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war die Druckerkunst noch kaum heimisch und selbst in den größern Orten nur dürftig vertreten. Mochte die leipziger Universität auch noch lange in den Bahnen der Scholastik fortwandeln, seine Bürgerschaft, namentlich aber die große Mehrzahl der Buchdrucker und Buchhändler, fielen trotz der Verfolgungen des Herzogs der neuen Lehre zu. Zwar für diesmal fand Michel Blum Gnade, wenn es nicht sein Anfang 1526 eintretender Tod war, der die Ausführung des harten Befehls verhinderte; aber die Gesamtheit der wohl ebenso schuldigen leipziger Geschäftsgenossen scheint mit einer schweren Geldbuße belegt worden zu sein. Denn bei der von ihnen betonten gedrückten Geschäftslage ist es mehr als unwahrscheinlich, daß es ein reiner Akt der Wohlthätigkeit war, „wenn dye Buchdrucker vnd fuhrer“ im Jahre 1526 100 Gulden in das „Reiche Almosen“ stifteten.

Unter Herzog Georg blieb daher Leipzig in der Folge ein Hauptverlagsort für katholische Litteratur; die leipziger Buchhändler bezeichnen diese aber selbst als so gut wie unverkäuflich. Den wichtigsten Handelsartikel für die Buchhändler jener Zeit bildeten dagegen die Schriften Luthers und der Reformatoren; durch sein Vertriebsverbot schädigte Herzog Georg also nur die Interessen der Leipziger aufs empfindlichste. Besonders gefährlich wurde ihnen Wittenberg durch die Thätigkeit seiner Verleger, welche sogar in Leipzig Meßniederlagen und Kommanditen errichteten und das früher blühende leipziger Geschäft an sich zu reißen drohten. Dem Herzog halfen jedoch auf die Dauer seine strengen Maßregeln nur wenig. Ob er die Buchläden nach Lutherschen Lästerschriften durchsuchen, wittenberger Buchhändler einsperren oder ausweisen, oder die unter fingierter Firma hergestellten Nachdrucke der wittenberger Presse mit Beschlag belegen, oder endlich seine eigenen Bürger massenhaft als Anhänger der Reformation aus Leipzig verjagen ließ, es half alles nicht: der heimliche Vertrieb der Reformationslitteratur konnte nicht unterdrückt werden. Selbst Michel Blum der Jüngere, der Sohn des Gemaßregelten, ließ sich nicht abschrecken. Es machte auch keinen Eindruck, daß in Dresden der Verfasser einer Lutherschen Schmähschrift verurteilt wurde, „sein erdicht Schandtuch zu fressen“ und daß Schänder der Heiligenbilder zum Thore hinausgepeitscht wurden. Das Gebot, alle Exemplare von Luthers Bibelübersetzung gegen Erstattung des Preises abzuliefern, brachte im Amte Meißen nur vier Stück ein; die Übersetzung des

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 593. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/072&oldid=- (Version vom 1.8.2018)