Seite:Georg Rusam - Geschichte der Pfarrei Sachsen.pdf/255

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Die Grundstücke wurden in alter Zeit bei uns nach „Tagwerk“ und „Morgen“ gemessen. Bei den Wiesen galten die Tagwerk, bei den Äckern und beim Wald die Morgen. Diese Maße wurden aber nur schätzungsweise festgestellt, nicht etwa auf Grund von genauen Vermessungen, wie in unserer Zeit. Das Tagwerk bezeichnete die Größe einer Wiese, die man an einem Tage mähen konnte, der Morgen aber umfaßte ein Stück Feld, das man an einem Vormittag („Morgen“) umzuackern vermochte. Daraus ergab sich von selbst eine gewisse Unbestimmtheit in der Größenangabe der alten Grundstücke. Im allgemeinen darf man sagen, daß ein altes Tagwerk um etwa ein Viertel größer war als unser neuzeitliches Tagwerk, also etwa 1,25 Tgw. (0,4 ha), während ein Morgen durchschnittlich um ein Drittel über das heutige Tagwerk hinausging, also etwa 1,33 Tgw. (0,44 ha) befaßte.

 Die alten Höfe trieben Getreidebau für gewöhnlich nur soweit, als es der eigene Hausbedarf und die Abgabe an den Grundherrn, die Gült, erforderte. Für den Handel und Verkauf wurde wenig oder nichts gebaut, da es bei dem Mangel an Städten an Abnehmern fehlte. Es bestand auch wenig Anlaß, Waren für den Haushalt zu erwerben und um deswillen Landesprodukte abzusetzen, da auf jedem Hof alle nötigen Geräte, Kleider usw. selbst verfertigt wurden und lediglich für Eisenwaren Ausgaben notwendig wurden. Erst mit dem Aufkommen der Städte und mit der Entstehung eines eigenen Handwerkerstandes wurde es anders. Da mußte mehr an Getreide, Vieh u. a. produziert werden, um einerseits die Städte zu versorgen und anderseits aus den Städten allerlei Haus- und Lebensbedarf zu beziehen. Vor allem mußte mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft im Mittelalter auch bares Geld durch den Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse gewonnen werden, um die mit der Zeit entstandenen, in Geld festgelegten Lasten, Zinsen, Steuern, Handlöhne u. dgl. bestreiten und auch sonst den Geschäftsverkehr sich erleichtern zu können. So mußte die Ackerfläche nach und nach vergrößert und der Wiesgrund erweitert werden. Beides konnte anfangs leicht geschehen, da man nur ein Stück von dem reichlich vorhandenen Wald zu roden brauchte oder von dem großen Weideland einen Teil abzweigte.

 Da man eine Pflege des Ackerlandes durch Düngung, Fruchtwechsel und andere Maßnahmen in alter Zeit nicht kannte, so erschöpfte sich der Boden sehr bald innerhalb weniger Jahre. Man half sich dann damit, daß man das Land als „Egarten“ oder „Egerten“ öde liegen ließ, bis sich der Boden wieder erholt hatte, und inzwischen ein anderes Stück Land mit Feldfrucht bebaute. Das tat aber nur solange gut, als die Bevölkerung noch gering war und