Verlustes des Privilegiums. Auch Ferdinand II. ließ es anfangs in seinen Patenten vom 1. Oktober 1621 und 30. März 1622 bei diesen drei Exemplaren bewenden, welche ihm nach dem ausdrücklichen Inhalt der kaiserlichen Privilegien gebührten, verlangte aber, daß dieselben einschließlich der Frachtunkosten bei Strafe der Sperrung der Gewölbe, auch Konfiskation und Verlust aller neuen Werke unfehlbar an Hagen eingeschickt würden. Zwei Jahre später aber wurde diese Zahl nicht mehr für genügend befunden. Am 26. August 1624 befahl der Kaiser allen Buchhändlern, nicht allein die herkömmlichen drei Exemplare privilegierter Bücher frei an die Hofkanzlei zu liefern, sondern auch zur Vermehrung der kaiserlichen Hofbibliothek von allen neuen Büchern, sie seien privilegiert oder nicht, und gedruckt, wo sie wollten, eins, „wie solches andere Potentaten auch practiciren thäten“; zugleich aber wurde dem frankfurter Rat befohlen, zur Erzwingung dieser Maßregel eventuell dem Bücherkommissar mit der Exekution behilflich zu sein. Am 28. Januar 1625 wurde dieser Befehl, vier Exemplare abzuliefern, fast mit denselben Worten wiederholt. Trotzdem waren die Buchhändler „morosi in der Einsendung der schuldigen Bücher“ und mußten immer von neuem, wie am 26. April 1629, 4. Juli 1640 und 19. Oktober 1648 bedeutet werden, die beanspruchten vier Exemplare an der St. Leonhardskirche, der Amtswohnung Hagens, abzuliefern. Aber das half nur wenig; nur vereinzelte Buchhändler kamen aus freien Stücken und ohne Zwang den selbst übernommenen Verpflichtungen nach. In den Jahren 1638 bis 1648 trafen nach Ausweis der wiener Akten nur wenige Sendungen (1640, 1641) bei Hofe ein, ja Hörnigk behauptet sogar in einem Bericht vom 8. Mai 1649, daß nach Angabe des kaiserlichen Bibliothekars Rechperger vom 4. April 1639 bis zum Mai 1649, also in 10 Jahren, „nicht ein einziger Autor weder cum noch absque privilegio Caesareo“ an die kaiserliche Bibliothek übersendet worden sei. Bei solcher Sachlage hebt es denn auch Hagen, als im Dezember 1648 Henning Große’s Erben in Leipzig um die Erneuerung eines Privilegiums einkamen, rühmend und die Bitte empfehlend hervor, daß die Bittsteller „semper debitam obedientiam sacrae Caes. Maj. constanter exhibuerunt“.
Offenbar, um die Buchhändler wenigstens etwas williger zu machen, nahm man damals von der Sendung der Pflichtexemplare nach Wien auf Kosten der Verpflichteten Abstand und wälzte dagegen diese Frachtkosten
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 652. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/045&oldid=- (Version vom 1.8.2018)