Seite:George Sand Indiana.djvu/28

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entstammte Delmare einer armen unbekannten Familie, deren er sich zu schämen schien, wenigstens fühlte er, daß er seiner Frau nicht zumuten dürfe, mit seinen ungebildeten Verwandten sich auf einen vertrauteren Fuß zu stellen. Trotz seiner Abneigung gegen Frau von Carvajal konnte er nicht umhin, ihr große Achtung zu beweisen.

Frau von Carvajal, einer vornehmen spanischen Familie angehörig, war eine jener Frauen, welche um keinen Preis unbedeutend sein wollen. Zur Zeit, als Napoleon Europa beherrschte, hatte sie den Kaiser vergöttert und mit ihrem Gatten und Schwager die Partei der Josephinos ergriffen, aber ihr Gatte hatte bei dem Fall der kurzlebigen Dynastie des Eroberers sein Leben eingebüßt, und der Vater Indianas war in die französischen Kolonien geflüchtet. Darauf begab sich Frau von Carvajal nach Paris, wo sie durch Börsenspekulationen mit den Trümmern ihres früheren Glanzes sich einen neuen Wohlstand geschaffen hatte. Durch Geist, Intriguen und äußerliche Frömmigkeit hatte sie sich noch überdies in die Gunst des Hofes zu setzen gewußt, so daß ihr Haus eines der angesehensten war.

Als Indiana nach ihres Vaters Tode nach Frankreich kam, als die Gattin des Oberst Delmare, fühlte sich Frau von Carvajal durch eine so wenig glänzende Verbindung nicht sehr geschmeichelt. Doch Delmares Tätigkeit und richtiger Blick in Geschäften wog ein Vermögen auf. Frau von Carvajal erwarb für Indiana das kleine Schloß Lagny und die daranstoßende Fabrik. Dank den speziellen Kenntnissen des Herrn Delmare und den Geldsummen, welche Sir Ralph Brown, der Cousin seiner Frau, vorstreckte, nahmen in zwei Jahren die Geschäfte des Obersten eine glückliche Wendung und Frau von Carvajal, in deren Augen Vermögen die beste Empfehlung war, zeigte ihrer Nichte vielen Anteil und versprach ihr den Rest ihrer Hinterlassenschaft. In Bezug auf Politik bestanden zwischen dem Oberst und Frau von Carvajal große Meinungsverschiedenheiten. Der Ruhm seines großen Kaisers war

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George Sand: Indiana. Karl Prochaska, Leipzig [u.a.] [1904], Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:George_Sand_Indiana.djvu/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)