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– ihre Geschichte wird der zweite Band bringen –, wurde dadurch gehemmt, daß sie lange Zeit hindurch nur solche Schritte thun durfte, die von Dresden aus ausdrücklich anbefohlen waren. Selbst bei Vorkommen von Schriften, die der Aufsichtsbehörde unbedingt „bedenklich“ erscheinen mußten, bittet dieselbe unter dem 1. Mai 1675 um Erteilung eines Spezialbefehls oder eine generelle Anweisung für solche Fälle. Das Oberkonsistorium gestattete nun zwar eine vorläufige Konfiskation, verlangte aber Einschickung der betreffenden Schrift, sodaß es sich immerhin die Entscheidung vorbehielt. Doch scheint es, als ob das stärkere Hervortreten der obscönen Litteratur dasselbe bald eines Bessern belehrt hätte, denn schon unter dem 24. Mai 1676 wurde das eben erst nur halb und halb provisorisch gestattete Vorgehen gegen „ärgerliche Sachen“ in aller Form eingeschärft, sodaß die Bücherkommission wie der Rat allein – dieser für politische Pamphlete – nun energischer und schneller einschreiten konnten.

Daneben tritt vorübergehend seit 1661 das Bestreben hervor, die Aufsicht über das Preßgewerbe dem Konsistorium, also der kirchlichen Behörde, zu übertragen. Veranlassung hierzu hatte jedenfalls die bei der Bücherkommission seit langer Zeit eingewurzelte Geschäftsverschleppung geboten; Rat und Universität, die beiden Teile der Kommission, wendeten ihre Aufmerksamkeit mehr dem Austrage ihrer nicht abreißenden Kompetenzstreitigkeiten zu, als der Erledigung der eigentlichen Amtsgeschäfte. Der Versuch aber, die Buchdrucker und Buchhändler dem leipziger Konsistorium dadurch unterzuordnen, daß sie vor ihm erscheinen und ein Verzeichnis der von ihnen publizierten und zu publizierenden Artikel, samt Nachweis über erfolge Censur derselben, vorlegen sollten, scheiterte an dem passiven Widerstande des Rats, als der betreffenden Exekutivbehörde. Ebenso hatte letzterer mehrfach gegen das Bestreben der Universität anzukämpfen, sich die Preßpolizei allein und mit Übergehung der Rechte des Rats anzumaßen. Es kam dahin, daß letzterer in einzelnen Fällen seinen Bürgern geradezu verbot, den Citationen der Universität Folge zu leisten, obgleich diese sich darauf bezog, daß die ihr von Dresden aus ausdrücklich erteilten Befehle ein Ausfluß des Jus superioritatis seien, das es zu den Regalibus gehöre, zu verfahren, wie geschehen.

Es genügt nun aber nicht, dargethan zu haben, wie und nach welchen Richtungen hin sich die Aufsicht über die Presse entwickelt hat; an einigen wenigen Beispielen muß auch noch nachgewiesen werden, wie die

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 600. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_09.djvu/079&oldid=- (Version vom 1.8.2018)