde bey dem gelinden Wetter viel Bauholz auf dem Eise hergeschaft. D. 20tn kam ein Schlitten mit Eskimos bey uns an, die Tags darauf nach Hause fuhren. Bey der Verkündigung des Evangelii waren sie aufmercksam, auch Nerkingok der Mikak Vater der es sonst nie gewesen. Wir hörten daß er die Wittwe des Anauke, der vor seinem Verscheiden gesagt, er wolle zu Jesu gehen, zum Weibe u. ihre 2 Kinder in Versorgung genommen habe. Bruder Drachart fragte ihn darum u. er bejahete es. Darauf sagte Bruder Drachard: sie will aber gern vom Heiland hören, du must sie herbringen: Er sagte, ja, das will ich thun. D. 21tn kamen 2 Schlitten von Süden, Millik der darunter war, sagte nachdem er seinen Speck verkauft hatte: Nun habe ich so viel Handelswaaren, daß ich nach Norden fahren u. Wallbarten zur Bezahlung des neuen Bootes das mir Johannesersoack /:Stephen Jensen:/ gemacht hat kaufen kan, da aber meiner Frauen Bruder gestorben ist, so fürchte ich mich weil ihre Familie sehr weinen wird u. auf ein mal fingen sie auch an zu weinen. Bruder [90] Jens Haven sagte darauf: Für Anauke das ist der Verstorbene, ist mir nicht bange, weil er verlangt hat zu Jesu zu kommen. Darauf kehrte sich Milliks Frau zu Bruder Haven u. zu ihrem Mann u. sagte: Ahamerik /:Das ist wahr:/ Millik sagte denn sehr ernsthaft zu seiner Frau: Kennest du Jesum, er dachte vermuthlich weil sie ein Illiseetsok /:Wahrsagerin:/ wäre, die mit Geistern zu thun hat, sie hätte vielleicht Jesum auch kennen gelernt, sie meynte aber nur der Verstorbene habe so gesagt. Sie machte solche Bewegungen u. Falten mit den Augen u. der Nase gegen ihren Mann welche Nein bedeuten, sie kenne Jesum nicht. Darauf sagte er: Du must ihn kennen lernen. Sie wurde betrübt, da sie jezt erst hörte, daß ihr Mann nach Norden fahren will. D. 22tn kam noch ein Schlitten voll Eskimos. Einer brachte uns Worte von Manumina[WS 6], daß Bruder Stephen Jensen ihm einen Boot bauen solte, er habe Wallbarten genug es zu bezahlen. Sie hörten alle dem, was man ihnen vom Heiland sagte aufmercksam zu u. fuhren bald darauf nach Hause. Abends in der 11tn Stunde kam ein Mann mit einem Knaben aus der Fiorte zurück [91] wohin sie diesen Morgen gegangen waren u. brachten 15 kleine Seehunde mit die sie auf dem Eise bey dem offenen Wasser gef oder Sarchwak /:oder der Strom:/ genannt gefangen hatten. In der Nacht rißen sich des Mannes Hunde los u. frassen alle Stricke meist auf, so daß er den andern Morgen Europäische Stricke kaufen muste. Wir kauften einen ganzen Seehund zum eßen, um was frisches zu haben, da die Ripper um diese Zeit sehr selten sind. Einige Brüder giengen nach Holz zum Bau des Bootes, welches aber mühsam zu bekommen ist, weil sie zu den Krumhölzern des Bootes die Wurzeln aus dem gefrornen Grunde hacken müßen. D. 25tn danckten wir unserm lieben Herrn für Seine Menschwerdung. D. 26 u. 27tn besuchten uns wieder einige Eskimos. Es wurde mit ihnen vom Heiland geredet u. sie waren ziemlich aufmerksam. Da man einen fragte, wo er glaube, daß seine Seele nach dem Tode hinkäme? sagte er: sie solte auf die Renthierjagd gehen, u. so sagen sie bald den bald jenen Ort wo ihre Seele hinkommen soll, wie es ihnen gerade am gemüthlichsten [92] ist. Bruder Schneider redete mit ihnen vom Blute Jesu, womit alle Menschen erkauft sind. Millik ein ernsthafter u. bey den Eskimos angesehener Mann, fieng darauf an mit den andern zu reden u. sagte: Das ist es, was wir schon oft gehört haben, daß Jesus alle Menschen mit Seinem Blut erkauft habe. Sie redten eine Weile untereinander darüber, u. dann fragte Millik, ob die Adlaet /:so nennen sie die Land Indianer:/ auch mit Jesu Blut bezahlt wären? Antwort: Ja gewiß sind sie auch damit bezahlt u. wir haben sehr viele, die auch unsere Brüder u. Schwestern sind. Auch haben wir unzehliche von den Schwarzen Menschen, die ihre Herzen mit dem Blute Jesu von ihren Sünden haben reinigen laßen. Man fragte ihn ob er einen Schwarzen gesehen habe? Er antwortete: Ja, ich habe einen in Süden auf einem Schiffe gesehen. Darauf hub er 3 Finger auf u. sagte: So viele Nationen sind mit dem Blute bezahlt 1.) Adlaet, /:Land Indianer:/ 2.) Schwarze, 3.) Karalit, Grönländer. Es war dem Bruder Schneider besonders wohl bey dieser [93] Unterredung. Der HErr sey gelobet dafür daß die Brüder mit den Eskimos reden können, zuweilen ein gutes Gefühl dabey haben, so daß uns übrige die Erzählung davon aufmuntert u. zum gläubigen Ausharren stärckt. Nachmittag fuhren beyde Schlitten weg. D. 4tn Aprill erinerten wir uns besonders der vorjährigen Loosung dieses Tages: Sie werden kommen von ferne, die am Tempel des Herrn bauen werden u. Geist u. Seel u. Glieder williglich herleyhn Jesum zu erfreuen, welche im Jahr 1772 von der Unitäts-Aeltesten-Conferenz für uns aufgeschlagen worden. Wir ermunterten uns dabey, weder des Leibes noch der Seelen Kräfte in dem Dienst unsers HErrn zu schonen. Die Tage der Marter Woche waren uns gesegnete Fest Tage der Marter Gottes. D. 9tn abends kamen 2 Eskimos von Parnertok Insel, deren einer der Sohn ist, des im vorigen Diario mehr mal erwehnten Capitain Kettornek welcher diesen Winter gestorben ist. Er sagte oft: ich bin sehr betrübt. Man prieß ihnen den Heiland an, wenn sie den kenten würden sie sich nicht mehr vor dem Tode fürchten. Sie waren aufmercksam u. da [94] sie uns den ganzen Winter nicht gesehen haben, war es ihnen, wie sie sagten, sehr angenehm uns wieder ein mal zu sehen, um etwas Gutes zu hören. D. 11tn am Ostertag morgens beteten wir die Osterlitaney auf dem Säälgen, weil es draußen kalt war u. schneyete. Da wir hernach einige Schlitten auf dem Eise sahen giengen wir ihnen entgegen. Als sie uns erblickten, kam Tugluina auf uns zugelaufen u. bezeigte nebst der Mikak große Freude daß wir noch am Leben wären. Sie sagten, gestern Abend sind wir auf der nächsten Insel angekommen u. da wir euer Haus sahen, wurden wir sehr froh, aber noch weit mehr da wir heute den Rauch aus dem Schorstein aufsteigen sahen, woraus wir schlossen, daß ihr nicht Hungers gestorben wäret, denn da wir in Norden im Eis ein gescheitertes Schiff gesehen haben, so dachten wir, es wäre eures u. ihr hättet keinen Proviant bekommen. Da sie nun von allem das Gegentheil vernomen, wurden sie sehr erfreut. Wir vermutheten daß das gescheiterte Schiff ein Americanischer Wallfischfänger gewesen sey. [95] Mit Tugluina war auch seines Bruders Seguliaks Sohn u. seine Frau, mit noch 5 Männern 4 Weibern u. 3 Kindern von Kangerdlorsoak gekommen, welches 5 Tagereisen von hier ist, wo sie diesen Winter gewohnt haben. Sie hatten 4 Schlitten, zween jeder mit 28, einer mit 25, u. einer mit 14 Hunden bespannt. Wir liehen ihnen unser Zelt, darinn die eine Hälfte wohnte, die andere machte sich ein Schneehaus, dergleichen sie sich auf der Reise hieher alle Abend gemacht hatten u. womit sie in ein paar Stunden fertig sind. Die Nordländer sind recht hübsche Leute, u. scheinen überhaupt einfältiger u. nicht so verdorben zu seyn, als die hiesigen u. die Arbartoker, sie ließen sich bald bedeuten da wir ihnen sagten, daß wir uns heute nicht gern mit dem Handel einließen, weil wir uns an diesem Tage besonders der Auferstehung unsers u. ihres Schöpfers u. Heilandes erinnerten. Bey der Verkündigung von seinem verdienstlichen Leiden u. Sterben, waren sie aufmercksam. Ein alter Mann konte es gar nicht faßen, wie es doch zugienge, daß sie den Mann nicht kenten, da [96] Er doch Sein Blut für Ihn u. alle Menschen vergoßen habe u. für sie gestorben sey. Davon sagte er haben wir noch nie gehört. Auch wie sehnlich wünscht man ihnen ein Gefühl u. Verstand am Evangelio! D. 12tn wurde mit ihnen gehandelt u. der Kaufman bekam eine gute Anzahl Maasbarten, wofür wir recht danckbar waren. Sie sagten es würden noch mehrere mit Wallbarten von Norden kommen, wo sie diesen Winter an verschiedenen Orten 5 bartige Wallfische theils gefangen theils todt gefunden hatten. Nach ihrer Erzählung sind 6 bis 7 Wohnpläze, jeder von 2, 3 auch 5 bis 6 Wohnhäusern in Norden auf dieser Seite des Eingangs in die Hudsons Streight. Sie nennen dieselben wie folget 1.) Nunasorname eine Tagreise von hier, 2.) Kivertlok, zwo Tagreisen weit, 3.) Napertome 3 Tagreisen von hier, da soll das Holz wachsen aufhören 4.) Kangerdlorsoak 5 Tagreisen weit, wo sie 2 Wallfische gefangen haben 5.) Seglak 6 Tagreisen weit, wo sie einen Wallfisch gefangen haben so wie auch 6.) in Nachrak 9 bis 10 Tagreisen von hier. Eine Tagreise ist so viel man weiß [97] aus ihrer Erzehlung, etwa ein halber Grad oder 7 bis 8 deutsche Meilen. Sie sagten auf unser Befragen, daß sie nie Schiffe gesehen, auch nicht gehört hätten, daß ihre Landsleute in Norden je mit Europäern gehandelt hätten. Sie erzählten, daß viele von den noch nordlichern Eskimos Hungers gestorben seyn solten. Es wurde noch vieles von ihrem Erlöser mit ihnen gesprochen. Man kan diese Norderländer ansehen wie die Süderländer in Grönland u. wer weiß ob nicht die ersten gnadenhungrigen Seelen von daher kommen werden. Zulezt sagte der Aelteste von den Männern, der immer das Wort führt, zu Bruder Jens Haven: Jezt kennen wir euch u. eure Worte, daß ihr uns lieb habt, darum werden wir euch künftig mehr besuchen kommen. D. 13tn früh wurden sie noch gebeten unsere Freunde zu bleiben u. ihren Landsleuten in Norden zu sagen, daß wir ihre Freunde sind u. sie lieb hätten u. dann fuhren sie weg. Als man der Mikak erzehlte, daß die alte verwittwete Princeßin u. andere von der Königlichen Familie gestorben sind, sagte sie: Nun [98] [WS 7] verlange ich nicht mehr nach Europa oder nach Chateaubay zu kommen, welches uns sehr lieb zu vernehmen war. D. 16tn u. 17tn waren verschiedene Eskimos von Süden hier. Bruder Schneider redete mit ihnen über die Worte: Warlich, warlich ich sage euch: Wer mein Wort höret u. glaubet dem, der mich gesand hat, der hat das ewige Leben u. komt nicht in das Gericht. Joh. 24;25 Sie sagten darauf, wir wollen nicht an den bösen Ort wir wollen glauben u. an den guten Ort kommen. Es war mit ihnen ein junger Mensch von Arbartock hier, u. da Bruder Haven verschiedene Arbartocker persönlich u. namentlich kennet, so sagte er diesem, er solte den Arbartockern sagen, sie möchten uns im Sommer besuchen. D. 19tn Abends kamen 3 Schlitten von Kivertluck. Der Kaufman erhandelte d. 20tn ihre Maasbarten von ihnen. Zur Verkündigung des Evangelii hatten sie kein Gehör. 2 von den Männern die noch nicht hier gewesen, waren sehr rauh u. ungezogen. Es ist ein mercklicher Unterschied zwischen denen, die uns noch nicht kennen gelernnt u. andere Europaer [99] gesehen haben, bey welchen man sich viele Geduld vom Heiland ausbitten muß. Sie baten uns sehr zu ihnen zu ziehen, wo es viele Wallfische, Seehunde, Dorsche, Renthiere u. Ripper gäbe, wir sagten, wir wüßten es noch nicht. D. 21tn früh bey Tages Anbruch, fuhren 2 von den Schlitten wieder weg, der Dritte blieb noch einige Stunden hier u. der Mann kam nachher zu uns u. sagte: Er habe Worte an uns u. das war: daß 2en von denen, die mit ihm hier gewesen u. noch einige mit ihm u. andern seiner Landsleute u. auch mit uns nicht in Gemeinschaft leben wolten u. daß sie trachteten ihn zu tödten. Wir riethen ihnen zur Einigkeit u. sagten ihm, daß wir uns vor ihnen nicht fürchteten. Wir wißen nichts dabey zu thun, als unsern lieben Herrn an zu sehen, der zu unserer Zeit schon so viele Gegenden, wo zuvor die Macht der Finsterniß herrschte, mit dem Licht seines Evangelii erleuchtet hat; darum hoffen wir, daß Er es auch hier thun u. wir uns dereinst mit den Engeln im Himmel über Seinen aus dieser Nation gesamleten [100] Schmerzens Lohn werden freuen können. D. 22tn kam der Nerkingak, der Mikak Vater, nebst Frau u. Kindern mit ihrem Zelt als die erste Familie, die dieses Frühjahr eine Weile auf unserm Lande stehen wird, hieher, bey den Gesprächen vom Heiland, hörte des Anauke gewesene Wittwe Nerkingoaks Frau aufmercksam zu. Er hingegen hat keine Neigung das Gute zu hören. Wir hörten von diesen Leuten eine sonderbare Begebenheit, dergleichen unter ihnen nicht so gar selten vorzukommen scheint, daß nemlich Tugluina der Mikak Mann seines Schwagers Pualo Frau, eine leibliche Schwester der Mikak genommen habe u. mit ihr nach Norden gefahren sey; die Mikak aber habe er bey Pualo u. ihren Verwandten gelaßen. D. 24tn kamen noch ein paar Familien hier an, worunter der Pualo nebst der Mikak war. Beyde waren mit Tugluinas Verfahren nicht zufrieden. Es ist aber eine sonderbare Gewohnheit unter dieser Nation, daß wenn einer etwas von dem andern verlangt, dieser jenem nicht widerspricht wenn [101] er es auch ungern geschehen läßt, wir haben davon ein ähnliches Beyspiel von Pattiguk u. von dem Verstorbenen Kettornek gehört. Dieser sagte zu jenem, ich brauche Deinen Boot u. will dir 3 Hunde u. etwa noch was weniges dafür geben u. Pattiguk ließ es ihm ohne etwas dagegen zu sagen. Als wir ihn hernach fragten, warum er es gethan habe? sagte er: Weil er es von mir verlangt hat. Jezt haben wir 3 Zelte auf unserm Lande stehen u. da wird ihnen täglich das Wunder aller Wunder, daß Gott Mensch geworden u. um unserer Sünde willen gestorben ist, verkündiget.

D. 26ten kam Millik u. Niakok aus Norden, von wo sie viele Wallbarten mit brachten. Unterwegs auf dem Eise trafen sie ein von Wölfen getödtetes Renthier an u. 2 Wölfe waren dabey, die aber, als sie nahe kamen, davon liefen. Diese beyden Eskimos fuhren d. 27ten zu ihren Familien. D. 29ten kam noch eine Familie von Auckpallartock hier an, so daß jezt 4 Zelte auf unserm Lande stehen. D. 23tn fingen wir an rechtes Thauwetter zu bekommen.

D. 2ten May kam ein Eskimo nebst einem [102] Knaben mit einem großen Schlitten voll Speck von Parnertok hier an. Da er den Speck verkauft hatte, sagte er: Es ist doch sehr gut, daß Europäer hier sind, daß wir bekommen können was wir brauchen u. er danckte dafür. Es wurde ihm geantwortet: Wenn du u. deine Landsleute euren Schöpfer u. Erlöser, der uns zu euch gesandt hat, werdet kennen lernen, dann werdet ihr erst recht danckbar werden, daß Er die Menschen so lieb hat, daß Er für euch gestorben ist u. Sein Blut für euch vergoßen hat, um euch von der Sünde zu reinigen u. ewig selig zu machen. Sie gingen d. 3ten Nachmittag zu Hause. D. 4ten waren 3 Männer zum Besuch, denen auch das Wort der Versöhnung verkündiget wurde u. sie waren aufmercksam. D. 5ten fuhren die 3 Männer die auf unserm Lande stehen zum Strom hinein um Seehunde zu fangen, kamen aber ohne welche bekommen zu haben d. 7ten zurück. Das Wasser vom geschmolzenen Schnee auf dem Eis wo es noch keine Rizen hat, wo daßelbe hinein laufen kan, ging ihnen bis an die Knie. [103] D. 8ten erinnerte sich unser kleines Ehe-Chor des Lehrtages den die Ehechöre an diesem Tage im vorigen Jahr gehabt. Eine Familie fuhr mit ihrem Zelt u. alle dem Ihrigen von uns, um eine Zeitlang bey dem Strom zu stehen u. Seehunde zu fangen. Bey dem hellen Wetter u. Sonnenschein in diesen Tagen, fing das Waßer in unserm kleinen Flüßgen an wieder zu laufen u. wir haben den Schnee u. das Eis aus dem Mühlgraben weggeschaft, so daß die Sägemühle wieder in Gang kam. D. 10tn kamen 2 Schlitten bey uns an. D. 11ten kam Tugluina mit der Frau des Pualo von Norden wieder bey uns an. Die Brüder Haven u. Brasen gingen hernach zu ihm in das Zelt u. fanden ihn auf der Pritsche bey der Mikak sizend. Bruder Jens Haven sagte zu ihm: sieht man dich wieder einmal? Wir sind sehr über dich betrübt, daß du einem andern Manne seine Frau nimmst u. mit ihr nach Norden gehest u. hier die Mikak alleine sizen u. sich über dich betrüben läßest. Er lächelte u. sagte: ich will es nicht mehr thun. Dann wurden sie ermahnt u. gebeten, einander hübsch lieb zu haben u. bey einander zu [104] bleiben. Die Mikak, die zwar sehr wehmüthig aussahe, wurde ein wenig aufgemuntert u. sagte: Das ist wahr! Bruder Jens Haven nahm sie hernach nochmals beyde auf seine Stube, redete mit ihm über seine Ausführung u. bat ihn sich zu besinnen u. an den Heiland gläubig zu werden. Gegen Abend kam Nerkingoak vom Seehundfang nach Hause, er hatte 2 große Seehunde gefangen, die er wie die Grönländer Kassigiarsoit, u. weil jedes ein Junges im Leibe hatte, Iblaulik nannte. Auch kam ein Schlitten von Süden. Allen hier befindlichen Eskimos wurde wie gewöhnlich das Evangelium verkündiget.

D. 13ten früh fuhr Tugluina mit der Mikak nach Kangerdlorsoak u. der andere Schlitten nach Süden zurück. Wir erfuhren diesen morgen eine besondere Bewahrung unsers lieben HErrn durch Seinen Engel. Bruder Stephan Jensen war mit seinem lincken Arm, von dem Holzwerck welches die Säge in der Mühle auf u. nieder bewegt so eingequetscht worden, daß er ihn nicht wieder heraus bringen konte, u. da es ihn nun heftig zu schmerzen [105] anfieng, so schrie er um Hülfe. Bruder Jens Haven der eben hinaus gegangen war, sprang gleich hinzu u. hob das Sägewerck mit der Schulter in die Höhe, welches zum Wunder war, aber der HErr schenckte ihm den Augenblick die nöthige Kräfte um dem Bruder zu helfen deßen Arm sonst ganz zerquetscht u. auf Zeit Lebens schadhaft geworden wäre, so aber noch wieder zu heilen war. D. 17tn wurde ein Plaz mit Pallisaten eingezäumt, wo wir die Hunde am Tage einsperren können, damit unsere Schaafe sicher ihre Nahrung suchen können. D. 20tn wurde den bey uns stehenden Eskimos gesagt, daß wir uns an diesem Tage der Himmelfahrt Christi unsers lieben HErrn, der zuvor für alle Menschen am Creuz gestorben wäre u. Sein Blut vergoßen hätte, erinnerten. Wir haben diese Woche den Anfang gemacht den hier stehenden Eskimos täglich 2mal eine Versamlung zu halten, auf unserm Säälgen, wozu allemal vorher mit der Glocke geläutet wird u. sie finden sich ordentlich dazu ein. D. 22tn fuhren Nerkingoak u. Pualo mit ihren Familien von hier nach Parnertok so daß [106] jezt nur 2 Familien bey uns stehen. Gegen Abend kam Millik u. brachte dem Bruder Stephan Jensen Wallbarten zur Bezahlung seines Bootes. Jezt fieng der Schnee auf Nainsberg an zu schmelzen, u. es kam mehr Waßer in den Graben, den wir im vorigen Jahre machten als wir brauchen. Wir wachten einige Nächte bey der Mühle u. so ist nun unser meistes Holz zu Brettern geschnitten. Die Eskimos bezeugen jedes mal wenn sie Flinten bey uns sehen, große Begierde dergleichen zur Renthier Jagd zu bekommen, Millik äußerte dieses mal sehr nachdrücklich daß er eine haben müße, der Capitain in Cape Charles habe viele Flinten, davon er den Eskimos gebe u. verkauffe, wenn wir ihm nicht eine verkauffen wolten, so würde er sich dorthin wenden. Man antwortete ihm: wir haben nicht mehr Flinten als wir brauchen, daß der Capitain in Süden den Innuit Flinten gibt, dazu können wir nichts sagen, weil er nicht von unsern Leuten ist, u. was er hat, das ist sein, er kan damit machen was er will. D. 29tn zogen die lezten Eskimos [107] mit ihren Zelten von hier weg. Heute u. gestern wurden unsere Garten besäet. D. 30tn als am Pfingsttage empfahlen wir uns aufs neue der treuen Leitung des Heiligen Geistes, u. baten ihn auch, seine Gnaden-Arbeit an den Herzen der hiesigen armen Heiden immer kräftig fortzusezen. Abends kam Pattiguk Milliks Bruder nebst noch 2 Eskimos mit Speck bey uns an. Sie hatten unterwegs einen Seehund auf dem Eise gefangen, von deßen Fleisch sie uns die Hälfte verkauften. D. 31tn hatten wir Gemeintag. Dieser Monat ist wie das ganze Frühjahr viel kälter als im vorigen Jahre gewesen, das Eis liegt noch unbewegt u. das Thermometer war alle Morgen noch einige Grade unter dem Eispunckt. D. 1tn Jun. fuhr Pattiguk mit seinem Gefährten wieder von uns, u. nahm seines Bruders Milliks neues Weiberboot auf dem Schlitten mit. Einige Brüder schoßen heute eine Renthier-Kuh nebst dem Kalbe, wofür wir dem Himlischen Vater recht danckbar waren. Es wurde fleissig an dem neuen Boote gearbeitet, [108] welches sehr mühsam u. verdrüßlich ist weil die meisten Bretter von dem hiesigen ästigen Holze, wenn man sie kämmen will, zerbrechen. D. 10tn Abends um 11 Uhr kamen 3 Eskimos auf Schlitten mit Wallbarten hier an. Da das Wasser im steigen war u. das Eis am Strande schon wegschmilzt, hatten sie viele Mühe ans Land zu kommen. Wir hatten uns dieses Jahr keinen Besuch mehr über das Eis vermuthet. Sie sagten uns aber: daß in Norden noch harter Winter sey u. dort viel mehr Schnee u. Eis läge als hier. D. 11tn früh um 4 Uhr wurde die Schwester Brasin mit einem Töchterlein glücklich entbunden, welches Abends, weil eben zu unserer Freude Eskimos hier waren, in ihrer Sprache von Bruder Drachard mit Namen Agnes Theresia getauft wurde. D. 12tn früh fuhren obgedachte 3 Eskimos wieder von uns ab. Unser Gebet u. Wunsch war, daß der Heilige Geist ihnen selbst die Worte, die ihnen auch dieses mal von der Absicht der Taufe gesagt worden sind, ans Herz bringen möge. Abends in der 11tn Stunde war auf etliche Minuten [109] ein starcker Hagel u. dann fiel ein solcher Schnee, daß er über Fuß tief lag. D. 14tn giengen die Brüder Schneider, Rhodes u. Lister einige deutsche Meilen weit ins Land hinein u. blieben die Nacht unter freyem Himmel, um sich noch weiter nach Renthieren um zu sehen, fanden aber keine u. brachten nur 2 Ripper u. eine Ente nach Hause. D. 18tn brach das Eis größtentheils ohne Geräusch los, so daß wir d. 20tn nichts mehr davon sahen. D. 21tn kam das erste Boot nebst einigen Kajaken bey uns an. D. 22tn früh wurde mit den Eskimos vom Heiland geredet; sie hatten aber wenig Aufmercksamkeit, weil sie bey gutem Winde forteilten, um in der Norder Fiorte auf die Renthierjagd zu gehen. Die 4 Brüder Schneider, Rhodes, Lister u. Morhard, giengen zu gleichem Zweck dahin ab, u. sie kamen d. 2tn Jul. Gott sey Lob u. Danck! glücklich u. wohlbehalten zurück. Wir danckten unserm lieben Herrn, der ihre Mühe gesegnet u. ihnen 2 Renthiere u. einen schwarzen Bären geschenckt hatte. Weil die Attuguna mit war, so sangen die Brüder Morgens u. Abends grönländische Verse. Die Eskimos die zugleich mit den Brüdern in die Fiorte fuhren, hielten [110] sich die ersten Tage bey ihnen auf. Da sie nun Anfangs nichts bekamen, u. die Brüder ein Renthier geschoßen hatten, so verlangten sie nach ihrer Landes-Gewohnheit daß die Brüder ihnen davon zu eßen geben solten. Bruder Schneider bedeutete sie u. sagte: Wir wißen u. verstehen sehr wohl, daß dieses unter den Innuit Brauch ist, aber unter den Kablunät ist es anders, wer sich mühet u. etwas erwirbt, dem gehört es u. er kan damit machen was er will. So halten wir es auch hier zu Lande. Wenn ihr Fleisch übrig habt, daß ihrs nicht verzehren könt u. ihr wollt es uns verkauffen, so wolln wir euch dafür bezahlen, darum müßt ihr thun wie wir, u. rechten Fleiß anwenden um etwas zu erwerben. Sie liessen sich bedeuten. Da sie aber nichts zu eßen hatten u. Hunger zu leiden anfingen, so gaben ihnen die Brüder einen Schincken, wofür sie sehr danckbar waren, Noch denselben Abend fieng ein Mann einen Seehund u. Tags darauf jagten sie 3 Renthiere ins Waßer u. erlegten sie glücklich so daß sie hernach genug zu eßen hatten. Die Attuguna erzehlte den [111] Brüdern, daß die Eskimo glaubten, es wohne hier im Lande drinnen beständig eine alte Frau, die über die Landthiere u. besonders über die Renthiere regiere u. sie alle mal heraus schicke, wenn die Eskimo deren benöthigt sind. Wenn sie daher keine Thiere sähen, so rufen sie der alten Frau zu Käit, käit d. i. Komm her, komm! Wir sind hungrig. Bey dieser alten Frau sollen viele Seelen der Verstorbenen seyn u. mit ihr auf die Jagd gehen. Sie nennen sie Sapergucksoack u. ihren Mann Torngarsock, der auf dem Waßer wohnt u. alle Waßerthiere beherrsche. Der gebe den Innuit Wallfische, Seehunde u. dergleichen. Wenn sie nun Hungers Noth u. Mangel an Seehunden leiden, so rufen sie ebenfalls mit gewaltigem Lerm zum Torngarsock um Seehunde. Der Attuguna wars bey der Erzehlung selbst lächerlich u. sie schien es nicht glauben zu können. Darauf wurde ihr die Geschichte von der verdienstlichen Menschwerdung u. Tod des Heilands verkündigt. Das Land haben die Brüder eben so gefunden, wie es bey Nain ist. An verschiedenen Stellen war das Holz fast ganz umgefallen u. was noch stand [112] war weiß u. ausgestorben, wie es auch hier an manchen Orten ist. Die Ursach ist wol, weil unter der etwa einen Fuß tiefen Torferde, ganz sandigter Bodem ist, so daß die Bäume, wenn ihre Wurzeln so tief kommen, nicht weiter wachsen können. Drinnen im Lande haben sie auch große Bezircke angetroffen, wo das Holz weggebrannt ist, vermuthlich mit Fleiß von den Eskimos, damit sie die Renthiere beßer sehen können. D. 3tn kamen auch die Eskimos wieder hier an, die mit den Brüdern zugleich in die Fiorte gefahren waren. An demselben Tage kam das erste Europäische Boot mit Eskimos von dem ersten nordlichen Platz Nunasornome eine Tag-Reise von hier an. Sie brachten ziemlich viele Wallbarten mit. Ein Mann unter ihnen hatte eine kleine Anzahl Wallbarten, wofür er ein neues Boot von uns haben wolte. Er wurde bedeutet, daß er ein Weiber Boot dafür bekommen könte, er wolte aber ein Europäisches haben. Man schlug ihm dann vor, die mitgebrachte Wallbarten hier zu laßen u. künftiges Jahr noch so viele dazu zubringen als zur Bezahlung eines Europäischen Bootes [113] erforderlich sind, welches mehr als ein Weiber-Boot kostete. Da er aber sahe daß er sich betrogen hatte, ward er ganz stille, stand auf u. gieng wie rasend in sein Zelt, kam wieder, gieng auf u. ab, stieß boshafte Worte aus, nahm Späne von der Erde auf, die er den Brüdern gab, antwortete auf keine Frage u. war so eine Zeitlang wie außer sich. Die dabey stehenden Eskimos lachten u. sagten: Er ist ohne Gedancken oder Er ist nicht recht bey Sinnen. Nachher wurde ihm nochmals vorgestellt, daß man ihm künftigs Jahr gerne ein Boot bauen würde, wenn er diese Wallbarten hier ließe u. künftig die ermangelnden brächte, das gefiel ihm aber nicht u. er verkaufte sie dann für andere Waaren an den Kaufman. D. 4tn früh wurde den Eskimos eine Versamlung gehalten wobey sie ziemlich aufmercksam zuhörten u. was sie nicht verstanden, sich nochmals widerholen ließen. Einige, wiewol wenige, machten unter der Versamlung eine Störung u. haben ihr Gespöte mit dem was man ihnen sagt. Aber Gott sey Danck, durch ernstliches Anreden muß der böse Geist weichen u. ein solcher armer Mensch wird geschlagen u. stille. [114] Die Eskimo mit dem Weiber Boot fuhren heute zu ihren Familien. Die von Norden verließen uns erst am 6.. D. 9tn fiengen wir an das Lachsnez auszusezen, in dem die Forellen anfangen zu kommen. Diesen Vormittag kam ein Mann im Kajak einer von den 3 Arbartokern die uns in dem ersten Herbst gleich nach Abgang des Schiffes besuchten. Damals standen sie von ferne u. riefen: Wir sind Freunde u. da sie näher kamen getrauten sie sich nicht gleich auszusteigen. Dieses mal aber kam er ganz unerschrocken, gerade auf unsern Strand, stieg gleich aus seinem Kajak, war freundlich u. gesprächig u. erzehlte, daß 2 Boote kommen würden die er unterwegs verlaßen habe u. daß er künftigen Winter mit seiner Familie in Kivertlock in Norden wohnen würde. D. 10tn kamen gedachte 2 Boote. In dem einen waren die vor einigen Tagen abgefahrnen Nordländer, in den andern aber die Arbartocker. D. 11tn früh hielt ihnen Bruder Drachard eine Versamlung u. einige Weibsleute erfreuten uns durch ihre Aufmercksamkeit u. Begierde das Wort vom Heiland zu verstehen. Gegen Abend kamen [115] 3 Europäische Boote ganz voll Menschen. Auf dem einen war Manuminas Frau auf dem andern waren Arbartocker. Nun liegen 6 Europäische Boote in unserm Haven u. 9 Zelte stehen auf unserm Lande. D. 12tn fuhren früh 3 Boote nach Norden, eines Nordländer, die andern Arbartocker. Die zurückgebliebenen hören täglich das Evangelium 2 mal. Sie bezeugen ziemliche Aufmercksamkeit u. Begierde das Wort vom Heiland zu hören u. sagen, so etwas haben wir nie gehört u. wenn sie etwas von dem gesagten faßen: so sehen sie einander zu weilen an u. wundern sich. D. 14tn wurde das neue Boot für Manumina so weit fertig, daß es vom Stapel genommen wurde. Es gefällt ihm recht wohl nur fehlen ihm noch eine Anzahl Wallbarten zur Bezahlung, die er schwer auf zu bringen haben wird. D. 16tn kamen 9 Boote voll Eskimos bey uns an, 2 von hiesigen Einwohnern u. 7 Arbartocker. Noch ein Boot Arbartocker kam d. 17tn früh wie auch Millik mit seiner Familie. Nachher wurde in 3 Abtheilungen besonders den Arbartockern von Bruder Drachard auf unserm Säälgen Versamlungen gehalten [116] u. ob sie gleich die schlechtesten unter dieser Nationen sind, so haben sie sich doch ganz ordentlich dabey aufgeführt. Die Erzehlung von unsers Schöpfers Menschwerdung, Leiden u. Tod für alle Menschen, erregte bey ihnen besondere Aufmercksamkeit, weil sie nie etwas davon gehört haben, als was ihnen die Brüder auf der recognoscirungs Reise sagen konten, welches sie wieder vergeßen hatten. Abends wurde unter freyem Himmel Versamlung gehalten, wobey gegen 200 Menschen waren. Sie verhielten sich sehr still u. ordentlich waren aufmercksam u. bejaheten alles. Die Hunde der Eskimos waren uns sehr beschwerlich. Des Tages waren uns unsere Schaafe nicht sicher vor ihnen, des Nachts rißen sie große Löcher in unsere ausgestelten Neze, ja sie kamen auch zu den Pallisaten hinein, wo unsere Hunde einen derselben todt bißen. Wir glaubten die Besizer würden darüber unwillig seyn, da wir es ihnen aber sagten, erwiederten sie, der Hund ist von selbst hinein gegangen u. bezeigten weiter keine Unzufriedenheit darüber. Gegen Abend kam Segulliak mit noch einem [117] Mann in einer großen Schaluppe mit 2 Segeln von Kangerdlorsoak u. nun liegen 15 Boote hier, welche bis auf 2, lauter Europäische sind u. es ist uns zum Wunder, wo sie so viele her bekommen. 36 Zelte stehen auf unserm Lande. D. 18tn fuhren 8 Boote voll Arbartocker als unsere Freunde von hier nach Norden, wo sie den nächsten Winter wohnen wollen. Wir bedeuteten die jenigen die mit dem Kaufman handeln wolten, daß er sich Sontags vor Sonnen Untergang damit nicht abgeben könne. Bruder Drachard hielt die Frühversamlung u. die Abends Versamlung hielten die Brüder Haven u. Schneider wechselsweise mit den noch hier stehenden Eskimos, deren Anzahl über 100 ist u. die sich dabey still u. ordentlich verhalten. Zu der Früh Versamlung am 19tn fanden sich nur wenige ein. Wenn sie einige mal gehört haben: so dencken sie, sie verstehen u. wißen alles. D. 20tn kamen 2 Boote, die in den nächst vorhergehenden Tagen von uns gefahren, mit einigen Familien hier an. Auch kam Tugluina mit der Mikak von Norden. Da unser Packhaus fertig gezimmert ist [118] daß man es nun aufsezen kan, so wurde heute angefangen, gleich außen vor den Pallisaten auf dem Plaz wo es stehen soll, zu graben, denn es soll auf einer Seite über 3 Ellen tief in die Erde kommen um den Speck vor der hiesigen außerordentlichen trockenen Luft zu verwahren. Tugluina der mit den Arbartockern auf seiner Herreise gesprochen, erzehlt, daß es ihnen bey uns wohlgefallen u. sie gesagt hätten: sie würden uns künftig mehr besuchen kommen. Heute fuhren die lezten Arbartocker bis auf ein Boot von hier ab. Bruder Drachard besuchte Vormittag in allen Zelten deren nur noch 14 sind u. legte ein Zeugniß vom Heiland ab. D. 21 wurde die Versamlung der Eskimos früh, weil es starck regnete auf unserm Säälgen, Abends aber unter freyem Himmel gehalten. Unser Säälgen kan sie nicht alle faßen, daher wir auf einen größern Versamlungs Saal dencken müßen. Einige Eskimo die Abends aus den Inseln nach Hause kamen, erzehlten daß sie Kanonen Schüße gehört hätten. D. 24tn wurde mit der Mikak die seit dem Frühjahr die Waßersucht hat [119] u. mit der Kranckheit aus Norden gekommen ist u. mit ihrem Mann von den Brüdern Drachart, Jens Haven u. Brasen geredet. Es wurde ihnen gesagt, daß Lezterer sie in die Cur nehmen wolle, wenn sie so lange mit ihrem Zelt auf unserm Lande bleiben u. sich in ihrer ganzen Lebensart nach seiner Vorschrift richten wollte, wozu sie mit Freuden ja sagten. Es wurde ihnen aber zugleich vorgestellt, daß eine solche Cur ihre Schwierigkeiten hätte u. daß sie wol gar sterben könnte, wofür man nicht gut wäre. Die Brüder Drachart u. Haven redten ihnen dabey zu Herzen u. baten sie daßelbe ihrem Schöpfer u. Erlöser hinzugeben u. an Ihn zu glauben.

