Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 398.jpg

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raschelnden Maus durchs Schlüsselloch schlüpfen; in einem österreichischen Schnaderhüpfel (Blümml und Krauss, Ausseer Schnaderhüpfel 1906 S. 8 f.) fällt ein Schneider in die Suppenschüssel und wird vom Bauern mit verschluckt. Auch in einem österreichischen Volksbuche ‘Der daumenlange Hansel mit dem ellenlangen Barte’ (Linz 1815), so modern es übrigens ist, kommen noch einige echte Züge vor. Er steckt mit seinem Vater und Mutter in dem hohlen Zahn eines Walfisches[1] und wird da gefunden. Er schreckt Spieler, die ausrufen: ‘Der Teufel soll mich holen’, indem er ganz berußt aus der Ofenröhre auf die Ofenbank hüpft und ruft: ‘Da bin ich’. Er stellt dem Liebhaber von der Wirtstochter einen Teller auf Erbsen nachts vor die Tür, so daß dieser mit großem Lärm fällt[2]. Als sie sich dafür rächen will und Rosendornen in ihre Stube streut, in die er treten soll, so merkt er es, liest sie auf und legt sie ihr ins Bett. Er läßt sich in das Ohr eines Pferdes setzen und dieses für ein redendes Pferd ausgeben; dann rettet er sich, indem er in einen löcherigen Käs springt und damit zum Fenster hinausgeworfen wird. – Von einem weiblichen Däumling erzählt ein korsisches Märchen ‘Ditu Migniulellu’ bei Ortoli p. 88, das dem Aschenputteltypus angehört; ebenso Andrews nr. 6 ‘Terra-camina’.


46. Fitchers Vogel. 1856 S. 73.

1812 nr. 46 nach Friederike Mannel und Dortchen Wild in Kassel.

Eine dritte Erzählung aus dem Hannöverschen, die den Brüdern Grimm vor 1822 zu Händen kam, weicht ab. Ein armer Holzhacker, der drei Töchter hat, geht in den Wald an die Arbeit und bestellt, die älteste sollte ihm das Essen hinaus bringen, und damit sie den Weg finde, wolle er ihn (wie im Märchen vom Räuberbräutigam


  1. So rettet sich Bärensohn im serbischen Märchen (Wuk nr. 1) im Munde des Riesen in einen hohlen Zahn, und im englischen von Jack dem Riesentöter (Tabart 3, 14) ruft der Königssohn: ‘Ach, wir werden kaum einen hohlen Zahn des Riesen ausfüllen’. In Rabelais Gargantua 1, cap. 38 geraten sechs Pilger, die sich in eine Salatstaude verkriechen, dem Helden zwischen die Zähne; danach Fischart, Gargantua cap. 41.
  2. Vgl. zum Erbsenstreuen oben S. 3² und zu nr. 67.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 398. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_398.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)