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nur „alle Hohe Patrone und Schulfreunde, insbesondere einen Hochedlen und Hochweisen Rath“ einlud, sondern auch die Frage erörtert, „ob es wohl auf Schulen thunlich und den Schülern zuträglich sei, wenn man zuweilen mit ihnen ein Dramatisches Exercitium anstelle?“ Bei der verschiedenen Beurtheilung, die dieser Gegenstand schon erfahren, neigt sich Kretzschmar auf die Seite derer, welche diese Uebungen für nützlich halten, denn „1. da selbstverständlich nur strengmoralische Handlungen zur Darstellung kommen dürfen, sind solche Schauspiele eine Schule guter Sitten; 2. stärken sie das Gedächtniß; 3. gewöhnen den Menschen schon von Jugend auf, vor den Leuten zu reden; 4. üben die Stellung und Bewegung des Körpers, denn üble Geberden verstellen und verdunkeln die zierlichste Rede. Alle diese Vortheile werden durch Uebungen im freien Vortrage nicht erreicht, obgleich viele dazu rathen wollen. Wenn trotz des großen Nutzens solche dramatische Darstellungen auf den Schulen unterbleiben, so geschieht dies wohl hauptsächlich aus dem Grunde, weil man sich vor der überaus schweren Last scheut, die dem Lehrer aus der Einübung des Spiels erwächst.“ Kretzschmar veranstaltete also eine dramatische Aufführung, und zwar für den 13. Mai Nachmittags 2 Uhr die einer lateinischen, und für den nächsten Tag die einer deutschen Comödie, welche den Titel führte: „Die gedrückte, doch endlich erhöhte Tugend.“ Da sich in Neustadt kein geeigneter Saal fand, wurden die Vorstellungen auf dem zu solchen Zwecken oft benutzten und vom Rathe zur Verfügung gestellten, aber jetzt nicht mehr vorhandenen Gewandhause am Neumarkte gegeben, und ernteten, wie Lindau im 2. Bande seiner Chronik Seite 215 in der Anmerkung berichtet, großen Beifall. Man konnte ihn den Darstellern wohl gönnen, da sie den Aufführungen nicht nur Zeit und Mühe, sondern auch insofern Geld geopfert hatten, als die Bühne auf ihre Kosten hergerichtet worden war. Eine Entschädigung dafür gab es nicht, denn die Karten, welche man sich am Tage der Vorstellung beim Rector holen mußte, berechtigten zu freiem Eintritt. –

Wenn wir jetzt einer Wirksamkeit der Schüler gedachten, die nur sehr selten ausgeübt worden zu sein scheint – wenigstens finden sich über dramatische Aufführungen keine weiteren als die mitgetheilten Nachrichten vor –, so müssen wir unser Augenmerk nun wieder einmal auf eine andere bereits besprochene und ebenfalls öffentliche