D. 25ten früh schreibt Bruder Brasen: Da ich mir die Loosung des Tages vom vorigen Jahre ansah, war mir besonders wohl, ich konnte dem Heiland für den hiesigen Plan dancken u. Hallelujah singen. Einen neuen beschämenden u. uns zum kindlich gebeugten Danck reizenden Beweiß von der Güte u. Barmherzigkeit unsers lieben HErrn, erfuhren wir gleich nach dem Frühstück, da ein Eskimos kam, der uns erst die Nachricht, daß ein kleines Schiff in den Inseln läge, das zu uns wollte u. dann einen sehr angenehmen Brief von unserm lieben [120] Bruder Layriz brachte, darinn uns derselbe mit der Loosung, die unser lieber HErr auf das Jahr 1773 in der Unitäts Aeltesten Conferenz für Nain gegeben hat, grüßte. Häufige Thränen floßen vor Beschämung u. Freude, daß unser lieber HErr uns so augenscheinlich sehen ließ, wie Er in Gnaden an uns dencke u. wie uns die Diener Seiner Unität auf dem Herzen tragen, so daß sie uns auch einen aus ihrem Mittel, u. zwar unsern lieben alten 66 jährigen Bruder Layriz zu einer Visitation hergesandt. Nachdem das Schreiben den Geschwistern verlesen worden, schlug Bruder Brasen für das Gemeinlein in Nain folgende 2 Loosungen auf: Boas sprach: Der HErr mit euch! Sie antworteten: Der HErr segne dich! Er laße Seinen Frieden ruhn in Israelis Land, Er gebe Glück zu unserm Thun u. Heil zu allem Stand. Ich der HErr will einen Bund des Friedens[WS 8] mit ihnen machen u. alle böse Thiere aus dem Lande ausrotten, daß sie sicher wohnen sollen in der Wüsten u. in den Wäldern schlafen. Als Kindlein die auf Erden mit Fleiß bewahret werden.

Nun war ein jedes voll Verlangen unsern lieben Bruder Layriz zu grüßen u. zu küßen. 6 Brüder fuhren sogleich mit dem kleinen Boot entgegen u. bey der Süder-Hucke [121] erblickten wir die Sloop[WS 9], zu deren Bewillkommung bereits 18 Kajake voll Eskimos voraus gefahren waren. Wie wir näher kamen, sahen wir zu unserer großen Freude daß auch die Schwester Layrizin mit käme, welches unsere Schwestern auch gar sehr erfreuen wird. Bald darauf kamen wir auf das Schiff, da wir unsere lieben Geschwister mit tausend Freuden bewillkomten. Stille Danckthränen floßen auf beiden Seiten u. wir fühlten, was sich bey solchen Gelegenheiten beßer empfinden als nachher beschreiben läßt. Da nach einigen Stunden die Sloop in Unity Harbour vor Ancker kam, genoßen unsere übrige Geschwister in Nain daßelbe unbeschreibliche Vergnügen, unsere lieben Geschwister Layriz u. den in Grönland gebornen uns sehr willkommenen Bruder Joh. Ludwig Beck herzlich zu grüßen. Unsere Schwestern hatten kaum die 2 Stunden erwarten können vor Verlangen auch eine Schwester in ihrer Mitte zu sehen. Unsere heutige erste Loosung hieß, aus den Loosungen des Jahrs 1773: O Herr hilf, o Herr laß wohl gelingen, u. wir sagten von Herzen dazu: Sprich ja zu unsern Thaten, hilf selbst [122] das beste rathen, den Anfang Mittel u. Ende, Ach Herr zum besten wende. Bruder Layriz grüßte zuvörderst das ganze Haus Gemeinlein mit dem Friedens Kuß u. eröfnete dann seine Visitation mit Verlesen des Schreibens der Unitäts-Aeltesten-Conferenz an hiesige Geschwister. Abends hielt er die Liturgie: Tritt her o Gemein p. D. 26 war der Anfang der Conferenzen, worinnen zuerst J. Ludwig Beck zum Protocolisten der Aeltesten- u. Haus Conferenz ernannt wurde. Sodann wurde die Absicht bekant gemacht, welche unsere lieben Brüder in Europa mit der Sloop gehabt, auf welcher unsere lieben Geschwister von S. Johns gekommen sind, nemlich eine recognoscirungs Reise nach Norden mit derselben zuthun u. mit dortigen Einwohnern bekantschaft zu machen. Die 2 Brüder Jens Haven u. James Rhode, wurden ernant diese Reise zuthun u. sie nahmen es willig an. Auch fand man für gut 2 Eskimos in ihren Kajacken mit zu nehmen, welche als Wegweiser Dienen u. zugleich bey ihrer Nation, das beste Zeugniß von unserer Freundschaft gegen sie ablegen könten. Es haben schon verschiedene große Lust [123] bezeigt mit zugehen. Abends redete Bruder Layriz mit der Versamlung der noch hier befindlichen Eskimos u. Bruder Drachard verdollmetschte es ihnen. Lezterer schreibt davon: Ich fieng damit an, den Eskimos zu erklären, was ein Friedens Gruß bedeute. Da sie nun wie die Grönländer keinen Gruß haben, so sagte ich ihnen folgendes: Bruder Layriz bringt euch gute Worte u. will euch sagen, daß die Gemeinen eure Freunde sind u. euch lieb haben. Denn da die Gemeinen aus Briefen voriges Jahr von euch vernommen haben, daß ihr uns fleißig besucht u. Verlangen bezeigt habt, von des Heilands Menschwerdung, Leiden u. Sterben für eure Sünden zu hören: so haben sie sich gefreut u. den Heiland gebeten, daß doch ein einziger Mann unter den Eskimos es geschehen ließe, daß der Heiland ihm an das Herz kommen u. ihn zu einem armen Sünder machen könne, denn alsdann würde der Heiland selber mit Seinem Blute ihn los machen, vom bösen Gewissen u. ihm Gnade u. Freyheit von allen Sünden geben, u. dann würde er auch mit einem von Jesu Marter durchdrungenen Herzen zu seinen Landsleuten reden können [124] u. das könnte bey allen seinen Landsleuten Eingang finden. Da habt ihr den Bruder Layriz, dieser wird nun eine kurze Rede in seiner Sprache an euch halten u. ich will euch alles in eurer Sprache widerholen. Bruder Layriz fing darauf an, einen kurzen Saz nach dem andern zu sagen u. hielt dazwischen inne bis ich es den Eskimos in ihrer Sprache widerholt hatte. Seine Rede währte eine kleine Viertelstunde u. war des Innhalts: Gott habe die Zeit der Unwissenheit übersehen, nun aber laße Er ihnen durch die Brüder sagen, wie hoch Er sie liebe u. daß Er sie als Menschen, die mit dem Blute Christi erlöset wären, selig machen wolle. Diese Zeit ihrer Heimsuchung möchten sie ja erkennen u. wol anwenden; denn es würde ein Tag kommen, da Innuit u. Kablunat Rechenschaft geben müsten, von dem was sie von ihrem Schöpfer u. Erlöser gehört haben. Sie waren dabey stille u. aufmercksam. Darauf antwortete ein Eskimos im Namen der übrigen folgendes: Heute früh da wir sahen daß das kleine Schiff hier herein käme, da haben wir u. unsere Weiber u. Kinder uns alle erstaunlich darüber gefreut. Ja wir dancken den Brüdern daß sie zu uns herkommen [125] und uns so viel gute Worte bringen, die wir zuvor nie gehört. Wir lieben alle Brüder u. wollen ihre guten Freunde bleiben, wir wollen euch fleißig besuchen, um die guten Worte von Jesu Leiden zu hören. Wir dencken an den Heiland haben Ihn lieb u. wollen Ihm unsre Herzen hingeben. Da wir so vielmal von euch gehört haben, daß der große HErr der über uns wohnt, vom Himmel herunter gekommen, ein Mensch geworden ist u. für unsere Sünden am Creuz Sein Blut vergoßen hat u. daß derselbige große HErr der über uns wohnt, der Himmel u. Erde u. alles geschaffen hat, haben will, daß wir unsern alten Heidnischen Gewohnheiten absagen sollen: so haben wir diesen Sommer nicht so grobe Sünden gethan, als andere Sommer. Wir sind Eins mit den vielen gläubigen Innuit, von denen wir so vielmal gehört haben, daß sie grade gegen uns über in Osten wohnen. Wir u. unsere Weiber u. Kinder reden in unsern Zelten von des Heilands Menschwerdung, Leiden u. Sterben für unsere Sünden. Wir können nicht leugnen daß wir Sünder sind; aber wir dencken der Heiland werde uns gnädig seyn. Darauf sagte Bruder Drachart: [126] Hört ihr lieben Freunde! Heute ruft euch der Heiland alle zusammen, daß ihr zu Ihm kommen sollt. Wir fühlen daß der Heiland hier unter uns ist, Er streckt Seine blutge Arme gegen uns aus u. Er sagt in unserm Herzen zu einem jeden unter uns: Sehet wie blutig u. verwundet ich bin nurmithalben, darum bitte ich euch, daß ihr Ihm euer Herz hingeben wollet u. wenn der Heiland Seine Zeit ersieht, daß er euch an das Herz kommen kan; so wird Er selber euch in euren Herzen zu recht armen Sündern machen, u. wenn Er das gethan hat, so wird Er euch Gnade u. Freyheit geben von allen euren Sünden, die ihr als Heiden gethan habt u. noch thut. Ich will nicht aufhören den Heiland zu bitten, daß Er selber euch alle in eurem Herzen bekehren wolle, dann werdet ihr recht bekehrt. Es waren auch einige Familien Arbartocker zugegen welche zu Bruder Drachard sagten: Wir wollen auch glauben lernen, wie die hiesigen Einwohner. Dieselben Familien fuhren d. 27tn sehr früh freundschaftlich von hier nach Arbartock um wie sie sagten den Winter da selbst zu wohnen, d. 28tn hielt unser lieber [127] Bruder Layriz gesegnete Chorviertelstunden. D. 29tn entstand eine Bewegung unter den hiesigen Eskimos, weil dieser Tagen ein paar Weiber ihren Männern entlaufen waren. Die eine war Pattiguks erste Frau, die aber Tags drauf zu seiner Freude wieder zurück kam. Sie gab vor, Ketteruks Sohn habe verlangt, daß sie mit gienge. Er war heute in dem Kajak abgefahren, kam aber abends wieder u. man konte nichts dergleichen von ihm mercken noch erfahren. Die andere war des jungen Keminguse Frau, die, wie sie vermutheten, zu ihrer Familie nach Norden gegangen ist. D. 30tn Abends wurden wir ein Europäisches Fahrzeug gewahr, daß durch Bironsoad herein kam. Die Brüder Haven u. Hill u. einige andere, nebst dem Capitain Willson fuhren mit dem Boot entgegen u. brachten es in den Haven. Wir hörten dann, daß es ein Kriegs-Schooner u. der Befehls-Haber deßelben ein Königlicher Lieutenant sey, welchen Comodore Schuldam hieher gesandt habe, sich nach uns um zu sehen u. nach unserm Befinden [128] unter den Eskimos zu erkundigen. D. 31tn früh begaben sich die Brüder Brasen u. Haven auf den Schooner um den Herrn Officier im Namen des hiesigen Brüder Etablisements zu bewillkommen u. unsere Danckbarkeit für die Sorgfalt des Gouvernements für uns zu bezeigen. Er bewieß sich sehr freundschaftlich unterhielt sich bey 2 Stunden mit den Brüdern in der Cabine u. zeigte ihnen die Charte die er von der Küste von Chateaubay bis hieher auf der Reise verfertigt. Bruder Jens Haven zeigte ihm die Seinige dagegen u. beyde trafen in vielen Stücken überein. Er that verschiedene Fragen wegen des Landes u. des Umgangs der Brüder mit den Einwohnern, war über die Antworten sehr erfreut u. danckte mit uns Gott vor die Bewahrung vor allem Unglück. Er nahm die Einladung zu uns ans Land zu kommen an, u. brachte diesen u. den folgenden Tag bis spät abends recht vergnügt bey uns in freundschaftlichen Unterredungen zu. Die Veranlaßung seines Besuchs bey uns, erzehlte er folgender maaßen: Da er nebst einigen andern [129] Officieren beym Herrn Gouverneur Schuldam versamlet gewesen sey, habe dieser sein Verlangen bezeigt zu wißen, wie es den armen Leuten /: nemlich den Brüdern in Labrador :/ gienge u. ob sie noch alle am Leben wären. Darauf habe er /: nemlich Lieutenant Curtis :/ sich erboten, wenn es der Gouverneur befehle, mit einem kleinen Schiff uns zu besuchen, welches der Gouverneur genehmiget. Er hatte einen Arbartocker Sirlek nebst seiner Frau am Board, welcher, da er mit der Gegend von Nunnengoak wohl bekant ist, sie grade hinein führte da es ihnen sonst unmöglich gewesen wäre, den Weg zu uns zu finden. Er hatte das Glück in 21 Tagen von S. Johns in Unity Harbour zu kommen. Am erwehntem Eskimos sahe man abermals deutlich, wie die Heiden durch die unbekehrte Christen verdorben werden. Da die Brüder das erste mal mit dem Boote zu dem Königlichen Schoner fuhren, folgten ihnen einige Eskimos in Kajaken dahin u. unter andern Segulliak. Nota (dieser wird von den hiesigen Einwohnern gleichsam als ihr Hauptman angesehen, wovon wir besonders ein [130] deutlich Beyspiel gesehen haben. Die Brüder hatten ein mal beym bauen des Boots einen Topf mit Pech draußen stehen u. da etwas davon vermißt wurde sagte Bruder Jens Haven gelegentlich zu Segulliak: Die Innuit sagen alle sie stehlen nicht, aber siehe, da ist etwas von dem Pech weggekommen. Segulliak fragte, ob er es wieder haben wolle? u. auf die Antwort ja, gieng er zu seinen Landsleuten u. gleich darauf brachte ein Mann das gestohlne Pech wieder.) So bald Sirleck den Segulliak sahe, bezeigte er seine Furcht vor ihm, gegen den Officier, welcher es dem Bruder Haven sagte. Dieser fragte gleich den Seguliak: hast du etwas wieder den Sirleck? Antwort: Nein, hast du ihn lieb? Ja, darauf fragte er ebenfalls den Sirleck, hast du etwas gegen den Seguliak u. alle Nunnengoacker? Dieser war anfangs bestürzt sagte aber doch endlich Nein, hast du Seguliak u. alle Nunengoacker lieb? Ja, Gut, so seyd ihr Freunde. Als darauf Bruder Haven dem Officier seine Unterredung mit den Eskimos erzählt so erwiederte Dieser: das ist die rechte [131] Methode solche Leute zur Einigkeit zu bringen. Sirleck kam den folgenden Morgen in englischer Dienerliverey mit seiner Frau in der gewöhnlichen Weibertracht der Eskimos, aber starck mit Glasperlen besezt, ans Land. Sie wurden von den hiesigen Eskimos nach ihrer Art freundlich behandelt u. in ihre Zelte gebracht. Der Eskimos sah in der Europäischen u. mit den im Nacken gebundenen Haaren wunderlich aus; er nahm aber bald wieder die gewöhnliche Kleidung der Eskimos an. Da Lieutenant Curtis vernahm, daß wir eine recognoscirungs-Reise nach Norden thun würden, bezeigte er gleich große Lust, die Sloop auf einige Tage dahin zu begleiten, Sirleck aber, da er es hörte, ward er über den Officier sehr unwillig u. sagte: Du hast zu mir in Süden gesagt, du wollest nicht weiter segeln als Nunnengoak u. ich will nicht weiter mit dir gehen, wenn du nicht nach Süden zurückkehrest, weil mich sehr verlangt meine Geschwister die in der Europäer Land gewesen sind, zu sehen /: Dieses sind die Eskimos welche Capitain Cartright im [132] vorigen Jahre nach England gebracht hat u. die man heuer wieder erwartet; die aber bis auf eine Frau in England an den Blattern gestorben. Der Officier ließ dem Sirleck durch Bruder Haven sagen: Er wolle nur auf ein paar Tage nach Norden gehen, dann wolle er nach Süden zurück segeln u. ihn mit seiner Frau in ihrer Heimath absezen. Der Eskimo aber bestand vest darauf, daß der Officier sein Wort halten u. nicht weiter als Nunnengoack segeln solte. Nach vielem vergeblichen Zureden, gab ihm Bruder Haven Bedenckzeit, bis auf den andern Morgen, da er sich dann entschloß, mit dem Kriegs Schooner nach Norden zu gehen. Als sich der Officier, nach unserer ganzen Einrichtung genau erkundigt hatte, so bezeigte er sein wohlgefallen darüber u. sagte: er hätte es sich nicht so vorgestelt. D. 1tn Aug. wohnte Lieutenant Curtis der Litaney bey welche Bruder Layriz englisch hielt. Er bezeugte, daß wir, wie er aus unsern Gesangbüchern sähe, einerley Grund der Seligkeit mit der englischen Kirche hätten. Auch wohnte er heute den Versamlungen [133] der Eskimos bey. Nachdem Bruder Drachart den Tod des Herrn verkündigt u. den Eskimos gesagt hatte, daß dieser Herr vom englischen Gouverneur hergeschickt worden sey u. ihnen Worte zu sagen habe, welches alles dem Lieutenant verdolmetschet wurde, so verlangte derselbe, daß man den Eskimos sagen solte: Sie möchten nicht nur ihren hiesigen Landsleuten sondern auch den Arbartockern u. so weit als möglich nach Norden bekant machen, daß sie alle in Norden an ihren Wohnpläzen bleiben u. nicht mehr nach Süden auch nicht nach Cape Charles kommen solten, alles morden u. rauben, auch der Eskimos unter einander, solte von dieser Zeit an aufhören. Die Mörder solten am Leben u. u. die Diebe am Leibe gestraft werden. Wenn ja Eskimos nach Süden oder Neufondland segeln wolten: so solten sie ein Zeugniß von den Brüdern mit bringen, sonst würde man alle die unter allerley unter allerley Vorwand dahin kämen, zu morden u. zu rauben, übel empfangen. Die Antwort der Eskimos war: Keine von unsern Leuten sind seit 3 [134] Jahren so weit nach Süden gekommen daß sie in Cape Charles viel weniger in Chateaubay gewesen wären. Wir haben die Worte dieses Herrn schon 3 Jahre gewußt u. darum haben wir sie auch bekant gemacht u. wollen sie noch mehr bekannt machen, nicht allein in Arbartock u. in Süden, sondern auch in Norden u. wenn Süd- oder Nordländer herkommen, wollen wir ihnen dieses alles erzehlen. Wir haben aufgehört zu morden u. zu rauben, von der Zeit an da wir vom Heiland gehört haben. Daß ein Mörder u. Räuber auf die Art gestraft werden soll, das haben sie verdient. Wenn wir wollen nach Süden fahren um Fören Holz zu holen, so wollen wir einen Brief von unsern Brüdern an die Herren in Chateaubay[WS 10] mit bringen. Der Officier war mit dieser Antwort wohl zufrieden u. ließ den Eskimos sagen, daß er sie alle lieb habe, wofür sie sich bedankten. Zulezt gab der Officier dem Bruder Drachard die Hand mit den Worten: Ich wünsche daß sie viele solche Eskimos bekommen. Bruder Drachart danckte ihm u. sagte: Gott erhöre ihren Wunsch! Der Officier sagte nachher auch: [135] Ich kan mich nicht genug verwundern u. sehe es als ein Wunder Gottes an, daß schon so viel mit den Leuten vorgegangen ist, sie können versichert seyn, daß ich eine wahre Nachricht von ihnen, sowol dem Comodore als bey Gelegenheit selbst in England geben werde. Wir erwiederten: Wir wünschten nur bey unsrer hohen Obrigkeit für das erkannt zu werden, wofür wir uns ausgeben, daß wir nemlich die Versöhnung die Jesus Christus für alle Welt gestiftet hat, auch diesen armen Heiden bekannt zu machen suchen. Ja, sagte er: meine Seele fühlt etwas dabey u. ich bin überzeugt, daß Gott Sein Werck unter ihnen angefangen hat. D. 2tn früh ging der Kriegs-Schoner in Begleitung unserer Sloop auf die Reise nach Norden. D. 4tn kam Millik in seinen Boote bey uns an u. brachte uns einen Brief von Bruder Haven, darinnen er ihr Wohlbefinden meldete. Millik brachte dem Bruder Brasen eine Wallbarte u. ließ sich dafür etwas Arzney für seinen Schwager Okarloak geben. D. 8tn hielt Bruder Layriz die Gemeinstunde. D. 9tn kam ein Boot von Kwertlok, womit wir Nachricht von der Sloop u. einen Brief des Bruders Haven vom 5tn Aug. erhielten, worinn er meldete [136] daß sie sich wohl befänden u. daß sie im 57tn Grad bey Nunasornome lägen u. daß der Kriegs-Schoner noch bey ihnen wäre. D. 11ten gingen die lezten Eskimos von uns, so daß nur noch ein paar alte Weiber hier sind. Wir haben bisher häufigen Besuch von ihnen gehabt. Das Evangelium wurde ihnen täglich verkündigt u. wiewol es noch keinen bleibenden Eindruck bey ihnen gemacht: so mercken wir doch die Gnadenarbeit an ihren Herzen die uns Trost u. Hofnung gibt. D. 12ten kam Millik mit seiner Gesellschaft wieder. D. 13ten hielt Bruder Layriz früh eine Rede u. wir empfahlen uns mit der ganzen Brüder Kirche in einem Gebet auf den Knien dem Heiland zu neuem Segen. Wir hielten heute das heilige Abendmahl das wir am 8ten ausgesezt hatten. D. 14ten früh kam der Kriegs-Schoner aus Norden wieder in unserm Haven an. Einige Brüder waren eben im Begrif mit Bruder Layriz nach Kingspoint zu den nördlichen Grenzsteinen unsers Landes zu fahren. Sie bewillkommten Mr Curtis u. Bruder Brasen blieb bey demselben u. ging mit ihm nach einigen Stunden an Land. Er brachte einen Brief von Bruder Haven aus Kivertlock, etwas über einen Grad nördlich von hier, [137] wo er ihn nebst seiner Gesellschaft gesund u. wohl verlaßen hatte. Bruder Haven meldet, daß Kivertlock ein für die Eskimos nahrhafter u. volckreicher Ort sey. Die Einwohner hätten die Brüder freundlich aufgenommen u. des Bruder Havens Vortrag von dem Zweck unsers Hierseyns aufmercksam angehört. Mr Curtis war d. 15ten den ganzen Tag u. d. 16ten noch einige Stunden bey uns, worauf er abgesegelte. Er konnte seine Zufriedenheit über seinen Besuch bey uns nicht genug beschreiben u. sagte unter andern: „Ich kan mich nicht genug über mich selbst wundern, was ich mir vor Begriffe von euch gemacht hatte. Ich dachte, ihr wäret ein finsteres u. sauer aussehendes Volck, das in ErdHütten wohnte u. sich um die ganze Welt nicht, viel weniger um einen solchen jungen Officier, wie ich bin, bekümmern würde. Ich muß aber gestehen, ich habe mich an euch sehr betrogen u. finde euch ganz anders als ich gedacht hatte“. Diesen Abend ging Geschwister Brasens Töchterlein 9 Wochen u. 3 Tage alt, zum Heiland. D. 18tn früh ging Millick von hier weg; ließ aber seinen krancken Schwiegersohn in Bruder Brasens Cur zurück, nachdem er jedoch zuvor seine Frau als eine Illisetsock deswegen befragt hatte. Bruder Layriz u. Brasen steckten [138] nordwärts von unserm Hause ein Stück von sandigtem Boden 80 Fuß lang u. eben so breit, zum Gottesacker ab. D. 19tn nachmittag ging Bruder Layriz mit Bruder Brasen auf den Sophienberg Nain gegen über, um sich in der Gegend umzusehen. D. 21ten kamen einige Brüder von Povnals Insel, wohin sie d. 16tn gegangen waren, zurück u. brachten eine hübsche Anzahl Lerchenbäume, auch krummes Wurzel-Holz zum Bau der Boote. Nachmittag wurde Geschwister Brasens Töchterlein beerdigt. Die hier befindlichen Eskimos waren auch zugegen u. ganz ordentlich da sie sonst bey dem Tod ihrer Landsleute sehr heulen u. schreyen. Am heutigen Gedencktage der ersten Mission unter die Heiden, las uns Bruder Layriz die Nachricht der Unitäts-Aeltesten-Conferenz von allen Missionen zu unserer wahren Freude u. herzlichen Theilnehmung. D. 22tn fuhr Mannumina, der am 19tn hier angekommen, wieder weg u. sagte: er wolle Achtung geben, wenn das Schiff käme u. es dann herein bringen. Tugluina kam mit seiner Frau Mikack die er in die nordliche Fiorte mitnehmen wollen, wieder von daher zurück wolte aber Tags darauf mit ihr in die Inseln fahren; doch auf die Vorstellung, daß sie alsdenn von ihrer Wassersucht nicht könne [139] geheilt werden, entschloß er sich den folgenden Morgen, sie zurück zu laßen. Bruder Layriz ließ ihnen sagen, daß er oft an sie dächte u. den Heiland für sie bäte, daß sie Ihn kennen lernen möchten; ließ sie auch fragen, ob sie ihre Herzen dem Heiland geben wolten? worauf sie ja sagten. D. 24tn früh freuten wir uns bey einem Liebesmahl des Jahrstags der Schwester Layrizin u. des Bruders Listers. D. 25tn kam Kiminguse aus Norden, wo er seine wie oben gemeldet, ihm entlaufene Frau vergeblich Frau vergeblich gesucht hat. Er brachte ein Schreiben von Bruder Haven, worinn er sein u. der Brüder Wohlbefinden meldete. Nachdem die ledigen Brüder ihr Chorjahr mit dem Pedilavio beschloßen hatten, so feyerten sie d. 29tn ihr Fest im Segen. Bruder Layriz hielt ihnen den Morgensegen u. eine Chorrede, das Fest-Liebesmahl mit dem ganzen Haus-Gemeinlein, wobey er den Herzlichen Zuruf an die ledigen Brüder Chöre, theils las theils sang u. abends ein seliges Chor-Abendmahl. D. 1tn Sept. kamen 4 Boote wovon 3 Arbartocker waren, zu uns. Es wurde ihnen Tags drauf auf dem Saal Versamlung gehalten u. sie waren aufmercksam. [140] Sie wünschten, daß wir auch nach Arbartock zu wohnen kämen u. sagten: sie wolten auch wie die hiesigen Einwohner glauben lernen. D. 4tn giengen sie weiter. Diese Woche wurde auf der Nordseite des Wohnhauses der Backofen auf gemauert; Bruder Layriz hielt uns gesalbte Reden u. Singstunden. D. 11tn gegen Mittag brachte uns derselbe Eskimo, der uns im vorigen Jahr die erste Nachricht vom Schiff gegeben, einen Brief vom Capitain Mugford, darinnen er seine glückliche u. geschwinde Reise von S. Johns meldet. Er ist nur 14 Tage von Land zu Land gewesen. D. 14 kam das Schiff glücklich in Unity Harbour vor Ancker. D. 16tn abends kam ein Eskimo mit einem uns sehr erfreulichen Briefe von Bruder Jens Haven, darinn er die glückliche Reise der Sloop u. die freundschaftliche Behandlung, die sie in Norden genoßen meldete, u. d. 17tn abends kam die Sloop Gottlob glücklich hier an. D. 20tn feyerte das Ehechor sein Fest nach. In diesen Tagen haben die Matrosen mit einigen Brüdern Holz zu einem Versamlungs u. Proviant-Haus, für die [141] Eskimos herbey geschaft. D. 25tn gieng die Sloop nach S. Johns ab, Bruder Layriz hielt noch verschiedene gesegnete Conferenzen u. Reden, übergab in der Gemeinstunde am 26tn nach einer Rede über die Heutige Loosung den Brüdern Johan Schneider, Jens Haven u. Joseph Neißer mit dem Friedens-Kuß ihre schriftlichen Ordinationen, Ersterem zum Prediger u. den andern zu Diaconis, machte d. 25ten seinen Verlaß mit uns, den er uns schriftlich hinterließ u. verabscheidete sich mit uns beym Bundes-Kelch unter einem innigen Gefühl der Nähe Jesu.

Theure Gemeine! bey aller Mangelhaftigkeit die wir an uns auch in diesem Jahre, besonders in der Liebe unter einander gewahr worden sind, finden wir doch unzehlige Ursache dem Heiland für Sein gnädiges Bekenntniß zu uns zu dancken u. vornemlich auch für Seine bisherige Gnadenarbeit an den hiesigen armen Heiden die uns aufs künftige Hofnung gibt. Wir empfehlen uns auch ferner nebst der hiesigen Nation Deinem treuen Andencken, das wir besonders heuer bey der Visitation unserer lieben Geschwister Layriz danckbar empfunden haben.

