des Großhandels herbeiführen sollten, wurden erst im Laufe des 16. Jahrhunderts in Deutschland fühlbar; die städtische Politik aber, welche, großen staatlichen Gesichtspunkten unzugänglich, nicht über ihre eigenen Stadt- und Standesgrenzen hinausging, war noch nicht auf die Probe gestellt worden. Die von tüchtiger, sittlicher Gesinnung erfüllten freien Männer der Reichsstädte mit ihrer Welterfahrung und ihrem Weltverkehr, ihrem Kunstsinn und ihrer Bildung standen auch geistig über den kleinen Landesherren, den rohen Junkern und wenig gebildeten Geistlichen. Alles was damals in Kunst und Wissenschaft Schönes und Lebenskräftiges in Deutschland hervorgebracht wurde, hatte im Bürgertum seine Wiege und seinen Stützpunkt. Natürlich fand diesem Verhältnis entsprechend die neue Kunst auch den Boden für ihre Aufnahme in den Reichsstädten bereits günstig vorbereitet. Das wirtschaftliche, politische und geistige Leben des deutschen Volkes wurzelte damals in der ober- und niederrheinischen Tiefebene, namentlich im südwestlichen Winkel des Reiches zwischen Basel und Mainz, und zweigte sich von diesen Städten aus nach rechts und links ab, während die Elbe so ziemlich die östliche Landesgrenze bildete und Wien nebst Österreich nur in einem losen Zusammenhang mit dem eigentlichen Deutschland stand. Erst infolge der Reformation rückte die Entwickelung allmählich in nordöstlicher Richtung nach Sachsen und Brandenburg vor. Berlin war noch nach dem Dreißigjährigen Kriege ein elendes Landstädtchen, und der größte Teil des heutigen Ostens, das Königreich Preußen, vegetierte noch in ursprünglicher Roheit dahin. Südwestdeutschland lieferte eine der Hauptwaffen für den geistigen Kampf; allein Nordostdeutschland handhabte sie auf die Dauer einsichtiger und nachhaltiger.
Zunächst drang die Buchdruckerkunst auf der alten Handels- und Kulturstraße des Rheins in die verschiedensten Teile Deutschlands. Von Mainz aus erreichte sie, stromaufwärts ziehend, zuerst Straßburg, gelangte dann stromabwärts nach Köln und bürgerte sich wenige Jahre später in Basel, Augsburg, Ulm und Nürnberg ein. Ziemlich zu derselben Zeit trugen sie aber Schüler Gutenbergs auch in das Ausland.
Es ist weder möglich noch nötig, in der nun folgenden Darstellung die Namen und Leistungen sämtlicher Drucker und Verleger einer Stadt oder Landschaft aufzuzählen. Es genügt vielmehr, die bedeutendsten aus ihnen herauszugreifen und ihren Einfluß auf die Entwickelung des Geschäfts
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 066. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/002&oldid=- (Version vom 1.8.2018)