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Neuen Zeitungen, die also damals eine größere Bedeutung erlangt haben müssen, aus und beklagt, daß durch zu langmütiges Zusehen der Obrigkeiten es den falschen, üppigen Dichtern gelungen sei, „ein solch Mißvertrauen und Verhetzung zwischen allerseits hohen und niedern Ständen zu erwecken, welches wohl unversehenliche Empörung und viel Unheyls verursachen möchte.“ Höhere Strafen konnten selbst von der üppigsten Phantasie nicht mehr erdacht werden; man war also gezwungen, den Ton wieder herabzuschrauben.

Es halfen indessen weder gütliche Zureden noch schroffe Drohungen. Die Presse mit den in ihr wurzelnden Interessen nahm bereits eine zu mächtige Stellung im Leben des Volks ein, als daß ihre Erzeugnisse erfolgreich hätten unterdrückt werden können. Der Gewinn aus dem Vertrieb verbotener Schriften lockte mächtig zu stets neuen Unternehmungen an; überall entstanden in den kleinern Städten neue Buchdruckereien, deren Überwachung von Tag zu Tag schwieriger wurde. Der speyerer Reichsabschied vom 11. Dezember 1570 suchte dem, wie er sagt, durch sie angestifteten Zank, Aufruhr, Mißtrauen und Zertrennung alles friedlichen Wesens durch neue ohnmächtige Verordnungen abzuhelfen. Deshalb sollten hinfüro im ganzen römischen Buchdruckereien an keinen andern Orten als in fürstlichen Residenzen, in Universitätsstädten oder in ansehnlichen Reichsstädten gestattet sein, alle Winkeldruckereien stracks abgeschafft werden. Natürlich konnte man dort die obrigkeitliche Aufsicht bequemer durchführen, wogegen diese in den kleinen Orten, wo Druckereien bestanden, schwer, ja unmöglich zu handhaben war. Beachtung fand diese gesetzliche Bestimmung aber wohl wenig; nur Kurfürst August von Sachsen ging ihr entsprechend vor. Sodann wurde die Zulassung eines Buchdruckers von einer vorherigen Prüfung seiner Ehrbarkeit und Zuverlässigkeit durch die Obrigkeit abhängig gemacht, worauf er sich eidlich an die Beobachtung der gesetzlichen, in dem Reichsabschied vorgeschriebenen Bestimmungen binden mußte. Im übrigen wurden die alten Verordnungen neu eingeschärft. Den Zuwiderhandelnden traf außer Gefängnis und eventueller Folter auch Konfiskation der Bücher und den Drucker außerdem noch Verlust seiner Druckerei. Endlich aber wurde unter Androhung kaiserlicher Ungnade und willkürlicher Strafe den Ständen und Obrigkeiten befohlen, ihre Druckereien „unerwarteter Ding“ zu visitieren und gebührenden Ernst und Strafe gegen die Übertreter vorzunehmen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 547. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/026&oldid=- (Version vom 1.8.2018)