[142] Nun folgt noch ein Auszug aus Bruder Jens Havens Brieff von der Reise die er nebst Bruder James Rhode auf der Sloop George, geführt von Mr Willson von Nain aus, nach Norden gethan hat im Aug. u Sept. 1773.

D. 2tn Aug. liefen wir in Begleitung des Königlichen Kriegs Schooners geführt von Lieutenant Curtis von Unity Harbour aus. D. 7tn kamen wir bey Kivertluck vor Ancker. Einige Kivertlocker kamen uns in ihren Kajacken entgegen, einige aber machten ein großes Geschrey, bis sie mich sahen, dann wurden sie still u. freuten sich mich zu sehen. Ich ließ mich gleich ans Land sezen. Die meisten Männer aber waren auf der Renthier Jagd. Den wenigen zurück gebliebenen Männern u. den Weibern u. Kindern erzehlte ich unsern Zeweck u. sie waren ordentlich u. hörten gern zu. Ich gieng darauf mit 2 Knaben über Land, etwa 2 englische Meilen weit zu ihren Winter Häusern. Sie verlangten gar sehr, daß wir kommen u. bey ihnen wohnen solten, daher sie ihr Land gar sehr lobten. D. 8tn gieng ich wieder ans Land u. redete in den Zelten von dem großen Wunder daß Gott Mensch geworden ist, u. uns mit Seinem Blute [143] erkauft hat. D. 9tn nahm der Lieutenant Curtis Abschied von uns u. kehrte mit dem Kriegs Schooner zurück. Wir kamen Abends vor eine enge Durchfahrt konten aber auch nicht eher hinein, als d. 12tn, nachdem wir die Nacht zuvor in großer Gefahr gewesen, im Eise stecken zu bleiben, das bestandig auf uns zutrieb u. abgestoßen werden muste. D. 13tn hatten wir guten Wind, daß wir gegen 6 Uhr abends den Boden von der Bucht sahen. Dieses Land heißt Nappartock. Die Eskimos waren ganz außer sich vor Furcht, doch wagten es endlich 2 Kajacke uns zu betrachten, kehrten aber wol 10 mal um, ehe sie so nahe kamen, daß wir mit ihnen reden konten, ich rief ihnen dann zu, Kacheit! d.i. komm her, Einer sagte zum andern: Wer ist das? der andere antwortete: Es ist wol der Johanesingoak? Sie riefen also: Wie heist du u. da ich ihnen meinen Namen sagte, so riefen sie den übrigen hinter ihnen, komt, komt doch, es ist Johannesingoak unser Freund, alles eilte herbey mit großer Freudens Bezeigung. Es waren bey 12 Kajacke u. darunter [144] ein Angekok Namens Aweinack, der ein großer Mörder ist, weil ich mir diesen vorher hatte beschreiben laßen so kante ich ihn gleich u. sagte zu ihm: Du bist wohl Aweinack? Er erschrack u. fragte ob ich ihn kennte? Ich sagte Ja, ich weiß daß du ein großer Hexenmeister seyn willst u. daß du ein Menschenmörder bist u. noch mit bösen Gedancken umgehest. Ich sage dir aber höre auf, sonst wirst du schlecht zurechte kommen. Er wurde sehr bestürzt. Wir liefen ganz in die Bucht hinein, so nahe an ihre Häuser als wir konten u. ließen den Ancker fallen. Unterwegs hatte ich vergnügte Unterredungen mit ihnen. Viele kanten mich u. alle freuten sich uns zu sehen. Ich gieng gleich mit Bruder Rhodes u. einem Matrosen u. unserm Loots Kigluana, den wir von Nain mit genommen hatten, ans Land. Es ist nicht zu beschreiben wie viel Küße u. Umarmungen ich empfieng, jeder wolte das nächste Recht an mich haben. Wir besuchten in allen Zelten, deren 9 waren u. ich sagte: daß ich Worte an sie alle hätte. [145] Alle drängten sich an uns. Ein Mann aber von Kangertlorsoack, Innellack der vorigen Winter in Nain besucht u. das Evangelium aufmercksam angehört hat, der nun hier war, um sich ein Boot zu bauen, brachte sie in Ordnung daß sie mir alle zuhörten. Ich sagte dann alle Menschen wißen daß ein Schöpfer ist. Das wißt ihr auch. Nachdem Er nun die Welt geschaffen hat u. die Menschen darauf ungehorsam worden sind u. gesündiget haben, so ist Er selber ein Mensch u. von einer Jungfrau geboren worden, hat Fleisch u. Blut an sich gehabt wie ihr, ist 30 Jahr in der Welt herum gegangen u. hat den Menschen Seinen Willen kund gethan, daß sie sich nemlich bekehren u. von ihrem bösen Wege abstehen sollen u. zu Ihm zu kommen. Denn sagte Er: Ich will für euch sterben u. mein Blut für euch vergießen u. wen ihr zu mir kommen wollt: so will ich eure Herzen waschen in meinem Blute, welches ich für alle Menschen vergießen will. Er ist darauf an das Creuzes Holz gehängt worden, hat 5 Wunden [146] empfangen 2 in Händen 2 in Füßen u. eine große Wunde in Seiner Seite u. hat alle Sein Blut vergoßen um eurer Sünde Willen. Dieses theure Blut ist es alleine, was euch reinigen kan von euren Sünden u. Missethaten. Nun fehlt es an nichts als daß ihr ein Verlangen nach Ihm bekomt u. Ihn anrufet: Herr sey mir gnädig u. wasche mich mit Deinem Blute. Wenn ihr das thut so wird Er euch gnädig seyn denn Er hat euch sehr lieb. --- Nach diesem sagte ich zu ihnen: Ich höre auch daß Zanck u. übles Nachreden unter euch ist u. daß etliche den andern nach dem Leben stehen. Das komt alles daher daß ihr den Heiland nicht kennet. Ich kehrte mich zu dem Mörder u. sagte: Höre du meine Worte: Wer Menschen Blut vergießet, des Blut wird wieder vergoßen werden. Vergebet einander u. lebet untereinander als Landes Geschwister in Liebe u. Gemeinschaft, so wie wir Europäer mit euch in Liebe u. Gemeinschaft leben, macht keinen Unterschied zwischen euren Landsleuten, ob sie von Norden oder Süden sind. Er hatte nichts [147] zu seiner Entschuldigung zu sagen, als daß die Leute viel Böses von ihm redeten; gestund aber doch auch daß er böses gethan habe u. versprach sich zu beßern. Darauf sagte ich zu den Umstehenden: Ihr höret seine Worte, vergebet[WS 11] ihm u. habt ihn lieb. Wenn er aber wieder böses thut, so laßt mich es wißen. Er kam nachher etliche mal zu mir u. bat mich sein Freund zu seyn, welches ich ihm auch versprach. Als wir wieder auf das Schiff giengen, so danckten mir die Eskimos daß ich mit ihm geredet hätte. Ich sagte: Ich kan mich nicht genug verwundern über euch, daß ihr euch vor so einem alten, kleinen, trockenen Mann fürchtet, er hat ja keine Zähne mehr. Es antwortete aber einer von ihnen, du bist auch nicht groß, aber deine Gedanken sind starck u. Dein Geist ist unüberwindlich. D. 14tn wurde zuerst mit ihnen gehandelt u. sie richteten sich in allen Stücken nach unserer Vorschrift. Dann gieng ich wieder ans Land. Mein alter Freund Innellack entdeckte mir sein Vorhaben, daß [148] Er mit dem Boot, das er hier baute nächsten Sommer nach Süden gehen u. daselbst seine Wallfisch-Beine verkaufen wolte. Ich fragte ihn? Wer ihm das gerathen hätte? Er sagte Oksot. Ich ließ denselben rufen u. sagte zu ihm: Du bist in Chateaubay gewesen, warum lügst du u. sagst den Leuten daß sie in Süden mehr für ihre Waaren bekommen als bey Theobald in Nain? ich weiß Deine Gedanken, du wilst nach Süden, um daselbst Boote, Segel u Stricke zu stehlen, er sagte drauf: Wir wollen nicht neue Boote stehlen, sondern alte, die von den Europäern verlaßen sind. Ich antwortete: Höre Doch! wenn wir ans Land giengen in eure Häuser u. nähmen eure alten Lampen, Kessel u. übrigen Hausrath weg, wäre das recht? Nein, sagte er, das wäre gestohlen. Also versezte ich, ist das ja auch gestohlen, wenn ihr den Europäern ihre alte Hinterlaßene Sachen wegnehmet. Ich sage euch, wollt ihr mit euren Wallfischbeinen nach Süden gehen, so thut es, wo ihr aber stehlt, so werdet ihr getödtet u. die [149] Europäer werden euch gut bewachen. Sie sagten: Wir wollen nicht stehlen, auch nicht hingehen nach Süden. Ich antwortete: Ich habe noch keinen von euren Landsleuten gesehen der gesagt hätte: ich will stehlen, sondern sie sagen alle: Wir wollen nicht stehlen u. doch sind große Diebe unter euch. Wer aber künftig stiehlt der soll gestraft werden. Wir bekamen auch hier einen neuen Loots u. fuhren am 15ten ab. Alle Kajacke begleiteten uns. Der oben erwehnte Hexenmeister Aweinack brachte mir Worte, daß er zwar jezt nichts habe, mir zum Zeichen seiner Freundschaft ein Geschenck zu machen; er wolte mir aber nächsten Winter ein Geschenck von Renthierfett u. von dem Wallfisch den er zu bekommen hofte, schicken. Ich bedanckte mich u. sagte, daß ich kein Geschenck von ihm verlange, wenn ich aber hören würde, daß er aufhörte Böses zu thun: so würde mir das genug u. ich sein Freund seyn. D. 17ten bey Sonnen-Untergang kamen wir in Kangertlorsoack eine Meile von den Zeltpläzen u. d. 18ten früh um 9 Uhr bey den Wohnungen der Eskimos vor Ancker. Ich ging gleich ans Land u. redete mit ihnen von unserm Haupt-Zweck. Ich muste einen der Arbartocker [150] die hier waren, wegen seiner Unordnung von unserm Schiff wegweisen. Das verdroß die übrigen gar sehr, sie thaten ihr möglichstes zu verhindern, daß wir hier einen Lots bekämmen, da der unsrige den Weg nicht weiter wuste, auch stelten sie mir die Weitere Reise nach Norden auf alle Weise gefährlich vor u. sagten auch, es wären keine Wallfischbeine mehr daselbst. Ich erwiederte aber, ich sey nicht gekommen Wallfischbeine zu kaufen, mein Haupt-Zweck sey mit den Leuten bekannt zu werden u. ihnen etwas vom Heiland zu sagen. D. 19tn kamen 2 Arbartocker, die abgeschickt waren um Freundschaft zu machen, sie erzehlten weitläufig was zwischen ihnen u. den Europäern vorgekommen wäre. Unter andern sagte der eine: Die Europäer haben meinen Vater auf dem Schiff getödtet u. ich habe seit dem mit diesen meinen Händen etlichen Europäern das Leben genommen; nun aber wollen wir gern aufhören böses zuthun wenn du uns lieben willst, wie du die übrigen Menschen liebst u. nicht böse auf uns seyn. Wir wollen [151] auch auf hören Boote u. andere Sachen zu stehlen u. wollen mit allen Europäern Freunde werden. Wir können es aber nicht ausstehen, daß du böse auf uns bist. Ich antwortete: Wer da sagt, daß ich auf euch böse bin, der lügt, daß ich gestern deinen Bruder nicht aufs Schiff wolte kommen laßen, dabey bleib ich noch. Er gab mir drauf böse Worte u. dann hieß ich ihn stille schweigen u. fort gehen, da wurde er böse. Ich will euch lieben u. euer Freund seyn, ihr aber sollt nicht mein Meister seyn. Wenn ich ans Land komme u. ihr wollt mir erlauben, in eure Zelte zu gehen, so will ich hinein gehen, wo nicht so bleib ich draußen u. will nicht böse werden. Also auch, wenn ich euch nicht erlaube auf das Schiff zu kommen, so sollt ihr nicht hinauf kommen wenn ihr auch böse werdet. Wollt ihr meine Freunde seyn, so müßt ihr gehorsam seyn, sonst sehe ich euch für böse Leute an, die böses thun wollen wie vor diesem. Sie sagten dann: Wir sollten ihre böse Thaten vergeßen, sie wollten unsre auch vergeßen.

[152] Ich versezte: ich habe euch nichts böses gethan, aus Liebe zu euch, bin ich auf dieser Reise zu euch gekommen u. aus Liebe will ich auch bey euch wohnen. Aus Liebe zu euch bin ich auf diese Reise gegangen, u. habe meine Frau u. Sohn verlaßen; denn ich wußte daß der Capitain nicht mit euch reden konte, da war ich bange, daß ihr euch zancken soltet. Nun sage ich euch, ich liebe euch u. alle Innuit, die da aufhören böses zuthun. . Wir machten den Freundschaft u. ich versprach, daß ich ihrer bösen Thaten, nicht mehr gedencken wolte. Auch der, den ich gestern vom Schiff gewiesen, kam u. alles wurde wieder gut. Sie versprachen uns im Winter zu besuchen u. gute Worte zu hören. Ich that noch hinzu, das ist noch nicht genung, ich verlange auch von euch, daß ihr euch unter einander liebet u. keiner von euch einen andern tödte; denn wer einen unter euch tödtet, der soll mein Freund nicht seyn. Sie versprachen es endlich u nahmen Abschied. D. 20tn gieng ich wieder ans [153] Land u. redete mit ihnen von der ewigen Seligkeit, die ihnen der Heiland durch Sein Leiden u. Sterben erworben hat. Die Arbartocker die da waren, dienten mir zu Dollmetscher, weil es sonst schwer war, sich diesen Leuten recht deutlich zu machen. Manchmal geben ihre einfältigen Fragen Anlaß, sich beßer zu beßer zu erklären. manchmal aber ist es schwer genug, sie zu beantworten. Sie fragten Z. E. Warum hat denn der Heiland der alles machen kan, nicht vorher jemand zu uns geschickt, und diese große Sache unsern Vätern erzehlen laßen, die alle dahin sind; wo man nichts hören kan? Ich antwortete: Gott habe die Zeit der Unwissenheit übersehen u. nun da Er ihnen die Gnade thue u. sie das Evangelium hören laße, möchten sie ja die Zeit ihrer Heimsuchung wahrnehmen. Als ich unter andern den Vers sang: Wenn unser Herre käme vielleicht erschröcken wir p. so sagten sie: Wenn Er uns lieb hat wie du sagst u. so ein guter Mann ist, so [154] hätten wir nichts dagegen, daß Er herein käme. Allein das schlimste ist, daß wir keine Wallfischbeine mehr haben. Ich nahm denn Gelegenheit ihnen deutlich zu machen, was der Heiland eigentlich bey bey ihnen suche u. verlange u. es war mir sehr wohl bey ihnen.

D. 22tn früh fuhren wir ab. u. zu Mittag waren wir in der Mündung von Seglak. D. 24tn giengen wir mit dem Boot ans Land um uns nach Eskimos umzusehen. Wir sahen keine Zelte, aber auf dem Rückweg erblickten wir zu unserer großen Freude 4 Kajacke. Wir riefen ihnen zu; sie hatten aber solche Furcht, daß sie sich lange besonnen, ehe sie zu uns kamen. Als sie aber meinen Namen hörten kamen sie gleich u. sagten: Unsre Augen haben dich zwar nicht gesehen, aber unsere Ohren haben vieles von Dir gehört ach wie froh sind wir Dich zu sehen, denn wir wißen wohl, daß du unser Freund bist.

Da wir kein Gewehr mit hatten, bat ich sie, unserm Boot nicht nahe zu kommen, damit sie sich nicht etwa unserer [155] Schwachheit bedienen möchten. Sie waren wie Kinder u. blieben wo man sie hinwieß. Wir giengen dann ins Boot u. ruderten zur Sloop, wohin uns die Kajacke folgten. Ich schickte 2 von ihnen zu den übrigen Eskimos, um ihnen zu sagen, daß ich hier sey u. Worte an sie hätte. Sie wolten wißen was es wäre, das sagte ich ihnen gern u. sie hörten mit Verwunderung zu. D. 25tn Nachmittag erhob sich ein starcker Wind, wir lavirten gegen den Wind u. Strom um in die Bucht zu kommen, konten sie aber vor Nacht nicht erreichen u. mußten an den vorigen Platz zurück.

Wir sahen hernach in der Bucht 3 Wirbelwinde, hinter einander aufsteigen, die Das Waßer in die Höhe führten u. wir Danckten Gott, daß wir nicht hinein gekommen waren. D. 26tn ging ich ans Land u. redete mit den Eskimos, dabey mir sehr wohl war; denn sie waren nicht ohne Bewegung. Mit einem von ihnen wurde ich eins daß Er als Lots mit uns nach Nachwak gehen solle. Er blieb die Nacht bey uns. [156] D. 27tn nachdem ich noch viel mit den Eskimos über ihr ewiges Wohlseyn geredet u. sie ermahnt hatte, vor allen Dingen friedlich unter sich selbst zu leben u. oft daran zu dencken, daß ihr Schöpfer Mensch geworden sey u. sie vom Bösen erlöset habe; fuhren wir weiter D. 28tn segelten wir bey den Winterhäusern in Nachwack vörbey; es waren aber keine Leute da sondern nur viel Hunde. Wir segelten daher weiter in die Bucht hinauf wo sie auf Lachs Fang standen. Die Männer waren aber nicht da u. die Weiber wollten daher vor uns fliehen; kamen aber wieder zurück, als sie sahen, daß 2 Kajacke bey uns waren. Ich ließ mich gleich ans Land sezen.

Keiner unter ihnen hatte einen Europäer gesehen, aber meinen Namen wußten sie alle. Ich prieß ihnen die Liebe des Heilandes an u. sagte: daß der Hauptzweck von unserm Besuch sey, ihnen diese zu verkündigen. Das ist ihnen aber eine fremde u. wunderliche Sprache; sie wißen nicht, was sie dazu sagen sollen.

Daß sie schlechte Menschen sind, ist ihnen ein Gräuel zu hören; denn sie dencken, wenn sie mir das zugestünden, daß sie nichts taugten: so würde ich sie nicht lieb haben.

[157] D. 29ten unterhielt ich mich wieder mit ihnen auf eine angenehme Weise davon, was ich glaubte, wie wohl es mir sey daß ich einen Heiland habe, u. wie nöthig ich Ihn habe. Sie wollten mir aber nicht nur nicht zugestehen, daß sie einen Heiland nöthig hätten, sondern mir auch streitig machen, daß ich arm u. sündig wäre. Alle sagten: Du bist ein guter Europäer u. wir haben dich sehr lieb u. freuen uns, daß du zu uns gekommen bist.

Wir wollen dich in Nain besuchen u. deine Frau u. Sohn u. deine übrigen Geschwister auch sehen.

D. 30ten war ich nochmals am Land u. pries den Eskimos ihres u. unsers Heilandes unermeßliche Liebe an. Sie hörten mit Vergnügen zu u. verstanden vieles. Dann fragten sie mich ob ich ein Angekock wäre? weil ich von solchen großen Dingen redete, die sie von keinem ihrer Propheten gehört hätten. Dieses gab mir Gelegenheit weiter mit ihnen zu reden. Sie hörten mit Andacht zu u. versicherten mich, daß sie es alles ihren Männern erzehlen u. ihnen keine Ruhe laßen wollten, bis sie uns in Nain besuchten. Ich sagte ihnen [158] auch vor wie sie beten sollten: „O Du HErr im Himmel sey uns gnädig um Deiner Wunden willen! zu Dir allein will ich kommen“. Das Wort Erlöser konnte ich ihnen nicht verständlich machen.

Dieser Ort Nachwack liegt so viel wir schließen konnten im 59° 30'. Die Einwohner sind einfältig u. gutherzig, jedoch gar nicht tumm. Ich konnte gar keine diebische Neigung an ihnen mercken.

D. 1ten Sept. fuhren wir zurück u. langten d. 5tn in Seglack an, wo wir 12 Kajacke antrafen. Ich gieng ans Land u. verkündigte ihnen das Evangelium. Sie freuten sich mich zu sehen. Einer sagte: Er hätte schon in Norden nahe an Hudsons Streight von mir gehört. D. 6tn gieng ich mit einem Eskimo eine Deutsche Meile weit über Land zu 5 andern Zelten. Sie freuten sich, mich zu sehen. Ich sagte ihnen den Zweck des Aufenthalts der Brüder in diesem Lande u. prieß ihnen den einigen Weg zur Seligkeit an. Da ich anfieng zu singen erschracken sie erst u. sagten: Der Geist komt über ihn; Ich bedeutete sie u. fuhr dann fort zu singen, welches sie [159] mit Vergnügen hörten. Sie sagten: sie wollten mit mir zum Heiland oder zum Torngack ziehen, wohin ich wollte.

Ich danckte vor ihre Gesellschaft u. versicherte sie, daß ich nicht zum Torngack wolte der wie ich wüste eine finstere Wohnung hätte, ich aber liebte das Licht.

Sie waren denn auch zufrieden u. wolten mit mir zum Heiland gehen. Auf dem Rükweg begegnete mir ein Boot, ich unterhielt mich vergnüglich mit den Leuten darinn u. kam erst spät u. ganz naß auf unser Schiff. D. 7tn besuchten uns viele Mannsleute, waren sehr frölich über unsern Besuch, baten sich ihn auf künftig wieder aus, u. versprachen zu uns nach Nain zu kommen. D. 8tn kamen wieder einige u. sagten, sie könten nicht von uns bleiben, so lange wir hier wären. Es ist ein liebes Volck auf diesem Platz u. mir gieng es so nahe, sie zu verlaßen, als ihnen, uns nicht mehr zusehen. Anfangs wolten ein paar alte Männer Lerm machen. Ich sagte: wenn ihr euch nicht ordentlich aufführen wollt so sollt ihr nicht meine Freunde seyn. Seitdem, [160] so oft jemand so etwas thun wollte, wurde er von den übrigen zurechte gewiesen u. sie waren wie die Kinder.

D. 9tn besuchte uns unser Loots Arnackpiuck nochmals, um uns seine Liebe zu bezeugen und sagte, er u. seine Frau könten ihre Freude nicht genug ausdrücken daß sie mit uns bekant worden wären. D. 10tn machten wir uns auf die RückReise fertig u. d. 17tn Abends um ½ 10 Uhr kamen wir in Unity Harbour an, wohinein uns der liebe Captain Mugford buxiren half.

Die Freude wurde auf allen Seiten mit Danckbaren Herzen Thränen bezeugt. Die Eskimos riefen: ach das ist eine Freude, siehe doch!

Dem HErrn der uns so gnädig geleitet u. behütet u. mehr gethan hat, als wir dencken u. wünschen konten, sey Lob u. Preis u. Danck

Amen!

[161]
No 2.
Beylage zur 8ten Woche 1774.
enthalten folgende
Auszüge aus eingelaufenen Nachrichten.
I.) Aus der Diaspora.
1.) Bruder Staehlelys Bericht von Zürch, Winterthur, Schafhaußen p. vom AprilDec: 1773.

Am Palmsonntag d. 4tn April. war in der Versammlung zu Zürch ein seliges Gefühl zum Eingang in die Marter-Woche, welches die ganze Woche fortgedauert hat. Ich muß bekennen, daß ich mich solcher Tage wenig zu erinnern weiß; es war in allen Gelegenheiten ein solch sanftes Wehen zu spüren, daß sich wenige der Thränen enthalten konnten, u. auf alles dieses schenckte uns der Heiland am heiligen Ostern ein gnädiges Siegel. Unsre Herzen fühlten Seine Liebe gegen uns arme Sünder, u. die Zärtlichkeit, mit welcher Er Petrum u. Mariam behandelt hatte. Am 12tn machte ich für eine Zeit mit den Geschwistern in Zürch zärtlichen Abschied, u. kam am 14tn nach Eglig, wo sich die Seelen des Abends versammleten. Es wurde meist mit Unterredungen u. nicht ohne Segen verbracht.

Am 15tn ging ich nach Schafhaußen, sahe u. sprach allda die Geschwister u. fühlte daß der heilige Geist mit ihnen auf Grund gehet.

[162] D. 23tn war ich in Stein. Sie freueten sich, mich wieder zu sehen, u. wir unterredeten uns theils herzlich theils ernstlich. Ich reiste d. 24tn weiter auf Stockborn u. Gottlieben, u. besuchte unterwegens alles, was mit uns in Bekanntschaft ist.

D. 26tn begleitete mich ein Bruder nach St Gallen, wo wir Abends ankamen. Diejenigen, die mich zu sprechen verlangt, fanden sich bald in einem Hause vor der Stadt zusammen, u. wir hatten bis spät in die Nacht gesegnete Unterredungen von dem Grunde unsrer Seligkeit.

Ich sprach auch hier einige, die einmal in der Gemeine gewesen, als den Kupferschmidt Kessler u. Tischler Kirchhofer. Sie freueten sich sehr, wieder einmal einen Bruder zu sehen, u. bezeugten sich sünderhaft u. reuig über ihre Untreuen, so daß mir recht wohl bey ihm war. Von dort kam ich am 2 May wieder nach Zürich, froh u. dankbar, daß der Heiland mir bey aller Armuth u. Schwächlichkeit der Hütte so gnädig durchgeholfen hatte. Meine Frau hatte mit den ledigen Schwestern zum Schluß ihres Chor-Jahrs eine herzliche Unterredung, u. es war ihnen bey der Bitte um eine gnädige absolution recht wohl. An ihrem Fest d. 4tn May war in allen ihren Gelegenheiten ein seliger Gottes Friede zu spüren.

[163] Der Himmelfahrtstag u. das Pfingstfest ist den Geschwistern so wol hier, als an andern Orten zum Segen für ihre Herzen gewesen, wovon sie uns zum Preiß unsers lieben HErrn erfreuliche Berichte gaben. In diesen Tagen hatte ich mit den Geschwistern noch manche Herzliche Unterredungen besuchte sie, so viel ich konnte in ihren Häusern, nahm am 20tn in einer Versamlung Abschied, u. empfahl sie in einem kindlichen Gebet dem Heiland zu Gnaden. Ich reiste dan d. 21tn Juny mit meiner Frau u. Kindern nebst 18 Personen nach Neuwied, wo wir am 30tn wohlbehalten ankamen. Hier hielten wir uns bis zum 16 Aug. auf, nahmen unsern Rückweg über Stutgard, u. langten, dem Heiland sey Danck! d. 24 Aug. glücklich in Schafhaußen an. Unsre Bitte zum Heiland war, uns aufs neue mit seiner Gnade zu leiten u. uns mehr u. mehr zu lehren, in allen Umständen nur allein auf Ihn zu sehen. Wir nahmen an allem, was uns die Geschwister von ihrem zeitherigen Gang erzehlten, herzlichen Antheil, u. der Heiland schenkte uns Freudigkeit, unsern Gang getrost mit ihnen zu gehen, wiewol in Schwachheit u. Armuth. D. 8tn Sept. reiste ich nach Zürch ab, wo die Geschwister am 9te als am Bußtag zum heiligen Abendmahl gehen wolten. Nachdem ich etwas über die schöne Loosung geredet hatte, knieten wir [164] dem Versöhner unsrer Sünde vors Herz, u. Er ließ uns Seine Absolution gnädiglich fühlen. Am 13tn that ich einen Besuch über den Albis, u. nach dem ich retournirte in Winterthur u. Thurgau, wo ich die Seelen offenherzig u. weich gegen Jesu Leiden fand.

D. 10tn Oct: nahm ich von den Geschwistern in Schafhausen Abschied, dankte dem lieben Heiland für alle ihnen erwiesene Gnade u. Barmherzigkeit, u. bat Ihn, aufs neue mit Seiner Liebe, u. Erbarmen u. Geduld fortzufahren u. sie täglich tiefer in Seinen Tod u. Leiden zu gründen.

D. 14tn kam ich nach Zürch, u. der liebe Heiland ließ uns gleich in der ersten Gelegenheit Seinen Frieden kräftig fühlen. So war auch in der Versamlung am 1tn Nov: da wir uns der Obern-Gemeine[WS 12] erinnerten, ein besonders seliges Gefühl. D. 8ten ging ich auf einen Landbesuch, zu erst nach Steffen u. dann nach Wedischweil, Oberrieden p. u. kam über den Albis zurück nach Zürch, herzlich dankbar für das, was der Heiland an mir u. den dortigen Seelen gethan. Die meisten haben in der Erkenntniß ihrer selbst zu genommen, u. lernen auch die Gnade als Gnade schäzen.

Ich bin auf dem Wege mit 5 neuen Leuten bekannt worden, die gute Hofnung geben, ein Eigenthum des Heilands zu werden. Ich hatte zwar sehr schlecht Wetter u. Weg, aber der liebe Heiland [165] war meinem Herzen fühlbar nahe, welches mir alles schwere leicht machte. Der 13te Nov. war auch für uns ein wahrer Segenstag, da wir unsern HErrn u. Aeltesten um Absolution baten, Ihm alle unsre Geschwister u. Bekannte an sein treues Herz legten, u. uns mit Seinem ganzen Volck verbanden, Seine treue Herzen zu seyn.

Da mir etliche Freunde u. Brüder aus Pündten geschrieben, zu ihnen zu kommen, so trat ich am 16tn meine Reise dahin an, u. besuchte in Grusch Cur u. Flanz. Sie waren aller Orten sehr erfreuet, mich zu sehen, um über manches vorgekommene mit mir durch zureden, u. ich hoffe, daß es ihnen zum wahren Segen seyn wird. D. 30tn kam ich wieder nach Zürch zurück.

Zum Schluß dieses Kirchen-Jahres wissen wir nichts zu sagen, als: Mit was für Geduld u. Gnade u. Huld hast du uns durch so manches auch in diesem Jahr geführt, so daß sich beym Zurück erinnern unser dencken darüber verliert. 12 Seelen haben wir in die Gemeine nach Neuwied u. 6 Seelen in die obere Gemeine abgegeben; das macht also, daß wir um 18 Seelen weniger worden. Davor hat uns der Heiland mit 8 Personen aufs neue bekannt werden lassen. Er lasse uns immer tiefer auf Seine Marter u. Tod niedersincken, u. thue täglich mehrere hinzu, die da selig werden.

[166]
2.) Bruder Aiglers Bericht von der Diaspora in Elsas vom Jan. bis Novbr. 1773.

D. 3 Jan: wurde in Straßburg 1 Bruder in die Versamlung der Geschwister aufgenommen, welches ihm u. den übrigen Geschwistern zum tiefen Eindruck u. Segen gereichte. Vom 9 Jan. bis 6 Apr. war ich in Sulzbach, u. habe währender Zeit mit der Herrschaft manche gründliche Herzens-Unterredungen zu ihrem Segen gehabt. Sie haben keinen andern Zweck, als durch das Verdienst u. die Wunden Jesu selig zu werden, u. suchen nach ihrer Erkenntniß dem Herzen Jesu gemäß zu Handeln.

Am grünen Donnerstag war uns in Straßburg der Heiland bey Verlesung Seiner Leidens-Geschichte recht nahe u. fühlbar, so auch am Charfreytag u. Ostertag, da wir selig inne wurden, daß unser auferstandener HErr u. Heiland aus Gnaden auch unter uns wandelte. Ein Bruder sagte, er habe schon so viele Weyhnachten u. Ostern gefeyert, aber so selige Feste habe er noch nicht gehabt, als die 2 mit uns. D. 28tn war in Kirrweiler eine Prediger Conferenz, wozu ich auch invitirt wurde. Ich sang zum Anfang einige Verse, u. ein Bruder that ein Gebet. Man handelte von der Erscheinung des lieben Heilands nach Seiner Auferstehung, u. von den Folgen, die sie auf unsre Seelen haben sollen. Es war allen recht wohl dabey.

