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Seite:Gemäldegalerie Alte Meister (Dresden) Galeriewerk Lücke.djvu/60

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Leistungen hervor: neben Tiepolo, der sich im Gebiet der dekorativen Malerei mit glänzender Bravour an das Vorbild Paolo Veroneses anschloss, zwei hervorragende Meister der Landschafts- und Architekturmalerei, Antonio Canale (gen. Canaletto) und Bernardo Belotto, berühmt vornehmlich durch ihre grossen Städteansichten. Antonio Canale ist vor allem bedeutend durch die Art, wie er in seinen Architekturbildern Bestimmtheit und Feinheit der Zeichnung mit dem Reiz einer echt malerischen Auffassung verbindet. In solcher Weise hat er namentlich den Charakter Venedigs, seine grossen Prachtbauten, die leichten graziösen Paläste an dem spiegelnden Wasser der Kanäle, den eigenartigen Lichtglanz der schönen Lagunenstadt, den weichen Duft ihrer feucht schimmernden Atmosphäre in zahlreichen Gemälden, deren die dresdner Galerie eine ganze Reihe besitzt, aufs meisterhafteste geschildert. (S. d. Abb. des grossen Kanals in Venedig). Belotto, sein Neffe und Schüler, auf den von ihm der Beiname Canaletto überging, kam in noch jugendlichem Alter nach Deutschland und blieb hier über zwei Jahrzehnte (1745–1766); eine Zeit lang war er in München und Wien, am längsten in Dresden thätig, wo ihn August III zum Hofmaler ernannte; er starb in Warschau 1780. Während seiner dresdner Periode hat er eine grosse Zahl von Ansichten Dresdens und seiner Umgebung und fast ebenso viele Ansichten von Pirna gemalt; sie befinden sich beinahe sämtlich in der dresdner Galerie. An Feinheit der malerischen Auffassung kommt er seinem Oheim nicht völlig gleich; seine Vorzüge liegen vor allem in der ausserordentlichen Klarheit, Bestimmtheit und Genauigkeit, mit der er das Architekturbild bis ins einzelnste durchführte, ohne jemals ins kleinliche zu verfallen, ohne die Gesamtwirkung aus dem Auge zu verlieren. Der kühle Farbenton der in seinen Gemälden vorherrscht, ist von einer gewissen Härte nicht frei, hat aber für die geschilderten Ansichten zugleich doch etwas entschieden charakteristisches. Abgebildet sind eine Ansicht der Altstadt Dresden mit der Elbbrücke und eine Ansicht des Zwingerhofes.

Während die venezianische Schule in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch eine so lebendige Triebkraft zeigte, sank die italienische Malerei anderwärts immer mehr in Ermattung. Das grosse Renaissance-Erbe war erschöpft, alles innere Leben begann aus der Kunst zu schwinden, die heiligen, wie die antik mythologischen Gestalten verblassten immer mehr zu blossen Schatten und Schemen, und es half wenig, dass in Rom um die Mitte des 18. Jahrhunderts der Versuch gemacht wurde, die Malerei noch einmal in der Weise der Carracci zu restaurieren. Pompeo Batoni, der das anstrebte, zu seiner Zeit hoch gefeiert, ist mit all seiner formalen Eleganz und Sicherheit doch nur der letzte Vertreter einer Kunst, die schlechterdings nichts eigenes mehr zu sagen hatte. Zu seinen bekanntesten Werken gehört die büssende Magdalena in der dresdner Galerie. (S. die Abb.)

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Empfohlene Zitierweise:
Hermann Lücke: Die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden. Franz Hanfstaengl, München 1894, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gem%C3%A4ldegalerie_Alte_Meister_(Dresden)_Galeriewerk_L%C3%BCcke.djvu/60&oldid=- (Version vom 27.12.2024)