vergeudete die Zwischenzeit übrigens nicht mit unnützem Warten, sondern benutzte sie zu den nötigen Vorbereitungen, namentlich zur kritischen Textesrevision, während Koberger die verschiedenen Handschriften beschaffte und das für die Herstellung erforderliche Papier in Basel und Straßburg besorgte. Die Vollendung des siebenbändigen Werks nahm nicht ganz fünf Jahre, 1498 bis 1502, in Anspruch, sodaß auf jedes Jahr etwa 1 ½ Bände fielen. Der erste derselben wurde fertig im Herbst 1498, der zweite und dritte in derselben Jahreszeit 1499 und 1500, der vierte im Frühling 1501 und der siebente um Martini 1502. Die sieben Folianten enthalten durchschnittlich je 1200 zweispaltige Seiten von 70 Zeilen und sind auf starkem, schönem Papier gedruckt, welches noch heute wie neu aussieht. Gedruckt wurden 1600 Exemplare, welche Koberger übrigens aus Furcht vor Nachdruck und der größern Sicherheit wegen erst nach Vollendung des Ganzen ausgab, wie er denn auch während des Drucks jeden Band ängstlich gehütet hatte. Jene Furcht war nur zu sehr begründet. Originalwerke gab es damals nur wenige. Wenn nun die Herstellung der damals vorwiegend gedruckten Bibelausgaben, scholastischen Kommentare, Kirchenväter, Klassiker und Schuldbücher nicht als Nachdruck bezeichnet werden konnte, solange nur die Wiedergabe einer wörtlich abgedruckten Originalhandschrift in Frage kam, so stellte sich das Verhältnis doch anders, wenn die Verleger, vielfach in derselben Stadt, wie z. B. in Basel, die von ihren Kollegen kritisch gesichteten und bearbeiteten Ausgaben nachdruckten. Um nun diesem Unfug vorzubeugen, trafen schon damals – wie noch heutigentags in Ländern, welche unter Umständen das Verlags- oder Autorenrecht nicht schützen – die größern Buchhändler in ihrem eigensten Interesse Verabredungen untereinander, wonach der eine kein Werk drucken sollte, welches der andere bereits zu drucken angefangen hatte. So traf unter anderm auch Koberger durch Vermittelung Amerbachs schon auf der frankfurter Herbstmesse des Jahres 1495 mit Nikolaus Keßler in Basel ein Übereinkommen dahin, daß keiner von ihnen etwas drucken solle, was der andere bereits in Angriff genommen oder fertig gestellt habe. Er ließ ihm deshalb am 17. Mai 1496 durch Amerbach sagen, daß er vor einem Monat den „Meffreth“ („Sermones Meffreth alias ortulus reginae“), welchen Keßler schon 1487 und 1488 verlegt hatte, zu drucken angefangen habe, daß er aber sofort einhalten werde, falls Keßler ihn lieber selbst drucken wolle. Keßler trat
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_05.djvu/081&oldid=- (Version vom 1.8.2018)