[167] Am 4tn May nahm der Heiland den alten Bruder Wolf in Straßburg selig zu sich heim. Er war sich bis an sein Ende gegenwärtig u. verlangte sehnlich nach seiner Auflösung. Er war einer von den ersten, die mit der Gemeine bekannt worden, hat auch einigemal mit Segen für sein Herz auf den Herrnhaag besucht. Die Brüder welche ihn in seiner Kranckheit besucht, waren vergnügt über ihn. Ein Bruder segnete ihn ein, wofür er sich herzlich bedanckte, u. bald darauf verschied er selig, im 82tn Jahr seines Alters. D. 19tn Juny reisete ich nach Weisenburg. D. 20ten kamen einige von hier u. Weiler zu mir, mit denen ich mich unterredete u. ihnen zu ihrem Segen eine Rede las. So habe mich auch am 24tn mit 16 Personen in 2 Abtheilungen unterredet, wie man als ein armer Sünder zu Jesu kommen u. bey Ihm Gnade u. Vergebung erlangen müsse, u. ihnen darauf eine Predigt verlesen. D. 29tn besuchten mich 2 neue Leute; der eine ist voriges Jahr von Copenhagen gekommen, wo er erweckt u. um sein Heil bekümmert worden. Ich wieß sie auf den Heiland, mit Ihm bekannt zu werden u. sich vom heiligen Geiste das Grundverderben ihres Herzens aufdecken zu lassen, so würden sie erst recht sehen, wie nöthig sie den Heiland hätten. D. 18tn Jul. hielt ich hier die lezte Versamlung u. ermahnte die Geschwister, dem Heiland treu zu bleiben [168] u. vor Seinem Angesichte zu wandeln, damit auch andre an ihnen sehen könnten, daß ihre Herzen in Ihm lebten, u. empfahl sie in einem Gebet zur Bewahrung u. mehrern Gründung auf Jesu Marter u. Tod. Ich kan wol sagen, daß mirs noch niemals hier so wohl gewesen, als dieses mal. Es ist mehr Liebe unter ihnen, u. sie lernen sich selbst immer besser kennen. Darauf hielt ich mich 14 Tage in Sulzbach auf, u. hatte Gelegenheit, manches Zeugniß von der Sünder-Liebe Jesu abzulegen. Auch habe ich mit den 6 Weibern, die im Pfarr-Hause daselbst zusammen kommen, gesprochen u. ihnen ans Herz gelegt, ihre Zeit gut anzuwenden u. sich dem Heiland ganz zu ergeben. Sie waren recht weich dabey u. dankbar davor. D. 7tn Aug. kam ich nach Pirmasens. Mein unvermutheter Besuch machte bey den bekannten Freunden groß Vergnügen, u. es kamen gleich 5 von ihnen, die vor Freuden kaum wußten, was sie sagen sollten. Ich wurde auch von einigen Soldaten besucht, u. ging Abends zu einem, den ich schon kannte, wo noch 6 andre waren nebst ein paar Weibern, da ich dann Gelegenheit hatte, etwas von Jesu Leiden u. Seiner Sünderliebe zu reden. Ihre Herzen wurden weich, u. mir war recht wohl unter ihnen. Es waren ein paar dabey, die sich Sünderhaft erklärten, u. ich konnte fühlen, daß es [169] ihnen um ihre Seligkeit zu thun war. Ich wurde alle Tage von einigen besucht, die von ihrem Herzen mit mir redten. Ich bat sie, es doch auf was Ganzes anzutragen, sich selbst u. besonders den lieben Heiland in Seiner Marter-Gestalt recht kennen zu lernen u. Ihm das ganze Herz zum Eigenthum zu geben. Es kamen alle Abend 12 bis 15 beym Schulmeister zusammen, die ich suchte dem Herzen nach kennen zu lernen, u. sie mit allem zum Heiland wieß. Es sind doch 50–60 erweckte Seelen hier, die ich alle gesehen u. gesprochen. Viele waren mit Vorurtheilen gegen die Gemeine eingenommen, u. die meisten wissen nichts von ihr; doch sind 6 Personen hier, die mit uns näher bekannt sind, mit denen ich auch alle Tage alleine sprach u. ihnen manches vom Wercke Gottes unter Christen u. Heiden erzehlte.

Von denen andern tragen viele es mehr auf ein frommes u. gesezliches Leben an, als den Heiland u. Seine Versöhnung kennen zu lernen. Am 13 Aug. besuchte ich ein paar Witwen, die in einem Hause wohnen. Die eine kennt ihr Herz, u. hat Verlangen nach Gnade, geht auch gerade durch bey aller Verachtung.

Einigen von den Soldaten u. Bürgern, welche wissen was sie wollen, u. sich als Sünder kennen lernen, habe ich gesagt, daß sie die andern manchmal besuchen u. alles, was um Seine Seligkeit [170] verlegen ist, zum Heiland weisen sollen.

Mein sehnliches Bitten bey meiner Abreise war: Beschwemm die Saat, HErr Jesu Christ, tauch sie tief in Dein Blut. D. 14tn kam ich nach Buchsweiler. Ich besuchte die Geschwister in den Häusern, u. bat sie, in einen wahren Umgang mit dem Heiland zu kommen zu suchen u. Ihm das ganze Herz zu geben. Es sind hübsche Leute hier, denen es drum zu thun ist, den Heiland recht zu genießen u. es ist Liebe unter ihnen. D. 29tn kam ich wieder nach Straßburg, wo mich 3 neue Leute besuchten, die um ihre Seligkeit verlegen sind. Es besuchten mich auch am 8tn Sept. 2 Brüder, mit denen ich ernstlich redete u. dem einen seinen unordentlichen Wandel vorhielt; er sagte ganz sünderhaft, er habe schon lange Bestrafungen darüber gehabt, alles, was ich ihm sagte, u. noch mehr dazu, wäre wahr, er wolle den Heiland um Gnade u. Vergebung anflehen. Einem kürzlich in die Gesellschaft genommenen Bruder wurde auf seine Bitte erlaubt, zum Verlesen der Gemein-Nachrichten kommen zu dürfen. Er sagte, sein ganzer Sinn wäre, sich dem Heiland zu ergeben u. Ihn kennen zu lernen, u. weil er im Umgang mit den Brüdern Segen für Sein Herz gehabt habe, so wolle Er auch gerne mehr Gelegenheiten mit genießen.

Zum Winter fingen wir wieder die erste Bibel-Lection, [171] in der Nähe Jesu an, u. danckten Ihm für den Schatz, den Er uns in Seinem Worte gegeben. Im ganzen Elsas werden an 15 Orten Gemein-Nachrichten gelesen. Es sind aber wol noch 17 Orte, wo erweckte Leute u. Freunde wohnen, die ich alle besucht; u. überhaupt habe ich auf meinen verschiedenen Besuchen dieses Jahrs 204 Personen gesprochen, darunter sind 17 Prediger, deren 7 eine Conferenz mit einander haben, die alle 4 Wochen gehalten werden soll.

3. Auszug aus dem Bericht von dem Gnadengange der Geschwister in dem Hause der Schwester v. Wöldike in Arnimb, vom Aug. bis Ende des Jahrs 1773.

Am 1 Aug. besuchte ich (schreibt Bruder John) einen Krancken, der nicht ohne Rührung ist u. schon öfters unsre Sonntags-Versammlungen besucht hat. Ich wieß ihn zum Heiland, welches er mit begierigem Herzen aufnahm. Bey einem abermaligen Besuch, da es sich schon zur Besserung anließ, versprach er, ein ganzes Eigenthum des Heilands zu werden. Da wir vor unserm Abendmahl den Abend vorher, dem Heiland um absolution anfleheten, war Er uns innig nahe u. ließ uns Sein Vergeben kräftig fühlen.

Und d. 5ten ehe wir in die Kirche gingen, sangen wir einige Verse mit einander; so dann segnete [172] Er uns durchs heilige Sacrament recht fühlbarlich. Nachmittags war das Anbeten.

Mein Besuch in Tangermünde d. 24tn war den Geschwistern zur Freude. Ich redete mit ihnen Bandenmäßig[WS 13], u. fand sie in einer hübschen Stellung ihres Herzens. D. 3tn Oct: gab der Heiland Gnade, daß ich in unsrer Haus-Versammlung mit Gefühl über die Loosung reden konte: Säet Gerechtigkeit, u. erndtet Liebe p. u. wir fühltens, daß die Wundenfluthen auch unsre Fluhr durchgehn. Es hatten uns verschiedene Brüder aus Stendal u. Ebersdorf besucht, die kräftig angefaßt wieder nach Hause gingen. D. 17tn erfreute uns unser lieber Bruder Grassmann von Berlin mit seinem Besuch, u. hielt uns eine gesegnete Versammlung. Er reiste d. 20tn wieder ab. Am 26tn nahm der Heiland unsern lieben Pastor Duncker selig zu sich.

Es that uns sehr wehe, denn wir hatten an ihn nicht nur einen wahren Freund, sondern auch einen treuen Lehrer, der den Heiland liebte u. Ihn auch mit dem Munde bekannte. Er hat die Gemein-Schriften mit grossem Segen für sein Herz gelesen, u. dadurch eine genaue u. richtige Kenntniß von der Brüder Sache gekrigt. Als er das Leztemal bey uns war, traf er eben unsern Bruder Grassmann an, u. freuete sich herzlich einen Diener Gottes, von dem er in der Brüder Historie gelesen, persönlich kennen zu [173] lernen, u. unterhielt sich mit ihm in verschiedenen Gesprächen, insonderheit über das Werck-Gottes unter den Heiden. Er hat nach her noch zu Hause bezeugt, daß Er einen rechten vergnügten Tag bey uns gehabt habe, u. einen alten ehrwürdigen Mann aus der Brüder Gemeine habe kennen lernen. Er hatte was hectisches, u. ist sehr sanft verschieden. Den Abend vor seinem Ende hat er seinen erwachsenen Kindern noch einen Spruch erklärt u. dann verlangt, ihn alleine zu lassen, u. so ist er ganz unvermerckt entschlafen, seines Alters 63 Jahr u. 10 Tage.

D. 12tn Nov: ging ich u. meine Frau auf einen Besuch über die Elbe. In Jericho versamleten sich die erweckten Seelen, 12 an der Zahl, mit denen wir Person vor Person redeten, worauf ich noch etwas zur heutigen Loosung sagte. Der Heiland bekannte sich in Gnaden dazu, u. ich empfahl sie Ihm in einem Gebet zu neuer Gnade. Wir reisten d. 13tn weiter nach Jenthin, woselbst sich die erweckten Seelen aus den benachbarten Orten einfanden, zu denen ich mit Gnade über die Loosung redete. Nachher behielten wir sie, so wie sie in jedem Orte beysammen wohnen, noch bey uns, redten mit jeder Person besonders, u. fragten auch, wie es um die Liebe untereinander aussähe. Es war uns recht wohl bey ihnen. Der Kuh-Hirte, der [174] am Tage nicht kommen können, kam Abends u. brachte noch 5 andere mit, deren welche schon am Tage da gewesen waren. Unter denen war des Schulzens Sohn, der nebst seinem Bruder gründlich von Heiland angefaßt ist. Die Eltern sind ihnen zwar entgegen; sie aber sind sehr ernstlich in ihrem Vorhaben, u. der Aelteste sagte: Was frage ich nach meines Vaters Guthe u. allem übrigem! ich will selig werden. Wir blieben mit diesem lieben Leutgen bis spät in die Nacht beysammen, u. hatten recht vergnügte Unterredungen mit ihnen. Wir baten sie beym Abschied, beym Heiland u. Seinen Wunden zu bleiben, u. sich immer gefühligere Herzen schencken zu lassen. D. 16ten kamen wir wieder nach Hause, danckbar, daß der Heiland mit uns gewesen, u. wünschten von Herzen, daß auch dieser unser erster Besuch nicht möchte ohn Segen seyn. Wir haben doch an die 60 Personen gesehen u. gesprochen.

Zum Anfang des neuen Kirchen-Jahrs d. 28tn Nov: bat ich, zum Schluß unsrer allgemeinen Haus-Versammlung darin auch einige Fremde waren, den Heiland in einem herzlichen Gebet, ferner fortzu fahren, sich an uns zu beweisen, u. nicht eher zu ruhen, bis dieses Haus u. alle, die darinn aus- u. eingehen, seine ganze Freude werden. Wir hatten nachher liebliche Spuren, daß diese Gelegenheit vielen zum Segen gewesen.

[175] D. 25tn Dec. hielt ein Candidat aus Stendal, Namens Schmidt, die Fest-Predigt in unsrer Kirche u. legte ein hübsches Zeugniß vom Heiland ab. Nachdem wir uns am 31tn das Merckwürdigste von diesem Jahr kürzlich wieder zu Gemüthe geführet hatten, danckten wir auf den Knien dem Heiland für alles, was Er an uns gethan, baten um Vergebung, womit wir Ihn betrübt, u. wo es seine Gnade u. Treue hätte weiter bey uns bringen können, u. empfohlen uns Ihm aufs neue zu Gnaden. Er war uns nahe mit Seinem Troste.

4.) Bruder Melchior Sill berichtet aus der Priegniz vom Juli bis Ende des Jahrs 1773.

Daß die Geschwister an ihren verschiedenen Orten einen stillen u. seligen Gang fortgehen, u. immer mehr auf den alleinigen Grund aller Seligkeit, auf Jesu Marter u. Tod niedersincken. Beym Schluß des Jahrs heist es: Wenn wir bedencken, wie viel Gutes u. Seliges uns der liebe Heiland genießen lassen alle Tage, u. besonders an Festtagen, so müssen wir im Staube vor Ihm hinsincken u. Ihn für Seine unendliche Liebe u. Geduld u. Barmherzigkeit froh u. Danckbar anbeten. Unsre Häuflein haben allenthalben Ruhe u. Schuz von unsrer lieben Obrigkeit u. auch von der Geistlichkeit genossen.

Die Gemein-Nachrichten sind mit danckbaren [176] Herzen angehört worden, u. sind der Zusammenhalt der Gemeinschaft aller Orte gewesen.

In Wittstock sind aufs neue 8 Seelen zu uns gekommen; dagegen aber sind 6 heimgegangen. Die Anzahl aller in der Altmarck u. Priegniz mit uns bekannten Seelen beläuft sich auf 523. Dazu kommen noch 32 im Meckelnburgischen, daß also 555 Seelen bey diesem Plan in der Pflege der Brüder sind.

5) Von Steppingen melden Geschwister Kastenhubers vom Juny bis Dec. 1773. unter andern:

Wir müssen dem Heiland zum Preiße nachsagen, daß Er sich in unsern wöchentlichen Versammlungen u. besonders an Son- u. Festtagen gnädig zu uns bekannt hat. Die Reden in den Wochen waren den Geschwistern zum Segen, u. manche darunter so wichtig, daß sie dieselben zum andermal zu hören verlangt haben. So waren ihnen auch die übrigen Gemein-Nachrichten u. Lebens-Läufe gesegnet u. eindrücklich u. besonders der Lebens-Lauff des seligen Bruders Adam Bruiningk. Christiansfeld wird von nahen u. fernen Orten fleißig besucht, u. das selige Gefühl dorten u. die Brüderliche Liebe u. Eintracht unter den Geschwistern macht, daß sie immer mit neuem Segen zurück kommen, u. dem Heiland für dieses liebe Oertgen von Herzen dancken. Eine Witwe ist in dem Jahr heimgegangen, u. ein Kind geboren [177] worden; auch sind einige neue Leute mit uns bekannt worden. Für alles angeführte, wie auch die ungestörte Ruhe in unserm Gange, u. die gnädige Fürsorge unsers lieben Himmmlischen Vaters zu unserm äußerm Bestehen, u. für des heiligen Geistes unablässiges treues Bemühen, uns Jesu Marter zu verklären, sind wir beym Schluß des Jahrs von Herzen danckbar.

6.) Geschwister Birge Piehls, die von Gothenburg nach Kiel gekommen, haben vom Juli bis Sept. u. er alleine vom Oct: – Dec. 1773 einen Besuch gethan, wovon überhaupt kan gemeldet werden, daß sie die Geschwister in einem vergnügten u. seligen Gang angetroffen haben. An allen Orten waren sie sehr erfreut, wieder einmal Geschwister aus der Gemeine zu sehen u. zu sprechen, als wornach sie sehr verlangt hatten, u. haben sich offenherzig u. gerade mit Geschwister Piehls unterredet. Wo sie hingekommen sind, haben sie theils mit Seelen einzeln gesprochen, theils hat er ihnen Versammlungen gehalten, wozu der liebe Heiland Seinen Segen gegeben, daß sein Wort nicht leer zurück gekommen, sondern sich als eine Kraft Gottes, selig zu machen, so daran glauben, bewiesen. So bezeugte z. E. eine Schwester nach der Versamlung Das habe ich schon ofte gehört, daß wir zu unsrer Seligkeit nichts beytragen können, sondern so wie wir sind zum [178] Heiland kommen u. dem unser Herz hingeben müssen; aber es ist, als wenn ich keine Ohren dazu gehabt hätte; erst heute ist es mir recht klar worden p. Geschwister Piehls dancken dem Heiland für Seine gnädige Leitung auf ihren verschiedenen Reisen, besonders aber für die Gnade, die Er sie an den Kindern u. Erwachsenen hat sehen u. wahrnehmen lassen. Es sind doch in allen 202 Seelen in diesem district, die von den Brüdern besucht u. bedient werden.

7.) Bruder Herolds Bericht von seinem Besuch in
Mohrdyk, Glückstadt, Harburg, wie auch von
dem Gang des Häufleins in Altona vom Jul.
bis Nov: 1773.

D. 3tn Juli reisten wir im Namen unsers lieben HErrn u. mit[WS 14] den Segens-Wünschen unsrer lieben Geschwister begleitet von Altona nach Mohrdyk ab. Daselbst war d. 4tn eine gesegnete Gesellschaft der Witwen, deren 6 sie alle Sonntage haben. Ich lese ihnen, wenn ich da bin, immer eine Chorrede vor, welches hernach zu gesegneten Unterredungen Anlaß gibt. Es sind hübsche alte Müttergen, die den Heiland u. sich kennen, u. sich unter einander lieb haben. Nachher hielt ich eine allgemeine Versamlung, wobey ein recht mächtiges Gnadenwittern zu spüren war, welches uns beugte u. tröstete u. zur Arbeit unter diesem lieben Häuflein neuen Muth machte.

[179] Am 5ten reisten wir, auf schriftliches Ersuchen nach Hannerau, wo wir die Herrschaft nebst 4 ihrer Töchter u. einen Sohn an den Masern kranck antrafen. Die eine Fräulein von 13 Jahren, die ein gefühliges Herz von Jesu Marter hat, u. immer ganz besonders liebhabend u. zuthulich ist gegen uns gewesen, fanden wir schon 9 Tage sprachlos liegend, aber noch bey völligem Verstande u. Gehör. Ich that einige Fragen an sie, den Umgang ihres Herzens mit dem Heiland u. ihr Verlangen, bey Ihm daheime zu seyn, betreffend, welche sie mir mit Mienen u. andern Zeichen lieblich beantwortete. Beym Abschied segnete ich sie in der Stille zu ihrem Heimgang ein, u. sie ist drauf am 11tn selig verschieden. Die älteste Fräulein, die bisher die Krancken so treulich gepflegt hatte, fing nun auch an sich zu beklagen. Sie erzehlte uns, sie hätte sichs vom Heiland ausgebeten, sie mit der Kranckheit so lange zu verschonen, bis ihre 2 jüngern Schwestern sich e wieder etwas erholt hätten. Und als dieses geschehen, sagte sie: nun will ich auch gern die Masern haben, da der liebe Heiland mir meine Bitte gewährt hat; u. sollte es ihm gefallen, mich bey dieser Gelegenheit zu sich zu nehmen, so gehe ich als eine recht arme Sünderin aufs Verdienst Seiner Marter u. Todes gerne zu Ihm. Es ist in der Welt nichts, das mich [180] hält, Er ist mein u. ich bin Seine Elende, ja recht Elende Sünderin, die Er aber in Gnaden angesehen hat. Hier hemmten die Thränen die Worte. Uns war bey dieser Unterredung recht wohl, u. man konte fühlen, daß es ihr von Herzen ging.

Nach einem beweglichen Abschied reisten wir d. 7tn nach Rendsburg u. so weiter nach Cappeln, wo wir uns 9 Tage aufhielten u. in der Nähe des Heilands recht vergnügt beysammen waren.

D. 18tn muste ich daselbst, im Beyseyn der beyden Prediger Brüder Viel u. Zur Mühlen, die gewöhnliche Versamlung halten, wobey auch die Frau v. Dewiz u. die Fr. v. Bukhagen nebst ihrer Tochter zu gegen waren. Ich redete mit einem armen aber warmen Herzen über die Loosung, wozu sich der Heiland kräftig bekannte, daß Augen u. Herzen übergingen; insonderheit hatte es auf die Fräulein eine solche Wirckung, daß ihre Augen den ganzen Abend nicht trocken wurden.

Nachdem wir noch an einigen Orten zum Segen besucht hatten, kamen wir d. 31ten wieder nach Mohrdyk, wo wir d. 1tn Aug. vielen Besuch von den Geschwistern hatten, u. sich herzlich u. Sünderhaft mit uns unterredeten. Die gewöhnlichen Gelegenheiten waren besonders begnadigt, davon wir recht Herzerfreuliche Aeußerungen, zum Preise des lieben Heilands hörten. D. 2tn gingen wir nach Glückstadt, wo uns die Geschwister herzlich [181] bewillkommten. Abends war die allgemeine Versamlung, die mit einem Gebet auf den Knien beschlossen wurde. Diese Versamlung ist alle Abend, wenn wir da sind. Des Vormittags besuchen uns die Geschwister in unserm Logis, u. des Nachmittags besuchen wir sie in ihren Häusern. Die Unterredungen waren sünderhaft, gerade u. im Segen, u. so war es auch in den Gesellschaften der Männer u. Weiber, worin insonderheit bey der Materie von einer Gottwohlgefälligen Kinder-Zucht manche Thränen vergossen wurden. Von hier aus besuchte ich in Beinfluth u. Wilster u. hier den alten Bruder Stoll. Er erzehlte mir, was der Heiland bisher an ihm gethan, daß er keinen andern Grund der Seligkeit hätte u. wüßte als Christum u. Sein Blut. Diese gefühligs Herzens Unterredung, dabey mir sehr wohl war, geschahe von dem alten 70 jährigen Greiße unter vielen milden Thränen, die auch die Meinigen rege machten. D. 5tn machten wir Abschied in Glückstadt. Die Liebe auf beyden Seiten ließ sich gar lieblich fühlen, u. das gnädige Bekenntniß des lieben Heilands zum Ganzen war uns was tröstendes u. aufmunterndes, wiewol in den Theilen noch manches zu erinnern wäre. D. 6ten kamen wir wieder nach Mohrdyk. D. 8tn wehete in der Gesellschaft der Witwen ein besonderer Gnaden-Geist. Die gewöhnlichen Versamlungen waren [182] zahlreich, indem die Geschwister von Bockel u. Wölfsmohr, 2 Meilen weit, sich auch eingefunden hatten, mit denen allen einzeln gesprochen wurde. So oft wir hier sind, ist alle Abend eine Versamlung darinn aus den Nachrichten gelesen u. etwas über die Tages-Texte geredet wird. Ich müste Gnade u. Wahrheit leugnen, wenn ich nicht bekennete, daß der liebe Heiland die Gelegenheit bisher besonders mit Seiner Gegenwart beehret u. begnadigt hat, ohngeachtet unsrer grossen Schlechtigkeit u. unzehlichen Mängel, Ihm besser als uns bekannt. Daß Er aber gerne segne, Lust habe an Barmherzigkeit, u. die Sünder unbeschreiblich liebe, davon haben wir unzehliche Beweise auch auf dieser Besuchs-Reise gehabt. D. 12tn kamen wir wieder in unserm lieben Altona an, danckbar froh u. gebeugt über alles, was der Heiland an uns u. den Geschwistern, die wir gesehen u. gesprochen, gethan hat.

D. 22tn gab es in der Versamlung der ledigen Brüder, die aus 12 besteht, offenherzige Unterredungen, die mit Sünder-Thränen begleitet waren. Ich bat sie, da das Fest der ledigen Brüder bevorstünde, mit dem lieben Heiland über alles recht sünderhaft auszureden, sich über alles, was sich für einen jesushaften ledigen Bruder nicht schickte, absolviren zu lassen, sich Ihm ganz mit Leib u. Seel u. Gliedern zu weyhen, u. sich an diesem Tage an die ledigen Brüder-Chöre in den Gemeinen im Geiste mit anzuschließen, [183] damit sie auch einen Segen davon hätten. Es waltete ein eigenes Gefühl dabey, u. der heilige Geist munterte die Herzen auf, diese Woche noch über alles auszureden. Die Abend-Gelegenheit am 27tn war besonders gesegnet. In derselben war auch ein schwedischer Officier, Namens Ulrice Nordenskiold, der heute von Zeyst hier angekommen. Er war so angethan, daß er wie ein Kind weinte, u. die andern sich an ihm erbauten.

D. 29tn grüßte ich die ledigen Brüder zu ihrem Fest, u. unterhielt mich mit ihnen mit einem segnenden u. theilnehmenden Herzen. Der Geist der Liebe u. Freude regte sich. Die Unterredungen waren gefühlig u. sünderhaft, u. über mancherley Zurückseyn in dem, was einem jesushaften ledigen Bruder ausmacht, wemüthig. Diese bandenmäßige Unterredung endigte sich zulezt in ein bewegliches Gebet auf den Knien, dabey kein Auge trocken blieb. Die nachherigen Aeußerungen über das Gefühl u. den Genuß an diesem Tage, u. was sich noch ein jedes besonders vom Heiland ausgebeten, waren Herzerfreulich zu hören, u. reizten zum Lob u. Danck gegen den lieben Heiland. D. 7tn Sept. hatten wir in Gesellschaft unsers Bruders Hüffels einen ausgezeichnet seligen Festtag. Wir können unserm lieben HErrn u. Haupte nachrühmen, daß Er uns auch hier nicht nur gemeinschaftlich sondern auch jedes besonders mit einem ganz eigenen Segen gesegnet hat.

[184] D. 18tn nahm der Heiland unsers lieben Hauswirths, Geschwister Liliendehls jüngstes Söhnlein vom 3 Jahren selig zu sich; wobey sich die Nähe des Kinder-Freundes selig fühlen ließ. Einige Tage zuvor, da er noch ganz munter war, fragte ich ihn, was er mache. Er antwortete ganz positiv: ich will zum Heiland gehen u. Ihn sehn; welches mir einen besondern Eindruck machte. D. 22tn reiste ich mit meiner Frau nach Harburg. Obgleich der Wind gegen Mittag sehr heftig wurde, wollten wir doch unsern Besuch nicht aufschieben, weil sie uns erwarteten. Als wir nun auf die große Elbe kamen, u. eben die Fluth eintrat, erhub sich auf einmal ein entsezlicher Sturm, welcher unser Fahrzeug so auf die Seite warf, daß das Wasser hineinströhmte. Da entstund ein füchterliches Angstgeschrey unter den vielerley Menschen von allerley Art. Wir waren aber kindlich getrost u. unserm lieben HErrn, auf dessen Wegen u. in dessen Dienst wir uns befanden, kindlich überlassen, ob wir gleich nichts als den Tod vor Augen sahen, u. riefen Ihn in der Noth um Hülfe an, weil alle menschliche Rettung aus war. Und da ich eben meiner lieben Frau den lezten Abschieds-Kuß geben wollte, kam ein Wirbel-Wind, u. richtete unser Fahrzeug wieder auf. Alles war mit Ausschöpfen des Wassers beschäftiget, weil wir uns in der äußersten [185] Noth zu sincken befanden. In Harburg wurden wir mit grossen Freuden empfangen. Unser Aufenthalt daselbst war mit Gnade u. Segen begleitet. Alle Abend war Versamlung u. weil dieselbe dasmal just aus 5 Paar Eheleuten bestand, so verlaß ich ihnen 2 Chorreden, worauf der Heiland einen besondern Segen legte.

Jede Gelegenheit war mit stillen Thränen begleitet, u. es gab Materie, ins Ganze bandenmäßig über der Geschwister Gang zu reden, insonderheit auch in Absicht auf die Kinderzucht. Des Vormittags besuchten die Geschwister uns, u. wir sie des Nachmittags. Bey Privat-Unterredungen ging es gefühlig u. offenherzig zu. Mit 2 ledigen Manns Leuten wurde ich hier bekannt. Der eine steht als Hautboiste u. der andre als Pfeiffer beym Artillerie Corps. An beyden ist eine wahre Gnaden-Arbeit des Heiligen Geistes zu mercken, die beym erstern tiefer geht, welcher auch sehr angelegentlich um Erlaubniß zu den Versamlungen bat. Er sagte unter andern, er hätte schon lange die selige Schmach tragen müssen, die ihm doch eine Ehre wäre, ein Herrnhüther zu heißen, u. hätte doch noch nichts von dem Segen ihrer Versamlungen genossen. Wir u. das Harburger Häuflein sind dem lieben Heiland herzlich danckbar, daß Ers durch die Verheirathung, des Bruder Barthels, eines [186] Unter-Officiers, dahin gebracht hat, daß wir so wol ein Plätzgen für uns haben, wenn wir besuchen, als auch dadurch dem Häuflein ein Oertgen verschaft worden, wo sie ungestört zusammen kommen können, als woran es noch bis jezt gefehlt hat. Wir weiheten es also mit Gebet u. Thränen ein, u. der Heiland bekannte sich dazu. Eine Schwester erzehlte uns, daß sie in voriger Woche in grosser Noth gewesen, indem sie von ihrer Nachbarin Geld geborgt u. es ihr auf einen bestimmten Tag wieder zu geben versprochen hätte. Da sie nun sehr bekümmert gewesen, wie sie das Geld wieder geben sollte, weil weder sie noch ihr Mann einen ₰ im Hause gehabt, wäre sie in Thränen gegen den Heiland ausgebrochen u. hätte Ihm ihre Noth geklagt. Als bald wäre jemand gekommen, der etwas kaufen wollen, u. da hätte sie praecis so viel bekommen, daß sie ihre Schuld wieder abtragen können. Am 25tn reisten wir von Harburg ab, beschämt u. danckbar für alles, was der liebe Heiland an uns u. unsern Geschwistern bey diesem Besuch gethan hat, u. kamen bey gutem Wetter u. Wind wieder nach Altona. Nachdem wir uns mit dem hiesigen Geschwistern ein wenig vergnügt hatten, so traten wir am 30tn Oct. eine abermalige Besuchsreise nach Mohrdyk u. der Gegend an. Der liebe Heiland war überall in [187] Gnaden mit uns, der Eindruck Seiner Marter erhielt unsre Herzen arm u. klein u. auch getrost, u. so war auch dieser Besuch, der bis zum 17tn Novbr. währte, uns u. unsern Geschwistern, wo wir gewesen, zum Segen.

Insonderheit war diesesmal in Bockel eine besondere Gnaden-Regung unter 5 Ehe Paaren u. einer Witwe zu spüren. In Glückstadt machte der liebe Heiland uns eine eigene Freude. Ich wurde mit dem Gesellen unsrer Geschwister Jungelasens, wo wir logiren, bekannt, der eben 2 Tage vorher bey ihm in die Arbeit gekommen war. Als ich ihn sahe, kriegte ich gleich einen besondern Eindruck von ihm, u. da ich mit ihm redete, brach er bald in Thränen aus. Als er nun merckte daß die Versamlungen im Hause waren, bat er am lezten Tage unsers Daseyns beweglich auch mit hinein gehen zu dürfen. In der Versamlung wurde er so angefaßt, daß er unter dem Gebet auf den Knien in lautes Weinen ausbrach. Er konnte sich hernach nicht genug darüber aus drücken, u. sagte unter andern: Gott wäre wahrhaftig in der Versamlung gewesen.

D 28tn Nov: gingen wir in Altona mit unserm Hauswirth u. einigen andern Geschwistern gemeinschaftlich in der Kirche zum Heiligen Abendmahl. Das war uns allen ein wahrer Segens Tag.

[188] Zu dem Häuflein welches wir bedienen, sind in diesem Jahr 5 neue hinzugethan worden. Hingegen hat der Heiland aus dem Mohrdyker Häuflein den alten 78 jährigen Witwer Marx Thede, unsers Bruders Marx Thede in Sarepta Vater, zu sich genommen. Ich habe ihn verschiedenemal in seiner langwierigen Kranckheit besucht, da er herzlich um den Heiland geweint hat.

8. Auszug aus Bruder Daniel Renners
Bericht von Cassuben vom May bis
Nov: 1773.

Der heilige Geist, der Jesum so gern allen armen Sündern in Seiner Marter-Gestalt abmahlt, war in den Pfingst-Feyertagen das Augenmerck, woran wir uns erinnerten, baten Ihn bey unsrer manigfaltigen grossen Schuld u. Fehlern um Vergebung, u. daß Er uns auch ins künftige nicht verlassen wolle. In den Monaten Jun. u. Jul. grassirten in der Gegend schwere Kranckheiten. Ich besuchte, auf Begehren, viele Krancken, u. sagte zu ihrem Trost manch Wörtlein von der Liebe des Heilands zu allen armen verlegenen Sündern. Etliche sind selig, im Glauben auf das theure Verdienst Jesu aus der Zeit gegangen, als: Ein Ehrmann in Giesebiz bejammerten anfänglich bey meinem Besuch die Zeit, die er in seinem Leben ohne Gott im verkehrten [189] Sinne zugebracht habe, u. fragte, ob sich der Heiland noch über ihn erbarmen u. ihn zu Gnaden annehmen würde; u. als ich ihm versicherte, daß er noch heute Gnade erlangen könne, wens er sich als verloren zu Jesu wendete, so seufzete er u. brach zu verschiedenenmalen in die Worte aus: HErr Jesu, erbarme Dich über mich, sey mir gnädig u. vergib mir alle meine Sünden! In dieser Situation u. anhaltendem Verlangen ist er am 4tn Juny verschieden. Eine Frau bekam, noch ehe sich ihr Mann recht erholt hatte, dieselbe Kranckheit. Sie war gleich in den Willen des Heilands ergeben. Anfänglich wünschte sie wol, wieder aufzukommen, ihrem alten Mann zu Liebe, um ihn noch zu pflegen; allein auch dieses fiel ihr endlich weg, u. sie sahe als eine arme, durchs Blut Jesu erkaufte Sünderin, dessen sie sich getrösten könte, ihrem erwünschten Ziel vergnügt entgegen. Ihr sehnliches Verlangen wurde am 12tn Juny erfüllt. Gleiches Glück wiederfuhr am 13tn einem armen Lazaro, der über Jahr u. Tag in grossen Schmerzen am rechten Fuß bejammernsvoll zugebracht hatte. Der liebe Heiland war sein einiger Trost bey allen Schmerzen, die er auszustehen hatte, u. hielt sich im Glauben (nach seinem eigenen Ausdruck) an den Mann der Schmerzen, der ihm auch seine Schmerzen erleichtere. Den lezten Morgen seines Hieniedenseyns sagte er zu [190] seiner Frau u. Kindern: Nun freuet euch mit mir! ja freuet euch, der Heiland ist schon da, Er wird mich bald zu sich nehmen! Darauf that er noch ein Herzliches Gebet, danckte dem Heiland für alle Liebe, die Er ihm auch in der Kranckheit erwiesen, u. ist so dann ganz sanfte entschlafen. Am 12tn Jul. besuchte ich in Löbe einen krancken Knaben, der sehr vergnügt in den Willen des Heilands ergeben war; sein Mund floß davon über, wovon sein Herz voll war, u. bezeugte unter dem seligen Gefühl der Nähe des Heilands sein grosses Verlangen, bey Ihm daheime zu seyn. Er betete unter andern: Allerliebster Heiland, ach mein Herzliebes Jesulein! ich bin ein gar armes Kind, ich bitte dich deswegen flehentlich erbarme Dich über mich, u. nimm mich zu Dir! p Und dieses geschahe auch etliche Tage darauf.

