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Produktion gar nicht mehr nach Frankfurt, nur noch auf die leipziger Messe gebracht wurde. Die Venezianer waren schon lange in Frankfurt ausgeblieben. Die Holländer folgten ihnen darin mehr und mehr und selbst die Nord- und Mitteldeutschen fingen an, sich zurückzuziehen. Im zweiten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts kamen nur noch fünf, dann nur noch zwei leipziger Firmen zur Messe. Die Verschiebung der frankfurter Fastenmesse um vierzehn Tage drängte diese so nahe an die leipziger Ostermesse heran, daß die norddeutschen Buchhändler es nun nicht nur ihrem Interesse, sondern auch ihrer Bequemlichkeit zuträglicher fanden, sich auf den Besuch von Leipzig zu beschränken.

Zwar hatte die kursächsische Regierung den Buchhandel auch nicht immer mit gerade väterlicher Fürsorge behandelt und mit Sammethandschuhen angegriffen, der Vexationen kamen auch in Leipzig genug vor – das 9. Kapitel ist darüber einfach zu vergleichen – die geschäftlichen Lasten waren hier, wenigstens was die Pflichtexemplare für erlangte Privilegien anbetrifft, sogar höher als in Frankfurt, konfessionelle Engherzigkeit und Bedrückung, namentlich in Rücksicht der reformierten, mystischen und pietistischen Litteratur, trat auch in Leipzig nur zu sehr zu Tage. Aber beides wurde nicht mit der Schwere empfunden, wie die systematisch angestrebte Unterdrückung der gesamten protestantischen polemischen Litteratur überhaupt; hierbei wurde der sich in diesem Falle Eins fühlende Protestantismus in seiner Gesamtheit getroffen, in Leipzig nur eine verhältnismäßig kleine Fraktion desselben. Zudem legte auch gegen Ende des 17. Jahrhunderts der 1697 erfolgende Übertritt Kurfürst Augusts des Starken zum Katholizismus eine nie wieder ausgefüllte Bresche in die Festung des engherzigsten lutherischen Konfessionalismus. Die von diesem angehenden preßpolizeilichen Vexationen waren damit lahmgelegt, nur die pietistische Litteratur, und später die der Herrnhuter, verblieb zunächst noch vogelfrei.

Aber es kann auch nicht bestimmt genug betont werden, daß die Bücherkommission doch nur, wennschon in hervorragender Weise, mitgearbeitet hat an dem Niedergang der frankfurter Büchermesse; es war auch schließlich nicht die Verschiebung des Schwerpunktes der litterarischen Produktion allein, welche der leipziger zum Übergewicht und endlich zur Alleinherrschaft verhalf: es war zugleich eine sich langsam vorbereitende Wandlung in der Betriebsform des Buchhandels, eine sich

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 732. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_10.djvu/125&oldid=- (Version vom 1.8.2018)