„weil in einer Anzahl neuer Kalender für 1650 solche Worte stehen, über welche die Eidgenossen der andern Religion Verdruß und Unwillen empfinden möchten“.
Eine förmliche Censurordnung war aber erst die Bestimmung von 1650, nach welcher alle Bücher, die von Bürgern oder Schirmverwandten in offenen Druck gegeben werden sollten, samt den dazu gehörigen Kupfern, in Zürich oder anderswo gedruckt, den zur Censur Verordneten vorher vorgelegt werden mußten. „Von jedem Buche, dessen Druck erlaubt, soll der Drucker jedem der verordneten drei Herren allwegen ein Exemplar für seine Mühe und Arbeit zu geben schuldig sein, dagegen zu des Herrn, so etwas in Druck gibt, Gefallen stehen, die drei Verordneten auch, wie bisher etwan geschehen, sonst zu verehren und sich dankbar zu erzeigen“. Das Jahr 1660 brachte dann noch an Neuerungen, daß „der Tax der Kirchen- und Schuldbücher halber“ sich die Drucker mit den Censoren verständigen sollten, damit die Bürger und Landschaft sich nicht über zu hohe Preise zu beklagen hätten, und daß ein weltlicher und ein kirchlicher Censor die fremden Buchführer und „Liederträger“ fleißig zu visitieren hätten.
Gegen Ende des Jahrhunderts, 1698, schlossen sich daran endlich noch folgende bedenkliche und engherzige Anordnungen: Die Buchbinder sollten bei ihren bürgerlichen Pflichten befragt werden, was für „irrige“ Bücher und Schriften Heinrich Locher ihnen einzubinden übergeben habe, „mit Befehl, daß sie für das Künftige Nichts, was unserer heiligen Religion entgegen, in Arbeit nehmen, sondern, wenn dergleichen ihnen zukommen würde, solches unverzüglich dem Censor hinterbringen sollen.“ Die zur Censur Verordneten sollten außerdem nicht allein die Läden der Buchführer, sondern auch die der Buchbinder alle Jahre zu verschiedenen malen fleißig visitieren und sorgfältig verhüten, daß keine „irrgeistigen“ Bücher und Schriften darin feil gehalten oder eingebunden würden.
In den deutschen Reichsstädten hatten sich die Censurverhältnisse, wie aus allem diesem zu ersehen, in engem Anschluß an die Reichsverordnungen entwickelt. Zeigt sich in ihnen größere Strenge und eine eigene Verordnungsthätigkeit, so sind diese meistenteils auf den Druck mächtigerer Reichsstände zurückzuführen. Selbständiger und eigenartiger gestalteten sich natürlicherweise die Verhältnisse in den größern Territorien; unter ihnen sei, neben den Kurfürstentümern, nur Würtemberg hervorgehoben.
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 585. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/064&oldid=- (Version vom 1.8.2018)