Sonst ist noch aus diesem Bericht der Besuch[WS 15] des Bruder Renners in Danzig anzumercken, wovon er unter andern schreibt: Während meines Aufenthalts allhier habe Gelegenheit gehabt, alle u. jede mir schon bekannte lieben Freunde, wie auch andere die es von mir verlangt, verschiedenemal zu sehen u. zu sprechen. Ich habe mir vom lieben Heiland bey mancherley Gesinnungen der Leute die Gnade ausgebeten, mich stets mit Seiner lieben Nähe zu begleiten.

[191] Ich habe mich auch in allen Vorkommenheiten kindlich an Ihn halten können, u. wo ich Gelegenheit gehabt, einzelnen oder mehrern Seelen ein Zeugnis von Jesu grosser Sünder-Liebe abzulegen, oder davon als eins Seiner Unmündigen zu stamlen, da habe solches nicht unterlaßen. Ich richtete mirs so ein, daß ich mehrentheils alle Tage einige Personen in u. ausser der Stadt besuchte; besonders habe ich mit einem dasigen evangelischen Prediger verschiedene recht gesegnete Herzens-Unterredungen gehabt. Ich bin bey diesem Besuch mit 5 Personen aufs neue bekannt worden, u. überhaupt gehören 7 Männer, 2 ledige Mannspersonen, 9 Weiber 3 Witwen, u. 6 ledige Weibspersonen da zu unsrer Bekanntschaft.

Schlüßlich ist noch anzuführen, daß Bruder Renner die erweckten Seelen in Cassuben, dazu 3 Prediger gehören, fleißig besucht hat: sie sind vor alles, was ihnen von der Gemeine zufließt, von Herzen danckbar. Sie u. Geschwister Renners empfehlen sich dem fernern Liebes-Andencken der Gemeine.

9.) Aus dem Bericht der Geschwister Wagners
vom Jahr 1773.

ist folgendes anzumercken:

1.) Daß er vor seine Person einen vergnügten Besuch in Herrnhuth, Niesky u. Barby gemacht, u. sich da für Herz, Seel u. Hütte viel zu gute gethan habe. 2.) Seinen Rückweg über Berlin [192] nach Schwedisch-Pommern genommen, wo er alle mit uns bekannten besucht hat, u. die meisten in einen vergnügten u. seligen Gange u. um mehrere u. gründlichere Erkenntnis u. Erfahrung der Gnade im Blute Jesu Christ verlangend angetroffen habe; wiewol ihm noch bey einigen der Wunsch übrig geblieben. Ach wenn sich doch die Seelen Jesu wollten ohne Ausnahme ergeben, wie so glücklich wären sie! 3.) Daß der liebe Heiland etliche am Ende aller Noth selig zu sich genommen habe, u. 4.) daß 6 Personen aufs neue zu ihnen gekommen. Es sind zusammen 245 Seelen, die mit uns bekannt sind u. die Gemein-Nachrichten zu ihrem Segen lesen, u. sich unter einander mit geistlichen u. lieblichen Gesprächen u. Gesängen erbauen. Sie empfehlen sich der Gemeine ins Gebet u. Andencken.

10.) Von dem Gnadengange des Häufleins in
St Petersburg vom Juli bis Sept. 1773.

Den Monat July zeichnete die Ankunft u. der Aufenthalt unsrer lieben nach Sarepta ziehenden Geschwister aus, die bis zum 12tn alle wohlbehalten hier eintrafen. Ein hiesiger Bruder gab bey Gelegenheit seines Geburtstages, ihnen zum Willkommen ein Liebesmahl, wobey diese lieben Pilger ihre Grüße ausrichteten. Wir Gemein-Geschwister hatten d. 10tn ein seliges Abendmahl. Es fügte sich schön, daß eben um die Zeit auch unsre hiesigen [193] Geschwister in ihren Kirchen zum heiligen AbendMahl gingen; worauf wir denn alle zusammen am 11tn unsern blutigen Heiland auf dem Angesicht anbeteten. Der Bruder Jacob Lange hat uns etliche Singstunden, Abendsegen u. die Gesellschaften der ledigen Brüder gehalten; Ueberhaupt ist es in dem Monat July sehr geschäftig, unter manchem Kummer, aber auch reichem Trost der Gnade u. augenscheinlicher Durchhülfe zugegangen. Sein süßes Lebens-Wort hat Er uns so wol in den Predigten als andern Versamlungen reichlich genießen laßen. Am 1 Jul. fing unser alter lieber Bruder Röse im Namen Jesu u. mit dem Segen der Geschwister die Schule ihrer Kinder an. Auf den Gesellschaften hat der alte Segen geruhet. Es kam vor: daß wir nach besondern Gnaden auch probirt u. versucht werden, u. wol etwas an uns komme, wenn uns am wohlsten sey; dabey wir in affect gerathen können, wenn wir uns über unser Seligseyn anders als schamroth freun. In einer andern, die voll von realen Herz-Materien war, welches einem Unaufgenommnen zum Segen war, kam vor: daß obgleich alle Unlauterkeiten uns abominable[WS 16] wären, wir doch fröhlich wissen, daß wir Sünder u. Schüler sind. Ein Unaufgenommener sagte dabey: er hätte sonst gedacht: es ist schwer, sich von Sünden zu bekehren, nun aber sehe er, es sey noch schwerer, sich von der Eigengerechtigkeit zu bekehren. Am 3 Aug. gaben die hiesigen Geschwister unsern abzureisenden lieben Pilgern ein Liebesmahl welches in der Nähe Jesu sehr liebreich u. gesprächig unterhalten wurde. Und am 7tn verband der selige Genuß des heiligen Abendmahls unsre Herzen zum Bleiben bey Seinem Creuze, zum treuen Dienst [194] Dienst in Seiner Sache u. zur wahren Bruder-Liebe.

☉ d. 8tn In der Litaney wurden diese Geschwister der Begleitung Gottes empfohlen; u. nachdem sie noch der Predigt über die Worte: Darum befleissigen wir uns, wir sind daheim oder wallen, daß wir Ihm wohlgefallen p. beygewohnt, u. die aus Narva am 6ten hier angekommnen Geschwister Burghards ihnen noch ein kleines Liebesmahl angestellt hatten, machten wir einen sehr zärtlichen Abschied mit einander auf dem Saale, unter Loben u. Dancken u. Flehen, u. so zogen sie Abends um 8 Uhr von uns ab, in Begleitung etlicher Geschwister bis zur Colonie, wo sie bey unsern Geschwistern die Nacht waren. Unsre hiesigen Brüder äußerten sich sehr vergnügt über das Gefühl der Bruder-Liebe bey diesem Abschied. Die Predigten am 15tn von dem Opfer der Thränen Jesu, u. am 22tn über Dan. 9: Wir liegen vor Dir – auf Deine Barmherzigkeit p. waren den Geschwistern zum Segen. Und die Materien zerschmelzten auch der Geschwister Herzen bey Wiederholung derselben in den Gesellschaften. In einer derselben kam vor: Wir richten so wenig mit unserm ängstlichen Grämen, als eignem Machen u. Treiben etwas aus. Kindliche Ergebenheit u. gläubige Hofnung genießt, die vergangene u. gegenwärtige Gnade, u. erlangt die künftige. Es ist die Mittel Strasse zwischen Leichtsinn u. Faulheit u zwischen Selbsthülfe u. Verzagtheit. Eine Hauptursache der Mangel des Seligseyns ist, der Mangel an Glaubens-Treue. Darum lasset uns aufsehen auf Jesum. Die Gedencktage dieses Monats [195] Aug. haben wir uns zum Segen erinnert, u. hatten am 13tn einen besondern Gnaden-Besuch vom lieben Heiland, am 29tn hatten die ledigen Brüder ein gefühliges u. erfreuliches Liebesmahl u. der Heiland stärckte beym Gebet unsre Hoffnung, hier noch mehr ledige Brüder zu erleben. Im Monat Sept. mercken wir an, daß die Montags-Versamlungen den Geschwistern zum besondern Segen gewesen. Bey einem Liebesmahl, das die Schwestern meiner Frau an ihrem Geburts Tag d. 13tn gaben, wurde angemerckt, daß die Schwestern hier mehr ab- als zunehmen, u. da sie die Schuld bey sich fanden, wurden sie ermuntert, Exempel u. Lichter in ihren Häusern zu werden; u. dieses legten wir unserm lieben HErrn kindlich an Sein Herz. Beym Verlesen der Gemein-Nachrichten machte uns des seligen Bruders Danke apostolischer, einfältiger u. gerader Herzens-Gang u. Zeugnis einen gesegneten, tiefen Eindruck. Die Reden aus den Wochen, genießen wir mit wahrem Segen. Unsre Gesellschaften sind uns auch real u. wichtig; so daß man öfter, mit Erkenntlichkeit u. Dancksagung, zur Brüder Gemeine zu gehören, das Bekenntnis gehört: Welche Gnade, u. welch ein Segen ist in solchen Gelegenheiten! In einer Gesellschaft da wir einander unser Elend klagten u. uns an Seinen Wunden trösteten, umgab uns eine selige Gnaden-Luft; aber dabey hieß es auch: Ohne ganzen Sinn zum Heiland in allerley Abwechselungen hingehen ist ein Marter-Leben u. unersezlicher Schade. Unsre Geschwister Ritters auf der Colonie der 28ger erfuhren zu Ausgang dieses Monats groß Herzeleid. Der Bruder Ritter war ☉ d. 26tn mit seinem kleinen Sohn hier bey uns gewesen u. die Nacht [196] drauf bey den 22 gern geblieben, u. das zu seinem Glück. Denn in der Nacht brachen russische Diebe plötzlich u. mit grosser Gewalt durchs Fenster in seine Wohnstube, stürmten gerade aufs Bette zu, wo seine Frau mit ihrem einzigen Töchterlein 5 Jahr alt, lag, banden der Mutter gleich das Gesicht zu mit Zusammendrückung der Gurgel, deckten die Betten drüber u. legten die Armen auf den Mund. Andre banden ihr Hände u. Füsse. 2mal hörte sie ihr Kind nach Mama rufen, u. hernach nicht mehr. Sie selbst blieb sich wenig bewußt, u. befahl sich ihrem lieben Heiland. Nachdem die Diebe Licht angemacht, beym Bette des Dienst-Mädgens, das sich tief schlafend stellte, Wache gesezt, u. alles ausgeräumt hatten, holten sie die Schwester Ritterin aus dem Bette, u. als sie noch Leben in ihr spürten, bunden sie sie noch vester, u. warfen sie ins Keller-Loch hinein. Sie kriegte hernach doch eine Hand los, u. kroch, da die Diebe kaum aus dem Hause waren, heraus zu ihrer Nachbarin hin. Als sie sich auf ihr Kind besann u. es suchte fand sie es in seinem Blute todt: Denn sie hatten es durch Zusammendrückung der Luftröhre erstickt. Es war ein verständiges, artiges u. den Heiland sehr liebhabendes Kind, u. sang gerne Verse, besonders: Christi Blut u. Gerechtigkeit p. welches sie noch den lezten Abend vorm Schlafen gehen mehrmalen recht angethan gebetet. Der Eltern Schmerz ist groß, das Kind war ihre Freude; doch ist der Trost Jesu noch größer, u. sie beyde sind uns zur Erbauung. Unter andern haben uns besucht der Herr Baron v. Moser, Herr v. Schrautenbach, ingleichen 2 Freunde unserer Brüder in Sarepta, nemlich der in Astracan gestandene u. nach Cronstadt ziehende Apotheker Fritsche, u. der Wachtmeister Diez, der unsre 4 Brüder in Kislar beherberget hat, welche beyde Sarepta nicht genug rühmen konten.

[197]
II. Auszug aus dem Diario der Gemeine zu
Lichtenfels in Grönland vom Jul. 1772 bis
Ende July 1773.

Zu Anfang July hatten wir vielen Besuch von Süderländern, die wir zu Jesu, ihrem u. der ganzen Welt Heiland, wiesen. Einige waren nicht ohne Überzeugung von dem, was sie von ihrem Schöpfer hörten, u. wir baten sie, es nicht zu vergeßen. D. 10tn fanden wir die Geschwister beym Sprechen zum Abendmahl sünderhaft u. verlangend nach diesem hohen Gute. Nachmittag wurde die Hütte der am 8tn entschlafenen Wittwe Dina beerdiget. Sie kam 1762 zu uns, ward d. 6tn Jan 65 getauft u. d. 29tn Dec. 1770 des heiligen AbendMahls theilhaftig, u. es ging eine merckliche Veränderung bey ihr vor. Schon vielmal bezeugte sie ein sehnliches Verlangen, zum Heiland zu gehen. Sie hat auch bis zu ihrem Verscheiden von Ihm u. Seinen Wunden geredet, u. denen die num sie waren, einen tiefen Eindruck hinterlaßen. Abends theilte unser Haus Gemeinlein den Verbindungs-Kelch unter sich, zum Abschied mit Bruder Joh. Ludwig Beck. Sein Vater ertheilte ihm nach einem imbrünstigen Gebet u. unter Liebes-Thränen der Geschwister, den Segen zu seiner Reise u. künftigem Gange. D. 11tn früh reiste er von hier nach Friedrichshaab, um von [198] da zu Schiffe nach Europa zu gehen.

Die Frühstunde d. 16tn hielt der Helfer, Bruder Benjamin mit Gefühl, u. bat die Geschwister Jesum Christum den Gecreuzigten ja nicht aus den Augen zu lassen, denn das beständige Hinblicken auf Ihn mache die Seligkeit eines armen Sünders aus. Bruder Böhnisch fuhr d. 20tn auf die Loge, um den Zimmermann abzuholen, den uns der Kaufmann Raun, zur Hülfe an der Verkleidung unsers Hauses von außen, angeboten hatte. Einige Friedrichshaabsche Grönländer kamen auf ihrem Rückwege von Norden hieher, u. waren Abends in der Versammlung. In der Frühstunde d. 21tn sagte Bruder Simon: Der Heiland spricht: Bittet, so werdet ihr empfangen. Ihr wißt, daß wir alle Heiden waren, u. gar nicht an Ihn gedacht haben, bis Er uns durch das Wort von Seinem Leiden, Tod u. Blutvergießen vom Schlafe der Sünden erweckt, u. uns durch Seinen Geist gezeugt hat, daß wir nach Leib u. Seele ganz verdorben sind. Da haben wir angefangen zu bitten, u. viele von uns wissen auch, daß Er uns erhöret u. mehr an uns gethan hat, als wir von Ihm gebeten. Darum sollen wir Tag täglich Seinen Tod u. Leiden bedencken u. auch recht danckbar Ihm dafür seyn.

[199] D. 23tn wurde die Leiche unsrer lieben Schwester der Wittwe Rebecca begraben. Sie war 1741 nebst ihrem Bruder von Cap. Farewell in Neuherrnhuth angekommen, wurde im Dec. 42 getauft, u. suchte durch Wort u. Wandel ihrem Geschlecht den Heiland anzupreisen. 1746 trat sie mit dem seligen Bruder Amos in die Ehe, die der Heiland mit 2 Söhnen u. einer Tochter segnete: leztere ist noch am Leben u. hier Helferin der ledigen Schwestern. Im Nov. 1748 gelangte sie zum heiligen Abendmahl. Bey Bruder Joh: Besuch 1752 kam sie in die National-Helfer-Conferenz. 1756 ward sie Wittwe, u. muste sich etliche Jahre mit ihren Kindern kümmerlich durch bringen, blieb aber im Vertrauen, zu dem Vater der Witwen u. Waysen: Anno 62 kam sie hieher, wo sie bis an ihr seliges Ende Chorhelferin der Wittwenn war. Sie weidete sich als eine arme Sünderin in Jesu Leiden, u. sagte in ihrer lezten Kranckheit: Jesu Leiden ist allein mein Trost; ach wenn Er mich doch bald zu Sich holte! Dieses Glück wiederfuhr ihr d. 22tn.

In der Früh-Stunde d. 25tn sagte Bruder Anton: Ihr wißt, daß wir uns jezt im Sommer ein jedes um das Leibliche bemühen, um im Winter was zu haben: wie viel mehr sollten wir Bedacht seyn, für unsre Seele Speise zu sammlen, [200] die unvergänglich ist; u. das können wir haben, wenn wir uns an den Marter-Mann halten, uns an seinen Wunden nähren u. täglich aufs neue Blutströpflein von Ihm ausbitten. Bruder Sörensen, der am 19tn nach Neuherrnhuth gegangen, retournirte mit der Schwester Schubert am 27tn Sie brachten uns die neuen Gesangbücher mit, die wir europäischen Geschwister in der Abende Versamlung gleich brauchten; worauf unsre grönländischen Geschwister sich auch herzlich freuen. Einigen Süderländer, die auf ihrer Rückreise hier ankamen, verkündigten wir den Heiland, sie waren aber mehr aufs Handeln als vom Heiland zu hören gerichtet. Einer sagte: er wüßte wohl, daß wir hieher gekomen wären, die Grönländer von ihrem Schöpfer zu unter weisen.

D. 1 Aug. in der Frühstunde prieß Bruder Ephraim die Liebe des Heilands gegen uns und alle Menschen an, mit Bitte, recht danckbar zu seyn, daß Er uns von der Finsterniß zu seinem lichte gebracht. D. 2tn wurde die Schwester Schubert durch Bruder Beck den ledigen Schwestern u. großen Mädgen als ihre Chorhelferin vorgestellt. D. 6tn bezeugte Bruder Ludwig, der von Neuherrnhuth gekommen war, in der Frühstunde aus eigener Erfahrung, was das Blut des Heilands an armen Sündern thue, die sich im Glauben an Ihn halten, u. sich Ihm ohne Ausnahme [201] zum Lohne Seiner Schmerzen hingeben.

Geschwister Ballenhorsts, die am 4tn von Neuherrnhuth hergekommen waren, retournirten nach einem vergnügten Aufenthalt d. 11tn zurück.

D. 12tn wurde die Leiche des am 9tn heimgegangenen Bruder Mosis beerdiget. Er war einer unserer alten Bekannten, u. hatte das Evangelium ofte gehört, welches auch endlich sein Herze so einnahm, daß er 1771 mit Frau u. Kindern aus Drang des Herzens zu uns kam, und man konnte es ihm gut abfühlen, daß es sein wahrer Sinn war, sich dem Heiland zu ergeben. Er wurde noch im Apr. ejusdem anni[WS 17] getauft. Er konte dem Heiland nicht genug dancken, daß Er ihn mit seinem Blute von seinen Sünden gewaschen; u. dieser Eindruck ist ihm, nach seiner Kinder Erzehlung, bis an sein seliges Ende geblieben. Vor einigen Wochen fuhr er mit den Seinigen südwärts auf seinen gewöhnlichen Erwerbe Plaz. Daselbst bekam er ein hartes Seitenstechen, welches die Gelegenheit zu seiner Auflösung war.

In der Frühstunde sagte Bruder Simon: Es ist euch bekannt, wenn wir in Gefahr sind zu Wasser oder Land, u. wir wissen, es ist jemand nicht weit von uns, so rufen wir ihm um Hülfe. Eben so ists, wenn wir fühlen, daß wir elende Menschen sind u. uns selber nicht helfen [202] können, glauben aber, der Heiland ist uns nahe u. kan uns in allen Umständen helfen: so dürfen wir Ihm nur unsre Noth klagen. Er hilft uns gewiß mit Freuden. Wir dürfen nur bedencken, daß Er für uns gestorben ist u. Sein Blut für uns vergossen hat. Sollte Er uns jezt nicht erhören, wenn wir Ihn anrufen. Bruder Joh. Ludwig Beck schrieb uns vom 21tn July, daß das Schiff noch heute Abend abgehen sollte, u. empfahl sich unsrem Andencken u. Gebet.

D. 13tn Aug. erinnerten wir uns so wol im teutschen als grönländischen[WS 18] Morgensegen der besondern Gnaden-Heimsuchung in der Kirche zu Berthelsdorf 1727, u. danckten dem lieben Heiland, der auch uns aus Gnaden zu seiner Brüder Gemeine gebracht hat. In der Frühstunde d. 17tn sagte Bruder Anton: Laßt uns heute wieder aufs neue zum Heiland gehen u. Ihm unsre Herzen geben, damit Er uns zu seinen Wunden leite, daraus wir Leben u. Freude für unsre Seelen erlangen, sie stehen allezeit offen, wie ein Brunnen, der überfließt. Denckt nur, wie wohl es uns thut, wenn wir recht durstig sind, u. wir zum Brunnen kommen, wer wollte sich da nicht laben! U. dazu ruft uns der Heiland alle Tage. [203] So lasset uns denn alle Seiner Stimme gehorsam seyn, wie die guten Kinder ihren Eltern.

D. 23tn kamen die Brüder Sörensen, Böhnisch u. Jacob Beck, die südwärts einige Meilen nach Holz aus gefahren waren, zurück. Bruder Böhnisch war zu einer Familie gefahren, die sonst hier gewesen, u. von welcher der Mann Nicola, sich hatte verlauten laßen, nach Süden zu fahren. Bruder Böhnisch redte herzlich mit ihm; worauf er sagte: Seine Frau u. Kinder sollten mit den Brüdern zur Gemeine fahren u. sein Boot u. Zelt mitnehmen, er aber könne nicht, u. habe sich entschloßen, da zu bleiben, bis es ihm anders würde. Jene kamen dann mit unsern Brüdern, den Mann aber empfahlen wir der Barmherzigkeit Jesu. D. 25tn wurde die Kinderstunde aufs neue hier angefangen, da nun wieder mehr Kinder hier sind.

Einige Geschwister fuhren zu einem kleinen todten Wallfisch, der zwar schon halb von Seethieren gefressen war, davon sie aber noch ein gut Theil bekamen. D. 29tn Aug. wurden im Morgensegen die ledigen Brüder dem Heiland zum Segnen empfohlen, u. mit den 2 ledigen Brüdern Böhnisch u. Jacob Beck hatten wir ein Liebesmahl. Den Grönländischen ledigen Brüdern wurde [204] Abends dieses Fest bekannt gemacht, u. ihnen dasselbe erklärt, um daran auch antheil zu nehmen u. es zu ihrem Segen anzuwenden. Zum Schluß des Tages erneuerten wir 4 Europäische Brüder beym Verbindungs-Kelch den Bund, dem Heiland Treu u. zu seinem Dienst ganz ergeben zu bleiben.

Es war auch das Begräbniß des seligen Bruder Augustus, der in einem Alter von etlichen u. 60. Jahren verschieden war. 1751 kam er mit seiner Familie von Inucksuk nach Neuherrnhuth, wo er noch in dem Jahr d. 28tn Nov. getauft wurde. Seine rauhe Naturart verlor sich balde, da er sein Herz dem Heiland hingab. Im Marz 1755 da er sein Herz gelangte er zum heiligen Abendmahl, u. seitdem wuchs er an inwendiger Gnade.

bey dem Anfang von lichtenfels anno 1758 kam er mit den Seinen hieher. Da er hier einmal einen unglücklichen Fall gethan, u. das Alter dazu kam, so muste er auf Händen u. Füssen in die Versamlungen kriechen. In seiner lezten Kranckheit wurde er fleißig besucht u. jedes mal vergnügt angetroffen. Er bezeugte, wie wohl ihm wäre, u. wie er verlangte, als ein armer Sünder zum Heiland heim zu gehen. In der Frühstunde d. 3tn Sept. bat Bruder Anton [205] die Geschwister, sich zu Land u. See an den Heiland fleißig zu halten, welcher seine durch grabne Hand täglich nach einer jeden Seele aus strecke, um sie zu seinem Schmerzens-Lohne zu haben. U. daß Er uns selig machen wolle, davon könne sich jedes das zum Zeichen nehmen, daß Er für uns gestorben, da wir noch nichts von Ihm gewust haben. Nun habe Er uns gesucht u. zur Gemeine gebracht, daher Er uns ganz haben u. bewohnen wolle.

D. 5tn erhielt Merab, des obgedachten Nicola Frau, die seit Jahr u. Tag vom heiligen Abendmahl ausgeschloßen gewesen, wiederum Erlaubniß, mit zu gehen; u. wir hatten noch diesen Abend die Freude, daß ihr Mann als ein verlornes Schaf wieder zur Herrde kam. Er konnte es nicht länger schaffen, sich den unablässlichen Erinnerungen des heiligen Geistes zu wiederstreben. Das Ehechor-Fest am 7tn Sept. feyerten wir mit einem vergnügten Liebesmahl.

D. 10tn brachte Bruder Sörensen aus der Graeter-Fiorde eine Familie, die schon voriges Jahr hier gewohnt hatte. Zugleich kam eine Familie aufs neue zum wohnen hieher, worüber sich alles herzlich freuete. D. 18tn erinnerte Bruder Beck die Kinder in ihrer Versamlung. an die Gnaden, die der Heiland ihnen erwiese, da Er [206] sie täglich von Seinen blutigen Wunden und von seinem bittern Leiden u. Sterben für sie hören ließe, u. davor verlange Er nichts als ihre verdorbene Herzen, um sie zu zurichten u. darinnen zu wohnen. In der Frühstunde d. 19tn sagte Bruder Simon: Ihr wißt, daß uns die Wilden gläubige Menschen nennen. Ach wenn sies doch von einem jeden unter uns mit Wahrheit sagen könten! Sie sagen es, weil sies gehört haben. Aber der Heiland sagt: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen: denn wer an den Heiland gläubt u. Ihn lieb hat, der soll auch wandeln u. handeln, wie Er gethan hat. Und da fehlt es uns noch sehr. So laßt uns als Sünder zu Ihm gehen u. Ihn bitten, daß Er uns so mache, wie Er uns gerne haben will. D. 22tn fing er die Frühstunde mit den Worten an: Wir haben nichts in diese Welt gebracht, u. werden auch nichts mit nehmen. Dem dancke ich jezt in meinem Alter sehr nach; denn wenn ich jezt den Heiland nicht kennte, so lebte ich täglich in Furcht des Todes. Aber wie froh u. danckbar bin ich, daß ich Ihn in meinem Herzen habe u. fühle! Ihn habe ich zu meinem Trost u. Sein Blut zu meinem Kleide, wenn ich von hinnen scheide. Dieses sagte Er mit Thränen in den Augen, u. bat, daß sich ein jedes unter [207] suchen möchte, wie es mit dem Heiland stünde, wenn es heute abgerufen werden sollte.

D. 2tn Oct. wurde die Leiche der ledigen Schwester Anna Catharina begraben. Sie kam 1769 mit ihren Eltern hieher, u. es war ihr gleich um den Heiland zu thun. Drauf wurde sie im Apr. getauft, u. ging hernach einen stillen u. seligen Gang.

D. 4tn war das Begräbnis der Wittwe Paulina. Sie war 1767 nebst ihren 3 Kindern von Jnnuksuck hieher gekommen, u. wurde 1769 im Febr. getaufft. Sie muste sich sehr arm u. kümmerlich durchbringen. Sie war schon eine Zeitlang kräncklich, daher sie oft sagte: Ich werde wol bald als eine arme Sünderin zum Heiland gehen! u. dieses erfolgte d. 3tn. D. 7tn redte der alte Bruder Simon mit warmen Herzen von der Keuschwerdung an Leib u. Seele, u. daß uns sonst nichts bewahren könne, als die Betrechtung von Jesu Leiden u. Tod.

D. 11tn war das Begräbniß der seligen Schwester Kirsten, Ludwigs Frau. Sie kam 1768 mit ihrem Manne hieher, war um Gnade verlegen, wurde 1769 im Febr. getauft u. 1771 im August des heiligen AbendMahls theilhaftig. Sie erhielt im Mart 1772 nebst ihrem Manne den Kirchen-Segen zu ihrer außer der Gemeine angefangenen Ehe, u. war auch im Stunden-Gebet. Alle diese Gnaden nahm sie mit Scham u. Beugung vom Heiland an. [208] Sie versäumte nicht gerne eine Versamlung und ihr Herz lebte in der Marter-Gottes. Sie ging mit einem Kindlein unter ihrem Herzen selig Heim, nachdem sie in den grösten Schmerzen, zu jedermans Erbauung, sich sehr geduldig bewiesen, u. ihr ganzes Vertrauen auf den HErrn gesezt hatte, in ihrem 30tn Jahr.

D. 12tn erfuhr Bruder Friedrich auf dem Seehunds-Fang eine Besondere Bewahrung des Heilands. Er wurde von einem Seehund umgerißen. Bruder Anton, der nicht weit von ihm war, eilte gleich auf ihn zu, fand aber, daß er schon aus dem Kajack gekrochen war. Er nahm ihn gleich bey dem Kopf, zog ihn über das Wasser, und machte ihm eine Seehunds-Blase unter die Arme vest, damit er nicht sincken könnte, hielt ihn dann bey sich am Kajak, leerte das Wasser aus seinem Kajack aus, u. half ihm wieder hinein. Das alles that er auf der Wilden See bey einem harten Nordwinde, u. sie kamen Abends mit einander glücklich nach Hause, wofür wir dem Heiland danckbar waren. In der Frühstunde d. 14tn sagte Bruder Anton: Meine Geschwister, wenn doch ein jedes nach unserm heutigen Erinnerungs-Worte als ein Elendes gerade zum Heiland gehen wollte, denn Er hat alle Elende gerufen, so würde ihm geholfen werden, daß es sich hier [209] in der Zeit u. in der Ewigkeit würde freuen können. Denn der Heiland hat uns durch Seinen Tod u. leiden Leben u. Seligkeit erworben, wir dürfen es nur als arme Sünder im Glauben annehmen. Heute gingen 2 Geschwister selig heim. 1.) Der ledige Bruder Philippus in seinem 23tn Jahr, Er kam 1758 von Neuherrnhuth hieher, u. wurde d. 28tn Febr. 1762 getauft. Er ging einen Sünderhaft seligen Gang. 2.) Die Wittwe Mar. Magdalena, die mit ihrem Bruder Isaac 1771. hieher gekommen war. Ihr Verlangen nach der heiligen Taufe wurde kurz vor ihrem Ende zu ihrer großen Freude erfüllt.

D. 18tn am Gemeintag wurde ein Mann Stephanus, ein Lediger Joh. Ludwig, eine Frau Sarah, 2 Wittwen Rebecka u. Dina u. ein großes Mädgen Anna Catharina unter einem seligen Gefühl des Friedens-Gottes durch die Brüder Beck u. Sörensen in Jesu Tod getauft.

Bruder Anton sagte d. 24tn in der Frühstunde: Wenn doch ein jedes den Ruf zur Gemeine recht bedencken wollte, denn da findet mann unzehliche Ursachen dem Heiland zu dancken! So lange wir noch nichts von Ihm gehört haben, gingen wir alle in der Irre. Er hat uns aber durch Sein Wort wissen lassen, daß wir ohne Ihn nicht zurechte kommen können; u. darum [210] [WS 19]hat Er sich für uns in Noth u. Tod gegeben, daß wir doch ein Vertrauen zu Ihm faßen u. Ihn lieben möchten. Dazu sind wir auch alle, groß u. klein, berufen, das, was Er uns so sauer erworben, recht zu genießen.

D. 31tn hatten wir ein sehr seliges AbendMahl. Bey dem LiebesMahl wurde Joh. 17tn u. beym Fußwaschen Joh. 13, unter einem besonders seligen Gefühl u. mit Eindruck aufs Herz gelesen.

Am 7tn Nov. in der Frühstunde, die der Bruder Anton hielt, ließ sich der Heiland recht nahe fühlen, u. man sahe viele Wangen voll Thränen. Es wurden die neu eingerichteten Gesellschaften[WS 20] den Geschwistern bekannt gemacht. Es befinden sich 324 Seelen in 48 Gesellschaften. Das Mädgen Rosina ging in seinem 14tn Jahr selig heim. Sie kam 1759 mit ihren Eltern Johannes u. Elisabeth her, u. wurde von jedweden geliebt. Bey zunehmenden Jahren wurde sie oft verlegen, daß sie allein in ihrer Familie ungetauft sey. Denn ihre Eltern u. Geschwister waren die ersten, die hier getauft worden. Anno 1766 d. 19 Jan: wiederfuhr ihr diese Gnade, worin sie auch bis an ihr selig Ende fortging. Sie kam fleißig in die Schule, u. konnte gut lesen.

D. 9tn hatten die Kinder zum erstenmal [211] ihre Litaney aus dem neuen Gesangbuch, und nachher wurde die Schule mit ihnen angefangen wobey sie alle recht vergnügt u. aufgelebt waren.

D. 12tn in der Frühstunde prieß Bruder Simon den Geschwistern den Tod u. das Leiden des Heilands mit Gefühl an. Nachmittag hatten die Ungetauften ihre Versamlung, in welcher von den Grundsäzen der Christlichen Lehre gehandelt wird. Am 13tn Nov. weiheten wir uns aufs neue unserm HErrn u. Aeltesten, u. hatten ein LiebesMahl. Abends war die National-Helfer-Conferenz beisammen, welche mit 4 Geschwistern vermehrt wurde.

