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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

insbesondere im Kohlenbezug wesentlich günstiger gestellt wird; um die Kanalisierung des Neckars ist Württemberg bemüht. Die Frage der Schiffbarmachung des Rheins (oberhalb Mannheim), des Mains und Neckars sind aber Fragen, die in das Kapitel „Süddeutsche Schiffahrtspläne“ gehören.

Als wichtigste Fragen des Ausbaus der norddeutschen Wasserstrassen darf man, abgesehen von den im Bau befindlichen Kanälen, bezeichnen: die Kanalisierung von Mosel und Saar, das Schlussstück des Mittellandkanals (Hannover-Elbe), die Verbesserung der mittleren und oberen Elbe (nebst Saale).

Durch das inzwischen erlassene Reichsgesetz für den Ausbau der deutschen Wasserstrassen sind viele, bisher heiss umstrittene Fragen geklärt worden. Durch das Gesetz werden für Rhein, Weser und Elbe „Strombauverbände“ geschaffen und es wird ein Programm für den künftigen Ausbau aufgestellt. Die wichtigsten Angaben hierüber enthält die vorstehende Zusammenstellung.





b) Süddeutsche Schiffahrtspläne.
Von
Oberbaurat Th. Rehbock,
o. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe.

Je mehr die Entwicklung der Verkehrsmittel und die Vervollkommnung der Handelsbeziehungen den Güteraustausch erleichtert hat, um so lebhafter ist der wirtschaftliche Kampf der Kulturvölker unter einander um dem Absatz der Erzeugnisse des heimischen Gewerbefleisses auf dem Weltmarkt geworden. Namentlich die Staaten, die eine starke Zunahme ihrer Bevölkerung aufzuweisen haben, und die nicht mehr in der Lage sind, die wachsende Zahl ihrer Bewohner aus dem Ertrag des eigenen Bodens an landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu ernähren, sind genötigt worden, in diesen Wettkampf einzutreten, um durch eine ständig steigende Ausfuhr von Erzeugnissen der heimischen Industrie den Gegenwert für den Unterhalt der Bevölkerung mit eingeführten Nahrungsmitteln und für ausländische Rohstoffe zu gewinnen, um ihre Einnahmen zu erhöhen und ihre wirtschaftliche Macht zu festigen. An dem grossen wirtschaftlichen Ringen um die vorhandenen Absatzgebiete nimmt neben England und den Vereinigten Staaten von Nordamerika das Deutsche Reich in schnell wachsendem Umfang teil, da die auf 850 000 Köpfe gestiegene jährliche Bevölkerungszunahme gebieterisch zur schnellen Erweiterung des Absatzes heimischer Erzeugnisse im Ausland zwingt.

In diesem wirtschaftlichen Wettstreit kommt Deutschland der hohe Stand seiner Technik, die gute Ausbildung und die Tüchtigkeit seines Kaufmannsstandes, seine glänzend organisierte Seeschiffahrt und eine leistungsfähige Arbeiterbevölkerung zugute, während die natürlichen Grundlagen für die industrielle Leistungsfähigkeit in den einzelnen Teilen des Reiches sehr ungleichmässige sind.

Die besten natürlichen Vorbedingungen findet die Industrie in Deutschland in den Gebieten am Niederrhein, die nicht nur reiche Kohlenlager und damit die wichtigste Grundlage für die Grossindustrie besitzen, sondern denen auch in der Wasserstrasse des Rheins ein vorzüglicher, äusserst billiger Verkehrsweg einerseits zu den grossen Nordseehäfen in Belgien und den Niederlanden, andererseits zum deutschen Binnenland zur Verfügung steht. Infolge der Gunst dieser Verhältnisse hat sich hier das Erwerbsleben in einer Grossartigkeit entwickelt, wie an keiner andern

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/293&oldid=- (Version vom 2.10.2021)