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da er, nachdem er 1545 oder 1546 geheiratet hatte, sich bald darauf in Paris als Buchbinder und Saffiangerber niederließ. Aber auch hier blieb er nur wenige Jahre, denn schon 1549 begab er sich nach Antwerpen, welches damals die zweitbedeutendste Stadt des westlichen kontinentalen Europas war und unter anderm 30 Druckereien in voller Thätigkeit zählte. Hier erwarb er sich durch seinen Fleiß und seine Geschicklichkeit einen guten Namen als Buchbinder und Portefeuille-Arbeiter, namentlich übertrafen seine eingelegten und vergoldeten Lederarbeiten alles, was bisher auf diesem Gebiete in den kunstsinnigen und kunstfertigen Niederlanden geleistet worden war. Infolge eines körperlichen Unfalls sah sich Plantin jedoch 1555 außer Stande, sein Geschäft fortzusetzen, weshalb er sich wieder dem früher erlernten Buchdruck zuwandte. Noch 1555 gab er seine ersten vier Verlagsartikel heraus, denen im Laufe der nächsten sechs Jahre noch 55 folgten. Zugleich trieb Plantin einen kleinen Buchhandel und erweiterte diesen allmählich; selbst später, als er schon wohlhabend geworden war, hielten seine Töchter während der antwerpener Messe noch einen Buchladen im Kreuzgang von Notre-Dame, während seine Frau Leinwand verkaufte.

Im Jahre 1562 wurde der junge Verleger angeklagt, ein ketzerisches Buch, „Briefve instruction pour prier“, gedruckt und verbreitet zu haben. Die Statthalterin ließ eine Untersuchung gegen ihn einleiten, mußte sie aber wegen mangelnder Beweise niederschlagen, während dagegen drei seiner Arbeiter schuldig befunden und zu den Galeeren verurteilt wurden. Plantin fühlte sich jetzt in den Niederlanden nicht mehr sicher, ging nach Paris und blieb dort ein Jahr. Sei es, daß er noch weitere Belästigungen fürchtete, sei es, daß er durch mächtige und angesehene Gesellschafter seine wirtschaftliche Stellung und zugleich seine politische Sicherheit verbessern wollte, genug, nach seiner Rückkehr ließ er sein ganzes Besitztum, einschließlich der Druckerei, von seinen angeblichen Gläubigern mit Beschlag belegen und öffentlich versteigern. Im Jahre 1563 schloß dann Plantin einen Gesellschaftsvertrag mit Cornelius und Karl de Bomberghe, deren ersterer zu seinen angeblichen Gläubigern gehörte, mit dem Venezianer Jakob Schotti und dem Dr. Goropius Becanus. Er selbst stand, wie man heutzutage sagen würde, als persönlich haftender Gesellschafter an der Spitze des Unternehmens, welches offenbar die Ausdehnung seiner Verlagsthätigkeit fördern sollte und in

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 503. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/056&oldid=- (Version vom 1.8.2018)