Augsburg erlangte später noch einen bedeutenden Einfluß auf die Entwickelung des deutschen Buchhandels dadurch, daß einer seiner bedeutendsten Buchhändler, Georg Willer, bedeutend namentlich als Sortimentsbuchhändler, 1564 den Grundstein zu dem „Meßkatalog“ legte. Ursprünglich von Willer nur als Publikationsmittel für seinen ausgedehnten Sortimentsbetrieb gedacht, deshalb auch bald von andern Firmen, z. B. Portenbach und Lutz in Augsburg, kopiert, fand derselbe einen solchen Beifall in der bücherliebenden Welt, daß sich aus Willers Unternehmen das offizielle Organ des deutschen Verlagsbuchhandels entwickelte; die Geschichte desselben wird das achte Kapitel bringen. Hier möge nur noch die große Gesellschaftsdruckerei angeführt werden, welche unter der Firma „Ad insigne Pinus“ von dem gelehrten Stadtpfleger Markus Welser im Verein mit den angesehensten Männern der Stadt ins Leben gerufen wurde. Die Veranlassung dazu bot, daß seit der Zeit des Schmalkaldischen Kriegs Buchdruck und Verlagshandel in Augsburg derart daniederlagen, daß Welser sich wiederholt zu beklagen Veranlassung hatte: kein Buchdrucker daselbst könne auf eigene Kosten ein größeres Werk in Angriff nehmen. Alles, was erschien, waren polemische und ascetische Schriften und eine Menge von Traktaten über den Kalenderstreit, der damals die Gemüter erhitzte. Welser selbst hatte zum Druck seiner eigenen Werke wiederholt die Aldinischen Pressen in Anspruch nehmen müssen. Deshalb reifte in ihm der Plan, selbst eine Druckerei zu begründen, durch welche umfassendere wissenschaftliche Werke gedruckt werden könnten. Die Kosten übernahm die sich bildende Gesellschaft gemeinsam; über die Auswahl der zu verlegenden Werke entschied ein Ausschuß von Gelehrten, unter welchen sich außer Welser auch der berühmte Philologe David Höschel, ferner Konrad Rittershausen, Andreas Schott, Henisch, Occo, Stengel, Albicius, Pinicianus, Jakob Pontanus u. a. befanden. Das Welsersche Institut, welches als Signet einen Fichtenbaum führte, wurde durch ein kaiserliches Privilegium vom 29. November 1594 und auch durch ein königlich französisches geschützt. Seine Thätigkeit ist bis zum Jahre 1619 nachweisbar, in welchem Jahre der „Catalogus bibliothecae Antonii Welseri“ herauskam. Zahlreiche Werke, zum Teil von bleibendem wissenschaftlichen Werte, sind teils aus der eigenen Presse der Gesellschaft hervorgegangen, teils auf ihre Kosten in andern augsburger Druckereien, wie z. B. Johannes Prätorius, David
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/070&oldid=- (Version vom 1.8.2018)