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Erben noch bestehen blieb, so wurde doch schließlich 1702 eine katholische „bischöfliche Druckerei auf dem Dome“ durch Andreas Franz Pega errichtet.

Die Rheinpfalz hatte als protestantischer, und namentlich reformierter, Reichsstand bis zum Dreißigjährigen Kriege kein Interesse daran, die Presse zu beschränken; ihr einziger geistiger Mittelpunkt, Heidelberg, übte nur in der theologischen Litteratur die gewöhnliche Universitätscensur aus, die unter Umständen sogar gegen den eigenen Landesherren in Anwendung kam. Der im Sommer 1561 in Pflicht genommene Universitätsbuchdrucker Ludwig Luck (Lucius) erhielt im September desselben Jahres von Kurfürst Friedrich den Auftrag, das letzterm gewidmete „Judicium Philippi Melanchthonis de controversia coenae domini“ innerhalb zwei Tagen zu drucken und die ganze Auflage an den Kurfürsten abzuliefern. Luck, der unter anderm verpflichtet worden war, nichts ohne Wissen und Willen des Rektors und der Universität zu Heidelberg zu drucken oder zu vertreiben, bat um Verhaltungsmaßregeln für diesen Fall. Der Rektor Kaspar Agricola legte sofort die Sache dem Senat vor und es wurde nach Verlesung des Briefs und der Schrift Melanchthons aus vielen Ursachen einstimmig beschlossen, es sei nicht zu gestatten, daß der Universitätsbuchdrucker Luck diese Schrift zur Zeit drucke. Zwar beruhigte sich der Kurfürst dabei nicht und übergab die Schrift dem Vorsitzenden seines Geheimen Rats, Georg Grafen von Erbach; aber auch dieser sprach sich gleichfalls gegen den Druck aus.[1]

Brandenburg war bis zum Ende des 17. Jahrhunderts noch zu wenig entwickelt, noch zu sehr durch die Befriedigung des nackten Bedürfnisses in Anspruch genommen, als daß es während der zwei ersten Jahrhunderte nach Erfindung der Buchdruckerkunst von irgend welcher litterarischen Bedeutung hätte sein können. Es bleibt also für die hier zu behandelnde Periode nur noch Sachsen übrig.

Einige Jahre nach der Zeit, in welcher die Buchdruckerkunst hier feste Wurzeln faßte (1485), hatten sich Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht in den Besitz des ganzen Landes geteilt. Der Kurkreis und Thüringen verblieben den Ernestinern, während Meißen mit den wichtigen Städten Dresden und Leipzig den Albertinern zufiel. Hier folgte dem ersten Herzog Albrecht dem Beherzten sein Sohn Georg der Bärtige (1500 bis 1539), der in der Folge ein ebenso erbitterter Gegner der


  1. Zum Gedächtniß der vierten Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst zu Heidelberg am 24. Junius 1840. Heidelberg 1840. S. 78. 79.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 591. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/070&oldid=- (Version vom 1.8.2018)