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an, setzte die Übersetzung in Gent fort und beendete sie in Köln am 19. September 1471. Der Beifall, welchen die Übersetzung fand, veranlaßte Caxton, sich der neuen Kunst zuzuwenden; er sagt am Schluß: „Da ich verschiedenen Herren und Freunden versprochen habe, ihnen dieses Buch zu schicken, sobald ich könnte, so habe ich mich der Erlernung und Ausübung der Buchdruckerkunst mit großen Auslagen unterzogen, um dieses Buch in Druck zu bringen.“

Die Ansichten über den Ort, wo Caxton die Kunst erlernte und sein erstes Werk druckte, sind geteilt. Sein Biograph Blades hält aus typologischen Gründen Brügge dafür und Colard Mansion für seinen Lehrmeister; allein von anderer Seite sind Gründe vorgebracht worden, welche unbedingt nachzuweisen scheinen, daß Köln der Ort war, wo Caxton sein erstes Druckwerk, den „Recueyll of the Histories of Troye“, nach 1471 vollendete.[1]

In die Zeit seiner Thätigkeit auf dem Kontinent, also bis 1476, fällt noch ein zweiter Druck von ihm: „The Game and Play of the Chess Moralized“, ebenfalls von ihm selbst aus dem Französischen übersetzt und mit denselben Typen wie „The Recueyll“ gedruckt. Bald darauf kehrte Caxton nach England zurück und gab im November 1477 zu Westminster sein erstes mit Namen und Jahreszahl gedrucktes Buch, die erste Ausgabe seiner „Dictes and Sayings of the Philosophers“ heraus. Da der Charakter seiner Typen fortan ein anderer, als der der bisher verwendeten ist, so schließt man mit um so mehr Recht, daß er die alten, weil wahrscheinlich das Eigentum seiner Gönnerin Margarete von York, auf dem Kontinent zurücklassen mußte. In seinem Vaterlande entwickelte Caxton von jetzt an eine ausgedehnte Thätigkeit. Fünfzehn Jahre wirkte er noch als Drucker, zugleich als Übersetzer und Bearbeiter eines großen Teils der von ihm gedruckten Schriften, deren Gesamtzahl 94 beträgt.

Unter Caxtons Schülern zeichnet sich namentlich sein Nachfolger Wynkyn de Worde aus Lothringen aus. Als Drucker übertrifft er seinen Lehrmeister bedeutend. Über 400 Drucke seiner Pressen, aus allen Fächern der Litteratur, geben rühmliches Zeugnis von seiner bis zu seinem Tode, im Jahre 1534, andauernden Thätigkeit. Weniger produktiv, aber ebenfalls geschätzt und von Heinrich VIII. sogar zum Hofbuchdrucker ernannt, war sein einstiger College bei Caxton, Richard


Fußnoten

  1. Ilgenstein, M., William Caxtons Thätigkeit in Köln im Centralblatt für Bibliothekswesen. 1884. Der Schüler und Nachfolger Caxtons, Wynkyn de Worde, sagt in der Vorrede seiner englischen Ausgabe und Bartholomäus von Glanvilla’s, „De proprietatibus rerum“, daß sein Meister Caxton zuerst das lateinische Original in Köln gedruckt habe. Hat man nun auch bis heute kein Exemplar dieser Ausgabe aufgefunden und ist ihre Existenz daher noch zweifelhaft, so darf man doch nicht ohne weiteres die daraus wohl hervorgehende Thatsache, daß Caxton überhaupt in Köln gedruckt habe, für falsch erklären. Denn müßte auch angenommen werden, Wynkyn de Worde schreibe seinem Meister irrigerweise den Druck zu, so konnte er, Caxtons Schüler und zwar höchst wahrscheinlich schon auf dem Kontinent, unmöglich darin irren, ob Caxton zuerst in Köln oder in Brügge gedruckt habe. Da nun aber auch Caxton selbst in der Vorrede seines „Recueyl“ sagt, daß er die Übersetzung zu Köln beendet, und in der Schlußrede, daß er darauf die Ausübung der Buchdruckerkunst auf eigene Kosten erlernt habe, so kann es wohl kaum einem Zweifel unterliegen, daß Köln der Druckort war. Ohnehin stünde auch der gegenteiligen Ansicht, welche Brügge dafür hält, entgegen, daß dessen erster Typograph Colard Mansion die Kunst erst im Jahre 1476 auszuüben begann, während die Übersetzung des Werkes durch Caxton schon am 19. September 1471 in Köln vollendet war. Naturgemäß geht also aus diesen Erwägungen hervor, daß nur Köln die Lehrstätte Caxtons gewesen sein kann, denn in keiner Stadt der damaligen burgundischen Staaten wurde zu jener Zeit die Buchdruckerkunst bereits ausgeübt.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_03.djvu/039&oldid=- (Version vom 1.8.2018)