durch seine Vollendung selbst der Editio princeps Wendelins von Speyer den Rang streitig macht. Die Schriften dieser, mit Ausnahme Jensons, ausschließlich deutschen Drucker zeichneten sich zum großen Teil, im Gegensatz zu den damals fast allgemein noch üblichen gotischen Typen, durch die Gefälligkeit ihres Schnittes aus, was die Verleger anderer Städte veranlaßte, ausdrücklich zu betonen, daß auch ihre Ausgaben mit den beliebten „venetianischen Typen“ gedruckt seien.
Aus den übrigen großen Städten Italiens ist verhältnismäßig weniger über die Thätigkeit der deutschen Drucker zu berichten. In Mailand führten Landeskinder die neue Kunst ein, Philipp von Lavagna (1469 bis 1489) und Anton Zarot (1470 bis 1497). Deutsche stehen wohl in ihren Diensten, sind aber nicht am Geschäft beteiligt, welches gleich in seinen ersten Anfängen, dem großhändlerischen Charakter der Stadt entsprechend, im großen Stil geführt wird. Erst 1474 wanderte, wie schon bei Venedig angedeutet, der Regensburger Christoph Waldorfer von Venedig aus ein und druckte hier bis 1484. Zu gleicher Zeit etwa ließ sich auch Johannes Wurster aus Kempten nieder. An ihn schlossen sich Ulrich Sczinzenzeller und Leonhard Pachel, beide aus Ingolstadt, an, welche von 1480 bis 1500 druckten und bald mit ihren Vorgängern in Trefflichkeit ihrer Arbeiten wetteiferten. Im Jahre 1476 erschien bei Dionysius Paravisino die erste Auflage von Lascaris’ griechischer Grammatik, und 1493 druckte Henricus Germanus, auch der Deutsche genannt, mit Sebastian Pontremulo die erste griechische Ausgabe des Isokrates, ebenso ausgezeichnet durch Schönheit der Schriften, als durch die Korrektheit des Drucks. Überhaupt war die Druckerthätigkeit eine so lebendige und die Teilung der Arbeit eine so wohlgeordnete, daß sich schon 1472, wie später näher erzählt werden wird, eine Gesellschaft für die Herstellung und den Vertrieb von Druckwerken bilden konnte. Vorwiegend war es die Herausgabe von Klassikern, juristischen und medizinischen Werken, welche die mailänder Pressen beschäftigte. In den Jahren 1498 und 1499 erschien auch bei den Gebrüdern Munitianus die erste Gesamtausgabe der verschiedenen Ciceronianischen Schriften in vier Folianten. Gelehrsamkeit, Kunstliebe und große kaufmännische Gesichtspunkte trugen in Mailand viel dazu bei, die Buchdruckerkunst zu heben und den Buchhandel zu einem gewinnbringenden Geschäft zu machen. Verschiedene Schlußschriften zu den bedeutendsten Drucken Waldorfers, Sczinzenzellers und Pachels sagen
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_03.djvu/012&oldid=- (Version vom 1.8.2018)