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letztern, befreundet mit Philipp Melanchthon, Michael Hummelberger und den übrigen tübinger Humanisten, in deren Kreise er fast als Ebenbürtiger erschien, stellte er auch seine Presse fast ausschließlich in den Dienst des Humanismus. Tüchtige Korrektoren, erst der Professor artium Johannes Hiltebrant, nach dessen 1514 erfolgtem Tode Melanchthon, verschafften seinen Drucken den wohlverdienten Ruf der Korrektheit. Diese und die Sauberkeit seiner Drucke, denn er durch gut geschnittene Randleisten auch sonst ein gefälliges Äußere zu geben wußte, verbreiteten seinen Ruhm weithin. Er besaß sogar, was damals eine Seltenheit war, hebräische Typen. Bis zum Juli 1516 wirkte er in Tübingen, dann wandte er sich nach Hagenau, woselbst er aber dennoch im Ganzen genommen der Drucker der ihm befreundeten tübinger Gelehrten blieb.

Erst nach einer mehrjährigen Pause, zu Anfang des Jahres 1523, kam wieder ein Drucker nach Tübingen: Ulrich Morhart aus Augsburg, der von 1519 bis 1522 in Straßburg gedruckt hatte. Er war im Besitz einer gut eingerichteten Druckerei, mit charakteristischen Randleisten und vielen Initialen, darunter ein Kinderalphabet. Die Richtung seiner Thätigkeit war eine ganz andere, als die Anshelms. Der Humanismus tritt zurück, an seine Stelle der polemisierende Katholizismus. Die bekanntesten Gegner Luthers und Zwingli’s, Eck, Cochläus, Schatzger, Dietenberger, Tuberinus, Neudorffer, ließen ihre Streitschriften bei ihm erscheinen. Tübingen war eben damals, wie Steiff sagt, ein Hauptwaffenplatz der Reaktion gegen die von Nord und Süd eindringende neue Lehre. Kaum mag jedoch Morhart aus Überzeugung so gehandelt haben. Er betrieb sein Geschäft mehr handwerksmäßig und folgte der herrschenden Zeitströmung, sobald sie ihm Vorteil zu bieten versprach. So nahm er auch thätigen Anteil an dem der reformatorischen Richtung entstammenden slawischen Bücherdruck.[1] Ein für die neue Lehre begeisterter südslawischer Prediger, Primus Truber, kam, durch die Verfolgungen der katholischen höhern Geistlichkeit aus seinem Vaterlande Krain vertrieben, um 1540 nach Würtemberg, wo er durch den Herzog Christoph zum Pfarrer in Urach berufen, später nach Laufen am Neckar und dann nach Darendingen versetzt wurde. Um auch aus der Ferne unter seinen Landsleuten für die Sache der Reformation zu wirken, fing er um 1550 an, das in den südslawischen Ländern weitverbreitete


Fußnoten

  1. Meyer, F. H., Primus Truber, Hans Freiherr von Ungnad und Genossen. (In: Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels VII.)


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/104&oldid=- (Version vom 1.8.2018)