Florenz. Als Cosimo von Medici die Laurentiana dort gründete, konnte er die für sie bestimmten Werke nicht kaufen und mußte sie abschreiben lassen. So nahm denn der von ihm beauftragte Buchhändler Vespasiano di Bisticci sofort 45 Kopisten in seinen Dienst und schuf innerhalb 22 Monaten eine Sammlung von 200 Bänden, welche alle bedeutendern Werke der römischen Altertums und der kirchlichen Litteratur enthielt. Nebenher ging die Ansammlung der Mediceischen Haus- und Privatbibliothek, welche an Bedeutung und Wert jene Stiftungen bald weit überragte.
Seitdem bildete Florenz auch den Handschriftenmarkt für die gelehrte Welt. In Rom waren die brauchbaren Kopisten so gut wie ausgestorben; wenn es deren dort noch gab, so waren es meist Deutsche und Franzosen. Selbst die später von Papst Nikolaus V. erweiterte und eigentlich erst begründete Vaticana vermochte an diesem Verhältnis wenig zu ändern. Buchhändler gab es in jeder größern Stadt; indessen handelten sie vorzugsweise mit Psaltern, Schulbüchern und den nächsten Bedürfnissen des Klerus. Nur in Florenz wurden alte Handschriften oder von gelehrter Hand redigierte Abschriften der Klassiker in offenen Läden feilgeboten; nur hier konnte ein Vespasiano di Bisticci erwachsen, der erste Buchhändler im großen Sinne, welchen die Neuzeit kannte und Voigt so gut geschildert hat. Seine Bude wurde bald der Sammelplatz für die Männer der Litteratur, welche hier ihre Börse abhielten und zu bestimmten Tageszeiten ihre Streitfragen verhandelten. Er mußte immer, was selten und gemein, wo Exemplare zu entleihen und zu verkaufen waren, welchen Umfang und welche Teile ein Buch hatte, und wie es im Preise stand. Für solche Fragen war er das Orakel, an welches man sich aus allen Ländern der Kulturwelt wandte. Päpsten, Königin und Gelehrten wies er darin die Wege. Ihm standen dafür, wenn eine Abschrift bestellt wurde, die besten Exemplare aus den Bücherschätzen Niccolis und Cosimos zu Gebote. Sein Geschäft wuchs immer großartiger an; er hatte Schreiber in Menge zur Verfügung und vermochte den größten Bestellungen in kurzer Zeit zu genügen. Schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts war er der König der Buchhändler für Italien und die anderen Völker. „In Italien“, sagte damals der Dichter Janus Pannonius, „kann man Bücher haben, soviel man will; schickt nur Geld nach Florenz, Vespasiano allein wird für das Weitere sorgen.“ So
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 030. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/030&oldid=- (Version vom 1.8.2018)