bald in Vergessenheit.“ Domitian ließ den Geschichtschreiber Hermogenes und alle Buchhändler, welche sich mit der Vervielfältigung des dem Kaiser anstößigen Werks befaßt hatten, an das Kreuz schlagen.
Diese Beispiele, aus hundert ähnlichen herausgegriffen, werden genügen, um die Feindseligkeit der ersten Kaiser gegen den freien Gedanken festzustellen. Wenn in den spätern Jahrhunderten der Imperatorenzeit nicht mehr so arg und oft gegen die Schriftsteller gewütet wurde, so unterblieb es bloß deshalb, weil die Litteratur längst unterdrückt oder gar getötet war. So erwiesen sich denn auch spezielle Censurgesetze als überflüssig. Die römische Gesetzgebung, welche so fruchtbar an Bestimmungen über libelli famosi, carmina famosa und epigrammata gewesen ist, hätte sicherlich die Erzeugnisse der Buchdruckerkunst zu unterdrücken verstanden, wenn sich der Staat von ihr für bedroht gehalten hätte.
Justinian setzte mit andern Bischöfen auch den Severus ab, weil dieser, abgesehen von verschiedenen gegen ihn vorgebrachten Beschwerden, das Reich mit verschiedenen Schandschriften und verbotenen Büchern überschwemmt habe, deren Vernichtung zugleich den Besitzern anbefohlen und deren fernere Vervielfältigung bei Strafe des Verlustes der rechten Hand verboten wurde.
Das päpstliche Rom trat die Erbschaft des kaiserlichen auch als oberster Censor der Christenheit an. Es gründet seine Berechtigung zur Überwachung der Geistes- und Denkfreiheit auf die oberste dogmatische Voraussetzung der katholischen Kirchenlehre. Der Papst hat nach ihr nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht, alle diejenigen Einflüsse von den Gläubigen fern zu halten, welche sie in ihrem Glauben beunruhigen oder erschüttern können. Der Laie soll überhaupt nicht selbständig denken und nur das lesen, was ihm zu erlauben der Geistliche für gut befindet. Die Kirche nimmt deshalb auch von jeher die Censur sittlich schlechter und ketzerischer Bücher als negatives Mittel zur Erhaltung des Glaubens in Anspruch und unterdrückt alle ihr feindseligen Äußerungen und Schriften. Diese Aufgabe war bei den kirchlichen Machtmitteln sehr leicht, solange der Gedanke nur durch Wort oder Schrift in die Öffentlichkeit drang und solange die ganze Christenheit den Papst als ihr Oberhaupt verehrte; sie wurde aber sehr schwierig, sobald die Buchdruckerkunst die tausendfache Vervielfältigung der Geisteserzeugnisse ermöglichte und der Abfall von Rom immer größere Kreise ergriff. Daß nun Gutenbergs Erfindung
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 524. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/003&oldid=- (Version vom 1.8.2018)