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Der Mangel an Ruhe, unter dem die Anstalt ebenfalls nicht wenig zu leiden hat, wird durch deren Lage an 3 Straßen veranlaßt. Der hier stattfindende Verkehr, wenn auch nicht immer gleich lebhaft, bringt es mit sich, daß man selbst im Sommer die Fenster der Unterrichtslocale immer geschlossen halten muß, wodurch jedoch sogar minutenlange Unterbrechungen des Unterrichts keineswegs verhindert werden.

Die eben erwähnten Klagen, welche in dem verhältnißmäßig kurzen Zeitraum von 20 Jahren an die Stelle der seiner Zeit von Beger so ungetheilt gespendeten Lobsprüche[1] getreten sind, regen in uns Gedanken an, die wir um so lieber aussprechen, als wir damit zugleich der alten, guten Sitte genügen, der zufolge man Jemandem beim Eintritte in einen neuen Lebensabschnitt gern seine Wünsche weiht. Die Neustädter Realschule ist mit dem gegenwärtigen Jahre in ihr fünftes historisch nachweisbares Säculum eingetreten und verdient auch um deswillen unsere volle Theilnahme an ihrer gedeihlichen Weiterentwickelung. Vor allen Dingen wünschen wir ihr daher recht bald ein Gebäude, das allen Anforderungen der heutigen Pädagogik, die über der Ausbildung des Geistes die des Körpers nicht vernachlässigt wissen will, ausreichend entspricht. Mehr denn je ist es ja gerade jetzt allenthalben zum Bewußtsein gekommen, „daß die Jugend mit Wohlbehagen, mit Lust und Freude auf ihrer Bildungsstätte, in der Schule, verweilen muß, um in Absicht auf Geist und Gemüth eines wohlthätigen Einflusses theilhaftig zu werden.“ Wie nun aber, um einen Vergleich zu gebrauchen, ein schöner Körper noch keinen edlen Menschen macht, sondern dies erst durch den ihm innewohnenden Geist geschieht, so bürgt auch das Vorhandensein eines in jeder Hinsicht zufriedenstellenden Schulgebäudes allein noch nicht für eine gedeihliche Fortentwickelung der hier in Frage stehenden Anstalt. Das Meiste hierbei hängt doch immer von dem Geiste ab, der in den Schulräumen waltet. Möge, wie dies bisher geschehen, so auch für die Zukunft seiten der Lehrer der Geist treuer, hingebender Liebe an ihren Beruf, seiten der Schüler aber der Geist edler Lernbegier und willigen Gehorsams sich in der Anstalt thätig erweisen, dann wird deren Arbeit eine Segensquelle noch für die spätesten Geschlechter werden!



  1. Siehe S. 57 und Programm 1855. S. 14.