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Seite:Gemäldegalerie Alte Meister (Dresden) Galeriewerk Lücke.djvu/61

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Wie sehr man im Zeitalter Augusts des Starken und seines Nachfolgers die Kunst der Carracci und ihrer Anhänger schätzte, beweist, wie schon früher bemerkt, die grosse Zahl von Werken dieser Meister, die damals für die dresdner Galerie erworben wurden. In weiten Kreisen der damaligen Kunstliebhaber und Sammler hatte man für die Nachblüte der grossen italienischen Malerei eine ganz besondere Neigung. Der Mangel an Ursprünglichkeit und tieferem Gehalt in den Werken dieser nachgebornen Kunst ward wenig empfunden. Diese Werke mit ihrem mannigfaltigen Formenreiz, mit ihrer schönen Rhetorik, mit ihren vornehmen und graziösen Gestalten, in denen sich die Ideale der Renaissance noch immer lebendig genug, wenn auch in einer flacheren Auffassung darstellten, sie boten sich eben deshalb, weil sie kein allzu schweres Gehaltsgewicht hatten, einem leichten Genuss, und welches Zeitalter war für ein leichtes ästhetisches Geniessen besser befähigt, als die Zeit jener beiden fürstlichen Begründer der dresdner Galerie. Sie war darin recht eigentlich virtuos, während vielen von uns heutzutage, wie Justi in seiner meisterhaften Schilderung jenes Zeitalters bemerkt, „das Gehaltvolle selbst verdächtig ist, wenn es nicht im Ringen mit einer unausgebildeten Sprache seine Tüchtigkeit bewährt.“[1] Für jene Zeit war das lebhafte Interesse an der Kunst der italienischen Nachblüte in der That sehr bezeichnend; die Abteilung der dresdner Galerie in der die Carracci und ihre Schule so reichlich vertreten sind, hat in dieser Hinsicht die Bedeutung eines interessanten geschichtlichen Dokuments.


  1. C. Justi, Winckelmann, sein Leben etc., I, 283.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/61&oldid=- (Version vom 27.12.2024)