weniger als 60 Lire betrug. In Bologna und auch auf jüngern Universitäten wurde das Geschäft der Stationarii in der Regel von den Pedellen (Bidellus) betrieben, deren Zahl selten zwei überstieg, ohne daß übrigens andere Personen ausgeschlossen gewesen wären.
Das italienische Vorbild wurde zunächst von der pariser Universität nachgeahmt. Bald gingen von hier aus die Bestimmungen über Herstellung von Handschriften sowie den Handel mit ihnen auf England und die nach pariser Muster errichteten deutschen Universitäten über.
Schon im 14. Jahrhundert wählte die pariser Hochschule vier Deputierte (principales librarii) aus den Stationarii und Librarii zu deren Beaufsichtigung und zur Abschätzung des Wertes der einzelnen Handschriften. Keine derselben durfte ohne Genehmigung der Universität gekauft oder verkauft werden. Nicht Erleichterung, sondern Erschwerung der Beschaffung wissenschaftlicher Hilfsmittel bildete das auch von der pariser gelehrten Zunft unablässig ins Auge gefaßte Ziel. So mußten denn die pariser Stationarii und Librarii alle zwei Jahre oder erforderlichen Falls öfter schwören, daß sie bei der Aufbewahrung, der Ausstellung und dem Verkauf der ihnen anvertrauten Handschriften sich treu und redlich benehmen, daß sie nicht zugleich Käufer und Verkäufer, daß sie innerhalb eines Monats von dem Tage an, wo sie Handschriften zum Verkauf empfingen, keinen Kauf schließen oder vorgeben wollten, um solche Bücher in ihre Hände zu bekommen; daß sie dieselben nicht verstecken, um sie wohlfeiler zu erhalten, sondern vielmehr gleich als verkäufliche Ware ausstellen, und daß sie ferner den Verkäufern von Büchern den wahren Preis derselben auf Verlangen angeben und sowohl diesen Preis als den Namen des Verkäufers an einer in die Augen fallenden Stelle der Handschriften bemerken wollten. Die Stationarii scheinen weniger die Handschriften von den Verfassern gekauft, als die Kunst des Abschreibens im großen betrieben zu haben. Sie hatten ihre Diener, welche für sie das Geschäft verrichteten. Wer sich ein Buch abschreiben lassen wollte, wandte sich an sie; zugleich aber verliehen sie ihre Handschriften an Gelehrte.
In den Stiftungsurkunden und Statuten der deutschen, mehr provinziell zugeschnittenen Universitäten ist zwar den Stationarien und Handschriftenhändlern dieselbe Stellung angewiesen wie in Italien und Paris, indessen erlangte die ganze Einrichtung dort nie dieselbe Bedeutung.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 015. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/015&oldid=- (Version vom 1.8.2018)