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liefern die Bestellungen, welche einzelne Klöster schon Schöffer und spätern Druckern zur Anfertigung von Prachtmissalen und Breviarien erteilten, den besten Beweis für die Thatsache, daß die bücherkaufenden Kenner von Anfang an die Herstellung der Luxusdrucke schon in ihren kleinsten Einzelheiten kannten.

Wie aber verhielten sich die damaligen privilegierten Klassen, die Geistlichen und der Adel, die Gelehrten und Reichen zur neuen Erfindung? Die Bücherfreunde zunächst begegneten ihr mit demselben Mißtrauen und Übelwollen, welches die in ihrem bisherigen Besitz gestörten oder bedrohten Gewerbe, namentlich die Schreiber, Formschneider, und Kartenmaler so lange gegen sie hegten, als sie sich noch nicht von der Gemeinsamkeit ihrer Interessen mit denen der Drucker zu überzeugen vermochten. Die reichen Bücherliebhaber zunächst hatten gerade, wie schon erwähnt, zur Zeit des ersten Auftretens der Buchdruckerkunst und noch bis gegen das Ende des 15. Jahrhunderts eine besondere Vorliebe für die Sammlung von kostbaren Bibliotheken, für die Musterleistungen der Schönschreiber. So spotteten denn auch die Abgesandten des Kardinals Bessarion, als sie bei Konstantin Laskaris das erste gedruckte Buch sahen, über die bei „den Barbaren in einer Stadt Deutschlands“ gemachte Erfindung. Vespasiano de Bisticci sagt 1482 mit einer gewissen gewerbsmäßigen Abneigung des alten Handschriftenhändlers von den Schätzen der Urbinischen Bibliothek: „In ihr sind alle Bände von untadelhafter Schönheit, mit zierlichen Miniaturen, sämtlich auf Pergament mit der Hand geschrieben. Kein gedrucktes Buch findet sich darunter: der Herzog Federigo würde sich eines solchen geschämt haben.“[1] Man verachtete eben zum Teil die neue Kunst als gewöhnliches Handwerk, welches nur Bücher ohne Schmuck zu liefern vermöge. Die Handschrift galt deshalb, zugleich auch weil sie teuerer und weniger zugänglich war, als vornehmer. So kommen denn noch Jahrzehnte nach Ausgabe der ersten gedruckten Bücher reich ausgestattete Manuskripte vor, namentlich italienische und französische Gebet- und Erbauungsbücher (Horae, Heures). In der baseler Bibliothek befindet sich unter anderm ein prachtvolles, auf Pergament geschriebenes und mit herrlichen Miniaturen und Initialen geschmücktes Exemplar des Virgil, welches Johann Heynlein de Lapide sich hatte anfertigen lassen, als die von Schweinheim und Pannartz auf Pergament gedruckte Ausgabe desselben Dichters schon


Fußnoten

  1. Burckhardt, Jak., Die Kultur der Renaissance. 3. Auflage von Ludwig Geiger. Leipzig 1877. I, 239. L. Geiger in Sybels histor. Zeitschrift XXXIII. S. 88. A. Reumont, Lorenzo de Medici Il Magnifico. I, 584.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/059&oldid=- (Version vom 1.8.2018)