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dämmernder Kindheit des großmütterlichen Märchens vom Allerleirauh? „Es war einmal ein kleines Mägdelein, das hatte einen Mantel, der war aus mannigfaltigen Pelzflicken kunterbunt zusammengenäht.“ Ich glaube, damit ist Litauen gemeint.

Wir Deutschen dünken uns gute Länderkenner zu sein. Im allgemeinen sind wir es keineswegs. In unseren erdkundlichen Durchschnittsbegriffen stecken zahlreiche Irrtümer. Uns ist z. B. früher alles, was östlich von uns wohnt, bis dahin, wo das eigentliche Rußland anfängt, durchweg Pole gewesen. Falsch! Damit waren die Litauer zu ihrem großen Schmerze in den verkehrten Topf geworfen. Sie haben eigenes Volkstum, eigene Sprache und zum Teil eigene Geschichte, worauf sie stolz sind. Als im Jahre 1386 ihr Land durch Heirat mit Polen vereinigt wurde, da geriet, richtig verstanden, nicht Litauen unter polnisches, vielmehr Polen unter litauisches Szepter. Denn Jagello war Litauer. Freilich haben seine Nachkommen dies rasch vergessen. Sie ließen zu, daß bei dieser Länderehe allmählich Polen der nehmende, Litauen der gebende Teil wurde. Aber dies

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Fritz Hartmann: Ob-Ost. Gebrüder Jänecke, Hannover 1917, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HartmannObOst.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)