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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

Steuersatzes von ¼%, sie steigt bis 5% bei 100 000 Mark. Neben ihr steht seit 1902 eine Vermögenssteuer, wie in Preussen mit ½ vom Tausend erhoben, aber erst mit 12 000 Mark beginnend.

D) Württemberg.

Württemberg hat 1903 durch eine Steuerreform sein Steuersystem auf eine ähnliche Grundlage gestellt wie zuletzt Bayern, d. h. neben einer allgemeinen Einkommensteuer sind die Ertragssteuern zu ermässigten Sätzen stehen geblieben. Nur wird an Stelle der Vermögenssteuer eine Kapitalsteuer erhoben.

Die allgemeine Einkommensteuer beginnt bei Einkommen von 5000 Mark mit 0.40%, erreicht bei 30 000 Mark 4, bei 100 000 Mark 4½ und bei 200 000 Mark 5%. Mit dem Etat für 1909/10 wurde eine 12prozentige Erhöhung dieser Sätze vorgenommen.

Wie Bayern erfreut sich Württemberg auch einer autonomen Biersteuer, jedoch zu niedrigeren Sätzen als die norddeutsche und bayerische, nämlich in Höhe von 8 Mark pro Doppelzentner Malz für kleine Brauereien und bis auf 12½ Mark ansteigend (während in Norddeutschland das Maximum des Steuersatzes 20, in Bayern 19 Mark beträgt). Württemberg „ergänzt“ seine Biersteuer durch eine Wein- und Obstweinsteuer zu 11 und 8% des Ausschankerlöses.

E) Baden.

Nahezu ebensolange wie Sachsen, nämlich seit 1884, im Besitz einer allgemeinen Einkommensteuer, hat Baden seine Ertragssteuern in partielle Vermögenssteuern übergeführt. Die Einkommensteuer, wie in Preussen mit 900 M. beginnend, hat einen nach Budgetperioden mobilen Steuerfuss, der die Steuer ungefähr auf der Höhe der preussischen hält. Die unter Benutzung von Ertragssteuer-Katastern erhobene Vermögenssteuer kennt kein allgemeines steuerfreies Vermögensminimum, ist dagegen im Unterschiede zu den Vermögenssteuern anderer Bundesstaaten progressiv in ihren an sich schon hohen Sätzen. Der Ertrag der Vermögenssteuer ist unter diesen Umständen ein ausnahmsweise hoher, nicht wie z. B. in Preussen 1/6, sondern mehr als die Hälfte jenes der Einkommensteuer.

Auch Baden verfügt über ein Biersteuerreservat, die Steuer ist wie im Reiche und in Bayern und Württemberg als Malzgewichtssteuer und ziemlich zu den Sätzen Württembergs, also zu niedrigeren als in Norddeutschland und in Bayern erhoben. Dazu kommt noch eine Weinsteuer wie in Württemberg.

F) Elsass-Lothringen.

Elsass-Lothringen ist neben den beiden Mecklenburg der einzige Reichsteil, in dem die Einführung einer Einkommenssteuer noch aussteht. Doch ist eine solche auch hier in Vorbereitung. Bisher war das Steuersystem durch Ertragssteuern beherrscht, die jedoch in den 25 Jahren von 1884 bis 1901 durchweg einer gründlichen Reform unterzogen worden sind. Nach Einführung der Einkommensteuer sollen dieselben ähnlich wie in Bayern und Württemberg zu Nebensteuern gemacht werden.

Bemerkenswert ist die von Frankreich übernommene, in ihren Sätzen verhältnismässig hohe Erbschaftssteuer, sowie eine Spezialsteuer von ausländischen Gelegenheitsarbeitern mit 5 bis 15 Mark jährlich nach den Tagesarbeitsverdiensten.

Auch Elsass-Lothringen verfügt über eine Bier- und Weinsteuer. Erstere wird hier nicht wie sonst überall in Deutschland als Malzsteuer, sondern als Steuer von der Leistungsfähigkeit der Werkvorrichtungen erhoben zu einem Satze, der pro hl mit 2.30 Mark für starkes Bier, mit 58 Pfg. für Dünnbier angesetzt ist.

3. Entwicklung und Entwicklungstendenzen im Abgabensystem der Bundesstaaten.

Die „Entwicklung“ im Abgabensystem der Bundesstaaten ist durch den Sieg der allgemeinen Einkommensteuer auf der ganzen Linie gekennzeichnet. Sie wird in Kürze mit Ausnahme der beiden Mecklenburg sämtliche deutsche Bundesstaaten (mit Einschluss des Reichslandes, wo sie

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/114&oldid=- (Version vom 11.9.2021)