D. 19tn in der Frühstunde redte Bruder Ephraim davon, wie wohl einem sey, wenn man von Früh bis in die Nacht mit dem lieben Heiland umgehe; u. wünschte allen die selige Erfahrung davon. Die Versammlung der Ungetauften am 26tn war besonders begnadigt, so daß man viele Thränen von den Wangen rollen sahe. D. 27tn erhielten 67 getaufte Geschwister Erlaubnis, zur Liturgie: „O Haupt voll Blut p.“ zu kommen, welches einen besondern Eindruck machte. Es kamen nachher noch viele, klagten mit Thränen ihr Elend, und wünschten, daß ihnen auch die Gnade bald wiederführe. Sie wurden getröstet und [212] zum Heiland gewiesen. D. 2 Dec: wurde das am 1tn dieses geborne Töchterlein unsers lieben Freundes Raun, der sich nebst seiner Frau einige Tage hier aufgehalten hatte, auf ihr Ersuchen durch Bruder Beck getauft mit Namen Charlotta Helena. D. 4tn erfuhr Bruder Carolus eine besondere Bewahrung, da er von einem Seehund umgerissen worden, u. schon aus dem Kajak gekrochen war. Einige Brüder kamen ihm zu Hülfe, zogen ihn aus dem Wasser, da er schon ziemlich gesuncken war, u. brachten ihn auf ihren Kajacken nach Hause. Er hatte zwar schon zimlich viel Seewaßer eingeschluckt, erholte sich aber doch bald wieder, wofür wir dem Heiland Herzlich danckten.

D. 5tn sagte Benjamin in der Frühstunde, Ich will euch einmal meines Herzens Sinn gerade heraus sagen: Vielleicht ist es einigen von euch auch so: Ich fühle daß ich ein verdorbenes Herz habe u. nichts Gutes in mir. Weil aber der Heiland die Elenden u. Verdorbenen Menschen zu Sich gerufen hat, so ist das nicht nur alle Morgen beym Erwachen, sondern wenn ich des Tages im Kajack aus bin, meine Bitte zu Ihm, daß Er mir in seiner Todes Gestallt nahe sey, u. mir durch seinen heiligen Geist Seine Wunden verklären [213] lasse, u. das thut Er auch treulich so daß ich oft sehr beschämt da stehe u. Ihm herzlich dancke. Dencket doch nach, ob es euch auch so ist.

D. 7tn gingen die Brüder Sörensen u. Jacob Beck nach der Loge, um zu sehen, ob jemanden von den Grönländern daselbst mit dem Evangelio gedient wäre. Sie blieben über Nacht da. Bruder Sörensen hielt den Grönländern eine Rede, u. prieß ihnen den Heiland an; redete auch mit einem jeden besonders, u. stellte ihnen ihren schlechten Zustand vor, so lange sie ohne den Heiland lebten. Einige bekannten daß es Wahrheit sey. D. 8tn war ein Mann, Seckinak, aus Süden hier, mit dem wir ausführlich redeten; wir merckten, daß er einen Eindruck von der Wahrheit bekommen, den er wol nie verlieren wird. D. 9ten in der Frühstunde sagte Anton: Erinnere sich doch ein jedes, wie ihm gewesen ist, da es vom Heiland ergriffen u. zur Gemeine gebracht worden, u. bedencke, ob ihm noch alles so wichtig ist wie damals, oder ob es gleichgültig geworden ist. Besonders bitte ich die Kinder, daß sie ja ihre Zeit wohl anwenden, da sie von ihren Eltern u. Lehrern täglich vom Heiland hören. Unsere Eltern haben uns nur zum Bösen verleitet, welches [214] wir nun schmerzlich fühlen u. uns damit plagen müßen. Daher haben wir große u. kleine allezeit nöthig, den Heiland zu bitten, unsere Herzen mit seinem Blute zu besprengen.

D. 14tn wurden die Kinder erinnert, die Verse, die sie in der Schule lernen, zu Hause fleißig zu wiederholen, damit ihre Eltern die schönen Weihnachts-Verse[WS 21] auch lernen möchten. D. 15tn beschlossen wir die Grönländische u. teutsche Biebel Lection aus der Apostel briefen, u. nun lesen wir wieder die Harmonie der 4 Evangelisten. Das Wort Gottes ist unsers Herzens Weide. D. 17ten kam Nicola aus Drang seines Herzens und beklagte mit Thränen seinen jezigen schlechten Zustand. Mann rieth ihm, sich damit zum Arzt aller Krancken zu wenden.

In der Frühstunde d. 19tn sagte Ephraim: Es ist unaussprechlich wie sehr uns der Heiland lieb hat. Er hat an uns gedacht, ehe wir geboren waren, ist für uns Mensch worden, hat gelitten ist gestorben, u. hat sein Blut vergossen, u. nun hat Er uns durch Sein Wort u. durch Seinen heiligen Geist berufen, daß wir das alles genießen sollen. So laßt uns denn alle unser Vertrauen auf Ihn sezen u. so w. D. 24tn kamen verschiedene [215] von der Loge zur Feyer der Christnacht, welche erst von den Kindern u. dann von den Erwachsenen seliglich begangen wurde. Die folgenden Tage wurden sodann gleichfals mit Loben u. Dancken für die heilige Geburt unsers lieben HErrn zugebracht.

D. 30tn in der Frühstunde sagte Bruder Simon: Meine Lieben! Wir haben dieser Tagen manches tröstliche Wort von des Heilands Menschwerdung, Leiden u. Blut vergießen gehört; was denckt ihr, was hat wol den Heiland bewogen, in solche Noth, ja gar in den Tod zu gehen? nichts als seine große Liebe u. Erbarmen gegen uns arme Menschen, weil wir an Leib u. Seele ganz verdorben waren, u. uns selbst nicht helfen konnten. So laßt uns nun alle Tage als Krancke zu Ihm, zu unserm Arzte gehen, u. sein Blut u. Wunden als unsre Arzeney brauchen, denn Er allein kan uns gesund u. selig machen. D. 31tn Dec. In der Frühstunde wurden die Geschwister ermahnet, ein jedes für sich alleine mit dem Heiland über seinen Gang im verfloßenen Jahre aus zu reden, sich absolvieren u. aufs neue Segnen zu laßen. Abends machten zuerst die Kinder u. dann die Erwachsenen den seligen Beschluß des Jahrs mit dancken für alles Gute, das [216] wir bis daher von unserm lieben HErrn genossen haben, u. baten uns Seinen Segen auch auf das neue Jahr Kindlich aus.

In dem Jahr 1772 sind zu uns gekommen von den Wilden 15 Seelen u. von Neuherrnhuth eine ledige Schwester. Getauft sind worden 15 Kinder u. 17 Erwachsene; 3 sind zum heiligen AbendMahl gelangt, 5 Paare sind getraut, u. 9 17 Geschwister heimgegangen, u. auch 2 Ungetaufte.

Die Gemeine in Lichtenfels bestand beym Schluß des Jahres aus 106 verehlichten Geschwistern 47 ledigen Brüdern u. Knaben, 2 Wittwern, 31 Wittwen, 61 ledigen Schwestern u. Mädgen, 101 Kindern, suma 348. Davon sind 99 Communicanten, 169 Getaufte, u. 80 Ungetaufte.

Anno 1773 d. 1 Jan. begingen die ledigen Brüder ihr Chorfest mit Gnade. 2 Knaben wurden ins Chor aufgenommen. D. 2tn kam eine Frau Kanik u. kam bat mit Thränen, ihrer vor dem lieben Heiland zu gedencken, sie, ihr Mann u. Kinder möchten auch mit Jesu Blut von ihren Sünden gewaschen werden. Es wurde ihr gesagt, sie sollte sich mit Gebet u. Flehen zum Heiland wenden, so würde Er zur rechten Stunde ihr diese Gnade wiederfahren lassen, u. so ging sie getröstet nach Hause. D. 5tn bezeugten Verschiedene, daß sie in den Versamlungen der lezten Feyertagen den Heiland [217] besonders nahe gefühlt hätten. D. 7tn in der Frühstunde sagte Bruder Anton: Wir haben die Zeit her gar manches angenehme Wort von des Heilands Menschwerdung tiefen Erniedrigung, Leiden, Sterben u. Blutvergießen gehört, u. daß Er zum Licht u. Trost der Heiden in die Welt kommen ist. Nun für alles, was Er aus gestanden hat, verlangt Er nichts von uns als unsre verderbten Herzen, die Er sich selbst zur Wohnung zubereiten will. So laßt uns denn zu Ihm gehen u. Ihn bitten, unsre Herzen aufs neue zu segnen u. mit seinem Blute zu besprengen, so werden wir ein Vergnügtes u. Seliges Jahr haben.

D. 8tn in der Kinderstunde sagte Bruder Johannes: Ihr wißt, wenn ihr des Morgens aufsteht, so seyd ihr hungrig u. wollt etwas zu essen haben. So sollt ihr auch alle Tage, wenn ihr erwacht, gleich den Heiland bitten, daß Er eure Herzen mit Seinem Worte speise u. mit seinem Blute träncke, so werdet ihr in Seiner Liebe zunehmen, so wie ihr dem Leibe nach von Jahr zu Jahr zunehmet, wachset u. stärcker werdet. D. 9tn taufte Bruder Sörensen den Krancken 5 Jährigen Sohn Heinrich, des Bruder Stephanus in seinem Hause; es er verschied aber Tages drauf, als d. 10tn selig.

[218] Die Knaben feyerten ihr Chorfest heute im Segen. Ihre Anzahl wurde mit 4 vermehrt.

In der Frühstunde d. 12tn hielt Bruder Ephraim den Geschwistern folgende Fragen für vor: Warum bin ich hieher zu den Gläubigen gekommen? Bin ich von meinem Sündenschlaf erwacht u. aufgestanden? hat der Heiland mein Herz erleuchtet u. mit seinem Blute gewaschen? Gehe ich alle Tage als ein Sünder zu Ihm? Ist Sein Wort meine Speise? Dencke ich beständig an Sein Wort u. Leiden? Hab ich Ihn recht lieb? Ist es mein ganzer Sinn, für Ihn zu leben? u. s. w. und sezte hinzu: wenn sich ein jedes so fragen will, so wird ihm der heilige Geist schon darauf antworten.

In der Frühstunde d. 16tn bezeugte Bruder Jonathan aus eigner Erfahrung u. mit Thränen, wie treu u. gnädig der liebe Heiland gegen die armen Sünder sey. D. 19tn Jan. an dem Gedencktag des Anfangs der Mission nach Grönland danckten wir unserm lieben Herrn auf den Knien mit Scham u. Beugung für das, was Er seit der Zeit an uns u. diesem Volcke gethan hat, und baten Ihn mit Thränen, uns alle nach seinem Herzen zu gestallten. Die Grönländischen Geschwister wurden ermahnet, dem Heiland Kindlich zu dancken, daß Er sie zu dieser Gnaden [219] Zeit durch das Evangelium berufen habe, u. sich Ihm mit Leib u. Seel zum Lohne seiner Schmerzen hinzugeben. Erst hatten alle Schwestern, u. dann alle Brüder ein LiebesMahl mit Heringen. Auch hatte unser Haus-Gemeinlein ein LiebesMahl, u. wir fühlten den ganzen Tag die liebe Nähe unsers HErrn, u. das Andencken unsrer lieben Geschwister. Am 22tn Beym Sprechen zum heiligen AbendMahl fanden wir die Geschwister hungrig und durstig nach diesem hohen Gute, u. konten uns über sie freuen. 6 Geschwister genossen am 23tn das heilige Sacrament zum erstenmal, nehmlich 2 Männer Albert u. Gideon, eine Frau Justina, eine Witwe Theodora u. 2 ledige Schwestern Abigail u. Wihelmina. Die Schule, die wegen der kurzen Tage u. der Kranckheit unter den Kindern ausgesezt worden war, fingen wir d. 27tn wieder an. Viele Kinder hatten auch schon ein großes Verlangen darnach bezeugt.

D. 29tn ging die Schwester Theresia, Loths Frau, selig heim. Sie kam 1762 von der Loge hieher, wurde d. 2tn Jan. 63 getauft u. d. 9tn febr. 65 des heiligen Abendmahls theilhaftig.

Sie diente so wol hier als in Neuherrnhuth der Haushaltung mit aller Treue u. Fleiß. D. 24tn Nov. 71. ward sie an den nun mehrigen Witwer verheirathet. Sie hatte einen wahren Eindruck [220] Jesu Tod u. Leiden, u. erklärte sich allemal sünderhaft u. mit Gefühl. Vor 8 Tagen ward sie von dem grassirenden Husten u. Seitenstechen überfallen. Sie war dabey Vergnügt, u. bezeugte, daß sie als eine arme Sünderin zum Heiland gehen werde, bat auch noch, verschiedene Schwestern in Neuherrnhuth u. Europa zu grüßen u. ihnen[WS 22] zu melden, daß sie vergnügt sey. Sie hinterließ ein Töchterlein von 4 Monaten, welches Friedrichs Frau in die Verpflegung nahm.

Unser Freund Raun u. seine Frau, die sich eine Zeitlang bey uns aufgehalten hatten, gingen d. 1tn Febr. nach der Loge zurück, danckbar für die Gnade, welche der Heiland sie täglich in den Versamlungen hat geniessen lassen.

D. 2tn begingen die Witwen ihr Chorfest seliglich mit einem LiebesMahl u. Homilie von der Freude am HErrn, die eine Witwe haben kan, welche ihr Vertrauen bey Tag u. Nacht allein auf Ihn stellet. Zulezt wurde ihnen ein Schreiben der lieben Schwester Theodora, Gräfin Reuss, an sie verlesen, u. die Bänder, welche dieselbe ihnen geschickt hat, aus getheilt, wovor sie beschämt u. danckbar waren.

D. 3tn in der Frühstunde sagte Bruder Anton: Der Heiland hat gesagt: Ohne mich könnt ihr nichts thun. Das erfahre ich täglich in meinem [221] Herzen. Denn wenn Er mich nicht gesucht u. zur Gemeine gebracht hätte, so ginge ich noch in der Irre, u. wüßte nicht, was Er für mich gethan u. gelitten hat. Und so oft ich das recht bedencke, gehen mir die Augen über. Das bezeugte er auch jezt mit Thränen in den Augen. D. 4tn sagte Benjamin in der Versamlung: Lieben Geschwister, wer selig u. vergnügt seyn will, der gehe zum Heiland als ein armer Sünder, wie er sich eben fühlt: denn solche Leute hat Er zu sich gerufen, u. wir hören aus seinem Worte, daß Er ihnen geholfen hat, in was für schlechten Umständen sie auch gewesen sind. Weil Er um unser Elend gewust hat, so ist Er für uns ein armer Mensch geworden, hat gelitten, ist gestorben, u. hat sein Blut vergoßen, daß wir Ihn lieb haben; u. an Ihn gläuben sollen. In der Kinderstunde wurde von den Thränen der Kinder geredet, welche dem Heiland wohl gefallen, u. die Er zehlt u. abwischet. Und sie wurden gefragt, ob sie auch manchmal mit Thränen um ein gehorsames Herz gebeten, welches einige bejaheten, u. alle waren sehr aufmercksam. Bruder Anton kam von der Loge nach Hause, wo er den dortigen Einwohnern den Heiland u. Sein Verdienst angepriesen hatte. [222] Ein gleiches hatte Bruder Simon am 3ten gethan. Am Gemeintage d. 7tn wurden die 2 ledgen Brüder Caleb u. Zacharias, die als Kinder getauft worden sind, in die Gemeine aufgenommen, welches hier die erste Handlung von der Art war, u. wozu sich unser lieber HErr gnädig bekannte. D. 12tn sagte Simon zu den Kindern: Ihr wißt kaum, wie glücklich ihr gegen uns Alte seyd; denn wir haben nichts als Heidnische, üble Gewohnheiten gesehen, gehört u. gelernt, daher es uns auch manchmal schwer fällt, selbige zu vergessen: Ihr aber hört vor eurer Kindheit an, was der Heiland für euch gethan u. gelitten hat. Er ist für euch ein armer Mensch geworden, Er war seinen Eltern unterthan, u. hat den Willen seines himmlischen Vaters befolget bis zum Tode am Creuz, u. für alle Seine Mühe will Er nichts haben als euer verderbtes Herz, das will Er bewohnen u. vergnügt u. selig machen. Bedenckt dieses doch heute, so werdet ihr finden, daß ihr, so wie ich, noch alle Schuldner seyd. D. 14tn kam HErr Raun nebst den Seinen wieder zu uns. Seine Kinder hatten ihm keine Ruhe gelassen, sie möchten wieder gerne etwas vom Heiland hören.

Bruder Sörensen hörte in der Nacht in seiner [223] Stube jemand von Herzen beten. Da Er hinaus ging, um zu sehen, wer u. wo es sey, traf er hinter dem Hause den ledigen Bruder Heinrich an, welcher ihm auf Befragen, was er da mache, antwortete: Weil es sich in meinem Hause nicht thun läßt, daß ich dem Heiland mein Herz aus schütte u. Ihm meine Gedancken u. Anliegen sage, so bin ich hieher gegangen. Bruder Sörensen freute sich, u. ließ ihn ungestört in seinem Gebet. D. 20tn wurden zum ersten mal des heiligen AbendMahls theilhaftig eine Frau Benedicta, eine Witwe Phöbe, eine ledige Schwester Theresia u. ein Mädgen Maria Agnes; und d. 21tn wurde die Schwester Lucia, die einige Jahre vom Friedenskuß der Getauften ausgeschloßen gewesen war, absolvieret welches, wie man nachhero vernahm, bey vielen einen gesegneten Eindruck machte. D. 24tn stellte Bruder Johannes in der Versamlung vor, wie wir aus dem Leiden u. Tod des Heilands unser tiefes Verderben so heilsamlich erkennen könten. D. 14tn Mart. hielt Bruder Beck die Predigt über den Text „Meine Seele ist betrübt bis in den Tod“, von der großen Seelen-Angst, die der Heiland um unsertwillen aus gestanden hat. Unser Saal konnte die Menge der Zuhörer nicht fassen. Alles war auf [224] mercksam, u. unser lieber HErr bekannte sich sehr gnädig zu uns. D. 18tn kam Bruder Böhnisch von der Loge zurück, wo er seit d. 22tn Febr. an HErrn Rauns Stube gearbeitet hatte, u. derselbe war sehr danckbar davor. D. 25tn Marty früh sangen wir: Gelobet sey der Marter-Mann, der unsre Glieder träget p. Darauf kniete die Gemeine nieder, u. Bruder Beck bat den Heiland, daß Er uns durch seine heilige Menschwerdung, Leiden u. Tod segnen u. nach Seinem Sinne gestallten wolle.

Die ledigen Schwestern u. Mädgen begingen ihr Fest, welches mit einem seligen Gnaden gefühl begleitet war, so daß die Augen in Thränen stunden. 6 Mädgen kamen unter die ledigen Schwestern, u. 3 Kinder unter die großen Mädgen. Wir beschlossen diesen Segens-Tag mit Lob u. Danck vor unserm lieben HErrn.

D. 29tn früh ließ Assarpas Frau, die sehr kranck war, sehnlich um die Taufe u. Abwaschung ihrer Sünden bitten. Ihr Mann bezeugte gleichfals ein Verlangen darnach, u. versprach dem Heiland sein Herz zu geben.

Nachdem die Krancke, im Beiseyn so vieler Geschwister, als das Haus fassen konte, ihr Verlangen nochmals Bezeuget u. dem Bruder Beck auf einige Fragen recht sünderhaft [225] u. gläubig geantwortet hatte, so taufte er sie im Namen der heiligen Dreyeinigkeit mit Namen Catarina Elisabeth. Sie war sehr vergnügt u. danckbar für die ihr wiederfahrne Gnade, u. entschlief d. 31tn sanft u. selig. Sie hatte das Evangelium schon viele Jahre durch uns gehört, u. auch Anforderung an ihrem Herzen gehabt. Vor 3 Jahren, da die Brüder Sörensen u. Böhnisch in Inucksuck zum Besuch waren, u. die Wilden daselbst einen Tanz hatten, war sie u. ihr Mann auch dabey; da unsre Brüder sich aber von dem Lärm absonderten, that sie ein gleiches. Voriges Jahr kam sie mit den Ihrigen hieher, u. Bezeugte gleich ihr Verlangen, des Heilands zu werden. Den Tag nach ihrer Taufe sagte sie: Ja, ja! Als man sie darüber befragte, erwiederte sie: Der Heiland hat mich gerufen, ach wie schön sieht Er aus! Sie fuhr fort: ach mein lieber Heiland, kom u. hole mich als eine Sünderin zu Dir! Sie wollte bis an ihr Ende nichts anders hören als Verse von des Heilands Leiden u. Tod. Tags zuvor d. 30tn war die ledige Schwester Agnes selig heimgegangen. Sie kam 1759 aus Trieb ihres Herzens ganz alleine hieher, wurde d. 25tn May 1760 getauft u. im Mart. 1762. des heiligen AbendMahls theilhaftig. [226] Seitdem ging sie einen seligen Gang. Da sie in ihrer lezten Kranckheit gefragt wurde, ob sie gerne heimgehen wollte, sagte sie: O Ja, ich dencke jezt sehr viel an des Heilands Leiden, u. ich werde bald als eine arme Sünderin zu Ihm gehen.

D. 3tn April erhielten wir von unserm Freund Raun einen Brief, darinn er schreibt: „Da nun die Zeit heran nahet, in welcher unsers Heilands Leiden u. die Wichtigkeit seines Todes für alle arme Sünder insonderheit bey euch feyerlich betrachtet wird: so ist mein freundliches begehren, daß die geliebten Freunde mir u. meiner Frau erlauben wollen, daß wir unter euch desselben mögen theilhaftig gemacht werden, u. zugleich mit der Gemeine zu Lichtenfels als arme verlegene Sünder des Heilands allerheiligsten Leib und Blut genießen. Wir finden uns beide in Schuld u. Verlegen, wir wollen aber keine andre Hülfe haben noch suchen, als des Heilands Leidens-Todes-Kraft, welche Er aus lauter Gnade allen denen schenckt, die Ihn von Herzen darum anrufen“. Ihre Bitte ist ihnen auch gewährt worden. Am Gemeintag d. 4tn Apr. wurden durch die Brüder Beck u. Sörensen 2 ledige Brüder Awanias u. Bernhard, [227] [WS 23]ein Knabe Siegmund, eine Witwe Thecla u. 2 ledige Schwestern Albina u. Petronella in Jesu Tod getauft. D. 8tn hatten wir nach einem begnadigten Pedilavio[WS 24] das heilige AbendMahl. Am Charfreytag sangen wir, nach Verlesung der 7 evangelischen Worte des Heilands am Creuze, das Lied: Da Jesus an dem Creuze stund p. Danckten unserm lieben HErrn mit Thränen für sein Leiden u. Tod. Am großen Sabbath[WS 25] hatte unser Haus-Gemeinlein ein LiebesMahl.

Am Osterfest früh wurde die Gemeine auf dem Gottesacker mit den Worten gegrüßt: Der HErr ist auferstanden! u. die Oster Litaney gebetet. Nach der Predigt taufte Bruder Beck das Mädgen Renata, Abrahams Tochter. D. 12tn früh fuhr Bruder Böhnisch mit dem Weiberboot, das von Neuherrnhuth gekommen war, ihn abzuholen, mit unserm Segen dahin ab, um bey dem dortigen Bau zu helfen.

Herr Raun fuhr mit den Seinigen nach Hause, danckbar für das, was er hier genoßen. D. 13tn ging die Witwe Phöbe selig heim. Sie kam 1763 mit den Ihrigen von der Loge her, gelangte zur heiligen Taufe im April 1765. u. zum AbendMahl im Febr. 1773. Sie ging einen seligen Gang, u. in ihrer Kranckheit bezeigte sie gleich ein Verlangen, zum Heiland zu gehen, [228] welches nun seliglich erfüllt ist. In der Frühstunde d. 15tn sagte Bruder Simon: Wenn wir bedencken, was für arme Menschen wir sind, u. wie sehr uns der Heiland geliebet hat, so daß Er sich um unsertwillen in Noth u. Tod gegeben hat, so müßen wir uns in Wahrheit schämen, daß wir Ihn nicht mehr lieben, loben u. Ihm dancken. Ihr wißt ja, wenn wir eine vergnügliche Sache haben, es sey was es wolle, so mögen wir sie nicht gerne missen, weil wir sie lieb haben: Wie vielmehr sollten wir den, der ewig bleibet, u. der schon so viel an uns gethan hat, lieben u. stets im Andencken behalten! Heute entschlief der ledige Bruder Zacharias. Er war 1763 als ein Knabe mit den Seinigen von der Loge hergekommen u. 1765 d. 7tn Apr. getauft worden. Da Panktut, unser alter Bekanter, 6. Meilen von hier südwärts, unsern Bruder Anton bitten lassen, zu ihnen zu kommen, u. ihnen angenehme Worte vom Heiland zu sagen, fuhr er an d. 23tn aus Trieb seines Herzens dahin, welches uns lieb war. D. 24tn empfahl Bruder Jonathan in der Frühstunde den Geschwistern den Umgang mit dem Marter-Mann nachdrücklich u. beschloß mit den Worten: Wenn Er uns nicht täglich nach Seel u. Leib bewahret, so stehen wir immer in Gefahr, in allerley Verderben hinein zu gerathen. [229] Bruder Anton kam von Süden nach Hause, wo sie ihn freundlich aufgenommen. Er hat Täglich mit ihnen vom Heiland geredet, u. sie baten ihn, sie bald wieder zu besuchen.

D. 28tn wurde mit denen zu Taufenden geredet. Sie wußten vor Scham u. Beugung sich über ihr Glück nicht genug auszudrücken. Avavak, ein Lediger, der schon 4 Jahre hier u. einige Jahre unter den Candidaten ist, sagte mit Thränen: Ich habe vielmal den Heiland mit Thränen um die Taufe gebeten, u. nun da ich höre, daß Er mich mit seinem Blute von meinen Sünden waschen u. mir dieselben alle vergeben will, so bin ich ohne Worte; ich will mich Ihm aber so hingeben, wie ich bin u. mich fühle. Er ist der Erwerber von seiner großen Familie; u. ob gleich alle die Seinigen vor Ihm zur Taufe gelangt sind, so hat er doch in Geduld u. Verlangen darnach ausgehalten, bis des Heilands Stunde geschlagen hat, u. nun ist er desto froher und danckbarer.

Der Gemeintag am 2tn May war ein ausgezeichneter Segenstag. Vormittags, nach einer Rede, wurden der Geschwister Jonathans Töchter Beata von 20 u. Attara von 16 Jahren alt in die Gemeine aufgenommen. Nachmittags, nach [230] der Predigt, wurden 6 Personen getauft: Ein Mann Amos, 3 ledige Christian Renatus, Chr. Heinrich u. Zachaeus, eine Frau Friderica Louise u. eine Witwe Johanna Salome. D. 4tn hatte unser Haus-Gemeinlein mit der Schwester Schubert ein LiebesMahl. D. 11tn ging Bruder Jonas selig Heim. Er war 1760 mit seiner Familie von der Loge hieher gekommen, im Febr. 1761. getauft, u. d. 31tn Jan. 67 des heiligen AbendMahls theilhaftig worden. Er hatte einen muntern Geist, war freundlich u. umgänglich mit jedermann, u. man konte sich über seine Herzensstellung freuen. Er war ein zimlich guter Erwerber, so daß er manchen Armen mittheilen konte. In seiner Kranckheit war er in den Willen des Heilands ergeben, u. bezeigte ein kindliches Zutrauen zu Ihm. Er verschied in seinem 40tn Jahr, u. hinter läßt die Witwe mit 3 Söhnen. D. 17tn u. die folgenden Tage fuhren verschiedene Geschwister auf ihre Sommer-Pläze. Wir empfohlen ihnen, Abends in ihren Zelten die Versamlungen zu halten.

D. 27tn erhielten wir die betrübte Nachricht, daß der ledige Bruder Moriz, vermuthlich auf der See, weggeblieben sey, indem sein Kajak bey Christians Davids Land angetrieben u. gefunden worden, von ihm aber konten [231] sie keine Spur finden. Er kam 1768 von Kellingnit hieher, u. wurde den 12tn Febr. 1769 getauft, gerieth aber nachher auf Abwege, welches er jedoch wieder bereuete, u. der Heiland brachte ihn auf den rechten Weg zurück. Er wurde endlich offenherzig u. ging einen seligen stillen Gang. D. 17tn dieses ging er nebst einem Weiber-boot südwärts, Nepisets zu fangen. Da lezteres aber zurückkehrte, fuhr er d. 20tn auf den Seehunds-Fang, u. ist seitdem nicht mehr gesehen worden.

D. 6tn Juni erhielten wir Nachricht, daß einige Brüder seinen Leib gefunden haben. Er hatte sich eine Seehunds-blase um den Leib gebunden, damit er nicht sincken, sondern gefunden werden[WS 26] möchte. Die Blase war aber entzwey gegangen; jedoch war er an einem seichten Ort gesuncken, wo ihn die Brüder fanden und heraus ziehen konten. Weil er schon beschädigt war, so machten sie ihm daselbst ein Grab. Ihm folgte d. 28tn May der ledige Bruder Jesaias. Er war 1760 mit seinen Eltern hieher gekommen, u. im April 1764 getauft. Wir nahmen jederzeit einen Mangel des rechten Lebens aus Jesu Tod an ihm wahr. In seiner langwirigen Kranckheit sehnte er sich sehr nach seiner Auflösung.

[232] Zum Pfingstfest kamen verschiedene Boote und Kajacke hier an, so daß die Versamlungen sehr zahlreich waren. Wir danckten Gott, dem heiligen Geist, für Seine an uns angewandte Mühe, waren aber auch sehr beschämt über unser Zurükbleiben, u. empfahlen uns seiner fernern treuen Pflege. Wir hatten einen gesegneten Gemein-Tag, u. es wurden in Jesu Tod getauft: ein Mann Salome Salma, 2 Knaben, Eleasar und Josua u. 2 Mädgen Chr. Elisabeth u. Antonetta. D. 31tn May war unser alter Bekannter Pauktut hier, u. Bruder Sörensen redte mit ihm herzlich u. gerade über seinen verlornen Zustandt so wol, als von der Gnade u. Hülfe des Heilands. D. 2tn Juny besuchte uns Nicola u. bezeugte, daß er im Umgange mit dem Heiland sey u. seinen Trost[WS 27] im Herzen fühle.

Da sich die Anzahl unsrer Geschwister mehrt, so daß sie im Sommer nicht mehr beisammen seyn können, weil die Inseln, wo sie sonst Heringe schöpften, zu wenig Klippen haben, um dieselben zu trocknen: so theilten wir unsere Helfer-Brüder so ein, daß doch an jedem Orte einer oder zween sind, um die Gelegenheiten zu halten, u. besonders die Aufsicht über die Kinder zu haben. D. 5tn fuhren Geschwister Antons auf den Heringsfang an einen [233] Plaz, wo schon einige Geschwister stehen. Wir empfahlen[WS 28] sie u. alle unsre Geschwister der Aufsicht unsers lieben HErrn. Die Brüder Sörensen u. Jacob Beck fuhren in die Fiorde, besuchten alle Geschwister u. sprachen von ihrem äußern u. innern Befinden, u. haben sich über die meisten von herzen gefreut. D. 8tn kam Bruder Fliegel von Neuherrnhuth bey uns an, zu unsrer Unterstüzung, weil sie dort unsern Bruder Böhnisch noch nöthig brauchen. D. 12tn beym Sprechen der Geschwister, die von allen Orten in großer Anzahl hergekommen waren, fanden wir sünderhafte und Gnaden hungrige Herzen, u. nahmen die Arbeit des heiligen Geistes an denselben wahr. Die Helfer bezeugten, daß ihnen wohl sey, wenn sie die Versamlungen hielten, u. daß sie des Heilands Nähe fühlten. Abends hatten wir den seligsten Genuß des heiligen AbendMahls, dessen 3 verheiratete Brüder Policarpus, Barsilai u. Gabriel u. 2 ledige Brüder Heinrich u. Caleb zum ersten mal theilhaftig wurden. Einige Brüder kamen d. 20tn zu den Versamlungen u. Berichteten der Geschwister Wohlseyn an ihren Orten. D. 26tn kamen die ersten Südländer hier an. Nachdem sie vieles erzehlt hatten, so sagte Bruder Beck: Ich habe euch auch etwas nöthiges [234] zu sagen, nehmlich von eurem Schöpfer, der aus Liebe zu euch ein Mensch geworden ist, gelitten hat, gestorben ist, sein Blut vergossen hat, begraben worden, am 3tn Tage auferstanden u. gen Himmel gefahren ist, u. wieder kommen wird, zu richten die Lebendigen u. die Todten. Einige waren aufmercksam, andre aber sagten, sie hätten keinen Verstand davon. Viele von ihnen waren auch in der Abendstunde, da auch von der Materie geredt wurde. D. 28tn u. 29tn besuchten sie uns fleißig, da wir ihnen mit angethanen Herzen die Menschwerdung u. Tod ihres Schöpfers verkündigten. So säen wir immer in Hofnung, daß es zu seiner Zeit Frucht bringen möge.

