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daher künstelos, aber oft von erschütterndem Gehalte.

„Uns Balten strahlt ein Traumgesicht
Ob dieser blutigen Erden,
Wir aber zittern: Ist es nicht
Zu schön, um wahr zu werden?
Wer weiß, einst webt des Friedens Band
Und wir Balten, wir haben ein Vaterland.“

Eine reichsdeutsche Frau pries sich in gebundener Rede glücklich und stolz, daß ihr Sohn auch mit dabei sein dürfe. Sofort antwortete eine baltische Mutter:

„Wer ist so stolz wie wir in der Welt?“
So sprecht Ihr deutschen Frauen,
Unsere Söhne zogen hinaus ins Feld
Aus allen deutschen Gauen,
Zu siegen, zu sterben, wie Gott es will!
– Ja, Ihr seid tapfer und duldet still.
Ihr tragt es für Eures Landes Ehr’, –
Und dennoch, dennoch, – wir dulden mehr –
Daß Gott uns gnädig sei! –
Unsere Söhne sind nicht dabei!

Unsere Söhne, die führen in Waffen und Wehr
Gegen Euch die feindlichen Horden,
Unsere Söhne, die müssen im Russenheer
Ihre Stammesbrüder morden!
Und während sie opfern ihr ehrlich Blut
verfolgt uns alle hier Haß und Wut!
Alan nimmt uns Ehre und Recht und Sprach’!
Wer rettet uns Balten, wer tilgt die Schmach,
Wer hört unseren Schmerzensschrei:
„Unsere Söhne sind nicht dabei!“

Empfohlene Zitierweise:
Fritz Hartmann: Ob-Ost. Gebrüder Jänecke, Hannover 1917, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HartmannObOst.pdf/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)