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einem Ritter zu vermählen, und das wurde ihnen jetzt ganz klar. Sie hofften indessen, daß sich das geben werde, und als daher der Ritter ihnen einen förmlichen Antrag um die schöne Ottilie machte, so erhielt er ein fröhliches Jawort, ohne daß die Hauptperson weiter befragt worden wäre.

Ottilie hatte eben ihr Abendgebet verrichtet, war frommen Herzens aus der Burgkapelle in ihr Kämmerlein zurückgekehrt, und drehte schon wieder züchtiglich die Spindel, als die Eltern zu ihr hereintraten. Mit freudiger Gebehrde verkündigten sie, was geschehen sey, erzählten, daß der Ritter ihrer harre, und sie nun, als seine Verlobte, ihn begrüßen solle.

Da erhob sich die erschrockene Tochter von ihrem Sitze, schlug ein Kreuz, und sprach:

„Ich bin schon eine Braut des Himmels, und kann nie eines Mannes Gattin werden. Dieß schwöre ich bei dem Heile meiner Seele!“

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Hemmerde und Schwetschke, Halle 1814, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gottschalck_Sagen_und_Volksmaehrchen_der_Deutschen.pdf/254&oldid=- (Version vom 1.8.2018)