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und das Zeitalter überhaupt nachzuweisen. Dieser Nachweis aber kann nur da geführt werden, wo, wie bei den großen Firmen, bestimmte Thatsachen und Anhaltspunkte vorliegen, während die Namen der Kleinen so ziemlich alles sind, was von ihnen auf die Nachwelt gekommen ist. Nicht die bloße Quantität, die Zahl, sondern die Qualität, der Geist, ist es, welche den Charakter einer Epoche bestimmen. Zudem kommen hier nicht sowohl die Drucker überhaupt, als vielmehr nur diejenigen in Betracht, welche von Anfang an zugleich Buchhändler sind.

In erster Linie steht also:

1. Mainz,

die Stadt, in welcher der Buchdruck erfunden war und in welcher während des ganzen 15. Jahrhunderts Fust und Schöffer ihn geschäftsmäßig ausbeuteten.

Der reiche und unternehmende Fust würde seinen Prozeß gegen Gutenberg gar nicht angefangen haben, wenn er nicht gewußt hätte, daß Geld in dem praktischen Betriebe der neuen Kunst steckte. Nachdem er also durch Urteil vom 6. November 1455 in den Besitz der Pressen gelangt war, setzte er diese in Thätigkeit. Einen äußerst brauchbaren Gehilfen und Mitarbeiter fand er in Peter Schöffer, der zwischen 1420 und 1430 in Gernsheim a. Rh. geboren war und in Paris als Schönschreiber, Illuminator und Handschriftenhändler vorgebildet, kurz vor 1455 nach Mainz zurückgekehrt sein muß. Noch während der Verbindung Gutenbergs mit Fust scheint Schöffer als Setzer, Abschreiber oder Zeichner in deren Diensten gestanden zu haben.[1] Fust gab, als er selbständig zu arbeiten anfing, dem fähigen Gehilfen nicht allein seine Tochter zur Frau, sondern nahm ihn auch als Teilhaber in sein Geschäft auf, welches er in sein neuerworbenes Haus „Zum Humbrecht“ in der Quentinsgasse verlegte. Beide Männer waren natürlich Gutenberg als Geschäftsleute überlegen und paßten, von nicht zu großer Gewissenhaftigkeit, aber von um so regerm Erwerbsinn beseelt, ganz vortrefflich zueinander. Gleich das erste Verlagswerk, welches am 14. August 1457 aus ihrer Offizin hervorging, ist das prachtvolle, mit großen Missaltypen auf Pergament gedruckte „Psalterium“, eine typographische Wiedergabe der geschriebenen Chorbücher, und beweist sowohl ihren guten Geschmack, als auch ihren klugen Unternehmungsgeist, da es im Auftrage zweier mainzer Klöster,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 067. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/003&oldid=- (Version vom 1.8.2018)

Fußnoten

  1. Lange, Ad., Peter Schöffer von Gernsheim, der Buchdrucker und Buchhändler. Leipzig 1864. 20 S.