Sommer 1438 vorausging und der Periode des Spiegelmachens viel näher liegt.
Größere Schwierigkeit verursacht die Erklärung der Stellen, welche von der vom Drechsler Konrad Saspach in der Krämergasse angefertigten (also jedenfalls hölzernen) Presse und den dazu gehörigen Formen handeln. Andreas Dritzehn arbeitete in seiner Wohnung, in welcher sich bei seinem Tode auch diese Presse befand. Schon kurz vor Weihnachten hatte Gutenberg seinen Diener Lorenz Beildeck dahin und zu Andreas Heilmann mit dem Auftrage gesandt, alle Formen zu holen, welche er dann in Gegenwart des Anton Heilmann einschmolz (zerließ). Kurz nachdem Andreas Dritzehn gestorben, erschien der genannte Diener mit dem Ersuchen seines Herrn bei Nikolaus Dritzehn, diese Presse niemanden zu zeigen, die daran befindlichen beiden Schrauben aber aufzudrehen, wodurch die vier Stücke auseinanderfielen, und diese dann in oder auf die Presse zu legen, damit niemand sehen könne, was es sei. Als aber Nikolaus nach den Stücken suchte, hat er, wie es heißt, nichts gefunden. Von der Linde bringt auch diese Andeutungen mit der Spiegelfabrikation in Verbindung und denkt sich unter den vier Stücken geprägte Metallwände eines Spiegelkästchens mit etwas freien, nach dem herrschenden Zeitgeschmack sogar leichtfertigen Bildern.[1] Man muß ihm allerdings in der Annahme beipflichten, daß unter diesen Formen kein aus gegossenen Lettern gebildeter Satz eines abzudruckenden Buches verstanden werden kann. Einmal wäre dieser in Kolumnen abgeteilte Satz ohne ein ihn zusammenhaltendes Bindemittel auseinandergefallen, dann läßt Gutenberg dem Dritzehn nicht sagen, diese Stücke nochmals in ihre Bestandteile zu zerlegen, endlich aber verstand man damals unter Formen feste Tafeln, auf welche man Bilder einschnitt, um sie mittels Reibens abzudrucken. Beim Tode Gutenbergs wurden von Konrad Humery Formen und Buchstaben ausdrücklich von einander geschieden. Bewegliche Buchstaben, wie das die ältern Schriftsteller vielfach voraussetzen, werden nirgends genannt, können also auch nicht gemeint gewesen sein; allein ebenso willkürlich ist die Voraussetzung Lindes von dem Auseinandernehmen der angeblichen Spiegelwände. Ohne dem Spiel der Phantasie einen zu freien Flug zu gönnen, kann man angesichts der mangelhaften Zeugenaussagen nur beklagen, daß man über die eigentliche Natur des Geschäfts nichts weiß, voraussichtlich auch nichts erfahren wird.
Fußnoten
- ↑ Linde a. a. O. S. 30 u. 31.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/039&oldid=- (Version vom 1.8.2018)