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an ihnen fehlgeschlagen. Ja es kam vor. daß russische Adelsgeschlechter, die in Kurland ansässig wurden, in dieser deutschen Luft selber verdeutschten. Die baltischen Städte unterscheiden sich in nichts von den unsrigen. Mitau mutet wie Weimar an; Goldingen an der Rummel – jenem Wasserfall der Windau, wo man die springenden Lachse in der Luft fängt – magst Du Dir etwa wie Helmstedt vorstellen, und Libau ist so eine Art Ostsee-Husum.

An der Petersburger Hoftafel wird eines Tages wieder über den Baltentrotz geklagt. Alexander III. braucht aber gar nicht noch mehr gereizt zu werden. Er ist zorngeladen bis zum Kehlkopf. Schließlich preßt er ein Brötchen in seiner harten Hand zusammen und ruft drohend: „Wie diese Semmel will ich sie zerdrücken.“ Es fliegt ein Engel durch den Saal und er nimmt sich Zeit. Eine ganze Weile währt es, bis gewandte Hofherren bekniffen ein anderes, ein deckendes Obenhin-Gespräch angezettelt haben. Mitten in diesem aber sagt plötzlich Maria Paulowna, die mutige Mecklenburgerin, mit dem Finger weisend: „Majestät, sehen Sie doch bloß, die Semmel hat ja ihre Gestalt wieder angenommen.“

Empfohlene Zitierweise:
Fritz Hartmann: Ob-Ost. Gebrüder Jänecke, Hannover 1917, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HartmannObOst.pdf/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)