hatte und für die Überreste seines Glanzes noch die Summe von 1200000 Franken einbrachte. Seine eigentliche Bedeutung bewahrte das Geschäft übrigens, wie aus der gegebenen statistischen Übersicht seiner Verlagsthätigkeit zur Genüge hervorgeht, nur unter den beiden nächsten Nachfolgern des Gründers. Schon Johann Moretus, von 1590 bis 1610, vernachlässigte den alten klassischen und gelehrten Verlag über Andachtsbüchern, kirchengeschichtlichen und philosophischen Werken. Von seinen Söhnen war Balthasar I. (1610 bis 1641) der bedeutendste. Er nahm den Verlag im Geiste Plantins wieder auf und war die Seele des Geschäfts, dem er seine ganze, überall energisch eingreifende Thätigkeit widmete. Wie es aber immer bei alt und reich gewordenen Geschäften zu geschehen pflegt, die jüngern drei Balthasars, ihre Söhne und Enkel wurden vornehm und bequem, kümmerten sich wenig oder gar nicht um den Buchdruck und Buchhandel, nahmen nur noch sogenannte Accidenzarbeiten der städtischen und kirchlichen Behörden an und ließen im übrigen das Geld für sich arbeiten. Balthasar II. (1641 bis 1674) berechnete 1662 sein Vermögen, nachdem die Geschwister abgefunden waren, auf 341000 Gulden. Balthasar III. (1674 bis 1696) wurde 1692 vom König von Spanien geadelt und machte von der ihm erteilten Erlaubnis, trotz seines Adels den Buchhandel zu betreiben, wenn überhaupt, einen nur mäßigen Gebrauch. Von Balthasar IV. (1696 bis 1730) an sinkt die Firma buchhändlerisch immer mehr zur Unbedeutendheit herab und nimmt die öffentliche Aufmerksamkeit nicht mehr in Anspruch. Es ist aber bemerkenswert, daß bis 1876 stets ein Moretus an der Spitze des Hauses steht und daß seit Plantin acht Generationen in unmittelbarer Abstammung von ihm einander ablösen. Auch diese ungewöhnliche Erscheinung zeigt sich bei keiner andern Firma, welche die Geschichte des deutschen Buchhandels kennt. Die Romerskirchensche Buchhandlung in Köln ist zwar älter und befindet sich selbst heutigestags noch in demselben Hause, welches sie 1529 bezogen hat, allein ihre Inhaber gehörten nicht alle demselben Stamme in absteigender Linie an.
An Stelle der im katholischen Süden der Niederlande geschäftlich versumpfenden Familie Plantin-Moretus blühte aber im protestantischen Norden, in den Vereinigten Provinzen, ein anderes Gestirn des niederdeutschen Buchhandels empor, das allerdings auch mit dem Ende des 17. Jahrhunderts, also mit dem Ende der dominierenden Stellung
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 510. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/063&oldid=- (Version vom 1.8.2018)