D. 6tn July brachten uns 2 Kajake die längst gewünschte Nachricht, daß am 2tn dieses der Schiffer Hermann Kofoed mit unsern lieben Geschwistern Königseers u. Bruder Grillich zu Friedenshaab angelanget sey. Wir waren voll Lobs und Dancks gegen unsern lieben HErrn. Wir erhielten auch ein Loosungs-Büchel, u. die heutige Loosung hieß: Machet Bahn, räumet den Weg, hebet die Anstöße aus dem Wege meines Volcks. Gebeut uns, daß wir glücklich seyn. D. 8tn früh um 3 Uhr kamen unsre lieben Geschwister an bey uns. Wir empfingen sie mit [235] vielen Liebes u. Freuden-Thränen, u. wie uns auf beiden Seiten zu Muthe war, läst sich nicht beschreiben. Bey Durchlesung der Briefe unsrer lieben Brüder von der Unitaets Aeltesten Conferenz u. von der Missions-Deputation waren unsre Herzen weich, u. wir fühlten die Liebe unsrer Brüder gegen uns Arme, ob wir gleich unsern lieben HErrn noch gar oft betrüben. Wir weyheten uns dabey Ihm ganz aufs neue zu Seinem Dienst. D. 11tn hielt Bruder Königseer die Predigt. Weil unsre Geschwister durch das anhaltende Regenwetter im Heringsfange sehr lange aufgehalten worden waren, so hatten wir das AbendMahl bis auf heute ausgesezt. Beym Lesen der Memorabilien der Unitaets-Aeltesten Conferenz vom Jahr 1772 fanden wir gar viele Ursachen unserm lieben HErrn zu dancken für das, was Er an seinem Brüder Volcke gethan hat u. noch täglich thut. D. 21tn erhielten wir Nachricht, daß unser Bruder Böhnisch etliche Meilen Nordwärts von hier sey, wegen des anhaltenden Regenwetters aber habe Zelt machen müssen; u. d. 24tn kam er bey uns an. D. 25tn besuchten uns der HErr Missionar: Fabricius nebst dem Schiffer. Sie wohnten unsern Gemeintags-Versamlungen bey, und ersterer bezeugte sein Wohlgefallen [236] darüber, u. verwunderte sich über die Menge der Zuhörer. Bruder Königseer hielt die Predigt, und Bruder Beck war, so wie jedes mal, sein Dollmetscher.

Die Helfer-Brüder berichteten uns, daß sie den Süderländern die Liebe u. barmherzigkeit des Heilands angepriesen hätten, wobey einige derselben aufmercksam gewesen wären. D. 28tn reißte Bruder Fluegel von hier nach Neuherrnhuth zurück. D. 29tn hielt Bruder Anton eine gefühliche Frühstunde, u. bat die Geschwister, sich ja recht nahe zum Heiland zu halten, so würde Er auch ihre Herzen bewahren vor allem, was ihnen schädlich seyn könte.

Hiemit schließen wir abermals unsern Bericht, und empfehlen uns u. unser Gemeinlein der lieben Gemeine zu fernerm Andencken vor dem Heiland.


[237]
No III.)
Beylage zur XII.) Woche 1774
Enthaltend folgende
Auszüge aus eingelaufenen Nachrichten
I.) Aus Nord-America
1.) Auszug aus dem Berichte der Gemeine in Bethlehem vom May bis Oct. 1773.

Am 1tn May erfreute uns Bruder Ettwein mit seiner glücklichen Rückkunft von seiner Besuchs-Reise in Neuyork, Conecticut u. Rhode Island Gouvernement. Er ist überall, bey den Freunden der Brüder sowol, als bey den Geschwistern herzlich willkommen gewesen u. der Herr hat zu seinen Predigten u. privat Unterredungen mit den Seelen, Gnade gegeben. D. 3tn wurde der kleine Ephraim Culver, durch die Taufe in Jesu Tod begraben. Gleiche Gnade wurde am 13tn dem kleinen Thomas Horsefield zu Theil. Der 4te May war für die ledigen Schwestern ein wahrer Gnadentag. Sie freuten sich ihrer Chor-Segen als eine Frucht der Todes-Mühe ihres Seelen-Bräutigammes mit Zerfloßenheit u. Er versiegelte ihr Seufzen u. Sehnen, nach dem völligen Genuß derselben, durch seine Gnaden-Gegenwart [238] in allen ihren Fest-Versamlungen, sonderlich aber bey dem sacramentlichen Genuß seines Leichnams u. Blutes. Ihr Chor wurde mit 5 großen Mädgen vermehrt, nemlich Anna Mar. Oesterleinin, Elisabeth Kastin, Elisabeth Böckelin, Sophia Mauin, u. Elisabeth Wittin. Auch waren von andern Orten einige 20 ihrer Chorverwandten als Gäste zugegen. D. 12tn hatten unsere Kinder einen lieblichen Gemeintag. Bey ihrem Liebesmahl wurde ihnen von den wichtigen Vorgängen dieses Tages so viel erzehlt, als ihre Fähigkeit faßen konnte u. sie nachher bey ihrem Anbeten in einem herzlichen Gebet, zu welchem sich ihre Thränen geselleten, der Pflege des ewig Treuen empfohlen. D. 26ten wurden in einer Versamlung der AbendMahls Geschwister folgende 3 Paare zur heiligen Ehe verbunden: Der ledige Bruder Johann Angermann mit der ledigen Schwester Anna Christina Weberin, der ledige Bruder Christian Franz mit der ledigen Schwester Johanna Soph. Schoberin u. der ledige Bruder Georg Glad mit der ledigen Schwester Benigna Mackin. D. 28ten langten unsere lieben Brüder Michael Graff u. Lorenz Bage wohlbehalten aus der Wachau bey uns an. D. 30tn brachte die Gemeine in [239] der Früh-Versamlung Gott dem werthen heiligen Geist ihr Gratias für sein treues pflegen u. bat sich die gnädige Continuation deßelben aus, um des Verdienstes Jesu willen. Sodann wurde einem Auditorio von etlich 100 Fremden, theils aus der Nachbarschaft, theils aus Philadelphia u. andern Orten deutsch u. englisch gepredigt. Unser lieber HErr Gouverneur welcher mit seiner Gemahlin u. noch mehren HErrn u. Damen, gestern von Philadelphia hier eingetroffen war, u. heute von einigen Arbeitern complimentirt worden, wohnte der englischen Predigt so wie Abends der Gemeinstunde mit bey. Zum Schluß dieses Tages theilten die Communicanten den Kelch unter sich, zu neuer Verbindung auf die gänzliche Ergebenheit, in die fernere Gnadenleitung Gottes des Heiligen Geistes.

In diesem Monat kriegten wir auch die schmerzliche Nachricht, daß unser lieber Bruder Samuel Herr, nach einer etlich monatlichen Kranckheit am 24 Febr. in Barbadoes seinen Lauf selig vollendet habe. Sein Lebenslauf wird weiter unten folgen. D. 5tn Jun. reiste [240] unser lieber Herr Gouverneur mit seiner Gesellschaft sehr vergnügt nach Philadelphia zurück, nachdem sie sich bey 8 Tagen hier aufgehalten hatten. D. 4tn langte unser lieber Bruder Matthäus von Litiz bey uns an, da denn in der Gemeinstunde am 6tn nach einer Rede des Bruder Matthäi über die Texte des Tages von der Gemeinschaft, zu welcher wir mit dem Vater Sohn u. heiligen Geist in Christo Jesu berufen worden, folgende 22 Geschwister zur Akoluthie angenommen wurden: Die verehlichten Brüder George Huber, George Glad u. Johann Weinland. Lezterer von Gnadenthal. Die ledigen Brüder Joh: Friedrich Peter, Carl Jacob Dreyspring, David Kunz, David Beck, Joh: Jungman, Elleot Koorts, Joh: Hunberg, Josua Huber, Joh: Nicolaus Funcke, u. Christian Demuth, leztere beyde von Christiansbrunn. Die verehlichten Schwestern Eleonora Andresin, Mar. Theres: v. Schweiniz, Anna Christina Angermannin, Johanna Soph: Franzin, Benigna Gladin u. die lieben Schwestern Elisabeth Leibertin Mar: Barbara Hornin, Elisabeth Steinerin u. Sarah Smouth. Darauf wurden unsern lieben Brüdern Hans Christian v. Schweiniz u. Joh: Angerman zu Diaconis [241] eingesegnet u. endlich empfieng unser lieber Bruder Joh. Michael Graff von den Brüdern Nathanael u. Matthäus die Weyhe zu einem Co Episcopo der Brüder Kirche. Bey allen diesen Kirchenhandlungen, erfüllete ein Ehrfurchtsvolles Gnaden Gefühl u. Geisteswehen die Herzen. D. 12tn begieng die Gemeine unter Bruder Matthäi Liturgie das Heilige Abendmahl an welchem der Knabe Joh. David Schmidt zum ersten mal participirte. D. 13tn wurden unsere Pilger von der Provincial Helfer Conferenz abgefertiget u. reisten am 14tn der Gnade des Herrn empfohlen, auf ihre bestimmte Posten ab. Es waren die Geschwister Franzens nach Jamaica Geschwister Glads u. der ledige Bruder David Beck nach S. Thomas u. Geschwister Angermans in Begleitung des Bruder Joseph Powels nach Barbadoes. Auch trat an selbigem Tage Bruder Graff seine Rückreise nach der Wachau an. Sein Reise-Gefährte Bruder Lorenz Bage war bereits gestern mit Bruder Matthäus bis Litiz voraus gegangen wo er am 18tn dieses mit der ledigen Schwester Elisabeth Bürstlerinn zur heiligen Ehe verbunden worden.

[242] Der Lehrtag der Knaben vom 23tn wurde am 27tn mit einer Rede u. dem Bundes Kelch begnadigt nachgeholt. Auch segnete der liebe Heiland die Knäblein mit seiner seligen Gnaden-Gegenwart in ihren Fest-Gelegenheiten am 24tn u. die Gemeine ließ in der Abend-Versamlung ihr Rauchwerck für sie aufsteigen. Im Monat Julij, sonderlich zu Anfang deßelben, war der Besuch von Fremden nicht weniger zahlreich, als im vorigen Monat. Mancher der noch nie eine Gemeine gesehen, scheint über unserer Verfaßung zum Nachdencken gebracht zu werden, wenn er auch gleich nur aus Neugierde herkommt. D. 6tn Julij hatten die Theilhaber der Brüder Wittwen Caße ihre halbjährige Versamlung, u. wurden mit einigen neuen Mittgliedern vermehrt. Bey unserm Abendmahl am 10tn waren die ledigen Schwestern Salome Hopfnerinn u. das große Mädgen Christina Richterin erstmalige Mittgenoßin. D. 12tn langten zu unserer herzlichen Freude einige Indianer Brüder als Joh. Marcus, Josua der jüngere u. Wilhelm von Muskingum bey uns an, [243] um ihre lieben Geschwister Schmicks dahin abzuholen. Mit diesen Geschwistern wurde am 16tn eine ausführliche Abfertigungs Conferenz gehalten u. sie mit dem ledigen Bruder Johan Jungman am 19tn zu ihrer Reise u. Dienst unter den Indianern von der Gemeine gesegnet. Auch verabscheudete sich die Aeltesten Conferenz noch insonderheit mit ihnen beym Bundes-Kelch, unter einem lieblichen Gefühl auf beyden Seiten. Darauf reiste am 20tn dem gnädigen Geleite des Herrn empfohlen, Bruder Johan Jungmann mit den Indianer Brüdern Johannes u. Willhelm über Gnadenhütten durch den Busch u. am 21tn Geschwister Schmicks, in Begleitung der Indianer Brüder Josua u. Marcus über Litiz u. Pittsburg nach Muskingum River ab. Am 25tn als am Gemeintage wurden 2 Mädgen, Mar. Lischerin u. Anna Cathr. Kremserinn in die Gemeine aufgenommen. D. 3tn Aug. kamen Geschwister Franz Böhlers von Greenland bey uns an. Geschwister Nathanaels haben vom 3tn bis 17tn in Oldmans Creek u. Philadelphia[WS 29] besucht. Beyde Gemeinen gehen einen lieblichen Gang u. von der Predigt [244] des Evangelii zeigen sich von Zeit zu Zeit erfreuliche Segens-Spuren. D. 6tn langte der ledige Bruder Jacob Schneider nach einer 17 tägigen See-Reise von S. Thomas bey uns an u. zog am 20tn nach Christiansbrunn, seinen Chor-Brüdern bey ihrem Hausbau in Nazareth zu helfen. D. 7tn hatte die Gemeine den allerseligsten Genuß im heiligen Abendmahl zu welchem das große Mädgen Cathr. Oerterinn zum ersten mal gelangte. D. 11tn wurde der Geschwister Borhecks Söhnlein, Johan Andreas getauft. Selbigen Tag verließ der ledige Andreas May welcher vor einigen Jahren von Zeyst auf eine Probe hieher geschickt worden, die Gemeine. D. 17tn begiengen die Mädgen ihr Fest, in fühlbarer Nähe ihres ungesehenen Freundes, sonderlich waltete bey der Homilie u. Anbeten eine selige Gnade. Am 27tn begiengen die Stunden-Beter, das Gedächtniß dieser seligen Einrichtung, beteten zu den Füßen ihres lieben Herrn an u. theilten den Kelch der Verbindung unter sich. Am 29tn begiengen die ledigen Brüder ihr [245] Fest so selig, daß auch das Gebeine darüber frölich u. danckbar war. 8 Jünglinge wurden ins Chor aufgenommen nemlich Christian Ludwig Benzien, Johan Friedrich Schlegel, Wilhelm Heßler, Joseph Gambold, Andreas Hirte, Daniel Kunkler, Heinrich van Vleck u. John Wolson. Bey ihrem Fest Liebesmahl sowol, als bey der Rede die ihnen Bruder Nathanael hielt, gab das selige Gnaden-Gefühl Zeugniß, von dem Bekentniß des lieben Heilands zu ihnen, welches sich aber noch mercklicher bey dem Abendmahl mit welchem sie diesem frohen Tag beschloßen, veroffenbarte, nachdem sie Tags vorher ein begnadigtes Fußwaschen gehabt. Am 30tn hatten die verwittweten Brüder u. Schwestern u. am 4tn Sept. die ledigen Schwestern gleichen sacramenntlichen Genuß. An selbigen Tage wurde der kleine Georg Friedrich Böckel getauft. D. 6tn reiste der ledige Bruder Peter Ÿarrel nach der Wachau ab, woselbst er in Salem eine Weißgerberey anfangen wird. D. 7tn Sept. war für das Ehechor ein Tag der Gnaden u. unser lieber Herr erfreute daßelbe mit Seiner tröstenden Nähe. Zur Versiegelung aller genoßenen Gnaden hatten sie zum [246] Beschluß dieses Tages, ein begnadigtes Chor-Abendmahl. D. 8tn traten unsere lieben Geschwister Franz Böhlers nachdem mit ihnen über ihren künftigen Posten ausführlich war gesprochen u. sie dazu von der Gemeine war gesegnet worden, ihrem Ruf zu folge ihre Reise über Kingsburӱ in Newӱork Gouvernement an. D. 10tn hielt Bruder Ettwein sämtlichen Kindern eine eindrückliche Rede über den heutigen u. morgenden Lehrtext u. erbat in einem Herzlichen Gebet, die Segen der verdienstlichen Kindheit Jesu, zur lieblichen Nachfolge Seines Gehorsams u. Unterthänigkeit. Am 15tn wurde mit den Eltern, deren Kinder noch nicht die Blattern gehabt, wegen inoculirung derselben gemeinschaftlich gesprochen, Die Veranlaßung dazu hatte eines theils das selbst eigne Ansuchen einiger Geschwister in Betrachtung, der gegenwärtig in der Nachbarschaft seӱenden Blattern, andern theils das Bedencken gegeben; ob auch ein solches Unternehmen mit Bewilligung der Eltern geschehen möchte. Man wurde darüber Eins, daß die inoculirung solchen Eltern u. Personen welche [247] Freudigkeit hätten, sich dieses Mittel zu bedienen, unverwehrt seyn solte. Solchem nach geschahe in den folgenden Tagen, mit einem ledigen Bruder u. 2 Kindern der erste Versuch, welcher mit gutem Erfolg begleitet gewesen ist. Am Gemeintag d. 19tn wurden die Nachrichten wie allemal mit Aufmercksamkeit u. danckbar theilnehmendem Herzen angehört u. das Mädgen Cathr. Schneiderinn durch die Aufnahme zur Gemeine hinzugethan. Den 24tn langten aus Europa die 6 ledigen Brüder Andreas Buße, Simon Christoph Meyer, Renatus Keller, Joseph Barth, Gottfried Rapp u. Joachim Wichman wohl behalten bey uns an. Sie haben von England bis Philadelphia 6 Wochen zu gebracht u. vom Capitain sowol als vom Schifs-Volck alle Gefälligkeit genoßen. Von hier aus waren ihnen die Brüder Ettwein u. Bonn entgegen gegangen. Alles war über ihre Ankunft erfreut u. die ganze Gemeine segnete sie. D. 2tn u. 30tn Oct. waren für uns selige Gnadentage, die Gemeine sezte sich u. stillte sich am Manne Jesu Christ im heiligen Abendmahl u. das große Mädgen Rahel Hübnerin war am leztgenanten [248] Tage erstmalige Mittgenoßin dieses hohen Gutes. D. 15tn langte Bruder Joseph Powell mit der Schwester Anna Herrin zu unserer herzlichen Freude wohl behalten von Barbadoes bey uns an. D. 20tn wurde der Geschwister Franz Böhlers Söhnlein Johannes getauft. Der 19te war für das ledige Schwestern Chor ein wahrer Freudentag. Sie bezogen ihr neues Haus, zu welchem am 4tn May vorigen Jahrs unter der Liturgie des lieben Bruder Gregors der Grundstein war gelegt worden u. hatten Nachmittags im Beӱseyn sämtlicher Glieder der Aeltesten Conferenz u. des Aufseher Collegii auf dem schönen Schlafsaal des neuen Hauses, woselbst auch die übrigen Gelegenheiten gehalten wurden ein vergnügtes Liebesmahl. Abends hatten die Comunicanten des Chors ein seliges Abendmahl u. am 20tn weyheten sie auch ihren Schlaftempel ein, mit einem herzlichen Gebet des Bruder Thrane u. unter einem seligen Gnaden-Gefühl u. Wittern der Grabes Stätte Jesu. D. 19tn reiste unser lieber Bruder Renatus Keller mit unserm Herzlichen Segen nach Litiz woselbst er den Bruder Becker im Diener-Amt des ledigen Brüder Chors ablösen wird. [249] D. 22tn zog unser lieber Bruder Simon Christoph Meyer von uns nach Christiansbrunn wo selbst er für die Zeit Bruder David Zeisbergers Gehülfe im Helfer-Amte der ledigen Brüder seyn wird, auch reiste am 23tn der Bruder Gottfried Rapp nach Philadelphia, um daselbst in der Buchdruckerey des Bruder Heinrich Müllers vor einige Zeit gebraucht zu werden. Noch sind hier einige Lebensläufe anzuführen. 1.) Der in Barbadoes am 24tn Febr. 1773 in seines Herrn Freude ein gegangene verheyrathete Bruder Samuel Herr schreibt selbst von sich: „Ich bin d. 23tn Aug. 1716 im Würtenbergischen geboren. 1732 muste ich Soldat werden, u. habe 16 Jahr unter den Creis-Völckern gedient. Weil ich von Jugend auf unruhig in meinem Herzen war: so hatte ichs schwer unter ihnen. Ich nahm mir noch vor mich zu bekehren; wuste aber keinen Menschen der mich hätte können zurechte weisen. Endlich wurde ich mit frommen Leuten bekannt deren Versammlungen ich überall besuchte, wo ich welche antraf. Da gerieth ich in ein gesezliches u. frommes Leben u. dachte daher wieder alles aufzugeben, [250] auch ihre Versammlungen zu verlassen, weil ich doch verloren gehen würde. Ich war aber auch dabey nicht ruhig u. entschloß mich, ihre Versammlungen aufs neue zu besuchen. Da traf sichs dann, daß ich zum erstenmal einen Bruder von der Gemeine, von welcher ich in meinem Leben nichts gehört hatte, daselbst antraf; es war Bruder Buhl von Herrnhaag, welcher seine Freunde im Würtembergischen besuchte u. weil er von den Versammlungen der Erweckten gehört hatte: so kam er einmal mit hinein u. sang unter andern den Vers: Ihr könnt so wie ihr seyd zum Lamme kommen p. Da brach mir mein Herz, ich fing laut an zu weinen u. es war mir auf der Stelle ausgemacht, daß ich nicht nur könnte, sondern sollte als ein armer Sünder durchs Verdienst Jesu hier u. dort selig werden. Ich machte darauf mit einigen von meinen Cameraden, denen es auch so in ihren Herzen geworden, den Bund bey der Lehre von Jesu Marter zu bleiben u. uns mit dem Brüder Volcke bekannt zu machen. Nach einigen Jahren kriegten wir unser Quartier zu Freudenstadt im Schwarzwald, wo wir zu unsrer Freude den Bruder Fockel [251] antrafen, der sich auch über uns 12 Soldaten-Brüder um so mehr freute, da er 6 Wochen in der Stadt gewesen u. nicht mit einer einigen um ihr Heil bekümmerten Seele bekannt worden war. Er blieb noch 6 Wochen da u. wir machten uns seinen Aufenthalt recht zu Nuze u. lernten die Brüder beßer kennen. Indeßen fehlte es uns auch nicht an Verfolgungen, sonderlich im Anfange unserer Erweckung. Als aber allerley Drohungen mit allerley Strafen nicht vermochten, uns von unserm Sinne abzubringen: so kam es endlich zu einem feyerlichen Verhör, wobey viele Ober- u. Unter- Officiers zugegen waren. Der Heiland stund uns kräftig bey, daß wir nicht nur unsern Glaubensgrund mit einem getrosten Herzen darlegen; sondern auch allerley ungegründete Beschuldigungen nach der Wahrheit beantworten konnten, wovon nach einigen Tagen der Erfolg war, daß unserer Compagnie anbefohlen wurde, uns künftig unsern Gang ungestört gehen zu laßen u. wir zu gleicher Zeit die Freyheit erhielten, überall, wo wir im Quartier lägen, Versammlungen zu halten. Hierüber beschwerten sich zwar die widriggesinnten [252] Pfarrer; unser Major aber nahm immer unsre Parthie u. sagte ihnen: Ich kenne meine Soldaten u. weiß was sie vorhaben, geht ihr auch hin zu ihnen u. lernt sie kennen. Durch dieses Herrn Vermittelung u. Fürsprache gelung es uns endlich auch, die völlige Entlaßung unsers Dienstes zu erhalten u. als wir Abschied von ihm nahmen, bat er uns mit Thränen in den Augen, seiner fleißig zu gedencken. 1748 d. 26tn Oct. traten wir sodann alle 12 unsere Reise nach Herrnhaag an, woselbst wir mit vieler Liebe aufgenommen wurden, am 30tn Nov. Erlaubniß zum Bleiben erhielten u. am 12tn Dec. alle 12 durch die Aufnahme zur Gemeine hinzu gethan wurden. Wie es einem zu muthe sey, sich nach einem 16jährigen unruhigen Soldaten Leben auf einmal in einem so stillen u. seligen Friedensörtgen als Einwohner zu sehen, darf ich wol nicht beschreiben? manche Thränen habe ich dem Heiland für diese Gnade gebracht. 1749 d. 4tn Apr. wurde ich zum erstenmal mit der Gemeine des heiligen Abendmahls theilhaftig. Zu Anfang des Jahrs 1750 erhielt ich mit mehreren Brüdern einen Ruf nach Pensilvanien, mit welchen ich im Junӱ selbigen Jahres in [253] dem lieben Bethlehem anlangte.

Im folgenden Jahre kam ich nach Christiansbrunn u. versahe daselbst verschiedene Jahre theils die Aufsicht bey den Knaben, theils das Haus-Diener-Amt. Am 18tn Aug. 1754 wurde ich zur Acoluthie angenommen u. am 18ten Maӱ 1755 zu einem Diacono der Brüder Kirche eingesegnet“. So weit sein eigener Aufsatz. In eben dem Jahre wurde ihm der Besuch der ledigen Mannsleute in den hiesigen Stadt- u. Landgemeinen aufgetragen, welchen er verschiedene Jahre mit Segen u. Angelegenheit seines Herzens verrichtet, auch dabey keine Beschwerlichkeiten gescheuet hat, wenn nur was für den Heiland gewonnen wurde. 1759 u. 60 that er mit dem seligen Bruder Sölle eine Reise durch Neu-England bis Broadbay, durch welchen Besuch in lezt erwehnter Gegend, der Grund zu der nachherigen gesegneten Bekanntschaft dasiger Seelen mit der Brüder Gemeine gelegt wurde. 1764 wurde ihm die Bedienung des Gemeinleins in Yorktown an Geschwister Schlegels Stelle angetragen u. er zu dem Ende in Bethlehem am 30tn Apr. selbigen Jahres mit der Schwester Anna Schäfnerin, seiner nunmehrigen Wittwe zur heiligen Ehe verbunden. Sie waren in Yorktown 3½ u. nachher in Philadelphia 3 Jahr mit Segen u. [254] Legitimation u. genoßen an beyden Orten die Liebe u. das Vertrauen der Geschwister. Zu Anfang des Jahrs 1771. erhielten sie den Ruf, sich des Wercks Gottes unter den Negern in Barbadoes ins Ganze anzunehmen. Der selige Bruder war in Betrachtung seines Unvermögens zwar blöde, doch von Herzen willig u. sagte: Was der liebe Heiland haben will, dazu kan ich nicht Nein sagen, ich befinde mich dabey am ruhigsten u. seligsten u. bin ich nur mit Ihm verstanden: so kan ich mich, wenns nachher manchmal schwer geht, doch damit trösten, daß ich Ihn auf meiner Seite habe u. Er vorher gewußt hat, was wir vor arme Kinder sind. Will Er uns dahin stellen: so wird Er uns auch bey allen Schwierigkeiten von innen u. außen durchzubringen wißen. Mit diesem ergebenen Sinn, traten sie im Merz leztgedachten Jahres ihre Reise nach Barbadoes an, woselbst sie am 24tn Apr. anlangten. Hier traf der selige Bruder wol manches Schwere, sonderlich in Ansehung des äußerlichen Durchkommens an; die Liebe aber zu den armen Negern, deren Heil ihm am Herzen lag, überwand alle Schwierigkeiten von außen u. er bewieß sich als ein treuer Diener Jesu unermüdet in seinem Geschäfte, bis ihm seine zunehmende Kranckheit [255] solches nicht länger erlaubte u. er ganz bettlägrig wurde. – – Von seinen lezten Stunden gibt seine Wittwe folgende kurze Nachricht: Er hatte ein sehr hartes aus zehrendes Fieber u. war 6 Monat kranck; Anfangs hielt er noch ein paar mal das heilige Abendmahl als er aber auch dieses nicht mehr vermochte, that es ihm sehr wehe, denn Er hatte die Neger sehr lieb u. es war ihm jederzeit ein Vergnügen, wenn er ihnen was von ihrem Erlöser sagen konte. In seiner Kranckheit war er sehr geduldig u. für die Pflege, die er genoß, danckbar, Am 24tn Febr. 1773 früh, ließ er die Deutschen Geschwister zu sammen kommen u. sagte: ich werde heut oder morgen zum Heiland gehen, am liebsten aber wäre mirs heute. Bittet Ihn doch, daß Er mich bald zu Sich nehme, u. wenn wenn ich heimgegangen bin; so laßet ja mein Begräbniß simpel seyn; denn ich habe jederzeit die Simplicitaet geliebt. Die armen Neger habe ich sehr lieb gehabt u. dem Heiland manches Thränlein ihrentwegen vorgeweint, Ihm aber nun alles in Seine Hände gegeben u. Ihn gebeten, sie zu segnen. Zu mir sagte er noch besonders: Halte dich nur immer [256] recht nahe zum lieben Heiland, Er ist doch dein bester u. treuster Freund u. fuhr sodann fort: Ach lieber Heiland komm u. hole mich u. gib mir nur was du verdient mehr ich nicht begehre! Noch selbigen Nachmittag zwischen 5 u. 6 Uhr entschlief er sanft u. selig im 57 Jahr seines Alters mit der schönen Loosung: Israel wird erlöset durch den Herrn, durch eine ewige Erlösung,. Nun sind wir errettet aus aller Fährlichkeit, durch Christum unsern Herrn gelobet in Ewigkeit.

2.) Am 26tn Aug. erblaßte in Bethlehem das Mädgen Elisabeth Michlerinn der Geschwister Michlers in Schöneck Tochter sanft u. selig in Jesu Arm u. Schooß. Sie war d. 5tn Febr. 1761 in Nazareth geboren u. kam 1765 hieher in die Kinder Anstalt. Bey ihrer stillen Art legte sich die Gnadenarbeit von Zeit zu Zeit immer deutlicher zu Tage, wie man sie denn oft alleine u. über sich selber weinend antraf. Am 28tn Merz 1773 kam sie ins Mädgen Chor in welchem sie ihren stillen u. einfältigen Gang ungestört fortgieng. Am 22tn Aug. wurde sie von einer heftigen Kranckheit überfallen u. auf Befragen; ob sie zum Heiland gehen [257] wolle? antwortete sie; ja, viel lieber als[WS 30] wieder gesund werden. D. 23tn verlor sie die Sprache, Gesicht u. Gehör, doch erholte sie sich den folgenden Tag gegen Abend so weit, daß sie ihren lieben Eltern, welche sie zu besuchen gekommen waren, mit einem freundlichen Blick die Hand reichte. An bemeldtem Tage Abends um 10 Uhr erfolgte ihre selige Vollendung im 13tn Jahr ihres Alters.

3.) Der in Bethlehem am 9tn Oct. entschlafene verheyrathete Bruder Georg Schneider war 1716, d. 8tn Sept. zu Zauchtenthal in Mähren geboren, gieng im Jahr 1739 aus seinem Vaterlande und zur Gemeine, kam 1742 mit der ersten Seegemeine[WS 31] hieher nach Pensӱlvanien u. wurde 1746 hier in Bethlehem mit der nunmehrigen Wittwe Gertraut geb. Petersin zur heiligen Ehe verbunden, mit welcher er 2 Töchter, die noch beyde am Leben u. in der Pflege der Gemeine sind, gehabt hat. Sie wurden einige Jahre im Dienst der Landgemeinen gebraucht, zogen sodann nach Nazareth u. sodann nach aufgehobener Oeconomie[WS 32] nach Nain. Seine Neigung mehr auf andere als auf sich zu sehen, brachte ihn, sonderlich [258] die lezten Jahre, in manche Gemüths Verwirrung u. endlich um den Genuß der Gemein-Gnaden. Seine Kranckheit welche sich mit einer Auszehrung endigte hat geraume Zeit gewährt. Einige Tage vor seinem Heimgang sagte er zu einem Bruder der ihn besuchte: Der Grund drauf ich mich gründe ist Christus u. Sein Blut u. dabey will ich bleiben. Sein Alter hat er auf 57 Jahr u. 4 Wochen gebracht

4.) Die am 14tn Oct. in Bethlehem heimgegangene verwittwete Schwester Marӱ Horsefield geb. Dougthӱ, war im Febr. 1708 auf Staaten Island geboren u. in der Quäcker Gesinnung erzogen worden, aber von Jugend auf unruhig, u. bat den Heiland oft, ihr den rechten Weg zur Seligkeit zu zeigen. Als sie einmal Mr Whitefield vom Verdienst des Herrn Jesu predigen hörte, wurde es ihr zur Stunde klar, daß sie nicht durch eigne gute Wercke; sondern allein aus Gnaden, durchs Blut Jesu als eine arme Sünderin selig werden müße; weil ihr aber doch noch das eigne Würcken sehr anhieng, so konte sie zu keiner Ruhe ihres Herzens gelangen. Nach einiger [259] Zeit, that der selige Bruder Rauch einen Besuch auf Long Island, dem klagte sie ihr geängstetes Herz u. er munterte sie auf zum Heiland zu gehen u. sich so, wie sie sich fühle, Ihm zu ergeben. Sie thats, u. ihr Herz wurde mit dem Trost aus Seinem Tode erfüllt. 1731 d. 30tn Merz wurde sie von einem englischen Prediger getauft u. noch in derselben Stunde mit unserem nunmehr seligen Bruder Thimothy Horsefield zur Ehe verbunden. Sie zog zu ihrem Manne, welcher auf Long Island wohnte u. der Heiland segnete ihre Ehe mit 8 Kindern, von welchen noch 3 Söhne u. 2 Töchter am Leben und Glieder der Gemeine sind. 1749 im Oct. kam sie hieher nach Bethlehem zum Wohnen. Unsere selige Schwester hat dieses ihr Gnadenloos jeder Zeit zu schäzen gewußt. Zu den Gemein-Gnaden war sie bereits im Jahr 1748 gelangt. Der Verlust ihres Mannes, welcher am 9 Merz 1773 ihr vorangieng, machte ihr einen tiefen Schmerz, welchen ihr aber der liebe Heiland durch Seine liebe Nähe dergestalt erträglich machte, daß sie bald in ihrem Wittwenstande eingewohnte u. nicht gerne eine Chor-Versamlung [260] versäumte, so lange es ihre Gesundheit zuließ. In der Nacht auf den 17tn Sept. dieses Jahrs, wurde sie an der ganzen lincken Seite ihres Leibes gelähmt. Sie freute sich, daß dieses vielleicht eine Gelegenheit zu ihrem Heimgang seyn würde u. war in ihrer Kranckheit geduldig, liebhabend u. sünderhaft. Vor dem lezten Abendmahl gab sie einer Schwester mit Verlegenheit zu verstehen, daß ihr Herz noch an ihren Kindern hange. Nach dem sacramentlichen Genuß aber am 2tn Oct. versicherte sie, daß sie nun mehr von allem, was in der Welt ist los sey u. die Nähe des lieben Heilands unaussprechlich fühle. Sie hat auch von der Zeit an, fast von nichts mehr einige Notiz genommen u. sich nur nach dem gestreckt, den ihr Herz meynte u. erwartete in sanfter Ruhe die Zukunft ihres Seelen Bräutigammes, welcher sie auch am 4tn Oct. Abends in der 9tn Stunde zu sich heimholte im 66 Jahr ihres Alters.

