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Betrübt schau hin ich in die bange Ferne,
Dort rollt ein Wagen, der mir die entführt,
Die wert mir war gleich meinem Lebenssterne,
Mit der mein Herz sein Alles nun verliert.

Leb wohl! so lang ich atme, wird mein Segen
Dir folgen und stets dein Begleiter sein,
Mir aber nun auf meinen Lebenswegen
Für immer schwinden aller Freude Schein.

Hin rollt der Wagen und in schnellem Fluge
Entführt er meines Herzens Liebste mir.
Schon schwindet er verdeckt vom Nebelzuge.
Wozu schau ich noch hin? Doch nicht nach ihr?

O sprich, worin kann ich denn Trost noch finden,
Wenn du dich nicht geweigert mich zu fliehn.
Wenn du mir nicht vergolten mein Empfinden?
Wer wird mich dieser Trauer nun entziehn?

Nie dachte ich an dieser Wonne Ende;
Nun ist es da! Leb wohl, leb wohl, mein Lieb!
Ich aber ring vor tiefem Schmerz die Hände
Und frag, was mir noch in der Welt verblieb.

Schon dunkelt’s und mit meiner Herzenstrauer
Bin ich in dieser Stille hier allein,
Den Kaukasus umhüllt ein Nebelschauer,
Am Kasbek glänzt des Abendsternes Schein.
Vom Berge stürzend rauscht der Wasserfall,
Der Terek heult und brüllt im Felsenthal.

Orbelianis Gedichte atmen immer einen reinen Edelmut, alles ist Harmonie in seiner Seele und so empfindungsvoll wie er das Vaterland und dessen Naturschönheiten besingt, ebenso gefühlvoll ist sein Herz, wenn er des ärmsten und unglücklichsten seiner Landsleute gedenkt:

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/117&oldid=- (Version vom 1.8.2018)