ein. Er begann seine Laufbahn mit nur geringen Hilfsmitteln; aber mit scharfem Verstande, Unternehmungsgeist und gewinnenden Eigenschaften begabt, ausdauernd und auch bei Rückschlägen nie den Mut sinken lassend, verstand er es, alle Hindernisse zu überwinden. In Geschäften von größter Gewissenhaftigkeit und Coulanz, war er allen Streitigkeiten abhold, gern zu Kompromissen geneigt und gab lieber nach, als daß er sich in Prozesse eingelassen hätte. Von dem weit ausgedehnten Gelehrtenkreise, mit welchem er in Verbindung stand, wurde er geschätzt und geachtet; das belegen seine geschäftliche Korrespondenz, seine langjährige Freundschaft mit Justus Lipsius.
Aber neben diesen Lichtseiten weist sein Lebensbild auch eine dunkle Schattenseite auf, deren richtige Würdigung jetzt kaum mehr möglich ist. Eine Andeutung darüber ist schon weiter oben gegeben worden. Plantins Verhalten gegen seine anfänglichen sektirerischen Glaubensgenossen erscheint mehr als bedenklich und unehrenhaft, scheinheilig und fragwürdig seine spätere Beteuerung der Anhänglichkeit an die katholische Kirche. Die Leiter jener Sekte ernteten zwar, was sie selbst gesäet; aber daraus, daß jene gleichsam zur Heuchelei erzogen, kann Plantin kein Entschuldigungsgrund erwachsen. Daneben kann ihm der Vorwurf der politischen Mantelträgerei nicht erspart werden; er suchte einerseits gut mit der Patriotenpartei zu stellen und floß andererseits über von Versicherungen der Treue gegen Philipp II. Zur Erklärung dieser Charakterschwäche kann höchstens darauf hingewiesen werden, daß Plantin ja eigentlich Franzose und wohl nicht völlig verwachsen mit seiner neuen Heimat, innerlich gleichgültig gegenüber deren Beschwerden und Leiden war. Er gehörte in dieser Hinsicht wohl zu den Millionen schwächerer Geister, die sich in ihren Meinungen und in ihrem Verhalten gefügig den jeweiligen Machthabern beugten und eine kümmerliche Entschädigung in den materiellen Erfolgen des Berufslebens suchten und fanden. Daß dies aber Plantin in hohem Grade gelang, das erweisen die oben mitgeteilten Thatsachen.[1]
Das Haus Plantin-Moretus bietet, wie nach dem Voraufgehenden erklärlich, in seinen spätern Schicksalen kein Interesse mehr für die Geschichte des deutschen Buchhandels. Es ist, wie hier kurz bemerkt werden mag, das einzige in Europa, welches 1876, als es von seinem letzten Besitzer Eduard Johann Hyazinth Moretus mit seinem ganzen Bestande an die Stadt Antwerpen verkauft wurde, volle 320 Jahre gewirkt
Fußnoten
- ↑ Rooses, M., Christophe Plantin, imprimeur anversois. Anvers 1882.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 509. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/062&oldid=- (Version vom 1.8.2018)