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Einzelhofsiedlung vielfach nicht zu verkennen. Sie tritt nur nicht immer so deutlich in Erscheinung, weil gerade diese Orte vielfach in ein Tal eingezwängt liegen oder sonst einen unübersichtlichen Ortsplan aufweisen. Die sonstigen Ortschaften im Rezatgebiet können ebenfalls überwiegend unter die Einzelhofsiedlungen eingereiht werden, voran die auf „winden“ auslautenden Orte, dann solche, die schon im Namen den Begriff der Einzelhofanlage tragen, wie Neuses, Zandt, Strüthof, Waickershof u. a. Es scheint diese Siedlungsart in den Keuperwäldern allgemein üblich gewesen zu sein.[1] Erst in späterer Zeit tritt noch eine andere Siedlungsform deutlicher hervor, die Gruppensiedlung.

 Als klar erkennbare Gruppensiedlungen zeigen sich die beiden Orte Hirschbronn und Neukirchen. Beide sind längs einer geraden Straße angelegt, und zwar so, daß vom Hofe aus je ein zugehöriger breiter Streifen Landes hinausführt bis an die Grenze der Ortsflur, enthaltend Garten, Wiesen und Ackerboden. Auch die übrige Flur ist in gleiche, lange Streifen aufgeteilt, einschließlich des Waldes. Ortsplan und Geschichte weisen an beiden Orten auf ursprünglich drei große Höfe hin, die offenbar gleichzeitig angelegt wurden. Eine Gruppenniederlassung gibt sich weiter im nördlichen Teil von Oberrammersdorf zu erkennen, wo die Ortsflur auf den gleichzeitigen Bau (Ausbau) von drei Höfen hinweist, deren Felder heute noch neben einander liegen. Ob noch weitere Gruppensiedlungen vorhanden sind, könnte nur eine genaue Untersuchung feststellen. Hiebei kämen Strüth, Petersaurach und vielleicht der eine oder andere „bach“-Ort in Frage. Doch kann jetzt schon gesagt werden, daß diese Art von Siedlung weit in der Minderzahl bleibt, und daß hiebei immer nur spätere Niederlassungen gegeben sind.

 Es war notwendig, die Form der Siedlung zuerst in der angegebenen Weise klar zu stellen, da nur auf diesem Wege eine sichere Anschauung von der Geschichte der Kolonisation des Rezatgebietes gewonnen und anschließend die Frage der kirchlichen Organisation richtig beantwortet werden kann. Denn es ist klar: Die Einzelhofsiedlung schreitet viel langsamer vorwärts als die Gruppensiedlung. Sie bedingt gleich am Anfang eine sehr dünne, im Lande weit zerstreute Bevölkerung; und weiterhin dauert es längere Zeit, bis aus dem Einzelhof sich durch Erbteilung oder durch Neurodung auf der zugehörigen Markung eine kleine oder gar eine größere Ortschaft entwickelt, ein Zustand, wie er bei einer Gruppensiedlung gleich am Anfang gegeben ist. Und noch mehr Zeit erfordert es, bis in dieser Weise eine ganze Gegend besiedelt ist, zumal bei den auf dem Keupergebiet vorliegenden natürlichen Hindernissen und Schwierigkeiten, von denen hernach noch die Rede sein wird. Bei solcher Sachlage ist es ausgeschlossen, daß die kirchliche Organisation sofort bei Beginn der Kolonisation einsetzte, wie es bei der Gruppensiedlung leicht möglich und in der damaligen Zeit selbstverständlich war. Bei der Einzelhofsiedlung muß notgedrungen zugewartet werden, bis sich eine hinreichende Bevölkerung gebildet hat, um eine Pfarrei gründen zu können. Und auch dann wird sich der Pfarrsprengel noch recht weit hinauserstrecken und es wird meist länger währen, bis aus solch einer Urpfarrei neue Parochien abgezweigt werden können. Das Tempo der kirchlichen Versorgung


  1. Dinklage 215.