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straßburger Thätigkeit auf die Anfertigung von Spiegeln und Spiegelrahmen. Diese Auffassung scheint jedoch nicht ganz zutreffend zu sein; vielmehr ist daran festzuhalten, daß der Meister auch schon in Straßburg mit Vorarbeiten und Versuchen für den Bücherdruck beschäftigt gewesen ist. Hätte er sich nämlich lediglich der Anfertigung von Spiegeln und Spiegelrahmen gewidmet, so würden Dritzehn und Heilmann gar nicht nötig gehabt haben, einen neuen Vertrag mit Gutenberg abzuschließen, da dieser ohnehin schon kontraktlich verpflichtet war, sie in allen Einzelheiten jener, durchaus nicht als Geheimnis geltenden Fertigkeit zu unterweisen. Andererseits geht aus den Zeugenaussagen unzweideutig hervor, daß „die Künste und Afenturen“, zu deren Mitteilung sich Gutenberg gegen Zahlung eines neuen Lehrgeldes in jenem dritten Vertrage anheischig machte, geheim waren und geheim bleiben sollten. Ältere Forscher dagegen wie A. E. Umbreit[1], oder die neuesten, wie A. Wyß[2], folgern aus den in den Zeugenaussagen vorkommenden technischen Ausdrücken, wie Blei, Drücken, Presse und Formen, daß hier typographische Arbeiten gemeint und jedenfalls von Gutenberg schon in Straßburg in Angriff genommen seien.

Es drängt sich hier zunächst die Frage auf, was die Worte Blei, Drücken, Presse und Formen mit den dazugehörigen Stücken in der hier gebrauchten Verbindung bedeuten? Der Goldschmied Dünne bekundet nämlich, daß er vor etwa drei Jahren (vor dem Prozeß), also um 1436, von Gutenberg an 100 Gulden verdient habe für das, was zum Drucken gehöre. Von der Linde erklärt hier mit Recht, daß das Blei zum Spiegelmachen ebenso unentbehrlich ist wie zum Schriftgießen, und daß Gutenberg es für seine Spiegel und Formen gebraucht habe, von welch letztern sicherlich nicht einmal, sondern häufig welche eingeschmolzen seien. Dünne könne ebenso gut, wenn nicht besser, einzelne Formen und Bilder für Gutenbergs Spiegel gedruckt haben, zu einer Zeit, wo die Bilder-, Brief- und Kartendrucker so oft den Beistand der Goldschmiede in Anspruch nahmen und wo diese zugleich Bildschnitzer und Formschneider waren. Das Wort drucken sei zudem im 14. und 15. Jahrhundert längst im Gebrauch gewesen und später nur auf den Druck der Bücher übertragen worden. Dann aber dürfe nicht übersehen werden, daß Dünne ausdrücklich seine Geschäftsbeziehungen zu Gutenberg in das Jahr 1436 setze, also in eine Zeit, welche dem dritten und letzten Vertrage vom


Fußnoten

  1. Umbreit, A. E., Die Erfindung der Buchdruckerkunst. Kritische Abhandlungen zur Orientierung auf dem jetzigen Stand der Forschung. Leipzig 1843. S. 42.
  2. Wyß a. a. O. S. 14.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/038&oldid=- (Version vom 1.8.2018)