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gegen die Preßbevormundung seitens der Jesuiten zu regen begann, eine Opposition, welche im Jahre 1720 in Graz zu einem sehr scharfen Kampf zwischen den weltlichen und den Jesuitencensoren führte.

Inwieweit die Bücherkommission im stillen nicht gar direkt von Rom aus beeinflußt worden sein dürfte, läßt sich nicht klar übersehen; nur Andeutungen treten darüber hervor. So nahm Vollmar am 19. April 1695 Veranlassung, infolge einer Anfrage von Wien, dem Kaiser zu berichten: Der Titel eines „päpstlichen Büchercommissars“ sei dem kaiserlichen Bücherkommissar zu zeiten von einem oder andern von Rom aus beigelegt worden, ursprünglich deswegen, weil dem Papste nach jeder Messe eine gedruckte Designation aller erschienenen katholischen Bücher auf seine Kosten und gegen einen freiwilligen Recompens verfertigt und zugeschickt werde, um ihn von der betreffenden Litteratur in Kenntnis zu setzen, wie nicht weniger, damit, wenn etwa „Romanische“ Bücher, wie zu zeiten geschehe, dem frankfurter Bücherkataloge einzuverleiben wären oder aber von hier aus etwelche neue Bücher dahin verlangt würden, man wüßte, an wen dergleichen Wünsche zu adressieren.

So hatte die kaiserliche Bücherkommission ihr Werk so ziemlich vollbracht: sie hatte kräftig und unentwegt daran mitgearbeitet, die Blüte der frankfurter Büchermesse zu untergraben. Der langsame Verfall derselben hatte, wie schon früher gesagt, dem kaiserlichen Hofe nicht die Augen zu öffnen vermocht, die Warnungen und halben, immer deutlicher sprechenden Drohungen der fremden Buchhändler: bei Fortdauer der Vexationen „abzubauen“, die ängstlichen, gegen Ende des 17. Jahrhunderts aus voller Überzeugung entspringenden Andeutungen des frankfurter Rates über seine Besorgnisse nach dieser Richtung hin, hatten taube Ohren gefunden. Daß der frankfurter Meßkatalog immer mehr zusammenschrumpfte und zu Bedeutungslosigkeit herabsank, wurde in seinen Ursachen verkannt; für die Bücherkommission war dies nur ein neuer Beweis für die Schliche und Ränke der bösen Buchführer, denen alle Mittel gerecht wären, sich der behördlichen Kontrolle betreffs ihrer Verpflichtung zu Bücherlieferungen nach Wien zu entziehen, – nicht ein Mene-Tekel, kein augenscheinlicher Beleg dafür, daß die frankfurter Messe in ihrer Bedeutung für die mehr und mehr erstarkende und selbst quantitativ das Übergewicht erlangende Produktion Nord- und Mitteldeutschlands schwere Einbuße erlitten hatte, daß ein großer Teil dieser

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 731. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/124&oldid=- (Version vom 1.8.2018)