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zu sichern. Holland und England dagegen entwickelten mit dem vollen Siege der Reformation ein reges wissenschaftliches und politisches Leben und traten, wenn auch erst ein Jahrhundert nach den religiösen Kämpfen, an die Spitze der europäischen Politik. Auch in den Niederlanden zeigte sich dieselbe Erscheinung. Der südliche Teil, das heutige Belgien, hatte anfangs einen mächtigen Vorsprung vor dem nördlichen, dem gegenwärtigen Holland, und sah einige der größten Meister der Kunst zur höchsten Bedeutung emporblühen, wie Christoph Plantin und seine nächsten Nachfolger in Antwerpen. Mit der Wiederunterwerfung unter die spanische Herrschaft sank dort aber bald das litterarische Interesse und die wissenschaftliche Thätigkeit, also auch Buchdruck und Buchhandel, während Holland das gedruckte Wort überall freigab und namentlich im 17. Jahrhundert ein reges geistiges Leben entwickelte, an dessen Förderung der Buchhandel in erster Linie mitarbeitete. Abgesehen von andern berühmten Firmen ist der Name Elsevier allein ein sprechender Beweis für diese Thatsache.

Die Buchdruckerkunst fand ihren Weg in die Niederlande über Köln. Diese Stadt war der nächste große Handels- und Stapelplatz, welcher schon seit Jahrhunderten in regem geschäftlichen Verkehr mit Brabant und Holland gestanden hatte. Von Brügge und Antwerpen aus ging der Warenzug über Köln nach dem Norden und Nordosten, den Rhein hinunter und herauf gelangten die Schiffe von Köln nach Rotterdam und zurück. Wie schon früher die alte niederrheinische Hafenstadt, so zog im 15. Jahrhundert auch die Universitätsstadt Köln einen großen Teil der Niederländer an sich und wandte sich ihnen mit ihrer Kunst und Wissenschaft zu.

Die erste niederländische Stadt, in welcher sich ein beglaubigtes Datum für die Ausübung der Buchdruckerkunst findet, ist Utrecht, und das erste niederländische, mit Angabe des Druckers und der Jahreszahl gedruckte Buch ist die „Historia scholastica“, 1473 von Kettelaer und Leempt in Utrecht.

Man kennt 45 undatierte niederländische Drucke, die jedenfalls noch früher hergestellt sind und als Urerzeugnisse der niederländischen Pressen gelten dürfen, allein Druckort und Drucker derselben sind bis auf den heutigen Tag noch unermittelt.[1] Da sich aber die Holzschnitttafeln des als ältestes niederländisches Druckwerk geltenden „Speculum humanae


Fußnoten

  1. Campbell, F. A. G., Annales de la Typographie Néerlandaise au XV. Siècle. La Haye 1874. S. 517 u. 518.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_03.djvu/034&oldid=- (Version vom 1.8.2018)