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über diesen hinaus das der Behörden, blieb ja doch die ultima ratio. Und dies Belieben der Censoren, d. h. der Dekane und Professoren, beschränkte sich dabei nicht auf die Beurteilung: ob eine Schrift gegen Recht und gute Sitte verstieße, oder nicht, – es maßte sich oft genug auch eine sachliche Kritik des zu censirenden Buchs an. Es waren auch nicht allein die Theologen (worüber noch später), die so zu handeln sich für berechtigt hielten, nein, auch die Historiker, die Mediziner sahen sich gemüßigt, so aufzutreten. Der Censor von Schneiders „Chronicon Lipsiense“ korrigierte dasselbe gründlich, die medizinische Fakultät verhinderte den Druck eines Werkes über Chirurgie, und der Professor Poeseos Dr. Feller hielt sich für berufen, den Stil der zu druckenden Hochzeitscarmina u. s. w. von Obrigkeits wegen zu verbessern!

So herrschte denn immer noch eine solche Unklarheit, daß die Regierung sich nochmals veranlaßt sah, unter dem 27. Februar 1686 eine Generalverordnung zu publizieren, welche das Preßgewerbe für Einheimische und Auswärtige gründlich regeln sollte. Indeß ist auch diese Verordnung fast nur eine Wiederholung früher erlassener, nur daß neben Nennung des Druckers auch die des Verlegers vorgeschrieben wird. Aber alle diese Verordnungen fruchteten so wenig, wurden so häufig umgangen oder ignoriert, daß sich die Regierung sogar in einem Reskript vom 3. Januar 1698 zu Androhung von Leibes- und Lebensstrafen bei Umgehung der Censur veranlaßt fand.

Die Befolgung der bestehenden drückenden Censurvorschriften, auf welche zunächst die Buchdrucker verpflichtet waren, war allerdings schwierig und von üblem Einfluß auf die geschäftlichen Verhältnisse. Hatte ja doch noch am 26. Februar 1697 das Oberkonsistorium eine neue Vereidigung der Buchdrucker angeordnet und bestimmt, daß bei namhafter Strafe „auch das Geringste nicht“ ohne Censur des Dekans oder des von ihm dazu Beauftragten gedruckt werde, „diejenigen Scripta aber, so den Statum publicum betreffen“ – damals hatte August der Starke die polnische Königskrone erworben –, seien „allein von dem Ordinario Unsrer Juristen Facultät“ zu censieren. Alle neuen Auflagen, mit oder ohne Zusätze, seien ebenfalls vorzulegen, ebenso die Kataloge, welche die Buchhändler in Meßzeiten drucken ließen, obgleich deren Grundlage, der Meßkatalog, bereits mit Censur gedruckt war.

Aber die Thätigkeit der preßpolizeilichen Behörde, der Bücherkommission

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 599. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/078&oldid=- (Version vom 1.8.2018)