Neuntes Kapitel.
Die Büchercensur und die Preßverfolgungen.
Historische Einleitung. Das Altertum. – Verhalten der Kirche. Censurrecht der Universitäten. – Erstes Auftreten nach Erfindung der Buchdruckerkunst: Köln. – Vorgehen der Kirche ohne Rücksicht auf den Staat: Mainz. – Die Bullen Sixtus’ IV., Alexanders VI. und Leo’s X. – Das Wormser Edikt. Eintreten des Staats. – Die Reichs-Preßverordnungen. – Der Begriff des Libells und der Famosschrift. – Schwächliches Verhalten der Protestanten. – Censur in Österreich. – In Bayern. Katalog erlaubter Bücher. Verfahren gegen Schwenckfeldianer. – Die protestantischen Reichsstädte. Straßburg. Nürnberg. (Hans Sachs.) Augsburg. Ulm. Frankfurt a. M. – Basel. Zürich. – Die geistlichen Kurfürstentümer. – Böhmen und Schlesien. – Kurpfalz. – Brandenburg. – Sachsen. – Die kleinen Territorien.
Die Büchercensur ist das bequemste Mittel, unbequemen, durch die Schrift sich äußernden Widerspruch oder Tadel zu unterdrücken. Sie wurzelt in der Willkür und Gewalt und ist deshalb fast so alt als die Geschichte der Menschheit selbst. So tritt sie denn auch in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeiten, höchstens äußerlich in andern Formen, auf. Der Unterschied vor und nach Gutenberg ist nur der, daß in der Handschriftenzeit die Litteratur sich auf kleine und wenige Kreise beschränkt, also kaum in die Öffentlichkeit dringt, während die Buchdruckerkunst jahraus jahrein die Erzeugnisse der Presse zu Tausenden in die Welt sendet und das ganze geistige Leben des Volks zu einem öffentlichen macht. Qualitativ zeigt sich deshalb die Schreibfreiheit bei den Alten und im Mittelalter in demselben, wenn nicht höhern Grade beschränkt wie in der Neuzeit, und nur quantitativ übertrifft die letztere ihre Vorläufer an systematischer Verfolgungssucht.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/001&oldid=- (Version vom 1.8.2018)