2.) Auszug aus dem Bericht der Gemeine in Nazareth vom Maӱ bis Oct. 1773

Am 2tn May holten die ledgen Brüder ihren Lehrtag vom 30tn Aprill mit einer Lehr-Rede u. die Comunicanten des Chors [261] mit dem Genuß des Leibes u. Blutes des Herrn im heiligen Abendmahl nach. D. 20tn wurde der ledige Bruder Heinrich Bruner, mit der ledigen Schwester Rosina Hartmaninn zur heiligen Ehe verbunden. – Am Feste der Himmelfarth unsers Herrn, segnete uns der ungesehene Freund mit seiner lieben Nähe u. erneuerte in uns die tröstliche Hofnung, daß Er bey uns bleiben wolle ewiglich. Herzlich Lob u. Danck sey gesagt, für die Gnaden volle Pfingstfeӱer d. 30tn, da wir uns Groß u. Klein vor Gott dem werthen heiligen Geiste hinstellten, in wahrer Bewegung der Herzen, über den erkanten Mangel eines kindlichen Gehorsams u. des püncktlichen Aufmerckens, auf Seine sanfte Erinnerungen u. Anregungen, um Gnade u. Vergebung über alles, wie auch um Seine fernere Geduld, Pflege u. Ziehe brünstig fleheten u. Ihm neuen Kinder Gehorsam gelobten, wozu sich sonderlich die Abendmahls Genoßen, beym beym Lobe u. Verbindungs Kelch unter einen seligen Gottes Frieden verbanden. Am 31tn war ein sehr gesegneter Gemeintag mit Nachrichten die viel Lob u. Danck erweckten, worauf [262] zulezt 2 unserer Knaben, David Weinland u. Peter Fuhrer, durch die Aufnahme zur Gemeine hinzugethan wurden. Zu der Festfeyer der Knäbgen am 24tn Junӱ bekannte sich unser lieber Herr der allertreuste Kinderfreund sehr gnädig. An dem neuen Orte wurde Bruder Wenzel Bernhards des Beckers Blockhaus neben dem Gasthofe d. 29tn Junӱ aufgeschlagen. Gleich im Anfang des Monats Julӱ fingen unsere Geschwister allenthalben u. also außerordentlich früh, die Korn Erndte an. Deswegen hatten am 2tn das Haus Christiansbrunn früh um 6 Uhr sein Schnitter Liebesmahl da denn hernach etlich 30 Brüder u. Knaben mit Freuden aufs Feld zu ihrer Arbeit zogen. Am 9tn fiel die jüngere Tochter der Geschwister Golds, ein Mädgen von 14 Jahren, beym Kornschneiden auf einmal hin, da sie vorher ganz munter und gesund gewesen, u. verschied in kurzer Zeit auf dem Felde. Weil an dem Tage eine durch dringende Hitze gewesen: so vermuthet man, sie habe einen Sonnenstich gekriegt, u. wir musten auch die entseelte Hütte gleich den folgenden Tag beerdigen. An unserm neuen [263] Orte wurden in diesem Monat 3 Häuser Bruder Schlösers, Bruder Melchior Christs u. der Anbau der ledigen Brüder glücklich gerichtet. Wir danckten herzlich dafür, daß niemand bey den Gebäuden zu irgend einem Schaden gekommen, so waren wir auch kindlich danckbar für den nach langer Dürre am 20tn u. 23tn dieses bescherten gnädigen Regen, der alles auf Feldern u. Wiesen u. Gärten, wieder erfrischt u. aufgelebt hat. Am 17tn Aug. begiengen unsere kleinen Mädgen ihr Chorfest mit Freuden. Der treue Kinderfreund bekante sich gnädig zu dieser kleinen Anzahl, in ihren Fest-Gelegenheiten. D. 27tn beging unser Beter-Chor den Gedencktag der Einrichtung des Stunden-Gebets vor 46 Jahren. Es wurde die Versamlung in einer Rede über den Text an ihr liturgisches Amt vor dem Heiland herzlich erinnert u. nach einem Gebet auf den Knien um den Geist der Gnade u. des Gebets, verbanden sich die Geschwister zu neuer Treue in ihrem Auftrag beym Lobe u. Verbindungs Kelch. Am 29tn hatten unsere ledigen Brüder nach dem gestern Abend sünderhaft selig gemachten Beschluß ihres Chor-Jahres u. der den Comunicanten angedienten Fußwäsche, ein sehr [264] begnadigtes Chorfest, an welchem sie 2 Jünglinge Carl Gottlieb Opitz u. Johan Schnall in ihr Chor aufnahmen. Der Genuß des heiligen Abendmahls machte den allerseligsten Beschluß dieses Tages. Uebrigens hat unser lieber Herr, wie auf die täglichen liturgischen Versamlungen, also auch besonders auf die Bibel-Lectionen u. den Lehr-Unterricht unserer Jugend, Seinen Segen zulegen, fortgefahren, dafür wir Ihm, wie für alle im diesem Monat genossene Gnaden, Herzlich Lob u. Danck sagen. Die Feyer des Ehefestes am 7tn Sept. war mit vieler Gnade begleitet. Eine begnadigte Fußwäsche Tags vorher, u. der Genuß des Heiligen Abendmahls zum Schluß dieses Tages, waren ausgezeichnete Fest Momente. So hatten auch am 11tn unsere sämtlichen Kinder, einen begnadigten Lehr u. Gemeintag, mit Verlesung schöner Nachrichten, einem Liebesmahl u. einer eindrücklichen Lehr-Rede, Zu deren Schluß Bruder Lembke mit ihnen auf die Knie fiel u. sie in einem Herzlichen Gebet dem treusten Kinder Freunde zu neuer Gnade, gehorsam zu seyn, wie Er, angelegentlich empfahl. Am 16tn Sept. traten an diesem wichtigen Gedencktage die [265] Diener u. Dienerinen der Gemeine u. Chöre vor ihrem lieben Herrn, erwogen auf einer Seite seine unverdiente Gnadenwahl in wahrer Herzens Beugung, wie überhaupt seine gnädige Herunterlaßung zu Seinem armen Brüder Kirchlein u. fortwaltendes Regiment in demselben, auf der andern Seite ihre Mangelhaftigkeit u. Nachbleiben in tiefer Beschämung, fielen darauf vor Ihm im Staube hin u. baten mit Thränen, um Sein gnädiges Vergeben u. um Sein fühlbares Bekenntniß zu uns u. zur seiner ganzen Dienerschaft in Seiner Unität. Zulezt verband sich diese Gesellschaft beym Bundes-Kelch zu neuem Fleiß u. Treue in des Herrn Dienst. Am 29tn vergaßen wir nicht, sonderlich mit unsern Kindern, unsern lieben Herrn kindlich für der lieben Engel Wache u. Dienst an Seiner Gemeine u. unsern lieben Kleinen zu dancken. Am 13tn gieng in Gnadenthal die ledige Schwester Maria Elisabeth Löschin selig zum Heiland. Sie war d. 11tn Merz 1728 zu Tulpehocken in Pensylvanien geboren, u. in der Lutherischen Kirche getauft worden. In ihrem 9tn Jahre kam ihr der Heiland bey dem Besuch unsers lieben Bruder Josephs in ihres Vaters Hause sonderlich bey seiner eindrücklichen [266] Rede u. Gebet zum ersten mal an ihr Herz u. aber mal in ihrem 14tn Jahr durch den Besuch des seligen Bruder Büttners. Sie hatte auch darauf keine Ruhe mehr bis sie in ihrem 21tn Jahr zur Gemeine nach Bethlehem kam, woselbst sie 1748 aufgenommen u. 1749 des heiligen Abendmahls theilhaftig wurde. Im Jahr 1753 kam sie als Aufseherin zu den großen Mädgen u. wurde einige Zeit hernach zu ihrer besondern Beschämung zur Acoluthie angenommen, weil sie wegen ihrer Lähmung nicht glauben konte, daß sie ihrem lieben Heiland, in irgend etwas einen Dienst würde leisten können. Unter deßen wurde sie als Vorgeseztin bey den Schwestern gebraucht u. diente ihnen mit der Schneiderey, die sie eben darum im Chor Haus mit allem Fleiß erlernnt hatte. Als ihre Eltern von Tulpehocken nach Gnadenthal gezogen, bat sie sich die Erlaubniß aus, ihrer Schwächlichkeit u. Kräncklichkeit wegen, wenigstens auf eine Zeitlang, bey ihnen zu seyn, hat auch seit dem Febr. 1771 bis zu ihrem seligen Heimgang, ihrer treuen Pflege mit kindlichem Danck genoßen. Ihr Alter hat sie auf 45 Jahr u. 6 Monat gebracht. [267] Das war die erste ledige Schwester, deren Gebeine auf unserm Gottes-Acker bey der Hall ruhen u. der Geschwister Löschens erstes Kind von 11, das ihnen heimgegangen ist. Vom Monat Sept. ist übrigens noch an zu mercken: Daß in unserer Anstalt einem Bruder, 2 Knaben u. 6 Kindern auf Verlangen der Eltern die Blattern eingepfropft worden sind, welche sie alle im folgenden Monat glücklich überstanden haben. Ein an den natürlichen Blattern erkrancktes Kind Wilhelm Poplewel nahm der Heiland am 29ten Oct. zu Sich.

Er war d. 26tn Aug. 1765 in Bethlehem geboren u. seit d. 27tn Sept. 1766 in unserer Anstalt bey den kleinen Kindern. Er hat von allen das Zeugniß, daß er ein stilles lencksames u. liebhabendes Kind gewesen, das den Heiland u. Seine Wunden gern besang u. der beste Sänger unter Seinen Gespielen war. In seiner Kranckheit dabey er es sehr schwer hatte u. wenig bey Sich war, hatte man liebliche Spuren, eines kindlichen Umgangs mit dem Heiland. Bey unserm Abendmahl am 2tn Oct. war der Knabe Johan Kremser erstmaliger Mittgenoß daran. Am 31tn holten die großen Mädgen ihren Lehrtag vom [268] 30tn nach, mit einer eindrücklichen u. Bandenmäßigen Rede.

3.) Auszug aus dem Berichte der Gemeine in Litiz vom Maӱ u. Junӱ 1773.

Den Anfang des Monats Maӱ machten unsere sämtlichen Kinder mit einem lieblichen u. gesegneten Gemeintag. Tags drauf hatte das Diener u. Music Collegium 72 an der Zahl ein gesegnetes Liebesmahl zur Aufmunterung, in der Gemeine mit einem frölichen u. liturgischen Herzen zu dienen u. den Herrn zu loben. Geschwister Geitners u. Rixeckers der jüngere, wurden zum Diener Collegio hin zu gethan. Nachdem am 3tn das ledige Schwestern Chor einen sünderhaften Beschluß seines Chor Jahres mit dem Pedilavio gemacht hatte, so begiengen sie am 4tn ihr Fest mit Freuden u. der segnenden Nähe ihres Chor-Fürsten; 3 große Mädgen wurden in ihr Chor aufgenommen. Alle Fest-Gnaden wurden zulezt durch den unaussprechlichen Genuß des Leibes u. Blutes unsers Herrn im Heiligen Abendmahl versiegelt. Das Chor besteht gegenwärtig aus 68 Personen, davon 57 Abendmahls Genoßen sind. Gleichen sacramentlichen Genuß hatte die Gemeine am 15tn dazu der alte Bruder [269] Jacob Heil aufs neue gelangte. D. 17tn reiste Bruder Matthäus in Begleitung des des Bruder Joseph Neißers, der zu dem Ende vor einigen Tagen her gekommen war, nach Manakosӱ, von wannen Ersterer am 28tn wohl behalten zurück kam. Am 1tn Pfingst Tage ließ uns Gott der heilige Geist Seine Segen kräftig fühlen, wir huldigten Ihm aufs neue u. baten Ihn kindlich, Führe uns Herr wie Du wilt bis wir unsern Lauf erfüllt! Die Abendmahl-Gemeine verband sich beym Bundes-Kelch zu neuer Treue u. Gehorsam, wobey ein inniges Gnaden-Gefühl waltete. Am 2tn Pfingsttage war Gemeintag; auch hatten etlich u. 80 Kinder ein mit der Nähe des Herrn begleitetes Liebesmahl. Darauf versammlete sich die ganze Gemeine zur Tauf Handlung des großen Mädgens Maria Kreiterin. Bruder Grube redete zu erst über die Worte: Was muß ich thun, daß ich selig werde? u. dann wurde sie getauft u. Maria Magdalena genant. Viel milde Thränlein wurden dabey vergoßen. Zum Schluß dieses Gnadentages, danckten wir unserm lieben Herrn auf den Knien, der uns in diesen Fest-Tagen [270] so gnädig besucht hat u. Seinen Geist so kräftig in unsern Herzen seyn laßen. Zulezt wurde der Segen des Herrn auf die Gemeine gelegt. D. 8tn Junӱ brachten Geschwister Kriegers von Manakosӱ ihre jüngste Tochter Margaretha auf erhaltene Erlaubniß ins Chorhaus. Am 12tn gelangten die 2 leiblichen Geschwister Greenburӱ u. Saly Pedicoard zum ersten mal mit uns zum heiligen Abendmahl. Am 23tn begiengen die Knaben ihren Lehrtag, mit einer gesegneten Homilie des Bruder Matthäi u. am 24tn hatten unsere Knäbgen einen seligen Festtag. Bruder Sӱdrich hielt ihnen den Morgensegen u. Bruder Matthäus die Fest-Rede. Nach dem Liebesmahl wurden sie in einem Gebet auf den Knien dem Heiland an Sein treues Herz gelegt. Am 27tn war ein gesegneter Gemeintag. Nach geendigten Lectionen, war die Taufe des ledigen Bruder Joh. Blickendörfers. Nachdem Bruder Matthäus über die heutige Loosung geredet hatte, absolvirte u. taufte er ihn im Namen der heiligen Dreyeinigkeit. Die Gemeine stund da mit vielen Seufzen u. Flehen, zu dem treuen Sünderfreunde, daß Er ihn auf ewig in [271] Seine Wunden verschließen wolle. Zu seinem vorigen Namen, empfieng er noch den Namen Andreas.

Von den Americanischen Stadt u. Land-Gemeinen vom Jan. bis Junӱ 1773.

Lancaster d. 23tn Jan. hatten wir das heilige Abendmahl wozu die Schwester Demuthin zum ersten mal, u. ihr Mann nach 6 Jahren aufs neue gelangte. D. 27tn Febr. besuchte uns ein Irrländischer Maurer Wm Mase, welcher nach seiner Erzehlung mit den Brüdern in Ballonderӱ bekant gewesen u. uns alle Arbeiter, die seit 20 Jahren in Irrland gewesen zu nennen wuste. D. 6tn May wurde der ledige Bruder David Frißler zum heiligen Abendmahl readmittirt. D. 14tn wurde die Hütte des Kindes Elisabeth Franckin 2 Jahr u. 8 Monat alt beerdiget. Bey der darauf folgenden Predigt, konte unsere Kirche das Auditorium kaum faßen. D. 25tn Merz verhinderte das rauhe u. heftige Regenwetter, die Begehung dieses Festes u. wir hatten am 28tn eine gesegnete Nachfeyer davon, welches auch von mehrern Orten angemerckt wird. D. 20tn Aprill, war die Trauung der [272] beyden ledigen Societäts-Glieder Joh. Georg Ratvon u. Christina Kramerinn. Am 18tn Maӱ gieng die ledige Schwester Riemin heim. Sie war hier in Lancaster d. 13tn Oct. 1748 geboren u. von den Brüdern getauft worden. Von ihren lieben Eltern unsern Geschwistern Tobias Riems, genoß sie eine sorgfältige Erziehung, gieng in die Schule der Brüder u. ward, da ihre Kinder Jahre vorbey waren, auch ein Glied unserer Societät. Da man hernach eine Arbeit des heiligen Geistes an ihrem Herzen wahrnahm, gelangte sie auf ihr Verlangen am 10tn Sept. 1769 zur Aufnahme in die Gemeine; von der Zeit an gieng sie im Aeußerlichen einen ordentlichen Gang; man sahe aber doch, daß der Heiland von ihrem Herzen etwas mehreres erwartete, worüber ihre Eltern sowol, als die Geschwister in einer Bekümmerniß waren. Dieses continuirte auch noch bey ihrem 16 wöchigen Kranckenlager, bis sie endlich selbst fühlte u. es gestand, daß es ihr an wahrer Blut-Gnade fehlte. Der liebe Heiland der ihr von Kind auf, so manche Gnade erwiesen ließ sich auch jezt nicht unbezeugt u. ihr Herz wurde dergestalt getröstet, daß [273] sie ihrem Ende getrost entgegen sahe u. daß auch die um sie waren, sich über sie freuen konten. Bey ihrem Begräbniß d. 20tn in der Leichen-Rede des Bruder Langaards über die Worte: Was soll ich thun, daß ich selig werde? war so eine Menge Volcks, daß obgleich auch vor den Thüren unserer Kirche Bäncke gesezt waren, es dennoch an Platz fehlte. Einige von diesen Zuhörern besuchen seitdem unsere Sonn u. Festtäglichen Predigten u. man hat von der gesegneten Wirckung dieser Predigt manch Zeugniß gehört. D. 16tn Junӱ kriegten wir einen Besuch von unserm Bruder Matthäus, welcher in der Abend-Versamlung der Gemeine den Abruf der Geschwister Langaards nach Emaus, wie auch, daß Geschwister Krogstrups von Yorktown an ihre Stelle hier eintreten würden, bekant machte. Am 19tn hatten wir das heilige Abendmahl welches Leonhard u. Christ. Ratvons zum ersten mal mit uns genoßen. D. 27tn hielt Bruder Langaard seine lezte Gelegenheit allhier mit Gnade u. d. 29tn reisten diese lieben Geschwister von uns ab. Geboren u. getauft sind worden am 6tn Jan. Matthäus Henrӱ, d. 18tn Christoph Reinhard, d. 6tn Febr. [274] Jacob Ebermann d. 15tn April Joh. Georg Dehn u. d. 3tn Jun. Fried. Demuth.

Yorktown. Am 30tn Jan. war ein Diener Liebesmahl. Zu der Erinnerung, daß ein Saal-Diener neben seinem Saal-Dienst überall auf die Sache des Heilands ein wachsames Auge haben müße, bekante sich der Heiland sehr gnädig. Im Febr. hörten wir von einem Kinde unserer Nachbarn, daß es in seiner Masern Kranckheit, daran auch verschiedene der Unserigen liegen, öfters ausgerufen: Komm mein lieber Herr Jesu u. nimm mich zu dir! Kurz vor seinem Ende sagte es noch, mit einem sehr freundlichen Blick: Nun werde ich bald zu meinem lieben Herrn Jesu gehen, wodurch die Anwesenden u. sonderlich die Eltern sehr gerührt wurden. D. 14tn Febr. empfieng das Kind Heinrich Geӱer die heilige Taufe. D. 20tn war das Kind die ledige Schwester Cathrina Hönsin unsere erstmalige Mittgenoßin beym heiligen Abendmahl. An den Masern sind folgende Kinder bey uns heimgegangen: d. 10tn Febr. Joh. Feiser 4 Jahr alt. d. 7tn Merz Elisabeth Fischelin 2 Jahr u. 9 Monate. d. 11tn Peter Feisers Töchterlein, Anna Barbara 10 Jahr alt, sie [275] sagte öfters: Ach wenn mich doch der liebe Heiland bald holen wolte u. auf die Frage: ob sie nicht wieder gesund werden wolte? sagte sie: Ich will lieber zum Heiland gehen, u. d. 25tn Merz verschied das Kind Michael Fischel 7 Monat alt. D. 14tn April hielt Bruder Krogstrop die monatliche Predigt an der Canawage. Eine 80 jährige Frau in derselbigen Gegend, die diese Predigt etliche Jahre zum Segen für ihr Herz angehört hat, ist vor kurzem im Vertrauen auf Jesum u. Sein Verdienst selig entschlafen. D. 18tn wurden in der Gemeinstunde die 6 dieses Jahr aufgenommenen u. am 25tn die 4 zum heiligen Abendmahl gelangten Geschwister, an die ihnen zu Theil gewordenen Gnaden erinnert u. von der Gemeine gesegnet. Am 3tn Maӱ reisten die 2 Familien Joh. Jacob Beroths mit ihrem Kinde u. die jüngere Philip Rothrocks mit 2 Kindern von hier nach Nord Carolina ab, um daselbst auf der Brüder Lande zu wohnen. Die Brüder Martin Ebert, Marcus Höns u. Jacob Rothrock, die auch schon Land daselbst haben, giengen in Verrichtungen mit dahin. D. 30tn Maӱ als [276] am Pfingsttage, waren alle Feste Gelegenheiten, besonders da wir mit unsern Abendmahls Genoßen Gott dem werthen heiligen Geist aufs neue huldigten, sehr gesegnet. In der Kinderstunde empfieng der Geschwister Peter Schneiders am 23tn gebornes Söhnlein Joh. Peter, u. am 13tn Jun. Geschwister Buschens Söhnlein Joh. Jacob die heilige Taufe. Zu Anfang des Monats Junӱ erfuhr die Schwester An. Mar. Müllerin mit ihrem kleinsten Kinde eine besondere Bewahrung; wild gewordne Pferde vor einem Wagen, sprungen grade auf das über die Gaße gehende Kind los, die Mutter wolte das Kind retten, fiel aber vor Schrecken neben dem Kinde nieder. Da die Pferde an sie kamen, blieben sie stehen, da jeder man dachte, daß sie über Mutter u. Kind weggehen würden. Aus einem Briefe des Bruder Matthäi ersahen wir am 27tn die Versezung der Geschwister Krogstrops nach Lancaster u. daß Geschwister Lindemeӱers von Emaus an ihre Stelle hier eintreten würden.

Manakosӱ. Am 1tn Jan. war für die Gemeine, u. Societäts-Glieder ein Liebesmahl [277] welches mit lieblichen Materien unterhalten u. mit einem Gebet auf den Knien beschloßen wurde. Das tröstliche Gefühl so wol hiebey, als bey der Predigt, machte uns diesen ersten Tag im Jahr, zu einem ausgezeichneten Gnadentag. D. 2tn Febr. taufte Bruder Neißer im Hause der Eltern die kleine Mar. Elisabeth Böhringerin. Die Masern Kranckheit die schon vorigen Monat unter den Kindern angefangen u. auch etliche Erwachsene betroffen, nebst andern kräncklichen Zufällen unter den Geschwistern verursachten manchen Tag u. Nächtlichen Besuch bey ihnen. Wir fanden dabey auch öfters eine selige Gnaden-Arbeit des Heiligen Geistes an den Herzen, welches uns sehr tröstlich war. D. 30tn waren unsere Brüder zu einer Unterredung beysammen, die Ausbauung unsers neuen Gemeinsaals betreffend. Bruder Hepner welcher seit dem ersten Merz, von Carrols mannor hier war zur Hülfe des Bruder Neißers im Schulhalten u. predigen, wolte gegen das Ende des Monats dahin zurückkehren, allein das am 25tn entstandene Regenwetter, hatte ein solch Gewässer verursacht, daß alle Brücken und [278] Stege weg waren u. man weder zu Pferde noch zu Fuße fort kommen konte. D. 18tn April wurde die nachgelaßene Hütte, des kleinen Joseph Mosers 9 Monat alt, beerdiget. Bruder Matthäus welcher zu einer Visitation hier war, that am 24tn Maӱ an die Abendmahls Gemeine über etliche Dinge, die unter uns vorgekommen u. welche Unordnungen im Gemeingange verursachen können, eine Herzliche u. nachdrückliche Erinnerung, worauf zum Schluß seines gesegneten Besuchs unter einem seligen Gnadenwittern der Lobe u. Verbindungs Kelch herum gegeben wurde. D. 28tn sahen wir uns zu unserer großen Betrübniß genöthigt, einen Menschen seiner schlechten Aufführung wegen, unsere Gemeinschaft aufzusagen. In diesem Monat haben auch die Maurer u. Tischler wieder angefangen, an unserm neuen Saale zu arbeiten, um denselben zum baldigen Gebrauch fertig zu machen. Von Carrolsmannor meldet Bruder Hepner, daß in der Zeit seines dortigen Aufenthalts, sich des Sontags nebst den englischen auch immer ein Häufgen Deutscher Zuhörer eingefunden, da er den Erstern eine von denen [279] ins Englische übersezte Berliner-Reden gelesen u. an Leztere eine Predigt gehalten. Unsere englischen Freunde daselbst hat er fleißig besucht, welches sonderlich denen, welche selbst kräncklich waren, oder Kinder an den Masern liegen hatten, sehr angenehm war. Am 3tn Junӱ taufte Bruder Neißer von Manakosӱ John Padgegs am 25tn gebornes Töchterlein Lӱdia.

Mountjoӱ D. 25tn Maӱ meldete Ludwig Barner dem Bruder Schweishaupt in einem Briefe, daß seine Frau im Herzlichen Verlangen nach dem Heiland aus der Zeit geschieden. Sie habe ihm die 2 hinterlaßene Kinder gar sehr empfohlen u. sey in ihrer Kranckheit allen Besuchenden zur Erbauung gewesen. Er selbst empfiehlt sich dem Andencken der Geschwister. Am 4tn May wurde Bruder Schweishaupt von einem 81 jährigen Greiß aus den Menonisten besucht, deßen altdeutsche Ehrlichkeit u. Aufrichtigkeit ihn vergnügte. D. 9tn Juny hielt Bruder Schweishaupt, auf Bitte eines reformirten Nachbars das Begräbniß seines Kindes u. darauf in der reformirten Kirche, welche ihm die Vorsteher selbst öfneten, an ein Auditorium [280] von allerley Gesinnungen eine gesegnete Predigt, von der Nothwendigkeit der Abwaschung von Sünden durch Christi Blut.

Hebron Am 3tn Jan. wurde das an den Masern entschlafene Kind Philippina Xanderinn ein Jahr u. 8 Monat alt u. am 13tn Heinrich Buhlers Töchterlein Catharina 1 Jahr u. 10 Monat alt, beerdiget, d. 10tn empfieng Jacob Xanders Töchterlein Anna Philippina die heilige Taufe. Am 23tn genoß die verheyrathete Schwester Elisabeth Herrmannin das heilige Abendmahl zum ersten mal mit uns. D. 21tn Febr. wurde der ledige Gottlieb Kucher in die Societät aufgenommen. Am 1tn Maӱ besuchte ein ehmaliger Abendmahls Bruder den Bruder Bader u. bezeigte ihm sein sehnliches Verlangen, wenigstens wieder zu unserer Societät zu gehören u. es wurde ihm zu seinem Trost u. Freude gewährt. Am 29tn besuchten Geschwister Baders die lieben alten krancken Geschwister Balthasar Orths u. fanden die Frau ihrem Heimgang nahe. Darauf taufte Bruder Bader der jüngern Geschwister Balthasar Orts am 3tn gebornes Töchterlein Justina Elisabeth, u. am 30tn Geschwister Adam [281] Orths am 24tn gebornes Söhnlein Christian Heinrich unter einem seligen Gnaden-Gefühl in Jesu Tod. Am 31tn war das Begräbniß unserer selig entschlafenen alten Schwester Catharina Orthin. Sie war gegen das Ende des vorigen Seculii zu Dürigheim im Hanauischen von Lutherischen Eltern geboren. Im Jahr 1729 kam sie mit dem nunmehrigen Wittwer unserm alten Bruder Balthaser Orthals ihrem damaligen Bräutigam in dieses Land, mit dem sie bald nach ihrer Ankunft getraut wurde. In dieser 45 jährigen vergnügten Ehe, hat sie 3 Söhne u. 2 Töchter gehabt, von denen 2 Söhne u. eine Tochter noch hienieden sind u. zur Brüder Gemeine gehören. Ihren Gnadengang betreffend, so war sie ihrer Erzählung nach, in der Religion darin sie geboren u. erzogen worden, nach ihrer Erkentniß treu, daher sie sich auch vest vornahm, als sie von den Brüdern hörte, denenselben aus dem Wege zu gehen, um in ihrem vermeyntem Glauben nicht irre gemacht zu werden. Als sie aber ein mal eine Predigt von den Brüdern hörte, kriegte sie ein Verlangen mehr solche Zeugniße von dem Tode Jesu [282] zu hören, dazu sie auch Gelegenheit fand, Dabey wurde sie von der Gnade kräftig gefaßt, ihr Herz kam in eine gesegnete Arbeit des Heiligen Geistes u. weil sie zugleich in eine nähere Bekantschaft mit den Geschwistern kam, welche auf ihren Reisen in ihrem Hause zum öftern übernachteten: so wurde ihr Gnadengang dabey gefördert. 1749 d. 9tn Febr. gelangte sie in Warwik zur Aufnahme in die Gemeine u. am 27tn Aprill deßelben Jahrs auch zum heiligen Abendmahl. Als hernach in Libanon auch eine Gemeine eingerichtet worden, waren ihr Mann u. sie Stewards u. wurde von jederman geliebt. Sie war schon einige Jahre her sehr schwach u. kräncklich seit 3 Wochen aber muste sie sich ganz legen. Während dieses ihres Kranckenlagers wurden ihr zu denen 17 Enckeln, welche sie erlebt, noch 2 geboren, denen sie, als sie zu ihr gebracht wurden, ihren Großmütterlichen Segen ertheilte. Als sich ihr Stündlein wider ihr Vermuthen verzog, sagte sie mit einiger Verlegenheit zu einer Schwester: Der Heiland müße noch etwas an ihr sehen, das Ihn zurück hielte, sie zu Sich heim zu nehmen u. sie wiße es nicht. [283] Nachdem man sie darüber bedeutet hatte, war sie ganz zufrieden u. erwartete sehnlich den lezten Kuß, welcher am 29tn Nachmittag erfolgte; da sie in die Arme ihres treuen Heilandes übergieng ihres Alters etwa 75 Jahr. Bey der Leichenrede welche Bruder Bader hielt sahe man unter dem zahlreichen Auditorio von allerley Gesinnungen manche naße Augen, wie denn auch die gewöhnliche Sontags Predigt immer fremde Zuhörer hat. Bey dem Abendmahl am 8tn April wurde Bruder Georg Volck nach langem Entbehren deßelben readmittirt. D. 12tn wurde der Knabe Joh. Buhler zur Societät hin zu gethan. Am 5tn May wurden die Geschwister Peter Kuchers einmüthig im Gemeinrathe zu Stewards erwählt. Bruder Bader besuchte etliche mal auf Ersuchen einen in bedrängten Herzens-Umständen sich befindenden reformirten Mann, dessen Frau zu unserer Societät gehört. Er bezeugte, daß es ihm nach den mit Bruder Bader gehabten Unterredungen, leichter ums Herze sey. Es wurde ihm die wahre Vergebung der Sünden im Blute Jesu gewünscht. [284] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/288 [285] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/289 [286] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/290 [287] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/291 [288] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/292 [289] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/293 [290] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/294 [291] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/295 [292] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/296 [293] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/297 [294] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/298 [295] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/299 [296] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/300 [297] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/301 [298] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/302 [299] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/303 [300] Seite:GN.A.171 Gemein-Nachrichten 1774,3.pdf/304

Anmerkungen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Zahl im Zähler steht für den Tag nach julianischem Kalender, die Zahl im Nenner für den Tag im gregorianischen Kalender.
  2. seliger Jünger: Bezeichnung innerhalb der Brüdergemeine für ihren Gründer Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf nach dessen Tod
  3. abweichende Namensvariante (Seite 16): Benza Jacob
  4. (kleines) Ausschimpfen lt. Grimmschem Wörterbuch
  5. guter Hausgeist
  6. Vorlage: Manuina
  7. Vorlage: Wiederholung Nun
  8. Vorlage: Friedes
  9. kleines einmastiges Schiff
  10. Vorlage: Chatebay
  11. Vorlage: vegebet
  12. obere Gemein(d)e: Gemeinschaft der gestorbenen Christen, auch: vollendete Gemeinde
  13. vertraulich, offenherzig und ohne Scheu
  14. Vorlage: Wiederholung mit
  15. Vorlage: Besuh
  16. Abscheu erregend
  17. des gleichen Jahres
  18. Vorlage: grönldischen
  19. Vorlage: Wiederholung darum
  20. auch Banden: kleine, nach Geschlechtern getrennte Gruppen
  21. Vorlage: Weichnachts-Verse
  22. Vorlage: ihmen
  23. Vorlage: Wiederholung Bernhard,
  24. Pedilavio: Fußwaschung
  25. großer Sabbath: Karsamstag
  26. Vorlage: Wiederholung werden
  27. Vorlage: Torst
  28. Vorlage: enpfahlen
  29. Vorlage: Philadephia
  30. Vorlage: Wiederholung als
  31. Seegemeine: größere Gruppe von Brüdern und Schwestern, die gemeinsam übers Meer nach Pennsylvania fuhr und wie eine Ortsgemeine organisiert war
  32. i. S. v. gemeinsamer Verwaltung