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Der Jurist Tanner schreibt am 26. Oktober 1554 an Bonifazius Amerbach[1], „daß Herwagen nur dann den Druck der »Justinianeischen Novellen« in Angriff nehmen wolle, wenn er (Tanner) sich mit einigen Freiexemplaren als Honorar begnügen werde. Für sich persönlich sei er zwar damit einverstanden, indessen werde es voraussichtlich der päpstliche Legat nicht sein, der ihm die Handschriften mitgeteilt habe. Er ersuchte deshalb Herwagen, daß er nach dem in ganz Frankreich unter den Druckern geltenden Gebrauch wenigstens 12 Exemplare bewilligen möge.“

Bare Honorarzahlungen bilden bis zum 18. Jahrhundert die Ausnahme und sind immer gering, ja demütigend.[2] Der Verleger und Drucker Cyriacus Jacob in Frankfurt a. M. zahlte laut Vertrag vom 27. November 1540 dem Johann Schwentzer für eine Auflage von 1200 Exemplaren der von diesem herausgegebenen deutschen „Evangelien-Harmonie“ ein Honorar von einem Kreuzer per Exemplar. In einem Prozeß, welcher sich zwischen Peter Kopff in Frankfurt a. M. und Vögelin’s Erben in Leipzig wegen eines angeblichen Nachdrucks entspann, schreibt der Verfasser des betreffenden Buchs, ein Dr. Gregorius, 1594 über die Verlagsbedingungen: „Ich habe schon vorhin erklärt, daß viel Mühe und Arbeit darauf gegangen, denn über 40 Jahre daran colligiert und gearbeitet habe, deswegen mir eine ehrliche Ergetzlichkeit dafür gebührt, weil das Werk nützlich und groß ist. Und ob ich wohl mehr denn 100 Thaler dafür bekommen kann, will ichs Euch doch dafür zukommen lassen, wovon mir die Hälfte schon in der Messe gewiß übersandt, auch nach dem Druck die andere Hälfte und 5 Exemplare auf Eure Kosten überschickt werden möchten.“ In einem zweiten Briefe wundert er sich, daß diese Forderung dem Peter Kopff zu viel sei, und begnügt sich mit 50 Thalern und 10 Freiexemplaren. Und dabei sollte das Werk über 100 Bogen in Folio stark werden!

Für die meisten Gelehrten jener Zeit war eben die Schriftstellerei ein Nebengeschäft, bei welchem der Geldgewinn erst in zweiter Linie stand. Nur hieraus erklärt sich die geradezu jämmerliche Honorierung ihrer Arbeiten. Natürlich hatten die Verleger ein sehr naheliegendes Interesse daran, die von ihnen gezahlten Honorare möglichst niedrig zu halten; das gelegentlich hervortretende Faktum einer wirklich anständigen Honorierung erregte unter Umständen, ja eine komische sittliche


Fußnoten

  1. Stintzing a. a. O. S. 29.
  2. Kirchhoff, Beiträge. II, 110–112.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/053&oldid=- (Version vom 1.8.2018)