Es ist im Allgemeinen nicht anzunehmen (und die Erfahrung spricht dagegen), daß der Componist seine Werke auch am schönsten und interessantesten darsellen müsse, namentlich die neusten zuletzt geschaffenen, die er noch nicht objectiv beherrscht. Der Mensch, dem die eigene physische Gestalt entgegen steht, erhält leichter im andern Herzen die idealische.
Richtig. Denn wollte der Componist, dem nach Vollendung des Werks Ruhe vonnöthen ist, seine Kräfte gleichzeitig auf äußere Darstellung fixiren, so würde, wie einem angestrengten, auf einem Punct haftenden Augenpaar, sein Blick nur matter werden, wenn sich nicht verwirren und erblinden. Es gibt Beispiele, daß in solcher erzwungenen Operation Componistenvirtuosen ihre Werke völlig entstellt haben.
Anmerkungen (H)
- ↑ [GJ] Diese Aphorismen hat Schumann größtentheils dem Davidsbündler-Aufsatz von 1833 entnommen und mit kleinen Abänderungen in der Zeitschrift unter der Aufschrift „Grobes und Feines“ zusammengestellt. Außer diesen finden sich noch einige Aphorismen (vielleicht ebenfalls Auszüge aus einem unbekannt gebliebenen Aufsatze), die als Mottos verwandt worden sind. Da sie keine Unterschrift tragen, so sind sie Schumann zuzuschreiben, der es mit seinen Quellenangaben genau nahm. I.323–324.
Robert Schumann: Gesammelte Schriften über Musik und Musiker. Georg Wigand’s Verlag, Leipzig 1854, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gesammelte_Schriften_%C3%BCber_Musik_und_Musiker_Bd.1_(1854).pdf/231&oldid=- (Version vom 1.8.2018)