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und soll sich seit fünf Jahrtausenden nicht entwickelt haben. Sie verhalte sich zum Litauischen wie etwa Latein zum Wortschatze Dantes. Vielleicht trifft dies auch für den Wohllaut zu. Denn klangschön ist sie wahrlich nicht.

Allerdings ist der Lette kein reiner Slawe geblieben, sondern hat sich immer wieder mit finnischen Esthen gekreuzt. Von Art ist er schmeidig und angenehm, allein leicht bestimmbar; daher ohne Verlaß. Im Gegensatz zum Litauer zieht er dem Dorfe das Einzelgehöft vor; „Gesinde“ genannt. Das ist ein unslawischer, ein germanischer Zug. „Colunt discreti ac diversi, ut fons ut nemus ut campus placuit.“

Es ist überhaupt ein Bauernvolk. Erst in jüngster Zeit haben sich Ansätze zu einem Mittelstande entwickelt. Früher wurden diese durch die deutsche Oberschicht gehindert, die wie Öl über dem Wasser schwamm.

Ein steifnackiges Geschlecht, diese Balten! Siebenhundert Jahre ist’s her, seit die „Aufsegelung“ ihre Vorväter auf diese Scholle verpflanzte. Westfälische Kreuzritter, bremische und lübische Hansestädter. Aber sie sind heute noch ganz so deutsch wie jene. Jede Vermoskowiterung ist

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Fritz Hartmann: Ob-Ost. Gebrüder Jänecke, Hannover 1917, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HartmannObOst.pdf/91&oldid=- (Version vom 1.8.2018)