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fortbleiben. Von den Dagebliebenen sind zwar die Jungletten aufgehetzt, aber mit den Altletten läßt sich auskommen. Überhaupt sind die Leute von Natur Rechnungsträger. Sie schicken ihre Kinder aus Nützlichkeitsgründen lieber in die deutschen Schulen, obwohl lettische da sind. Von jeher haben sie zur Kultur nur mit Hilfe des Deutschtums gelangen können. Der lettische Pastor, der auf seine frommgläubigen Pfarrkinder großen Einfluß hat, kann ja seine protestantische Theologie nur durch die Vorhöfe des deutschen Gymnasiums und der deutschen Hochschule erringen. An unserem Goldinger Abend haben sich ganz unbefangen auch lettische Geistliche beteiligt. So macht schon das Bekenntnis den Vermittler. Als ein Engländer nach einer Reise durch die Ostseeprovinzen einmal gefragt wurde, wie er über die Letten denke, da antwortete er: „Die Leute kleiden sich deutsch, sie essen und trinken deutsch, tanzen deutsch und singen deutsche Choräle. An ihnen ist alles deutsch, ausgenommen die Sprache.“ Aber selbst diese beherrscht jeder lettische Kellner, fast jeder Straßenfeger. Eine neue „Aufsegelung“, die diesmal brächte, was im Mittelalter leider ausblieb,

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Fritz Hartmann: Ob-Ost. Gebrüder Jänecke, Hannover 1917, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HartmannObOst.pdf/105&oldid=- (Version vom 1.8.2018)